VwGH Ra 2017/15/0066

VwGHRa 2017/15/006619.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Dr. Sutter als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des P L in S, vertreten durch die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 1. Juni 2017, Zl. RV/5101447/2016, betreffend

u. a. Einkommensteuer 2012 bis 2014, den Beschluss gefasst:

Normen

EStG 1988 §34 Abs8;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150066.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der ursprünglich in den USA wohnhafte Revisionswerber wurde - nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts - von seinem kanadischen Arbeitgeber mit 1. April 2012 und voraussichtlicher Befristung bis 31. März 2015 nach Österreich entsandt. Mit Beginn seiner Entsendung gab er gemeinsam mit seiner Gattin und den vier Kindern (im Alter von damals 5, 7, 9 und 11 Jahren) den Wohnsitz in den USA auf und begründete einen neuen Wohnsitz in Österreich. Am 4. August 2014 verlegte er diesen Wohnsitz an eine nahe gelegene andere österreichische Adresse und behielt ihn jedenfalls bis Ende 2014 bei.

2 Die Kinder des Revisionswerbers besuchten eine internationale Schule mit englischer Unterrichtssprache, die öffentlich geführt wird, und unmittelbar am ersten Wohnort des Revisionswerbers liegt. Vom zweiten Wohnort betrug die Entfernung zur Schule je nach Fahrtstrecke zwischen neun und elf Kilometern, wobei die Fahrzeit zwischen Wohnsitz und Schule in jedem Fall bei Hin- und Rückfahrt weniger als eine Stunde dauerte.

3 Die Finanzierung von Leistungen der Schule, die über das Budget des Schulerhalters hinausgingen, erfolgte einerseits mit Sponsorengeldern und andererseits mit jährlichen Elternbeiträgen, die an den hierfür gegründeten Unterstützungsverein zu zahlen waren. Damit wurden insbesondere Bücher, Lernmaterialien, Ausflüge, Exkursionen und Tutorenleistungen für die Schülerinnen und Schüler bezahlt. Der dem Revisionswerber für das Jahr 2012 vorgeschriebene Vereinsbeitrag belief sich auf 1.990 EUR, wovon er als außergewöhnliche Belastung den Pauschalbetrag für auswärtige Berufsausbildung iHv 110 EUR monatlich je Kind steuerlich geltend machte.

4 Das Finanzamt führte die Veranlagungen für die Jahre 2012 und 2013 zunächst erklärungsgemäß durch und anerkannte die Pauschalbeträge für auswärtige Berufsausbildung für die Kinder. Im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens erließ es neue Sachbescheide, mit welchen die Pauschalbeträge nicht mehr anerkannt wurden. Für das Jahr 2014 verweigerte das Finanzamt bereits mit Erstbescheid die Anerkennung der Pauschalbeträge.

5 Gegen die Einkommensteuerbescheide 2012, 2013 und 2014 samt Anspruchszinsenbescheiden erhob der Revisionswerber daraufhin Beschwerde. Begründend führte er im Wesentlichen aus, es sei für seine Kinder aufgrund sprachlicher Umstände nicht möglich gewesen, eine deutschsprachige Schule zu besuchen. Mangels gleichartiger Ausbildungsmöglichkeit stelle der gegenständliche Schulbesuch der Kinder eine Zwangsläufigkeit dar, welcher er sich nicht entziehen könne.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gälten nur dann als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 Abs. 8 EStG 1988, wenn im "Einzugsbereich des Wohnortes" keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Darunter sei jener Bereich zu verstehen, in dem die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Ausbildungsort zeitlich als noch zumutbar anzusehen sei. Im gegenständlichen Fall stehe fest, dass die von den Kindern des Revisionswerbers besuchte Schule im Streitzeitraum im Wohnort bzw. ab 4. August 2014 im Einzugsbereich des neuen Wohnortes gelegen sei. Damit sei aber im Wohnort bzw. im Einzugsbereich des Wohnorts eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit vorhanden gewesen und diese auch tatsächlich genutzt worden. Das Argument, auf Grund sprachlicher Umstände sei es für die Kinder des Revisionswerbers nicht möglich gewesen, eine deutschsprachige Schule zu besuchen, könne daher das Beschwerdebegehren nicht stützen.

7 Eine Prüfung der Frage, ob die Mitgliedsbeiträge an den Elternverein (als mögliche Ausbildungskosten im engeren Sinn) als außergewöhnliche Belastung nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 zu berücksichtigen wären, könne im Hinblick auf die Einkommenssituation des Revisionswerbers und der damit verbundenen Höhe des Selbstbehalts, welcher die Mitgliedsbeiträge bei weitem übersteige, entfallen.

8 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 9 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision

geltend, es bestehe noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung, inwieweit international tätige, nur befristet in Österreich arbeitende Dienstnehmer (Expatriates), denen aus sprachlichen Gründen erhebliche Mehraufwendungen für Schulkosten der sie begleitenden Kinder infolge des Besuchs internationaler Schulen entstünden, diese Kosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 geltend machen könnten. Expatriates aus nicht deutschsprachigen Herkunftsländern hätten keine Entscheidungsmöglichkeit in Hinsicht auf die Schulausbildung der sie begleitenden Kinder, weil der Besuch einer deutschsprachigen Schule nicht möglich sei. In der Vergangenheit habe die Finanzverwaltung die Abzugsfähigkeit derartiger Kosten für auswärtige Berufsausbildungen (zumindest im Ausmaß des Pauschalbetrages nach § 34 Abs. 8 EStG 1988) aus sprachlichen Gründen gewährt.

10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision, zu der das Finanzamt nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung eingebracht hat, nicht dargetan.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG setzt voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers iSd Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der VwGH auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. zB VwGH 12.8.2014, Ra 2014/06/0015; 29.3.2017, Ro 2016/15/0036; 29.3.2017, Ra 2015/15/0052).

15 Eine nähere Auseinandersetzung mit einer Absetzbarkeit der Schulkosten nach der allgemeinen Bestimmung des § 34 Abs. 1 EStG 1988 hat das Bundesfinanzgericht mit der Begründung unterlassen, dass die revisionsgegenständlichen Mitgliedsbeiträge zum Schulverein angesichts der Einkommenssituation des Revisionswerbers den Selbstbehalt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 bei weitem unterschritten und schon allein deshalb eine Berücksichtigung nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 nicht in Frage komme. Dem ist der Revisionswerber auch in der Revision nicht entgegen getreten, womit diesbezüglich schon deshalb für den Revisionsfall keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt worden ist.

16 Im Übrigen beantragte der Revisionswerber im bisherigen Verfahren selbst lediglich eine Berücksichtigung der Schulkosten als Aufwendungen für auswärtige Ausbildung gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988, die keinem Selbstbehalt unterliegen (§ 34 Abs. 6 Teilstrich 2 EStG 1988).

17 Soweit sich die Revision aber auf § 34 Abs. 8 EStG 1988 stützt und eine Zuerkennung des Pauschalbetrags für auswärtige Berufsausbildung anstrebt, ist ihr mit dem Bundesfinanzgericht entgegen zu halten, dass sich die diesbezügliche Prüfung ausschließlich auf die in § 34 Abs. 8 EStG 1988 normierte Voraussetzung zu beschränken hat, ob "im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit" besteht, die die Vermeidung des Mehraufwandes ermöglicht hätte (VwGH 30.1.2014, 2012/15/0037). Mit dem Pauschalbetrag des § 34 Abs. 8 EStG 1988 werden nämlich nur die Mehrkosten aufgrund der Entfernung des Ausbildungsorts vom Wohnort und nicht die revisionsgegenständlichen Kosten des Schulbesuchs selbst berücksichtigt (vgl. bereits VwGH 20.12.1994, 94/14/0087).

18 Dass die von den Kindern des Revisionswerbers besuchte internationale Schule nicht im Einzugsbereich des Wohnortes des Revisionswerbers gelegen gewesen wäre, behauptet die Revision aber gar nicht. Ein von dieser Voraussetzung abstrahierender Zuspruch des Pauschalbetrags "aus sprachlichen Gründen" für Expatriates ist gesetzlich nicht gedeckt.

19 Soweit der Revisionswerber auf vorbringlich weitergehende Erlassausführungen des Bundesministeriums für Finanzen Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass Erlässe oder Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen keine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle bilden (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2016/15/0004 mwN).

20 In der Revision werden somit keine Fragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

21 Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Dezember 2018

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