VwGH Ra 2017/04/0144

VwGHRa 2017/04/014429.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision des Mag. (FH) P K in F, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in 4642 Sattledt, Schulstraße 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 27. September 2017, Zl. LVwG 30.30-1207/2017-8, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Liezen), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GewO 1994 §114;
JSchG Stmk 2013 §18 Abs4;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenem Erkenntnis wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe § 114 GewO 1994 iVm § 18 Abs. 4 Steiermärkisches Jugendgesetz verletzt, weil er es als Verantwortlicher (Filialgeschäftsführer) der H KG zu verantworten habe, dass am 23. März 2016 an einem bestimmten Standort an einen näher bezeichneten Jugendlichen Alkohol (eine Flasche Eierlikör) abgegeben worden sei, obwohl es untersagt sei, alkoholische Getränke an Jugendliche abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten sei.

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber habe dem Verbot des § 114 GewO 1994 zuwidergehandelt, weil er durch eine näher bezeichnete, in seinem Unternehmen beschäftigte Kassiererin an den Jugendlichen Alkohol abgegeben habe. Aufgrund des Vorfalls sei die Kassiererin verwarnt und ihr mitgeteilt worden, dass ein weiterer Vorfall eine fristlose Kündigung zur Folge habe.

3 Das vom Revisionswerber eingerichtete Kontrollsystem in Form der festgestellten Mitarbeiterschulungen sowie Einstellungen im Kassasystem sei als nicht ausreichend anzusehen. Gerade bei einer Filiale, in der es wie durch eine näher bezeichnete Zeugin geschildert, wiederholt zu Problemen mit der Alkoholnachfrage durch Jugendliche komme, komme einem Kontrollsystem, das auch dann funktioniere, wenn Mitarbeiter unter Stress stünden oder abgelenkt seien, ein besonderer Stellenwert zu. Dienstanweisungen und vor allem Einstellungen im Kassensystem als Alterskontrolle blieben wirkungslos, wenn keine weiteren Kontrollmaßnahmen installiert seien, die sicherstellten, dass Jugendliche vom Verkaufspersonal auch tatsächlich korrekt auf ihr Alter hin überprüft würden. Tatsächlich sei nach dem Vorfall das bestehende Kontrollsystem auch durch den Einsatz von Headsets zur Verständigung der Mitarbeiter untereinander und durch Hinzuziehen weiterer Kassenmitarbeiter verbessert worden.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es sei vorliegend die Frage zu lösen, ob ein allfällig fahrlässiges Verhalten einer Kassenmitarbeiterin einem verantwortlich Beauftragten zuzurechnen sei, wenn zur Hintanhaltung eines solchen Verhaltens vom Dienstgeber konkrete Maßnahmen, wie insbesondere die Durchführung umfangreicher Mitarbeiterschulungen für den Verkauf von alkoholischen Produkten sowie die Androhung von Disziplinarmaßnahmen gesetzt würden. In der Entscheidung VwGH 27.10.1993, 93/03/0229, habe der Verwaltungsgerichtshof (im Gegensatz zu jüngerer Rechtsprechung) die Androhung von Disziplinarmaßnahmen als geeignete Maßnahmen angesehen.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einrichtung von Kontrollsystemen ist es für die Befreiung von der Verantwortlichkeit zusammengefasst entscheidend, ob Maßnahmen getroffen wurden, die im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist (vgl. VwGH 11.5.2017, Ro 2017/04/0004, mwN).

9 (Betriebliche) Kontrollsysteme gleichen sich in der Regel nicht und unterliegen daher einer einzelfallbezogenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgte und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis führte (vgl. VwGH 20.2.2017, Ra 2017/02/0022).

10 Vorliegend ist das Verwaltungsgericht in einer einzelfallbezogene Beurteilung davon ausgegangen, dass das vom Revisionswerber eingerichtete Kontrollsystem nicht als ausreichend anzusehen sei. Das Verwaltungsgericht führte hiezu im Einzelnen aus, das Kontrollsystem müsse in der betroffenen Filiale auch dann funktionieren, wenn Mitarbeiter unter Stress stünden oder abgelenkt seien. Es ist nicht zu sehen, dass diese einzelfallbezogene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgte und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis führte.

11 Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 22.9.2015, Ra 2015/04/0070, mwN).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Jänner 2018

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