VwGH Ra 2017/19/0323

VwGHRa 2017/19/032320.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des N A in V, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juli 2017, W200 1422898-2/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Soweit sich der Revisionswerber in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen zur Überprüfung der Beweiswürdigung nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 22. Februar 2017, Ra 2017/19/0043, mwN). Der Revision, die auf die Argumente des Bundesverwaltungsgerichts nicht näher eingeht, sondern lediglich pauschal behauptet, das bisherige Vorbringen sei nicht unglaubwürdig und der Revisionswerber sei mit späteren Angaben "in ihrer Gesamtheit" nicht von früheren abgewichen, gelingt es nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung an einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler leidet.

5 Weiters wird in der Revision zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, inwiefern Informationen des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres zur Sicherheitslage in Afghanistan im Asylverfahren zu behandeln seien. Dieser Bundesminister habe für dieses Land eine "Reisewarnung", deren Text in der Revision wiedergegeben wird, herausgegeben.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind im Rahmen von Asylverfahren bei den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen. Es reicht in diesem Zusammenhang allerdings im Revisionsverfahren nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften - hier: eine weitere Informationsquelle, nämlich die vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres veröffentlichte "Reisewarnung", sei unberücksichtigt geblieben - zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074, mwN). Dass eine solche "Reisewarnung" gegenüber anderen Beweismitteln eine besondere Stellung einnehmen würde, ergibt sich aus jener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, in der in einem Kontext, wie er auch hier vorliegt, auf "Reisewarnungen" Bedacht genommen wurde, nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 2006, 2005/20/0219, vom 22. September 2011, 2007/18/0864 und 0865, und vom 21. November 2011, 2008/18/0464 und 0470). Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung trifft aber auch die Behauptung des Revisionswerbers, es fehle Rechtsprechung zur Frage, inwiefern eine Reisewarnung im Asylverfahren zu berücksichtigen sei, nicht zu.

In der gegenständlichen Revision wird nicht dargelegt, aus welchen Gründen sich der Inhalt der - im Übrigen an reisende österreichische Staatsbürger gerichtete - "Reisewarnung" für die hier vorzunehmende Beurteilung als maßgeblich darstellt. Im Übrigen ist nicht zu sehen, dass - soweit die "Reisewarnung" überhaupt (kursorische) Ausführungen zur Situation in Afghanistan enthält - die dort genannten Umstände nicht ohnedies von den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts umfasst sind.

7 Auch mit der Auflistung von Terroranschlägen in Afghanistan aus dem Jahr 2017 und dem bloßen Hinweis, diese seien nicht berücksichtigt worden, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels auf das Verfahrensergebnis nicht dargetan.

8 Die Revision zeigt somit keine Gründe im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 20. September 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte