VwGH Ra 2017/07/0012

VwGHRa 2017/07/001228.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Mag. G P in N, vertreten durch Brandstetter, Baurecht, Pritz & Partner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 25. Juli 2016, Zl. LVwG-AV-561/001-2016, betreffend ein wasserrechtliches Kollaudierungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten; mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Neulengbach), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
ABGB §7;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §112 Abs6;
WRG 1959 §121 Abs1;
WRG 1959 §121;
WRG 1959 §15 Abs1;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 13. Juni 2012 erteilte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) der mitbeteiligten Stadtgemeinde die wasserrechtliche Bewilligung für hydromorphologische Verbesserungsmaßnahmen am L.-bach von Flusskilometer 23,52 bis Flusskilometer 25,22 in den Katastralgemeinden St. Christophen, Tausendblum, Haag und Altlengbach unter Vorschreibung von Auflagen.

2 Mit Bescheid vom 19. April 2016 stellte die BH gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 fest, dass die mit Bescheid vom 13. Juni 2012 wasserrechtlich bewilligte Anlage im Wesentlichen dieser Bewilligung entspreche. Die BH genehmigte außerdem nachträglich geringfügige Abweichungen.

3 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Weiteren: LVwG).

4 Das LVwG wies die Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.) und erklärte die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt 2.).

5 Begründend führte das LVwG - soweit hier verfahrensrelevant - aus, Gegenstand des Verfahrens sei die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Kollaudierungsbescheides vom 19. April 2016. Mit Bewilligungsbescheid vom 13. Juni 2012 habe die BH der Stadtgemeinde die wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 32 und § 38 WRG 1959 für hydromorphologische Verbesserungsmaßnahmen am L.-bach erteilt. Projektziel sei die Wiederherstellung des Fließstreckencharakters, wobei in Abschnitten mit noch vorhandenem Auwald ein komplett neuer Lauf hergestellt werden solle, in dem sich eine freie Fließstrecke mit hoher Dynamik entwickle. In den übrigen Bereichen flussauf und flussab dieses neuen Laufes seien Strukturierungsmaßnahmen vorgesehen. Der Erhalt der Auwälder des L.-baches im betroffenen Bereich solle durch Verbesserung der Überflutungsdynamik gefördert werden.

6 Vom Revisionswerber werde eine Beeinträchtigung seines Grundeigentums durch Uferanrisse auf Grund der nicht projektgemäßen Umsetzung des mit Bescheid vom 13. Juni 2012 wasserrechtlich bewilligten Projekts geltend gemacht. Dadurch komme es zu Unterspülungen und auch zu einer Schädigung der Bäume auf dem Grundstück des Revisionswerbers. Die Prallufersicherung sei ungenügend und es gebe an mehreren Stellen Uferanbrüche. So dringe das Wasser in den Wurzelbereich alter Aubäume ein, unterspüle diese und diese stürzten dann in den Bachlauf.

7 Diesem Vorbringen seien das wasserbautechnische sowie das gewässerbiologische Gutachten, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2015 nach Durchführung eines Ortsaugenscheins abgegeben worden seien, entgegenzuhalten. Der wasserbautechnische Amtssachverständige (ASV) habe ausgeführt, dass die Sicherungen des Gewässerbettes projektgemäß ausschließlich mit Totholz hergestellt werden sollten. Beim Lokalaugenschein sei von ihm festgestellt worden, dass dies erfolgt und dass das Totholz auch gegen Abschwemmung gesichert worden sei.

8 Auch den Bautageberichten vom 17., 23., 24.

und 25. Juli 2013 sei zu entnehmen, dass die Raubäume eingebaut und gesichert worden seien. Zusätzlich seien Buschlagen und Wurzkörper hergestellt worden. Dies diene der zusätzlichen Sicherung der Außenufer und sei als geringfügige Abweichung mit dem angefochtenen Bescheid vom 19. April 2016 nachträglich genehmigt worden. Es sei daher nicht von einer ungenügenden Ufersicherung auszugehen.

9 Zum Vorbringen, der Kronenschluss und die damit verbundene Beschattung des Gewässers sei durch die nicht projektgemäße Umsetzung verunmöglicht worden, sei festzuhalten, dass mit der Beschattung kein subjektiv-öffentliches Recht des Revisionswerbers geltend gemacht werden könne. Ein derartiges Vorbringen ziele auf die Gewässerökologie ab und betreffe insbesondere den Fischbestand. Der Revisionswerber sei jedoch nicht Fischereiberechtigter und werde dies auch nicht vorgebracht. Eine Beeinträchtigung seines Grundeigentums könne mit diesem Vorbringen nicht erfolgreich geltend gemacht werden.

10 Zu der vom Revisionswerber befürchteten Beeinträchtigung seines Grundeigentums sei nochmals darauf hinzuweisen, dass als zusätzliche Sicherungsmaßnahme ca. 132 Laufmeter Buschlagen und 90 Stück Rundhölzer im neuen Gerinne an den Außenufern eingebaut worden seien. Dies sei auch in den Bautagesberichten dokumentiert.

11 Hinsichtlich der Überschreitung der Profilbreite von maximal 12 m verweise der Revisionswerber auf die am 9. Dezember 2015 an mehreren Stellen festgestellten größeren Gewässerbreiten. Damit werde jedoch nicht geltend gemacht, dass zum Zeitpunkt der Umsetzung der mit Bescheid vom 13. Juni 2012 wasserrechtlich bewilligten Verbesserungsmaßnahmen eine derartige Überschreitung der Profilbreite von 12 m gegeben gewesen sei. Die Meldung der Fertigstellung sei mit Schreiben der D GmbH vom 12. Jänner 2015 unter gleichzeitiger Vorlage der Kollaudierungsunterlagen erfolgt. Der wasserbautechnische ASV habe dann bei der Überprüfungsverhandlung am 9. Dezember 2015 festgestellt, dass an mehreren Stellen größere Gewässerbreiten als 12 m von Böschungsoberkante zu Böschungsoberkante vorhanden seien. Er habe dies auf die laut Projekt vorgesehene dynamische Entwicklung des Flussbettes zurückgeführt. Dass eine derartige Abweichung beim Böschungsabstand im Zuge der Umsetzung vorgelegen sei, sei von der wasserrechtlichen Bauaufsicht nicht gemeldet worden. Zu den Aufgaben der Bauaufsicht gehöre nach den Auflagen 22 und 26 aber die Meldung eines derartigen Umstandes.

12 Es sei somit davon auszugehen, dass sich diese Veränderungen in den Profilbreiten zwischen der Meldung der Fertigstellung und der Verhandlung am 9. Dezember 2015 - das sei ein Zeitraum von fast einem Jahr - in Abweichung von dem im Projekt mit maximal 12 m angegebenen Abstand gebildet hätten. Dieser 12 m-Abstand sei auch nur als einmaliger Herstellungszustand vorgesehen, der einer nachfolgenden natürlichen Veränderung überlassen werden solle. Damit sei aber keine abweichende Ausführung vom wasserrechtlich bewilligten Projekt gegeben.

13 Ob nun ein Kronenschluss erfolgt sei, habe auf das Grundeigentum des Revisionswerbers keinen Einfluss, dabei gehe es um die Verhinderung einer Erwärmung des Gewässers. Es sei im Wasserrechtsverfahren nicht zu prüfen, ob sich daraus, dass kein Kronenschluss vorliege, ein Widerspruch zu forstrechtlichen Vorgaben ergebe.

14 Dass die Gerinnebreite von 12 m nicht ständig bestehen bleiben müsse, sei bereits ausgeführt worden. Lediglich die Schaffung eines einmaligen Zustandes mit einer derartigen Gerinnebreite von Böschungsoberkante zu Böschungsoberkante sei Gegenstand des Bewilligungsbescheides vom 13. Juni 2012. Die anschließende Veränderung des Gerinneprofils sei durch die natürlichen Fließverhältnisse des L.-baches erfolgt.

15 Der wasserbautechnische ASV habe bei seiner Beurteilung daher die aktuelle Situation nach Fertigstellung bei den Abflussverhältnissen im projektgegenständlichen Bereich herangezogen und sei zum Ergebnis gekommen, dass keine Beeinträchtigung der Ufer oder der Bäume des Revisionswerbers erfolgen könne.

16 Die Beschwerde erweise sich somit insgesamt als unbegründet. 17 Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen

Verhandlung habe abgesehen werden können, da keine Rechts- und Tatsachenfragen solcher Art aufgeworfen worden seien, welche eine Durchführung erforderlich gemacht hätten. Die mündliche Erörterung hätte nach der Aktenlage eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lassen. Es liege auch keine von der belangten Behörde abweichende Beweiswürdigung vor, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei nicht beantragt worden.

18 Das LVwG erklärte die ordentliche Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig, da in der gegenständlichen Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen sei.

19 Der Revisionswerber wandte sich gegen dieses Erkenntnis mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 25. November 2016, E 2231/2016-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

20 In seiner gegen das Erkenntnis des LVwG erhobenen außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

21 Die mitbeteiligte Partei erstattete mit Schriftsatz vom 6. März 2017 eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

23 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

24 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

25 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 21. November 2014, Ra 2014/02/0114, mwN).

26 2. Als Zulassungsgründe im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG wurde ins Treffen geführt, das LVwG weiche von der - näher zitierten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach auch der Fischereiberechtigte im Überprüfungsverfahren nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 Einwendungen betreffend das Fehlen der Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten Anlage mit der Bewilligung erheben könne. Das LVwG habe in diesem Zusammenhang ohne weiteres Ermittlungsverfahren und ohne dem Revisionswerber die Möglichkeit einer Stellungnahme hierzu zu geben, die unrichtige Feststellung getroffen, der Revisionswerber sei nicht Fischereiberechtigter. Daraus habe das LVwG den Schluss gezogen, dass die Beschwerde, soweit sie sich auf subjektiv-öffentliche Rechte als Fischereiberechtigter (und Grundeigentümer) beziehe, nicht gerechtfertigt sei. Tatsächlich sei der Revisionswerber sowohl Fischereiberechtigter als auch Eigentümer der an das renaturierte Bachbett unmittelbar angrenzenden Grundstücke und als solcher unmittelbar von den Auswirkungen der bescheidwidrigen Umsetzung betroffen. Gegenständlich werde in das Fischereirecht des Revisionswerbers unzulässigerweise eingegriffen, da durch die fehlende Beschattung die Wassertemperatur steige; dies führe zu einer Verschlechterung der fischökologischen Gegebenheiten im Gewässer und in weiterer Folge zu einer Abnahme des Fischbesatzes.

27 Weiters fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der bescheidmäßige Zustand sowie die bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen zum Zeitpunkt der Fertigstellung und/oder der Kollaudierung oder zu einem anderen Zeitpunkt vorliegen müssten. Die Rechtsansicht des LVwG, wonach die bescheidmäßige Umsetzung nur einmal, und zwar zum Herstellungszeitpunkt, vorgesehen wäre, sei jedenfalls verfehlt. Dies deshalb, weil die bescheidmäßige Umsetzung eines wasserrechtlichen Projektes nicht unmittelbar bei der Fertigstellung, sondern erst im Zuge des Kollaudierungsverfahrens gemäß § 121 WRG 1959 geprüft werde.

28 Letztlich sei das LVwG auch von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach Abweichungen vom wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid, welche zu einer Verletzung der Rechte des betroffenen Grundeigentümers führten, einer Genehmigung nach § 121 Abs. 1 3. Satz WRG 1959 nicht zugänglich seien. Vorliegend werde erheblich in die Rechte des Revisionswerbers eingegriffen, da der auf seiner Liegenschaft befindliche Auwald infolge der nicht dem Bewilligungsbescheid entsprechenden Ausführung des Projektes unterspült werde, sodass die Uferkanten abrissen und die im Eigentum des Revisionswerbers stehenden Bäume in das Bachbett stürzten.

29 3. Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

30 3.1. Der Revisionswerber bringt vor, es mangle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der bescheidmäßige Zustand sowie die bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen zum Zeitpunkt der Fertigstellung und/oder der Kollaudierung oder zu einem anderen Zeitpunkt vorliegen müssen. Die Ansicht des LVwG, wonach die bescheidmäßige Umsetzung nur einmalig zum Herstellungszeitpunkt - gegenständlich zum Zeitpunkt der Fertigstellungsanzeige vom 12. Jänner 2015 - vorliegen müsse, sei verfehlt.

31 3.1.1. Die maßgebliche rechtliche Grundlage zur Beantwortung dieser Frage stellt die Bestimmung des § 121 WRG 1959 dar, dessen hier zur Anwendung gelangender Abs. 1 folgendermaßen lautet:

"Überprüfung der Ausführung von Wasseranlagen

§ 121. (1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung dieses Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1)."

32 3.1.2. Vorweg ist auszuführen, dass die Bauvollendung eines bewilligten Vorhabens der Behörde anzuzeigen ist (§ 112 Abs. 6 WRG 1959); sodann führt die Wasserrechtsbehörde - amtswegig - ein Überprüfungsverfahren durch (vgl. Oberleitner/Berger, Wasserrechtsgesetz3 (2011), Rz 1 zu § 121 WRG 1959). Im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren hat sich die Wasserrechtsbehörde von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2007, 2006/07/0075, sowie vom 24. März 2011, 2007/07/0151).

33 Im Kollaudierungsverfahren ist die bewilligte Lage der Anlage anhand des Bewilligungsbescheides mit der tatsächlich errichteten Anlage zu vergleichen; dh der bewilligte Konsens wird gedanklich über den tatsächlichen Bestand gelegt und verglichen und danach festgestellt, ob und welche Abweichungen zur Bewilligung vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, 2007/07/0050).

34 Es ist somit - in chronologischer Abfolge - zwischen Bewilligungsverfahren, Bauvollendungsanzeige (§ 112 Abs. 6 WRG 1959) und Überprüfungsverfahren zu unterscheiden, wobei die Anzeige nach § 112 Abs. 6 WRG 1959 Voraussetzung für das eigenständige Überprüfungsverfahren gemäß § 121 WRG 1959 darstellt.

35 Nach dem das Kollaudierungsverfahren regelnden Wortlaut des § 121 WRG 1959 hat sich die für die Erteilung der Bewilligung zuständige Behörde in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung zu überzeugen. Daraus ist - im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Bauvollendungsanzeige nach § 112 Abs. 6 leg. cit. keinen Teil des Kollaudierungsverfahrens darstellt - der Schluss zu ziehen, dass die Wasserrechtsbehörde die Übereinstimmung der Anlage mit der Bewilligung grundsätzlich im Zeitpunkt der Überprüfung nach § 121 WRG 1959 zu untersuchen hat. Daher irrt das LVwG, wenn es davon ausgeht, dass der einer Bewilligung entsprechende Zustand einer Anlage lediglich einmal und zwar zum Zeitpunkt der Fertigstellungsanzeige vorliegen muss.

36 Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass es Fälle geben kann, in denen die wasserrechtliche Bewilligung lediglich auf die Erreichung eines an einem bestimmten Zeitpunkt einmalig gegebenen Zustandes abzielt. Solche besonderen Fälle müssten aber im Spruch des Bewilligungsbescheides klar umschrieben und nachvollziehbar begründet sein. Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

37 3.1.3. Um beurteilen zu können, ob die hier ausgeführte Anlage der wasserrechtlichen Bewilligung im Hinblick auf den genannten 12 m-Abstand der Gewässerbereite entspricht, bedarf es der Ermittlung des diesbezüglichen Inhalts der wasserrechtlichen Bewilligung der BH vom 13. Juni 2012.

38 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass jeder Bescheid rein objektiv seinem Wortlaut nach - insoweit also gleich einem Gesetz nach den §§ 6 und 7 ABGB - auszulegen ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. Juni 2015, Ra 2015/06/0053, sowie das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2016, Ra 2015/12/0080). Für die Bedeutung einer spruchmäßigen Aussage ist weder maßgeblich, wie sie die Behörde verstanden wissen wollte, noch wie sie der Empfänger verstand.

39 Im Rahmen der einen Bestandteil des Spruches des genannten Bewilligungsbescheides der BH bildenden Projektbeschreibung heißt es betreffend die Gewässerbreite von Böschungsoberkante zu Böschungsoberkante (Unterstreichungen nicht im Original):

"Neuer Lauf

In den Abschnitten mit noch bestehendem Auwald soll ein dynamisches Flussbett mit einer Gesamtlänge von rd. 750 m entstehen. Mit Ausnahme der Ein- und Ausströmbereiche erfolgen hier ausschließlich Sicherungen mit Totholz, die Sohle wird nicht befestigt. Somit ist eine freie Sohl- und Uferdynamik sichergestellt. Das bestehende Flussbett bleibt in diesem Abschnitt als Flutmulde erhalten und wird ab Abflüssen knapp unter HQ1 dotiert. Entscheidend für die Funktionsfähigkeit des neuen Gerinnes ist eine entsprechende Steuerung der Abflussaufteilung zwischen neuem Lauf und der Flutmulde. Dementsprechend hat die Dimensionierung des neuen Gerinnes ebenso wie die Überströmbauwerke in die Flutmulden entscheidende Bedeutung. Das Ziel ist ein flusstypisches Profil in dynamischem Gleichgewicht ohne Instandhaltungsaufwand.

Das neue Gerinne zweigt linksufrig bei Fkm. 25,10 vom bestehenden Lauf ab (Südteil). Bei Fkm. 24,76 befindet sich das untere Ende des linksufrigen Auwaldbestands, das neue Gerinne kreuzt hier den Bestand und wechselt auf die orografisch rechte Seite (Nordteil). Rund 650 m flussab der Ausmündung, bei Fkm. 24,45 befindet sich die rechtsufrige Rückmündung in das bestehende Flussbett. Aufgrund der entsprechend dem Flusstyp kleinräumigeren Flussbögen des neuen Laufs ergibt sich eine größere Länge als im Bestand von rund 750m (+15%) und somit ein geringfügig geringeres Gefälle von 5,5 Promille. Ein Großteil des Gefälles wird über verhältnismäßig steile Furten abgebaut. Diese weisen eine Länge von jeweils ca. 10-15 m und ein Gefälle von 2-3% auf. Die Profilbreiten betragen im Bereich der Böschungsoberkanten maximal 12 m. Damit ist einerseits eine ausreichende Größe für die Aufnahme der bettbildenden Abflüsse gewährleistet. Andererseits ist die Breite ausreichend gering, um die bestehende Auwaldvegetation so weit zu erhalten, dass auch schon nach Baufertigstellung ein Kronenschluss und eine durchgehende Beschattung sichergestellt wird. Die Böschungen sind an den Außenufern steil mit Neigungen bis zu 2:1. Im Bereich der Gleitufer sind sie deutlich flacher mit Neigungen von 1:2."

40 3.1.4. Aus dem Wortlaut des Bewilligungsbescheides ergibt sich ohne Zweifel, dass und aus welchen Gründen die Gewässerbreite maximal 12 m zwischen Böschungsoberkante und Böschungsoberkante zu betragen hat, eine solche also nicht überschritten werden darf.

41 Im Gegensatz zum Vorbringen der mitbeteiligten Partei, wonach sich diese so beschriebene Profilausformung ausdrücklich nur auf den Zustand nach Baufertigstellung beziehe, besagt der Wortlaut der genannten Bewilligung, dass der beschriebene Zustand "auch schon nach Baufertigstellung" sichergestellt sein sollte. Diese Wortfolge insbesondere mit dem Adverb "auch" - gleichzusetzen mit "ebenfalls, genauso" - kann nur so verstanden werden, dass der genannte Zustand der Gewässerbreite zwar schon nach Baufertigstellung gegeben sein soll, aber auch weiterhin so zu bleiben hat.

42 Dafür spricht auch die Begründung für die Wahl dieser Maximalbreite; sie wurde ausreichend gering gewählt, um die Auwaldvegetation derart zu erhalten, dass ein Kronenschluss und eine durchgehende Beschattung sichergestellt wird. Dieser Zielzustand sollte aber nicht nur einmal erreicht werden, sondern beständig.

43 3.1.5. Wenn das LVwG nun unter Verweis auf eine Feststellung des ASV im Rahmen der Überprüfungsverhandlung vom 9. Dezember 2015, wonach die größeren Gewässerbreiten von 12 m auf die laut Projekt vorgesehene dynamische Entwicklung des Flussbettes zurückzuführen sei, letztlich meint, der 12 m-Abstand sei nur als einmaliger Herstellungszustand vorgesehen gewesen, der einer nachfolgenden natürlichen Veränderung überlassen werden solle, so unterstellt es dem Bewilligungsbescheid einen unzutreffenden Inhalt und geht infolgedessen nicht von einer abweichenden Ausführung vom wasserrechtlich bewilligten Projekt aus.

Dadurch hat es das angefochtene Erkenntnis aber mit Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG belastet.

44 3.2. Angesichts dessen erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die weiters aufgeworfene Frage der korrekten Ausführung der Sicherung der Prallufer.

45 3.3. Es erübrigt sich auch ein näheres Eingehen auf die weiters aufgeworfene Rechtsfrage der Verletzung von Rechten des Revisionswerbers als Fischereiberechtigter.

46 Das LVwG wird im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob der Revisionswerber Fischereiberechtigter ist, und - bejahendenfalls - ob der Revisionswerber in der Geltendmachung seiner Rechte als Fischereiberechtigter nicht bereits durch Verschweigung in der erstinstanzlichen Kollaudierungsverhandlung präkludiert ist bzw. in diesem Umfang die Parteistellung verloren hat.

47 Ist dies nicht der Fall, so gilt für ihn die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Einwendungen des Fischereiberechtigten im Überprüfungsverfahren nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 in zweifacher Richtung rechtlich eingeschränkt sind, nämlich einerseits auf das Fehlen der Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten Anlage mit der Bewilligung und andererseits ausschließlich auf die dem Fischereiberechtigten gemäß § 15 WRG 1959 zustehenden Maßnahmen. Einwendungen, die sich gegen das Vorhaben selbst oder gegen den Bewilligungsbescheid richten, sind ebenso unzulässig wie (nachträgliche) Entschädigungsforderungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2016, 2013/07/0161). Vor diesem Hintergrund wären die umfangreichen Einwendungen zu den Lebensbedingungen der Fische in der Beschwerde des Revisionswerbers zu prüfen.

48 4. Das angefochtene Erkenntnis war aus den oben dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

49 5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014.

50 Das den Ersatz der Umsatzsteuer betreffende Kostenmehrbegehren des Revisionswerbers war abzuweisen, da die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2015, Ra 2015/07/0125).

Wien, am 28. Juni 2017

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