Normen
MRK Art6;
VwGVG 2014 §24 Abs1;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde ausgesprochen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des von der Revisionswerberin angezeigten Gewerbes "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Anschluss der Tippannahme" in der weiteren Betriebsstätte in M nicht vorlägen, und die Ausübung des genannten Gewerbes an diesem Standort untersagt. Gleichzeitig erklärte das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.
2 In der Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) ergebe sich, dass die Revisionswerberin seit 31. März 2016 nicht mehr Inhaberin des freien Gewerbes "Vermittlung von Kunden zu Buchmachern/Wettbüros, unter Anschluss der Tippannahme" sei. Ihre am 17. Juni 2016 bei der Behörde eingelangte Anzeige einer weiteren Betriebsstätte sei daher zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Gewerbeberechtigung nicht mehr aufrecht gewesen sei. Eine weitere Betriebsstätte setze das Vorhandensein einer Gewerbeberechtigung in einem anderen Standort voraus. Über die Löschung der Gewerbeberechtigung sei bereits bindend entschieden worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe die dagegen eingebrachte außerordentliche Revision zwischenzeitlich mit Beschluss vom 23. November 2016, Ra 2016/04/0119, zurückgewiesen.
3 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 3. In der vorliegenden Revision werden keine Fragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
5 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit zum einen vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil ungeachtet eines Parteienantrages von einer mündlichen Verhandlung abgesehen worden sei.
6 Nach der - von der Revisionswerberin dazu ins Treffen geführten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, Ra 2014/05/0058, mwN) ist eine mündliche Verhandlung auch zur Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht durchzuführen.
Diese Rechtsprechung ist jedoch zur Rechtslage vor der Änderung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes durch die Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 ergangen. In den Erläuterungen zu dieser Novelle hat der Gesetzgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass die mündliche Verhandlung Teil des Ermittlungsverfahrens ist, dessen Zweck darin besteht, den für die Erledigung einer Verwaltungssache (Rechtssache) maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP 5 sowie das bereits zur Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 ergangene hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2017, Ra 2017/04/0036). Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte näher ausgeführt, dass eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht dann besteht, wenn das Verfahren nicht übermäßige komplexe Rechtsfragen oder nur hochtechnische Fragen betrifft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2015, Ra 2015/12/0012, und vom 24. Februar 2016, Ra 2015/10/0047, jeweils mwN).
7 Dass im vorliegenden Fall eine der oben genannten Voraussetzungen für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfüllt wäre, wird von der Revisionswerberin weder mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe durch die Ergänzung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides "die Parteienrechte beeinträchtigt", noch mit dem allgemeinen Hinweis, es gehe "im konkreten Fall um die (zu verhandelnde) Sachfrage, ob der (konkrete) Spruch des Verwaltungsgerichts (abstrakt) geeignet ist, eine Änderung im GISA herbeizuführen", näher dargetan.
8 Zum anderen führt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit aus, dass in einem Fall, in dem eine Anmeldung einer weiteren Betriebsstätte mangels Zugehörigkeit der betreffenden Tätigkeit zum Gewerberecht nicht möglich sei, keine Zuständigkeit der Gewerbebehörde bestehe, die Ausübung dieser Tätigkeit zu untersagen. Die Gewerbehörde hätte daher von der Untersagung der Tätigkeit Abstand nehmen müssen.
9 Mit diesem Vorbringen vermag die Revisionswerberin schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage aufzuzeigen, weil sie nicht darlegt, inwieweit sich durch eine allfällige Zurückweisung ihre Rechtsposition verbessern würde und ihr insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis zukomme (vgl. zum Erfordernis des Vorliegens eines die Zulässigkeit begründenden Rechtsschutzinteresses den hg. Beschluss vom 27. Oktober 2014, 2012/04/0143).
10 4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2017
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)