Normen
BAO §115 Abs2;
BAO §269 Abs1;
BAO §275 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
UStG 1994 §2 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin erwarb mit Anwartschaftsvertrag vom 12. November 2010 ein zur Gänze eigenfinanziertes und als Reihenhaus bezeichnetes Wohnungseigentumsobjekt mit einem Gartenanteil und einer Wohnnutzfläche von 106 m2, das sie mit Mietvertrag vom 3. Oktober 2011 auf unbestimmte Zeit an ihren Sohn und dessen Ehegattin um 715 EUR inklusive USt (650 EUR netto) vermietete.
2 Das Finanzamt anerkannte in den Bescheiden betreffend Umsatzsteuer 2010 bis 2012 und Einkommensteuer 2011 dieses Mietverhältnis nicht, weil die vereinbarte Miete fast 1/3 niedriger als die laut Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer ortsüblichen Mieten sei und es sich daher um kein fremdübliches Mietverhältnis handle. Die geltend gemachte Vorsteuer und der Verlust blieben daher unberücksichtigt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die dagegen gerichtete Beschwerde der Revisionswerberin ab. Begründend führte es aus, ein Unterschreiten der sowohl am freien Markt zu erzielenden Miete als auch der als Orientierung geltenden Parameter wie Immobilienpreisspiegel (bei 7,30 EUR pro m3 ergäbe sich eine Nettomiete von 774 EUR) oder Richtwertzins (bei 6,76 EUR pro m3 ergäbe sich eine Nettomiete von 717 EUR) zeige, dass die getroffene Vereinbarung in Bezug auf die Miethöhe nicht der unter Fremden üblichen Vorgangsweise entspreche. Für 2015 fänden sich als Vergleichsgrundlage für eine marktkonforme Miete im Internet zwei Reihenhäuser in diesem Bezirk, die um 1.100 EUR (Baujahr 1968, saniert 2015, 120 m2 Wohnfläche und Garten, Garage) und 1.240 EUR netto (Baujahr 2015, 105 m2 Wohnfläche, 200 m2 Garten, 2 Terrassen, 2 Autoabstellplätze) zur Vermietung angeboten würden, während der im Revisionsfall vereinbarte Mietzins entsprechend der Indexvereinbarung im Jahr 2005 lediglich auf rund 700 EUR gestiegen sei. Zudem weise der Mietvertrag weitere fremdunübliche Bestimmungen und Lücken auf, die nur durch das Naheverhältnis zwischen Mieter und Vermieterin zu erklären seien (etwa Fehlen von Vereinbarungen betreffend Kfz-Abstellplätze, niedrige Kaution von 2000 EUR trotz erhöhten Sicherstellungsinteresses bei einem Neubau).
4 Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse komme das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss, dass das Mietverhältnis zwischen Familienfremden nicht unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre. Die gewählte Vorgangweise sei nur dann sinnvoll, wenn das Wohnbedürfnis von Familienmitgliedern in das äußere Erscheinungsbild einer Einkunftsquelle gekleidet werden solle. Vorliegendenfalls stelle diese fremdunübliche Überlassung des Objektes an den Sohn und die Schwiegertochter eine klassische private Verwendung im Rahmen der Lebensführung dar, sodass ein Anwendungsfall des Vorsteuerausschlusses nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 vorliege und das Mietverhältnis mangels Fremdüblichkeit der Mietvereinbarung steuerlich nicht anzuerkennen sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit der Revision führt die Revisionswerberin zum einen aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Fremdüblichkeit der Reduzierung der in Geld zu zahlenden Miete bei gleichzeitiger Übernahme der Wartungs- und Instandhaltungskosten. Dieser zusätzliche (geldwerte) Teil des Mietzinses sei vom Bundesfinanzgericht zu Unrecht mit dem allgemeinen Argument, dass bei neu errichteten Gebäuden keine (Wartungs- und) Instandhaltungskosten anfielen, bei der Prüfung der Fremdüblichkeit des Mietzinses nicht berücksichtigt worden.
6 Zum anderen sei das Bundesfinanzgericht von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Verfahrensrecht abgewichen, weil keine amtswegige Bestellung eines Sachverständigen zur Feststellung der Fremdüblichkeit/- unüblichkeit des vereinbarten Mietzinses erfolgt sei und das Bundesfinanzgericht in seine rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezogen habe, die der Partei nicht bekannt gewesen seien. Ferner liege eine mangelnde amtswegige Ermittlung des Sachverhalts vor.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revision erweist sich als unzulässig.
11 Soweit die Revisionswerberin das Fehlen von Rechtsprechung zur Fremdüblichkeit der Reduzierung der in Geld zu zahlenden Miete bei gleichzeitiger Übernahme der Wartungs- und Instandhaltungskosten rügt, zeigt sie damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
12 So ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Vermietung einer Immobilie zu Wohnzwecken als unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1994 von der bloßen Gebrauchsüberlassung zu unterscheiden, die nicht zur Unternehmereigenschaft führt. Erfolgt die Überlassung der Nutzung demnach nicht deshalb, um Einnahmen zu erzielen, sondern um einem Angehörigen einen nicht fremdüblichen Vorteil zuzuwenden, so fehlt es bereits an einer wirtschaftlichen Tätigkeit (vgl. zB VwGH vom 19. März 2013, 2009/15/0215, sowie vom 19. Oktober 2011, 2008/13/0046). Um bei der Überlassung des Gebrauches das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit ausschließen zu können, kommt entscheidendes Gewicht dem Gesamtbild der Verhältnisse zu (VwGH vom 10. Februar 2016, 2013/15/0284).
13 Im Revisionsfall hat das Bundesfinanzgericht mehrere Vergleichsgrundlagen zur Beurteilung der Angemessenheit des Mietentgelts herangezogen und damit die fremdunüblich niedrige Höhe desselben untermauert. Zudem hat es - in nicht unschlüssiger Weise - darauf hingewiesen, dass es sich beim gegenständlichen Objekt um ein neu errichtetes Gebäude mit einem 185 m2 großen Garten und zwei überdachten Autoabstellplätzen handle, weshalb die im Mietenspiegel genannten Werte für Mietwohnungen ohnehin nur eine Untergrenze darstellen könnten und eine Korrektur durch weitere Abschläge nicht ohne Weiteres in Betracht kommen könne. Auch hat es im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die übrigen Bestimmungen des Mietvertrages in seine Fremdüblichkeitsprüfung einbezogen.
14 Dass das Bundesfinanzgericht damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
15 Mit ihrem zweiten Zulässigkeitsvorbringen wirft die Revision ausschließlich Fragen des Verfahrensrechts auf. Zwar können Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht nur solche des materiellen, sondern auch solche des Verfahrensrechts sein (vgl. VwGH vom 1. September 2015, Ra 2015/15/0014). Nach der ständigen hg. Rechtsprechung reicht es jedoch - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH vom 1. Juni 2017, Ra 2016/15/0051, mwN).
16 Soweit die Revisionswerberin betreffend die Frage der Angemessenheit des Mietentgelts zunächst das Unterbleiben der amtswegigen Beiziehung eines Sachverständigen und die ersatzweise Heranziehung unter anderem von Vergleichsangeboten aus dem Internet rügt, ist sie zunächst darauf zu verweisen, dass im Abgabenverfahren - wie sich aus § 166 BAO ergibt - der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel gilt (vgl. zB VwGH vom 24. Juni 2010, 2007/15/0238). Es entspricht daher nicht der Rechtslage, dass die Angemessenheit eines Mietentgelts nur mit einem Sachverständigengutachten beurteilt werden kann.
17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein Sachverständigenbeweis "notwendig" im Sinn des § 177 Abs. 1 BAO, wenn die Behörde bzw. das Gericht nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse verfügt oder sich die Kenntnisse anderweitig aneignen kann (vgl. zB VwGH vom 22. November 2016, Ra 2016/16/0092, sowie vom 15. September 2011, 2008/15/0256). Mit der bloßen Behauptung mangelnder Kenntnisse des Bundesfinanzgerichts "im Bereich des gesamten Immobilienmarktes" zeigt die Revision das Fehlen entsprechender Fachkenntnisse des Bundesfinanzgerichts nicht auf, zumal dieses mehrere Vergleichsgrundlagen zur Bestimmung des fremdüblichen Mietentgelts herangezogen und der Revisionswerberin im Verfahren auch vorgehalten hat.
18 Soweit die Revisionswerberin ferner rügt, dass die beiden als Vergleichsgrundlage herangezogenen Angebote aus dem Internet ihr erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgehalten worden seien und dadurch das nach der gefestigten Rechtsprechung auch im Verwaltungsverfahren geltende sogenannte Überraschungsverbot verletzt worden sei, so verkennt sie sowohl den Inhalt des Überraschungsverbots als auch die Bedeutung der mündlichen Verhandlung. Letztere besteht u.a. gerade darin, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Parteien umfassend zu den bisherigen Beweisergebnissen Gehör eingeräumt werden kann (vgl. § 275 Abs. 2 BAO). Von einem Verstoß gegen das Überraschungsverbot - dh. der Einbeziehung von Sachverhaltselementen in die rechtliche Würdigung, die der Partei nicht bekannt waren, - kann daher im Revisionsfall keine Rede sein (vgl. auch VwGH vom 27. April 2017, Ro 2016/02/0020 sowie vom 11. November 2015, Ra 2015/04/0073).
19 Mit der dritten nicht weiter substantiierten Verfahrensrüge, wonach das Bundesfinanzgericht durch die Heranziehung der Internetangebote als Vergleichsgrundlage für eine angemessene Miethöhe und die fehlende Ermittlung der tatsächlich angefallenen Wartungs- und Instandhaltungskosten seine amtswegige Ermittlungspflicht verletzt habe, wird schließlich auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargetan. Insbesondere hat das Bundesfinanzgericht näher und schlüssig begründet, warum die Übernahme der Wartungs- und Instandhaltungskosten im Revisionsfall keine zusätzlichen Abschläge rechtfertigt.
20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. September 2017
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