VwGH Ra 2016/09/0115

VwGHRa 2016/09/011524.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der B H in A, vertreten durch Dr. Ingrid Schwarzinger, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Stiftgasse 21/20, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 12. Oktober 2016, LVwG-AV-611/004-2014, betreffend Leistungsfeststellung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §43a;
BDG 1979 §81;
LBedG NÖ 2006 §27 Abs1;
LBedG NÖ 2006 §58 Abs2;
LBedG NÖ 2006 §58;
VwGG §41;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin stand als Leiterin eines Landespflegeheimes bis zur Kündigung in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.

2 Zur Vorgeschichte wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2016, Ra 2016/09/0012, und den hg. Beschluss vom 9. September 2016, Ra 2016/12/0002, verwiesen.

3 Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz‑)Erkenntnis änderte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Spruchpunkt 1) des Bescheides (negative Beurteilung) dahingehend ab, dass festgestellt werde, dass die Revisionswerberin den zu erwartenden Arbeitserfolg als Leiterin des Landespflegeheimes X innerhalb des letzten Jahres vor Erstattung des Berichts vom 7. August 2014 nicht erbracht habe. Die Beschwerde wies es als unbegründet ab. Es erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Das angefochtene Erkenntnis enthält in seiner Begründung den in Rz 8 des hg. Beschlusses vom 9. September 2016, Ra 2016/12/0002, wiedergegebenen Text. Darüber hinaus führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen weiter aus, dass die Stellenbeschreibung der Heimleitung die "Sicherstellung einer effizienten und wertschätzenden Kommunikations- und Informationskultur" als wesentlichen Zweck und Aufgabe einer Heimleitung nenne. Darüber hinaus sei laut Stellenbeschreibung ein geordneter Informationsfluss im Heimbetrieb sicherzustellen und es seien die unterstellten Mitarbeiter zu führen, zu fördern und zu motivieren.

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen bestehe aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich kein Zweifel, dass die Revisionswerberin die Ziele ihrer Stellenbeschreibung objektiv im Lichte der Beweisergebnisse betrachtet nicht erreicht habe.

Für das Ergebnis der Leistungsfeststellung seien nur der Umfang und die Wertigkeit der Leistungen des Beamten maßgebend (Hinweis auf VwGH 6. März 2008, 2006/09/0049). Auch bei einer personellen Unterbesetzung sei der Vorgesetzte (Dienststellenleiter ) bei seiner eigenen Leistungsbeurteilung an seiner Funktion zu messen. Daher könnten (unter Berücksichtigung einer allfälligen Ausnahmesituation dennoch bestehende) gravierende Mängel in der Ausübung seiner Leitungsfunktion nicht durch seine - gleichsam als Ersatz für einen fehlenden Mitarbeiter - vermehrte Tätigkeit in Aufgabenbereichen, die an und für sich von seinen Mitarbeitern wahrzunehmen seien, kompensiert werden (Hinweis auf VwGH 17. August 2000, 95/12/0187).

Vor diesem Hintergrund erhelle, dass die angefochtene negative Beurteilung schon aus diesem Grund der nachweislichen Zielverfehlung im Bereich der anzustrebenden Kommunikationskultur an der von der Revisionswerberin geleiteten Dienststelle unabhängig vom Vorliegen eines vorwerfbaren Verschuldens objektiv gerechtfertigt sei.

5 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erweist sich als unzulässig:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Unter 3.1 der Zulassungsgründe führt die Revisionswerberin aus, das Verwaltungsgericht habe entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es sich bei einer Dienstbeurteilung um eine Leistungsbeurteilung für einen bestimmten Zeitraum handle und kein Platz für eine Zukunftsprogose sei, dennoch eine solche angestellt.

Diesem Vorbringen ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsgericht klar erkennbar jene Feststellungen seiner rechtlichen Beurteilung (insbesondere auf den Seiten 26 und 27) zugrunde gelegt hat, die auf den durch das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Mai 2016 vorgegebenen Zeitraum abstellen. Die von der Revisionswerberin aus der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses entnommenen und als negative Zukunftsprognose gewerteten Ausführungen flossen somit nicht in die rechtliche Prüfung des Verwaltungsgerichts ein. Ein Abgehen von der höchstgerichtlichen Judikatur zeigt die Revisionswerberin somit nicht auf.

8 Soweit die Revisionswerberin unter 3.2 des Zulässigkeitsvorbringens eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin sieht, dass es keine Rechtsprechung dazu gebe, dass auch das Verwaltungsgericht in vollem Umfang Beweis zu erheben und die Entscheidungen der Dienstbehörden, so auch die Dienstbeurteilungen, in vollem Umfang nachzuprüfen habe, ist Folgendes auszuführen:

9 § 58 des Niederösterreichischen Landes-Bedienstetengesetzes

(LBG), LGBl. 2100-17, lautet:

"§ 58

Begriff und Arten der Beurteilung, gesetzliche Vermutung,

Merkmale

(1) Der Arbeitserfolg der Bediensteten unterliegt der Beurteilung. Die Beurteilung ist die rechtsverbindliche Feststellung über Bedienstete, dass diese jeweils im Beurteilungszeitraum den zu erwartenden Arbeitserfolg erbracht haben oder nicht erbracht haben. Bis zur ersten Feststellung, dass der zu erwartende Arbeitserfolg nicht erbracht wurde, wird der zu erwartende Arbeitserfolg als erbracht vermutet.

(2) Für die Beurteilung der Bediensteten sind Umfang und Wertigkeit ihrer Arbeitsleistung maßgebend.

(3) Die Beurteilung erfolgt durch Bescheid der Dienstbehörde. Der Bescheid hat die Feststellung zu enthalten, ob innerhalb des letzten Jahres vor Berichterstattung (Abs. 4) durch die Dienststellenleitung (Beurteilungszeitraum) der zu erwartende Arbeitserfolg

  1. 1. erbracht (positive Beurteilung: ‚entspricht') oder
  2. 2. nicht erbracht (negative Beurteilung: ‚entspricht nicht') wurde.

(4) Die Dienststellenleitung hat der Dienstbehörde antragstellend über Bedienstete zu berichten, von deren gesamter Arbeitsleistung sie der Meinung ist, dass sie nicht mehr dem vermuteten oder zuletzt festgestellten Ergebnis der Beurteilung entspricht und seither ein Jahr verstrichen ist. Auch Bedienstete, deren Arbeitserfolg zuletzt negativ beurteilt wurde, können einen derartigen Antrag stellen. Im Fall einer negativen Beurteilung hat die Dienststellenleitung 6 Monate nach deren Zustellung neuerlich zu berichten; der Beurteilungszeitraum umfasst in diesem Fall die seit der der negativen Beurteilung vorausgegangenen Berichterstattung verstrichene Zeit.

(5) Eine Beurteilung ist bis zu einer Zuordnung, einer Versetzung oder einer neuerlichen Beurteilung wirksam.

(6) Im Fall einer negativen Beurteilung verlieren die

betroffenen Bediensteten von der Zustellung der negativen

Beurteilung bis zur Rechtswirksamkeit einer positiven Beurteilung

1. 15 % ihres Anspruchs auf den Monatsbezug und

2. den Anspruch auf ein infolge Vorrückung in eine höhere

Gehaltsstufe höheres Gehalt.

(7) Im Fall einer zweiten negativen Beurteilung in Serie endet das Dienstverhältnis von Gesetzes wegen."

10 Für die Leistungsfeststellung sind nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes (§ 58 Abs. 2 LBG) der Umfang und die Wertigkeit der Leistungen des Beamten maßgebend. Der Bericht hat die Arbeitsergebnisse darzustellen, nicht aber Eigenschaften des Beamten; diese haben vielmehr in den Leistungen ihren Niederschlag zu finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, 2004/09/0211, zum gleichartigen § 81 Abs. 1 BDG 1979). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem weiteren Erkenntnis vom 25. Mai 2005, 2002/09/0009, unter Verweis auf seine Vorjudikatur ausgeführt hat, darf der "zu erwartende Arbeitserfolg" nicht subjektiv bezogen auf die Person des zu beurteilenden Beamten verstanden bzw. gar als Ausdruck einer subjektiven Erwartungshaltung des zu beurteilenden Beamten gesehen werden. Maßgebend ist also - dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung folgend - nicht der vom zu beurteilenden Beamten zu erwartende Arbeitserfolg; es muss vielmehr in erster Linie das für den Arbeitsplatz bzw. die Tätigkeiten des zu beurteilenden Beamten nach objektiven Kriterien ausgerichtete Anforderungsprofil erfüllt sein. Dabei soll die Leistungsbeschreibung der Dienststellenleitung möglichst konkrete Sachverhalte und eine konkrete Darstellung der Leistungen des Beamten enthalten und sich nicht in wertenden Feststellungen erschöpfen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. November 1995, 93/09/0347).

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine dienstrechtliche Leistungsfeststellung ein Werturteil dar, das der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur darin unterliegt, ob es auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme beruht, ob der angenommene Sachverhalt unter Bedachtnahme auf die einzuhaltenden Verfahrensvorschriften für eine verlässliche Beurteilung ausreicht, ob die aus ihm gezogenen Schlussfolgerungen mit den Denkgesetzen vereinbar und ob keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1982, Slg N.F. 10.679/A, und 9. Oktober 2006, 2005/09/0062, mwN). Diese Aussage gilt allerdings nicht für das Entscheidungskalkül des Verwaltungsgerichts, das gemäß § 28 VwGVG grundsätzlich in der Sache selbst (meritorisch) zu entscheiden und nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war. Hiebei tritt die die Angelegenheit, die zunächst von der Verwaltungsbehörde mit dem angefochtenen Bescheid entschieden worden ist, erledigende Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtes an die Stelle des bekämpften Bescheides (vgl. zu dem Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032, mwN). Im Fall einer Leistungsfeststellung ist das dabei zu erstellende dienstrechtliche Werturteil daher in der Regel vom Verwaltungsgericht zu treffen.

12 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht selbst angenommen, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG vorliegen. Es hat mehrere mehrstündige mündliche Verhandlungen durchgeführt und eine Vielzahl an Zeugen sowie die Revisionswerberin einvernommen. Aufgrund dieser Entscheidungsgrundlage hat das Verwaltungsgericht Feststellungen getroffen und diese seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt. Es kam ausgehend von der Feststellung des Anforderungsprofils des Arbeitsplatzes der Revisionswerberin rechtlich zu dem Schluss, dass vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen kein Zweifel bestehe, dass die Revisionswerberin die Ziele ihrer Arbeitsplatzbeschreibung objektiv im Lichte der Beweisergebnisse betrachtet nicht erreicht habe. Ausgehend davon hat das Landesverwaltungsgericht entgegen den Ausführungen in der Revision - im Ergebnis - in der Sache selbst entschieden.

13 Wenn die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang weiters moniert, dass § 58 LBG keinerlei Kriterien für eine sachlich nachvollziehbare Bewertung, wie z.B. einen Punktekatalog festlege, § 81 BDG 1979 jedoch eine Verordnungsermächtigung für die Merkmale der Leistungsbeurteilung für den jeweils zuständigen Bundesminister vorsehe, ist dies richtig. Der Landesgesetzgeber hat eine Verordnungsermächtigung nach dem Vorbild des BDG 1979 nicht übernommen. Das führt aber entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht für sich genommen zu einem willkürlichen Vorgehen der Dienstbehörden. Auch ohne gesetzlich determinierten Punktekatalog hat die Dienstbehörde den zu erbringenden Arbeitserfolg des Dienstnehmers nach sachlichen Kriterien zu bewerten. Die objektiv zu erwartenden Dienstpflichten sind den tatsächlich erbrachten Leistungen gegenüberzustellen und es ist im Rahmen einer begründeten und nachvollziehbaren Beurteilung eine Leistungsfeststellung abzugeben, die wie bereits erwähnt einer Überprüfung auf ihre Sachlichkeit standhalten muss. Somit hindert auch das Nichtvorliegen von Qualitätskriterien nicht die Nachvollzieh- und Überprüfbarkeit.

14 Die Revision, die zudem eine Mitarbeiterbefragung als Grundlage für die Dienstbeurteilung anspricht, legt nicht dar, inwieweit ein solches Instrumentarium Bedeutung über den hier vorliegenden Einzelfall hinaus hätte.

15 Auch unter 3.3 rügt die Revisionswerberin fehlende gesetzliche Regelungen in § 58 LBG zur Frage des Nachprüfungsverfahrens, wie sie in den §§ 81 BDG 1979 enthalten seien. Es gebe in Niederösterreich keine Leistungsfeststellungskommission. Dazu fehle es an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Dieses Vorbringen ist zutreffend, zeigt aber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn der Landesgesetzgeber in den bezughabenden dienstrechtrechtlichen Bestimmungen einen anderen Regelungsbedarf sieht als der Bundesgesetzgeber.

16 Unter 3.4 bringt die Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision vor, es bestehe keine Judikatur zu der Frage, ob Beamte auch verpflichtet seien, sich über Weisung Persönlichkeitsanalysen zu unterziehen. Wäre diese Verpflichtung gegeben, müssten Verweigerer dienstrechtliche Konsequenzen fürchten.

17 Mit diesem Vorbringen verkennt die Revision, dass vorliegend eine solche Konstellation (der Verweigerung und der daraus ableitbaren Folgen) nicht Gegenstand des Verfahrens war und im Übrigen die Revisionswerberin der Aufforderung, sich einer Persönlichkeitsanalyse zu unterziehen, nachgekommen ist.

18 Im Punkt 3.5 begründet die Revisionswerberin die Zulassung ihrer Revision damit, dass das Landesverwaltungsgericht das Mobbing, dem sie ausgesetzt gewesen wäre, beharrlich ignoriert habe. Es habe die Frage des wahren Verschuldens an der zerrütteten Situation zwischen der Revisionswerberin und den Stationsleitungen/Betriebsrat nicht gestellt bzw. ihr das Verschulden zugeordnet. Es erhebe sich somit die Frage, ob eine Dienstnehmerin das Recht auf einen mobbingfreien Arbeitsplatz habe.

19 Bei Mobbing handelt es sich um eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen und Kolleginnen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet. Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc. Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz Mobbing zugrunde liegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. dazu den Beschluss des OGH vom 24. März 2017, 9 ObA 32/17x, mwN; vgl. dazu auch das ausdrückliche Mobbingverbot in § 43a BDG 1979 und dazu die Erläuterungen der Regierungsvorlage 488 BlgNR 24. GP , S 9). Unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Dienstpflicht des § 43 Abs. 2 BDG 1979, der dieselbe Formulierung wie § 27 Abs. 1 zweiter Satz LBG enthält, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. Dezember 1985, 85/09/0223, u.a., Slg. Nr. 11.966/A, ausgeführt, dass es für die gute Zusammenarbeit in einer Behörde wünschenswert ist, dass jeder Beamte seinen Kollegen und Vorgesetzten mit der Achtung und Hilfsbereitschaft begegnet, die er selbst von ihnen erwartet. Nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten stelle schon eine Dienstpflichtverletzung dar. Die Grenze der Pflichtwidrigkeit sei erreicht, wenn die menschliche Würde eines Kollegen oder Vorgesetzten verletzt oder wenn der Betriebsfriede und die dienstliche Zusammenarbeit anderweitig ernstlich gestört werde. Wiederholtes unkameradschaftliches und teilweise gehässiges Verhalten eines Beamten gegenüber einer Kollegin wurde in seiner Gesamtheit im Ergebnis als Mobbing qualifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1999, 98/09/0213).

20 In diesem Zusammenhang stellt die Revision jedoch nicht dar und ist auch sonst nicht erkennbar, inwiefern die von der Revisionswerberin behaupteten Vorfälle zu einem anderen Ergebnis bei der Leistungsbeurteilung führen müssen. Es ist zu bedenken, dass im vorliegenden Fall der Arbeitserfolg der Revisionswerberin zu beurteilen war. Sie unterlässt es aber im Zulassungsvorbringen aufzuzeigen, inwieweit die von der Dienstbehörde aufgezeigten Unzulänglichkeiten der Revisionswerberin ihre Ursache in der von ihr behaupteten Mobbingsituation gehabt hätten. Davon ausgehend sind die von der Revisionswerberin vermissten Feststellungen nicht entscheidungsrelevant, weshalb auch die von ihr unter 3.7. gerügte Unterlassung der Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet der Psychologie/Psychotherapie zum Nachweis (und Feststellung) der Mobbingsituation schon aus diesem Grund keinen relevanten Verfahrensmangel darstellen kann.

21 Soweit die Revisionswerberin unter 3.6 eine grundsätzliche Rechtsfrage im Fehlen einer Judikatur dazu erblickt, ob Direktorinnen von Pflegeheimen für Fehlentscheidungen im Pflegebereich einzustehen haben, entfernt sich die Revision in diesem Punkt von den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis. Demnach hat die Revisionswerberin die Verlegung der in Rede stehenden Patientin in ihrer Eigenschaft als Direktorin - trotz pflegeethischer Bedenken der stellvertretenden Pflegedienstleiterin - selbst angeordnet (Seiten 10 und 11 des angefochtenen Erkenntnisses). Gegenteiliges zeigt die Revision nicht auf.

22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb die Revision in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Wien, am 24. Mai 2017

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