OGH 9ObA32/17x

OGH9ObA32/17x24.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon.‑Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Horst Nurschinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Josef Hofer, M.B.L.-HSG, und Mag. Dr. Thomas Humer, LL.M., Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch die JAEGER LOIDL WELZL SCHUSTER SCHENK Rechtsanwälte OG in Linz, wegen 10.762 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Jänner 2017, GZ 11 Ra 10/16v‑33, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00032.17X.0324.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein in zweiter Instanz verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz kann in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963; RS0106371). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RIS-Justiz RS0042963 [T58]). Dies gilt nur dann nicht, wenn die zweite Instanz infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen (RIS‑Justiz RS0043086) oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat (RIS‑Justiz RS0043166).

Soweit daher der Kläger im Revisionsverfahren einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit der Beweismittel und die Unterlassung seiner ergänzenden Einvernahme moniert, ist darauf nicht weiter einzugehen. Die Verneinung einer Mangelhaftigkeit wurde vom Berufungsgericht auch zu den einzelnen vom Kläger genannten Beweisthemen konkret begründet und nur hinsichtlich der unterlassenen Einvernahme „zu den dort einschlägigen Sachverhalten“ auf eine nicht gesetzmäßige Ausführung der Berufung verwiesen.

Soweit zu den vom Kläger behaupteten Verfehlungen anderer Mitarbeiter der Beklagten keine Beweise aufgenommen und keine Feststellungen getroffen wurden, wurde das von den Vorinstanzen damit begründet, dass diese aus rechtlichen Gründen nicht als relevant erachtet werden. Eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes lässt sich daraus nicht ableiten.

Die vom Kläger gerügten Feststellungen wurden, soweit Ersatzfeststellungen geltend gemacht wurden, vom Berufungsgericht geprüft. Eine Unrichtigkeit dieser Beurteilung kann in der Revision nicht geltend gemacht werden. Soweit das Berufungsgericht darauf verweist, dass die Forderung nach einer „ersatzlosen Streichung“ von Feststellungen keine gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge darstellt, ist dies nicht zu beanstanden.

Wenn das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung vom festgestellten Sachverhalt, nicht vom Vorbringen des Klägers ausgeht, begründet das keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens. Ein sekundärer Feststellungsmangel liegt nur dann vor, wenn das Gericht aufgrund unrichtiger Rechtsansicht Feststellungen nicht getroffen hat, nicht wenn diese Feststellungen nicht den von einer Partei gewünschten entsprechen.

2. Bei Mobbing handelt es sich um eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen und Kolleginnen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet (9 ObA 131/11x ua). Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc (RIS‑Justiz RS0124076 [T2]).

Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz Mobbing zugrunde liegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl RIS‑Justiz RS0124076 [T4]).

Nach den im Revisionsverfahren nicht überprüfbaren Feststellungen waren gegen den Kläger gerichtete Maßnahmen nicht dazu gedacht, den Kläger zu diskriminieren oder zu schikanieren und ergibt sich auch aus den einzelnen Vorfällen kein nach den Gesamtumständen unsachliches Vorgehen der Beklagten. Damit haben die Vorinstanzen jedenfalls vertretbar ein einen Schadenersatzanspruch begründendes Verschulden der Beklagten verneint. Auf die in der Revision aufgeworfene Frage, inwieweit die Handlungen „geeignet“ waren, als Mobbing wahrgenommen zu werden, kommt es daher nicht an.

Dass der Kläger anderen Arbeitnehmern (nicht im Zusammenhang mit seiner Person stehende) Dienstpflichtverletzungen vorgeworfenen hat, ist unstrittig. Ob dies, wie die Beklagte vorbrachte, zu Unrecht erfolgte oder ob – wie der Kläger behauptet – berechtigte Vorwürfe gegen diese Personen vom Arbeitgeber nicht ausreichend verfolgt wurden, ist für den Schadenersatzanspruch des Klägers irrelevant. Konkretes Vorbringen dazu, in welchem Zusammenhang (außerhalb des Verfahrens) die Beklagte die vom Kläger gegen Dritte erhobenen Vorwürfe dazu genutzt hat, den Kläger „als Querulanten zu diffamieren“, wurde nicht erstattet. Damit bestand für die Vorinstanzen aber auch kein Grund zu diesem Themenkomplex Feststellungen zu treffen.

3. Die außerordentliche Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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