VwGH Ra 2016/08/0188

VwGHRa 2016/08/01887.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision 1.) der S D und 2.) des S D, beide in A, beide vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 25. Juli 2016, LVwG-1- 193/2016-R3 und LVwG-1-194/2016-R3, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Normen

ASVG §111 Abs1;
B-VG Art133 Abs3;
VStG §19;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit den angefochtenen Erkenntnissen bestrafte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg die Erstrevisionswerberin und den Zweitrevisionswerber jeweils wegen Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 iVm. § 33 Abs. 1 ASVG, weil es von ihnen als unbeschränkt haftende Gesellschafter und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene einer OG zu verantworten sei, dass es von dieser OG als Dienstgeberin unterlassen worden sei, vier in näher bezeichneten Zeiten beschäftigte nach dem ASVG pflichtversicherte Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, und verhängte dafür über die revisionswerbenden Parteien jeweils vier Geldstrafen in der Höhe von zweimal EUR 1.000,-- und zweimal EUR 800,--.

5 In den Ausführungen zur Strafbemessung berücksichtigte das Verwaltungsgericht jeweils unter anderem die individuellen Vermögensverhältnisse der revisionswerbenden Parteien. Hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers wertete es als erschwerend, dass die Tat vorsätzlich begangen worden sei.

6 Gegen diese Erkenntnisse richtet sich die außerordentliche Revision, zu deren Zulässigkeit die revisionswerbenden Parteien vorbringen, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Erstrevisionswerberin eine fahrlässige und hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers eine vorsätzliche Begehung angenommen, dennoch aber in den Erkenntnissen Strafen in gleicher Höhe von jeweils insgesamt EUR 3.600,-- verhängt. Der Begriff der Fahrlässigkeit sei im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB zu verstehen. Nach dem StGB seien aber bei Fahrlässigkeit "niedrigere Strafen" angedroht "als bei vorsätzlicher Begehung".

7 Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Februar 2017, Ra 2017/09/0004, mwN).

8 Das Verwaltungsgericht ist hinsichtlich des Zweitrevisionswerbers zutreffend davon ausgegangen, dass bei einer Verwaltungsübertretung, zu deren Verwirklichung - wie vorliegend bei § 111 Abs. 1 ASVG - Fahrlässigkeit ausreicht, die vorsätzliche Begehung als Erschwerungsgrund zu werten ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. April 2011, 2008/09/0246, und vom 24. März 2011, 2008/09/0052).

9 Mit dem Vorbringen, die Verhängung gleicher Strafen über beide revisionswerbenden Parteien sei nicht nachvollziehbar, wird in der Revision eine Unvertretbarkeit der jeweiligen Strafbemessung in den beiden angefochtenen Erkenntnissen schon deshalb nicht aufgezeigt, weil entscheidend ist, ob das Verwaltungsgericht bei der Strafbemessung von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, nicht aber, welche Strafe in einem anderen Fall verhängt wurde (vgl. in diesem Sinn die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2001, 96/02/0011, vom 26. Februar 1996, 95/10/0171, und vom 19. Februar 2014, 2013/10/0206).

10 Im Übrigen bringen die revisionswerbenden Parteien nicht zur Darstellung, dass die Strafbemessung durch das Verwaltungsgericht aus anderen Gründen unvertretbar erfolgt wäre.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Wien, am 7. August 2017

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