Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §15;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfGG §36;
FlVfGG §38;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs1 litb;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs8;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;
FlVfLG Tir 1996 §8 Abs1 lita;
FlVfLG Tir 1996 §9 Abs1 lita;
AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §15;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfGG §36;
FlVfGG §38;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs1 litb;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs8;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;
FlVfLG Tir 1996 §8 Abs1 lita;
FlVfLG Tir 1996 §9 Abs1 lita;
Spruch:
gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 und der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien, eine Agrargemeinschaft und sechs ihrer Mitglieder, beantragten am 24. Juni 2015 bei der belangten Behörde die Feststellung, dass die Einverleibung des Eigentumsrechts für die mitbeteiligte Gemeinde bei der Grundbuchsanlegung unwirksam gewesen bzw. unwirksam sei.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Februar 2016 wurde dieser Antrag wegen Unzuständigkeit der Agrarbehörde zurückgewiesen.
Die belangte Behörde verwies auf die Rechtskraft von Bescheiden, mit denen rechtskräftig festgestellt worden sei, dass die strittigen Liegenschaften im Zeitpunkt der Regulierung im Eigentum der politischen Gemeinde und danach im Eigentum der Agrargemeinschaft gestanden seien. Die Rechtskraft dieser Feststellung stehe einer neuerlichen Eigentumsfeststellung nach § 73 lit. c TFLG 1996 entgegen.
3 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde.
4 Parallel dazu ergingen Entscheidungen des Landesgerichts Innsbruck, des Oberlandesgerichts Innsbruck und letztlich des Obersten Gerichtshofes zu einer auf das gleiche Ergebnis gerichteten Feststellungsklage der erstrevisionswerbenden Partei (Agrargemeinschaft) gegen die mitbeteiligte Partei (Gemeinde).
Die Zivilgerichte wiesen diese Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und gingen dabei davon aus, dass die Entscheidung dieser Frage ausschließlich den Agrarbehörden vorbehalten sei.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG) vom 11. Juli 2016 wurde die Beschwerde der erstrevisionswerbenden Agrargemeinschaft als unzulässig zurückgewiesen; die Beschwerden der Mitglieder der Agrargemeinschaft (Zweit- bis Siebentrevisionswerber) wurden mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.
Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 6 Dies wurde nach Wiedergabe des entscheidungswesentlichen
Sachverhaltes und der Rechtslage damit begründet, dass die Mitglieder der Agrargemeinschaft ihr Feststellungsbegehren darauf stützten, dass der wahre Eigentumsanspruch der Agrargemeinschaft zustehe. Ein eigener Miteigentumsanspruch sei nicht einmal behauptet worden. Die an die beantragte Feststellung geknüpften Rechtsfolgen träfen nur die Agrargemeinschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts und ihre Organe, nicht aber die einzelnen Agrargemeinschaftsmitglieder. Die beantragte Feststellung stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der Qualifikation der Agrargemeinschaft als Gemeindegutsagrargemeinschaft. Mit der beantragten Feststellung würden den einzelnen Mitgliedern der Agrargemeinschaft somit keine Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt und es fehle daher vor dem Hintergrund des § 74 Abs. 7 TFLG 1996 an deren Parteistellung im gegenständlichen Feststellungsverfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2015, Ra 2014/07/0021). Den Zweit- bis Siebentrevisionswerbern als anteilsberechtigten Mitgliedern an der Agrargemeinschaft komme daher in diesem Verfahren keine Parteistellung zu. Sie seien nicht berechtigt, gegen den Bescheid der Agrarbehörde vom 4. Februar 2016 Beschwerde zu erheben.
7 Zum Rechtsmittel der Agrargemeinschaft heißt es, der Ausschuss der Agrargemeinschaft habe in seiner Sitzung am 12. Mai 2014 beschlossen, die historische Grundbuchsanlegung und die damals erfolgte Einverleibung des Eigentums rechtlich prüfen zu lassen. Vor diesem Hintergrund erscheine der Antrag der Agrargemeinschaft vom 24. Juni 2015 gedeckt. Es sei nicht von einer Angelegenheit im Sinne des § 36c Abs. 6 TFLG 1996 auszugehen, weshalb der Antrag vom Obmann und nicht vom Substanzverwalter der Agrargemeinschaft eingebracht werden hätte können.
Mit Umlaufbeschluss vom 8. Juli 2016 habe der Ausschuss der Agrargemeinschaft die Erhebung der Beschwerde an das LVwG mit Schriftsatz vom 3. März 2016 nachträglich zustimmend zur Kenntnis genommen. Eine solche Zustimmung sei innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist, gerechnet ab der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 9. Februar 2016, nicht erfolgt. Der Obmann sei daher mangels Vorliegens des erforderlichen Ausschussbeschlusses nicht legitimiert gewesen, für die Gemeindegutsagrargemeinschaft Beschwerde gegen den Bescheid der Agrarbehörde vom 4. Februar 2016 zu erheben. Dieser Mangel werde auch nicht durch den Umlaufbeschluss saniert. Dazu wäre ein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss des Ausschusses notwendig gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2013, 2013/10/0089). Der inhaltlichen Behandlung der Beschwerde der Agrargemeinschaft stehe daher der Mangel der Legitimation zu ihrer Erhebung wegen fehlender Beschlussfassung durch den Ausschuss als zuständigem Organ innerhalb der Beschwerdefrist entgegen. Die Beschwerde sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
8 Die öffentliche mündliche Verhandlung habe somit gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen können.
9 Die ordentliche Revision wurde nicht als zulässig erachtet, weil sich die Klärung der relevanten Rechtsfragen aus der Gesetzeslage ergebe und im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung stehe.
10 Gegen diesen Beschluss erhoben die Revisionswerber außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
11 Unter der Überschrift "Berechtigung der Revision" finden sich folgende Zulassungsausführungen im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG:
12 Die Revisionswerber meinen, falls die Agrarbehörde im Sinne des § 71 ff TFLG 1996 zwingende Normen des Grundbuchsrechtes anzuwenden habe, richte sich die Legitimation der Antragsteller im Sinne des § 61 GBG nach diesem Gesetz und nicht nach dem TFLG.
13 Es scheine ungeklärt, ob den Agrargemeinschaften nach dem TFLG 1996 die kongruente rechtliche Repräsentation jener Personen und Gemeinschaften zukomme, die bis zur Grundbuchsanlegung dinglich Berechtigte nach Privatrecht jeglicher Art an den später der Agrargemeinschaft zugefallenen Liegenschaften gewesen seien, wodurch offen bleibe, ob die Agrargemeinschaft als rechtlich identes Repräsentationsorgan dieser seinerzeit Berechtigten anzusehen sei, wodurch die Wahrnehmung deren sämtlicher Privatrechte in Bezug auf diese Liegenschaften auf die Agrargemeinschaft übergegangen wäre.
14 Die ordnungsgemäß nach Beschluss des Ausschusses (im Jahr 2014) erteilte Anwaltsvollmacht wirke bis zu ihrem wiederum ordnungsgemäßen Widerruf und beauftrage und ermächtige den Rechtsvertreter zur Wahrung der Mandanteninteressen. Die Bevollmächtigung decke sämtliche Verfahrensschritte bis zur Herbeiführung eines rechtskräftigen Ergebnisses ab. Führe ein verfahrenseinleitender Antrag zu einander widerstreitenden Entscheidungen von Justiz und Verwaltung im Sinne eines negativen Kompetenzkonfliktes, umfasse eine wirksame Beschlussfassung zur Verfahrenseinleitung auch die Fortsetzung des Verfahrens im Rechtsmittelwege. Der Antragsteller habe nämlich Vorsorge für den Fall zu tragen, dass vom Verfassungsgerichtshof das Vorliegen eines Kompetenzkonfliktes verneint werden sollte. Diesfalls könnte die unterbliebene Ergreifung eines ordentlichen Rechtsmittels als Sorgfaltsverletzung der Erstrevisionswerberin gegenüber den weiteren Revisionswerbern sowie des Rechtsvertreters angesehen werden.
15 Von der auf Seite 15 der bekämpften Entscheidung getroffenen Feststellung ausgehend, wonach der Obmann der Agrargemeinschaft aufgrund des Beschlusses des Ausschusses vom 12. Mai 2014 berechtigt gewesen sei, für die Agrargemeinschaft den Antrag vom 24. Juni 2015 einzubringen, erhebe sich die Frage nach dem Erfordernis professioneller juristischer Formulierung eines Ausschussprotokolles, welches von einem Nichtjuristen verfasst werde, und danach, welche explizit wörtlich wiedergegebene Aufzählung antizipierter Verfahrensschritte eine solche Beschlusswiedergabe haben müsste. Die bekämpfte Entscheidung scheine der Annahme zuzuneigen, dass Rechtsmittel im selben Verfahren einer weiteren gesonderten Beschlussfassung bedürften, auch wenn dem vor Verfahrenseinleitung gefassten Beschluss das endgültige Verfahrensziel, nämlich die rechtskräftige und damit rechtswirksame Entscheidung als Ziel des Beschlusses, eindeutig zu entnehmen sei.
16 Die nunmehrigen Revisionswerber hätten vorgebracht, dass die inkriminierte Vorgangsweise des historischen Grundbuchkommissars allenfalls auch als strafbare Handlung (Amtsmissbrauch) qualifiziert werden könnte. In diesem Zusammenhang müsse die bekämpfte Entscheidung den Eindruck erwecken, dass mit allen Mitteln und unter allen Umständen versucht werden solle, offensichtlich herbeigeführte Rechtsverletzungen, solche allenfalls auch mit strafrechtlicher Relevanz, einer Erörterung, geschweige denn einer sachgerechten "Unwertbehebung", zu entziehen. Die kontroversielle Sicht auf die Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Anspruches zeige sich eklatant darin, dass zwei Gerichtsabteilungen dieses Landesverwaltungsgerichts den identen Sachverhalt mit identem Vorbringen, identem Beweisanbot und identem Begehren "kontradiktorisch" entschieden hätten.
17 Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2016 erstattete die Tiroler Landesregierung eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.
18 Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2016 erstattete auch die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung; sie beantragte die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
19 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
20 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
21 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
22 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 21. November 2014, Ra 2014/02/0114, mwN).
23 2. Soweit in der außerordentlichen Revision die Ansicht vertreten wird, es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darin, dass sich die Legitimation der Antragsteller nach dem GBG und nicht nach dem TFLG 1996 zu richten gehabt hätte, wird damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht.
Die revisionswerbenden Parteien wenden sich mit dieser Behauptung offenbar gegen die Annahme des LVwG, wonach es den Mitgliedern der Agrargemeinschaft (Zweit- bis Siebentrevisionswerber) im Zusammenhang mit der begehrten Feststellung am für die Antragstellung bzw. Parteistellung notwendigen rechtlichen Interesse fehle.
24 2.1. Selbst wenn sich die Legitimation der Antragsteller nach dem GBG zu richten gehabt hätte (was ausdrücklich dahin stehen kann), ergäbe sich daraus noch keinesfalls eine entsprechende Rechtsstellung der Mitglieder der Agrargemeinschaft, stellt doch auch § 61 GBG darauf ab, ob jemand durch eine Einverleibung "in seinem bücherlichen Rechte" verletzt erscheint.
25 Das Bestehen eigener bücherlicher Rechte und deren Verletzung wurde von den Zweit- bis Siebentrevisionswerbern im Verfahren aber nicht behauptet.
Im verfahrensauslösenden Antrag vom 24. Juni 2015, der inhaltlich über weite Strecken auf die Klage der erstrevisionswerbenden Agrargemeinschaft gegen die Gemeinde Bezug nimmt, heißt es zur Legitimation der Mitglieder der Agrargemeinschaft, ihr Interesse erkläre sich aus der Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft. Sie nähmen an den schwerwiegenden rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteilen Anteil, die sich aus der der Agrargemeinschaft angelasteten Qualifikation einer faktisch teilenteigneten Gemeindegutsagrargemeinschaft ergäben. In der Beschwerde wird darauf hingewiesen, die Mitglieder teilten mit der Agrargemeinschaft das rechtliche Interesse an der beantragten Feststellung. Ihre Rechtsstellung werde unmittelbar und auf Dauer von der Lösung der Rechtsfrage bestimmt, ob im Sinne des Tenors ihres Antrags die relevierte Unwirksamkeit der betroffenen Grundbuchseintragung vorliege oder nicht.
Eine nähere Darstellung dieser rechtlichen Interessen der Zweit- bis Siebentrevisionswerber ist diesen Schriftsätzen nicht zu entnehmen.
Die Rechtsstellung als Mitglied einer Agrargemeinschaft verschafft dem Mitglied Nutzungsrechte, nicht aber bücherliche Rechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken. In der Ansicht des LVwG, den Zweit- bis Siebentrevisionswerbern hätte es daher im vorliegenden Fall am notwendigen rechtlichen Interesse gefehlt, liegt daher kein Widerspruch zur hg. Rechtsprechung.
26 2.2. Auch die weiteren Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision, wonach in Frage stehe, ob die Agrargemeinschaften die kongruente rechtliche Repräsentation auch ihrer Mitglieder darstelle, ist ebenfalls nicht geeignet, diesen Überlegungen des LVwG entgegenzutreten, wird doch auch damit nicht konkret behauptet, der Antrag der zweit bis siebentrevisionswerbenden Parteien sei deshalb gestellt worden, weil deren eigene bücherliche Rechte verletzt worden seien.
27 2.3. Sollten die revisionswerbenden Parteien mit der Frage, ob die Agrargemeinschaften die kongruente rechtliche Repräsentation auch ihrer Mitglieder darstelle, aber eine (gesonderte) Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ansprechen wollen, so übersehen sie, dass der in Revision gezogene Beschluss des LVwG nicht von der Lösung dieser Frage abhing.
Die Beschwerde der Zweit- bis Siebentrevisionswerber wurde nicht deshalb zurückgewiesen, weil die Agrargemeinschaft ihre Mitglieder repräsentiere, sondern weil die Mitglieder des Agrargemeinschaft im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem LVwG eigene, neben der Agrargemeinschaft bestehende oder bestanden habende bücherliche Rechte nicht einmal behauptet hatten.
28 2.4. Der Berücksichtigung der (nur) in der Ausführung der außerordentlichen Revision behaupteten eigenen Rechte der zweitbis siebentrevisionswerbenden Parteien steht schließlich das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegen, sodass schon deshalb nicht näher darauf einzugehen war.
29 3. In Bezug auf die erstrevisionswerbende Agrargemeinschaft wird als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ins Treffen geführt, das LVwG sei zu Unrecht von einer unzulässigen Beschwerdeerhebung ausgegangen.
30 Der Obmann der Agrargemeinschaft hätte - gestützt auf die Beschlussfassung des Ausschusses - bereits am 20. Juni 2015 den gefertigten Rechtsvertreter beauftragt, beim Landesgericht Innsbruck die Klage mit dem verfahrensgegenständlichen Begehren und "zum weiteren Verlauf des Verfahrens" einzubringen. Durch die Bevollmächtigung eines Anwaltes seien sämtliche Verfahrensschritte bis zur Herbeiführung eines rechtskräftigen Ergebnisses abgedeckt. Eine Beschlussfassung zur Verfahrenseinleitung umfasse auch die Fortsetzung des Verfahrens im Rechtsmittelwege. Demnach umfasse der Beschluss des Ausschusses vom 12. Mai 2014 alle Verfahrensschritte bis hin zur Beschwerdeerhebung.
31 Weiters wird in der Revision ausgeführt, dass am 16. Februar 2016 eine Vollversammlung der Agrargemeinschaft stattgefunden habe, an welcher auch der Ausschuss der Agrargemeinschaft als solcher geschlossen teilgenommen habe. Die bei dieser Vollversammlung mit einer Mehrheit von 65 zu 11,5 Anteilen gefassten Beschlüsse seien auch als solche des Ausschusses anzusehen. "Erhellend" für die Interpretation des Ausschussbeschlusses vom 12. Mai 2014 und für jenen im Rahmen der Vollversammlung vom 16. Februar 2016 seien folgende Feststellungen des Obmannes: "Es ist seine Pflicht, für die Rechte der Mitglieder zu kämpfen", "Weder Zivilgericht noch Verwaltungsgericht erachtet sich als zuständig, eine Entscheidung muss es aber geben" oder "Die Chance ist klein, aber nichts tun, ist unverantwortlich".
32 3.1. § 11 der Satzung der Agrargemeinschaft regelt die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Ausschusses. Dieser ist vom Obmann nach Bedarf, spätestens an dem der Sitzung vorangehenden Tag einzuberufen (Abs. 2). Nach Abs. 5 sind Beschlüsse sofort in das Beschlussbuch einzutragen und von sämtlichen anwesenden Mitgliedern zu unterschreiben. Nach § 12 der Satzung sind Ausschussbeschlüsse binnen einer Woche nach Beschlussfassung durch öffentlichen Anschlag während einer Woche kundzumachen.
33 Unstrittig zählt § 13 der Satzung ua die Antragstellung (Klagseinbringung) zum einen und die Erhebung von Rechtsmitteln bei Verwaltungsbehörden und bei Gerichten zum anderen zum Wirkungsbereich des Ausschusses.
34 Nach § 14 Abs. 1 der Satzung ist der Obmann zur Leitung der Agrargemeinschaft nach Maßgabe der Beschlüsse des Ausschusses und der Vollversammlung berufen. Er hat ua die Tagesordnung für die Ausschusssitzungen und die Vollversammlungen festzulegen.
Nach § 14 Abs. 2 der Satzung vertritt der Obmann die Agrargemeinschaft nach außen, in Angelegenheiten, die der Beschlussfassung durch die Vollversammlung oder den Ausschuss unterliegen, jedoch nur im Rahmen entsprechender Beschlüsse.
35 3.2. Die Satzung der Agrargemeinschaft sieht somit keine umfassende Ermächtigung des Obmanns vor, sondern knüpft sowohl die Antragstellung als auch die Erhebung eines Rechtsmittels an das Vorliegen eines Ausschussbeschlusses.
36 Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet in solchen Fällen in ständiger Rechtsprechung, dass ein Rechtsmittel namens der Agrargemeinschaft durch den Obmann nur dann rechtswirksam erhoben werden kann, wenn das Rechtsmittel durch einen entsprechenden Beschluss des zuständigen Organs der Agrargemeinschaft gedeckt ist, sofern nach der Verwaltungssatzung ein solcher erforderlich ist.
37 Demnach ist die dem Obmann eingeräumte Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis dadurch beschränkt, dass sie sich im Rahmen der im jeweiligen (durch die Satzung bestimmten) Aufgabenbereich der Vollversammlung und des Ausschusses von diesen Organen gefassten Beschlüsse zu halten hat. Wenn nun zufolge der Satzung der Agrargemeinschaft die Angelegenheit "Erhebung von Rechtsmitteln bei Verwaltungsbehörden und bei Gerichten" im Wirkungsbereich des Ausschusses liegt, so ist der Obmann ohne Deckung durch einen entsprechenden Beschluss des Ausschusses nicht in der Lage, ein solches Rechtsmittel rechtswirksam zu erheben (vgl. in diesem Sinne ua den hg. Beschluss vom 16. November 1993, 91/07/0072, und die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2012, 2011/07/0245, vom 15. Dezember 1987, 87/07/0042, sowie vom 12. Jänner 1988, 86/07/0277).
38 3.3. Nach § 37 Abs. 7 TFLG 1996 sind Einsprüche gegen Ausschussbeschlüsse innerhalb von zwei Wochen nach der satzungsgemäßen Bekanntmachung dieser Beschlüsse einzubringen. Diese im Gesetz vorgesehene Möglichkeit muss den Mitglieder einer Agrargemeinschaft offen stehen, was nicht nur einen klar nachvollziehbaren Inhalt von Ausschussbeschlüssen sondern auch deren satzungsgemäße Kundmachung voraussetzt.
39 Daher müssen Ausschussbeschlüsse nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen eindeutigen Inhalt haben, sollen sie doch einem Mitglied die Möglichkeit eröffnen, gegebenenfalls dagegen Einspruch bei der Agrarbehörde zu erheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2013, 2013/10/0089).
40 Es ist auch nicht notwendig, den Ausschussbeschlüssen eine - wie die Revision formuliert - "professionelle juristische" Formulierung zu geben. Den Beschlüssen (des Ausschusses) muss aber entnommen werden können, ob und wenn ja, welche konkreten rechtlichen Schritte in der Zukunft gesetzt werden sollen. Dabei kommt es auf eine korrekte rechtliche Bezeichnung nicht vordergründig an.
41 3.4. Die Antragstellung im vorliegenden Verfahren gründet offenbar auf einem Ausschussbeschluss vom 12. Mai 2014; TOP 2 der Sitzung trägt die Überschrift "Beratung und Beschlussfassung betreffend zivilrechtliche Schritte im Zusammenhang mit der historischen Grundbuchsanlegung"; im Protokoll heißt es bei diesem Tagesordnungspunkt ua, es sei über die rechtliche Prüfung der Grundbuchsanlegung in den Gremien gesprochen worden. Die Abstimmung "über die rechtliche Festsetzung" habe eine mehrheitliche Zustimmung ergeben.
42 Es kann dahin stehen, ob durch diesen Ausschussbeschluss überhaupt andere rechtliche Maßnahmen als die Einleitung zivilrechtlicher Schritte gedeckt sind oder nicht.
Keinesfalls ist diesem Beschluss aber eine Willensbildung zur Erhebung eines Rechtsmittels (hier: einer Beschwerde an ein Verwaltungsgericht) zu entnehmen. Der Beschluss vom 12. Mai 2014 legitimierte die Agrargemeinschaft nicht, zwei Jahre später gegen einen damals nicht bekannten Bescheid der Agrarbehörde Beschwerde zu erheben. Dazu bedurfte es vielmehr eines entsprechenden Beschlusses des Ausschusses.
43 3.5. Das Argument, wonach durch die Bevollmächtigung eines Anwaltes sämtliche Verfahrensschritte bis zur Herbeiführung eines rechtskräftigen Ergebnisses abgedeckt seien, geht schon deshalb ins Leere, weil es sich bei der in diesem Zusammenhang genannten Bevollmächtigung vom 20. Juni 2015 - nach dem Vorbringen in der Revision - offenbar um eine solche zur Erhebung zivilrechtlicher Schritte handelt.
Aber auch eine Generalbevollmächtigung eines Anwaltes zur Verfahrensführung würde keinesfalls dazu führen, dass die für die Erhebung eines Rechtsmittels notwendige Beschlussfassung des Ausschusses unterbleiben könnte.
44 3.6. Vollversammlung und Ausschuss sind - wie bereits die oben wiedergegebenen Satzungsbestimmungen zeigen - unterschiedliche Organe der Agrargemeinschaft mit unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlichem Wirkungsbereich. Entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Parteien kann ein Beschluss der Vollversammlung daher nicht auch gleichzeitig einen Beschluss des Ausschusses darstellen.
Daher kann auch der in der Revision erwähnte Beschluss der Vollversammlung vom 16. Februar 2016 die Erhebung eines Rechtsmittels nicht decken, setzt dies doch einen Beschluss des Ausschusses und nicht der Vollversammlung voraus.
45 3.6. Die Ansicht des LVwG, wonach es an einem Beschluss des Ausschusses zur Erhebung der Beschwerde der Erstrevisionswerberin fehle, steht daher in Übereinstimmung mit der insofern eindeutigen Rechtslage und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
46 3.7. Die rechtliche Schlussfolgerung des LVwG, wonach die nachträgliche Sanierung der Beschwerdeerhebung durch einen später gefassten Umlaufbeschluss diesen nicht zulässig macht (vgl. diesbezüglich etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2008, 2007/07/0100, und den hg. Beschluss vom 16. November 1993, 91/07/0072), wird in der Revision schließlich nicht in Zweifel gezogen.
47 Der Revision gelingt es daher nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
48 4. Auch die Hinweise auf die behauptete inkriminierte Vorgangsweise des historischen Grundbuchkommissars und auf kontroversielle Entscheidungen von Senaten des LVwG sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung der vom LVwG zutreffend verneinten Zulässigkeit der Beschwerde herbeizuführen.
49 5. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 26. Jänner 2017
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