Normen
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der aus Usbekistan stammende Revisionswerber reiste im Dezember 2009 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte noch am Tag der Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Dieser Antrag wurde im Instanzenzug letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14. März 2012 abgewiesen und gegen ihn eine Ausweisung nach Usbekistan erlassen. Der Asylgerichtshof ging davon aus, dass die Angaben des Revisionswerbers zu seiner Identität falsch seien. Der von ihm zum Nachweis dafür vorgelegte usbekische Führerschein sei durch Lichtbildaustausch verfälscht worden. Aufgrund näher dargestellter Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers sei (auch) die von ihm präsentierte Fluchtgeschichte unglaubwürdig.
2 Am 20. Juni 2014 stellte der Revisionswerber, der nach Abschluss des ersten Asylverfahrens unrechtmäßig in Österreich geblieben war, neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen stützte er in erster Linie auf dieselben Gründe wie den ersten Antrag. Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über diesen Antrag nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Entscheidungsfrist absprach, brachte der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde ein.
3 Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Voraussetzungen betreffend den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in der gegenständlichen Verwaltungssache aufgrund der Säumnisbeschwerde als gegeben und wies - nach Durchführung einer Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis den Antrag auf internationalen Schutz vom 20. Juni 2014 sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass dem Revisionswerber Aufenthaltstitel nach § 55 und § 57 AsylG 2005 aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt würden und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen werde. Unter einem wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Usbekistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG enthält das angefochtene Erkenntnis allerdings nicht.
4 In seiner Begründung verwies das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass es - ebenso wie zuvor der Asylgerichtshof - die Angaben des Revisionswerbers zu seinem Fluchtgrund als unglaubwürdig ansehe, und stellte im Einzelnen die Widersprüche und die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Angaben des Revisionswerbers dar. Im Weiteren nahm das Bundesverwaltungsgericht Bezug auf das vom Revisionswerber in der Verhandlung erstattete weitere Vorbringen, wonach "die nicht fristgerechte Rückkehr bei Verlassen des Landes ohne Genehmigung" mit einer hohen Freiheitsstrafe bedroht sei. Dazu traf es - ua. gründend auf einen Bericht von ACCORD vom 18. September 2014 - (ausführliche) Feststellungen zur Rechtslage und der tatsächlichen Anwendung der angesprochenen Strafbestimmung in Usbekistan. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen und der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Revisionswerbers sowie des Umstandes, dass dieser "bislang keine Probleme bei der Ein- und Ausreise nach bzw. aus Usbekistan" gehabt habe, was sich aus seinem Vorbringen ergebe, er sei in einem weißen PKW Richtung Ukraine ausgereist, folgerte das Verwaltungsgericht rechtlich, dass für den Revisionswerber "keine Gefahr bei der Wiedereinreise" bestehe. Im Weiteren legte das Bundesverwaltungsgericht noch dar, weshalb durch die Rückführung des - in Österreich wegen Urkundenfälschung und Körperverletzung verurteilten und hier über keine Bindungen verfügenden - Revisionswerbers in sein Heimatland weder eine Verletzung des Art. 3 EMRK noch des Art. 8 EMRK zu befürchten sei. Abschließend hielt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung noch fest, dass die Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei, weil zu den fraglichen maßgeblichen Punkten eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege bzw. die Rechtslage klar sei.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Im gegenständlichen Fall enthält das angefochtene Erkenntnis keinen Ausspruch gemäß § 25a Abs. 1 erster Satz VwGG. Gleichwohl ergibt sich aus der Begründung, dass das Verwaltungsgericht die Ansicht vertrat, die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision lägen nicht vor.
10 In Anbetracht dessen führt die Revision aus, es werde "sicherheitshalber (...) ao. Revision" erhoben. In der Folge enthält die Revision unter "Gründe zur Zulässigkeit der Revision" nähere Ausführungen dazu, weshalb nach Ansicht des Revisionswerbers die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt seien.
11 Es kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob vom Vorliegen einer ordentlichen oder außerordentlichen Revision auszugehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber nämlich auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. März 2015, Ro 2014/05/0089, mwN). Am Boden dieser Rechtslage geht somit aber auch das Vorbringen des Revisionswerbers, schon das Fehlen des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG bewirke für sich genommen ihre Zulässigkeit, fehl.
12 Der Revisionswerber wendet sich gegen die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach für ihn im Fall der Rückkehr in sein Heimatland trotz der dort an sich gegebenen Strafbarkeit einer unrechtmäßigen Ausreise "keine Gefahr" bestehe.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung ausgeführt, dass der nach der Genfer Flüchtlingskonvention erforderliche Zusammenhang zu einem für die Anerkennung als Flüchtling genannten Grund dann gegeben sein kann, wenn der für die unerlaubte Ausreise aus dem Heimatland drohenden Sanktion jede Verhältnismäßigkeit fehlt, weil dies dann zumindest auch auf der (generellen) Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen könne (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2002, 99/20/0160). In diesem Sinn wurde etwa im hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, 2001/20/0346, festgehalten, dass dem Vorbringen, es drohten nach einer illegalen Ausreise im Fall der Rückkehr - dort: in den Irak unter dem damaligen Regime Saddam Husseins - Sanktionen in Form einer Haftstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren, die Beschlagnahme des Vermögens und die Einstufung als Oppositioneller, was wiederum weitere Repressalien mit sich brächte, die Asylrelevanz nicht von vornherein abgesprochen werden könne. Im Erkenntnis vom 2. März 2006, 2003/20/0342, hat der Verwaltungsgerichtshof - dort erkennbar verallgemeinernd - betont, dass er in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht habe, dass in der Unverhältnismäßigkeit der für die unerlaubte Ausreise (in Verbindung mit dem anschließenden Auslandsaufenthalt und wegen Asylantragstellung) angeordneten Strafdrohung ein Anhaltspunkt dafür zu sehen sei, dass den von der Strafdrohung Betroffenen eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wurde, und der Behörde aufgetragen, anhand dieser Rechtsprechung nach ergänzenden Ermittlungen den Inhalt vietnamesischer Strafbestimmungen und deren Handhabung zu prüfen.
14 Der Revision gelingt es nicht darzulegen, dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Beurteilung die vom Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien verlassen hat. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der - im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht rechtsanwaltlich vertretene - Revisionswerber in der Verhandlung vom 3. März 2016 zum hier in Rede stehenden Thema lediglich nicht näher substantiiert angegeben hat, er habe "gehört", dass es ein neues Gesetz in Usbekistan gebe, demzufolge jeder, der sich ohne Reisepass im Ausland aufhalte, automatisch nach der Rückkehr mit zehn Jahren Haft bestraft werde. Auch in seiner Stellungnahme vom 17. März 2016 nahm er nur allgemein auf den Inhalt von Länderberichten Bezug, ohne auch nur im Ansatz darzulegen, aus welchem Grund er von der von ihm erwähnten, aber nicht konkret dargestellten Strafbestimmung betroffen wäre.
15 Vor dem Hintergrund der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zum fraglichen in Usbekistan existierenden Straftatbestand samt seiner Anwendung und zum vom Revisionswerber behaupteten Fluchtgrund, der als nicht gegeben angesehen wurde (die diesbezügliche Beweiswürdigung wird in der Revision nicht weiter bekämpft), ist die einzelfallbezogene Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, die darauf abstellt, dass gegen Personen, die "kein bestimmtes Profil" aufweisen, oder wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die staatliches Interesse begründeten (dies sei im Fall des Revisionswerbers nicht gegeben, weil sein Vorbringen zum von ihm angeführten Fluchtgrund als nicht glaubwürdig eingestuft worden sei), eine Strafverfolgung nicht stattfinde, nicht zu beanstanden.
16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juni 2016
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)