VwGH Ra 2016/11/0167

VwGHRa 2016/11/01676.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Ing. Mag. Dr. H R in R, vertreten durch die Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 32, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 13. September 2016, Zl. E 026/03/2016.003/008, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde iA Übertretung des AZG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf), den Beschluss gefasst:

Normen

ZustG §16 Abs2;
ZustG §16;
ZustG §16 Abs2;
ZustG §16;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, vom 28. Jänner 2016, als verspätet zurückgewiesen; die Revision dagegen wurde für unzulässig erklärt.

2 Dem legte das Verwaltungsgericht (auf das Wesentliche zusammengefasst) Folgendes zugrunde: Die Zustellung des Straferkenntnisses sei dadurch erfolgt, dass die Sendung am 2. Februar 2016 von der Mutter des Revisionswerbers, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebe, übernommen worden sei. Der Revisionswerber habe weder vorgebracht, dass der Zusteller Grund zur Annahme gehabt habe, der Revisionswerber halte sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle auf, noch, dass er schriftlich verlangt hätte, an seine Mutter dürfe nicht (ersatz-)zugestellt werden. Das völlig unsubstantiierte Vorbringen des Revisionswerbers, aufgrund des - nicht näher dargelegten - "Gesundheitszustands" seiner Mutter hätte an diese nicht zugestellt werden dürfen, habe die gesetzliche Vermutung der wirksamen Zustellung nicht erschüttert. Hinzu trete, dass der zu diesem Vorbringen befragte Zusteller mitgeteilt habe, ihm sei als langjährigem Zusteller bei der Zustellung des fraglichen Schriftstücks kein äußeres Anzeichen aufgefallen, wonach die Ersatzempfängerin nicht in der Lage gewesen sei, zu erkennen, dass es sich um eine Zustellung an ihren Sohn handle, dem sie das Schriftstück auszufolgen habe. Der Revisionswerber habe auch nicht vorgebracht, dass dem Zusteller gegebenenfalls ein schlechter Gesundheitszustand seiner Mutter auffallen hätte müssen.

3 Die gemäß § 16 ZustellG als Ersatzempfänger in Betracht kommende erwachsene Person müsse handlungsfähig sein und - nach dem äußeren Eindruck des Zustellers - in der Lage sein, den Ernst und die Tragweite einer gerichtlichen Zustellung zu erkennen und dem Anschein nach über ein genügendes Verantwortungsbewusstsein verfügen, dem Empfänger das zuzustellende Schriftstück auszufolgen beziehungsweise ihm von der erfolgten Zustellung klare Mitteilung zu machen. Es sei Sache des Empfängers, darzutun, dass der anwesende Ersatzempfänger diese Voraussetzungen nicht erfüllt habe und dass dies dem Zusteller bekannt sein hätte müssen. Derartiges habe der Revisionswerber nicht dargelegt. Zudem sei aus weiteren Verfahren bekannt, dass dem damals tätigen Zusteller keine Anzeichen aufgefallen seien, die Mutter des Revisionswerbers wäre etwa nicht in der Lage, ein Schriftstück rechtswirksam zu übernehmen; überdies seien weitere Sendungen, die ersatzweise von der Mutter des Revisionswerbers übernommen worden seien, diesem offensichtlich ordnungsgemäß ausgehändigt worden, weil in diesen Verfahren fristgerecht Beschwerde erhoben worden sei.

4 Es sei daher von einer wirksamen Zustellung an die Ersatzempfängerin auszugehen, die das nunmehr angefochtene Straferkenntnis am 2. Februar 2016 übernommen habe, weshalb die vierwöchige Beschwerdefrist am 1. März 2016 geendet habe. Die erst am 9. März 2016 zur Post gegebene Beschwerde sei daher verspätet.

5 Die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens von Rechtsfragen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001, und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).

10 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Sie macht geltend, das Verwaltungsgericht sei insofern "von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs" abgewichen, als es nicht berücksichtigt habe, dass bei der Befragung des Zustellers hinsichtlich des Zustellvorgangs nicht darauf eingegangen worden sei, dass es sich bei dem fraglichen Schriftstück um ein gerichtliches Schriftstück gehandelt habe. Der Zusteller habe daher nicht den vom Gesetz geforderten äußeren Eindruck erlangt, ob der Ersatzempfänger den Ernst und die Tragweite einer gerichtlichen Zustellung zu erkennen vermochte; die Voraussetzungen für eine gesetzmäßige Ersatzzustellung iSd § 16 Abs 2 Zustellgesetz seien daher nicht vorgelegen.

11 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beantworten hätte:

12 Mit der bloßen Behauptung, eine bestimmte Auffassung des Verwaltungsgerichts widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt, schon weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof - angegeben wird, von welcher Rechtsprechung das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. die hg. Beschlüsse vom 17. Februar 2015, Zl. Ra 2014/01/0172, vom 24. September 2015, Zl. Ra 2015/07/0115, und vom 6. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/02/0187).

13 Im Übrigen verkennt die Revision, die sich hinsichtlich der von ihr vermeinten Unwirksamkeit der Ersatzzustellung auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 29. Oktober 1998, 2 Ob 279/98p, beruft, dass nach dieser Entscheidung es Sache des Empfängers ist, darzutun, dass der anwesende Ersatzempfänger die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Ersatzzustellung nicht erfüllt und dass dies dem Zusteller bekannt sein musste. Mit dem völlig unsubstantiierten und pauschal gebliebenen Vorbringen des Revisionswerbers, der "Gesundheitszustand" seiner Mutter hätte eine wirksame Ersatzzustellung verhindert, werden keine konkreten Gründe vorgebracht, die gegebenenfalls der Wirksamkeit einer Ersatzzustellung entgegengestanden wären (unstrittig ist, dass sich der Empfänger der Sendung, der Revisionswerber, regelmäßig an der Abgabestelle aufhielt und die Ersatzempfängerin, seine Mutter, mit ihm im gemeinsamen Haushalt an der Abgabestelle lebte).

14 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Dezember 2016

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