Normen
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
StGB §34 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
StGB §34 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Stadtmagistrats Innsbruck vom 29. Juli 2003 wurde ausgesprochen, die S KEG mit dem Sitz in Innsbruck habe gegen § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen, indem sie als Arbeitgeberin in ihrem Gastbetrieb in Innsbruck am 4. Juni 2003 die chinesische Staatsbürgerin G.Y.Y. "als Hilfskraft beschäftigt" habe, ohne dass für diese eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt oder eine Anzeigebestätigung, eine Arbeitserlaubnis, ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer als persönlich haftender Gesellschafter der S KEG habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG sowie i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG begangen, weshalb über ihn "gemäß § 28 Abs. 1 Ziff. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz" eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) verhängt und ihm Verfahrenskosten auferlegt wurden.
Begründend wurde ausgeführt, seitens der Zollbehörde sei bei einer nach dem AuslBG durchgeführten Kontrolle am 4. Juni 2003 in Erfahrung gebracht worden, dass die Ausländerin im Gastbetrieb der S KEG "ohne erforderliche Beschäftigungsbewilligung mit Hilfstätigkeiten beschäftigt" worden sei. Der Beschwerdeführer sei seitens der Bezirksverwaltungsbehörde zur Rechtfertigung aufgefordert worden und habe (zu ergänzen: in einer am 23. Juli 2003 mit ihm aufgenommenen Niederschrift) "das Zutreffen des angelasteten Sachverhaltes im Wesentlichen mit der Maßgabe unbestritten gelassen, dass bereits um die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung angesucht worden sei". "Diese Beweislage" sei "unter Bedachtnahme auf die klaren, aufschlussreichen und unumstrittenen anzeigegegenständlichen Darlegungen behördlicherseits zum Anlass genommen" worden, "das Zutreffen des spruchgemäß angelasteten - der Anzeige entnommenen - Sachverhaltes als erwiesen zu erachten".
Zur Verschuldensfrage wurde ausgeführt, "heutzutage" wisse jeder, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedürfe; "insbesondere" treffe dies "jedenfalls auf in Baugewerbe tätige Arbeitgeber zu". Unter "diesem Gesichtspunkt" vertrete die Behörde "den Standpunkt", dass der Beschwerdeführer bedingt vorsätzlich gehandelt habe. Der Unrechtsgehalt des Verhaltens sei "als schwer wiegend einzustufen". Bei der Strafbemessung sei "die Schuldform des Vorsatzes als erschwerend zu werten", darüber hinaus sei "auch auf general- und spezialpräventive Aspekte Bedacht genommen" worden.
In seiner Berufung gegen diese Entscheidung machte der Beschwerdeführer geltend, die Behörde erster Instanz habe den maßgebenden Sachverhalt nicht genügend ermittelt, um zu einem Schuldspruch gelangen zu können. Laut Anzeige des Hauptzollamtes Innsbruck vom 4. Juni 2003 sei die chinesische Staatsangehörige beim Arbeiten angetroffen worden. Sie habe eine rote Schürze umgebunden gehabt und sei gerade dabei gewesen, Tische im Restaurant abzuwischen. Der Beschwerdeführer habe (zu ergänzen: bei der Kontrolle am 4. Juni 2003) zu Protokoll gegeben, die Ausländerin sei früher bei ihm im Lokal beschäftigt gewesen, die entsprechende Bewilligung sei aber abgelaufen gewesen. Am Tag der Kontrolle sei sie in das Lokal gekommen, um sich zu erkundigen, ob eine Verlängerung der Bewilligung vorliege bzw. ob sie im Lokal wieder arbeiten könne. Sie "half" - so die weitere Darstellung in der Berufung - "lediglich der Gattin des Beschuldigten, den Tisch in der Mitte abzuwischen".
Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung vorliege, sei der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Die Behörde erster Instanz sei aber offenbar "nur vom äußeren Anschein (rote Schürze - dies muss nicht einmal eine Arbeitskleidung sein! Abwischen eines Tisches) ausgegangen".
Die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses seien dann nicht gegeben, wenn es sich um Gefälligkeitsdienste ohne jede Rechtspflicht handle. Auch "ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis (wirtschaftliche Abhängigkeit)" sei nicht gegeben gewesen. Somit sei auch kein Bewilligungserfordernis nach dem AuslBG gegeben gewesen. Eine "Rechtspflicht zur Arbeit" könne "auf Grund des Sachverhaltes weder in tatsächlicher noch rechtlicher Sicht abgeleitet werden".
Schließlich wurde in der Berufung noch geltend gemacht, der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bezeichne nicht die als erwiesen angenommene Tat in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung, sondern stelle bereits ihre rechtliche Würdigung dar. Es genüge nicht, die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat (abgesehen von der Angabe der Tatzeit und des Tatortes) auf den reinen Gesetzeswortlaut zu beschränken.
Das Hauptzollamt Innsbruck nahm zu der Berufung u.a. mit dem Hinweis Stellung, im Lokal der S KEG sei "in den vergangenen Jahren ständig und mehrfach gegen die Bestimmungen des AuslBG verstoßen worden". Mit Rücksicht auf beigelegte Vorbestrafungen vom 22. Mai 1998 und 20. Mai 1999 liege "auch - im Gegensatz zu den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid - keine Unbescholtenheit vor".
Die belangte Behörde verhandelte über die Berufung am 5. November 2003 und am 6. November 2003, wobei ein Zollbeamter und die chinesische Staatsangehörige als Zeugen vernommen wurden. Der Zollbeamte gab in der Verhandlung an, dass G.Y.Y. eine rote Schürze umgebunden gehabt und gerade Tische abgewischt habe, als er das Restaurant um 13.00 Uhr betreten habe. Der Beschwerdeführer habe ihm erklärt, dass sich die Ausländerin seit 12.30 Uhr im Lokal befinde. G.Y.Y. sagte in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde aus, es sei ein Zufall gewesen, dass sie eine rote Schürze umgebunden gehabt habe. Sie habe nach einer Arbeitsbewilligung gefragt und gesehen, dass die Fenster schmutzig gewesen seien. Kaum habe sie mit dem Fensterputzen begonnen, habe sie der Inspektor angeredet. Normalerweise würden die Mitarbeiter im Restaurant um 14.00 Uhr essen. Die Polizei sei gekommen, als sie mit dem Essen gerade angefangen habe. Im Verhandlungsprotokoll findet sich die Anmerkung, dass der erstinstanzliche Akt mit Zustimmung des Rechtsanwaltes des - bei der Verhandlung trotz Ladung nicht erschienenen - Beschwerdeführers als verlesen gelte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers "als unbegründet abgewiesen" und dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens sowie der Ersatz von Barauslagen auferlegt.
Die Begründung dieser Entscheidung lautete - im Anschluss an eine Wiedergabe von Inhalten des erstinstanzlichen Bescheides und der Berufung - wie folgt:
"Auf Grund des Ermittlungsverfahrens steht für die Berufungsbehörde fest, dass die Zeugin G.Y.Y. in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen S KEG stand, da sie von diesem Naturalentlohnung erhielt und außerdem auf die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung wartete. Es kann somit nicht von reinen Gefälligkeitsdiensten gesprochen werden, wenn sie am genannten Tag Reinigungsarbeiten durchgeführt hat. Es muss davon ausgegangen werden, dass sie diese Arbeiten in Abhängigkeit zur S KEG verrichtete. Der Berufungswerber hat eine einschlägige Vormerkung vom 20.05.1999 zu verzeichnen, weshalb von einer Wiederholungstat auszugehen ist. Als Verschuldensgrad ist zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen. Als mildernd ist nichts zu werten. Die von der Erstbehörde verhängte Strafe erscheint daher angemessen, selbst wenn ungünstige Einkommensverhältnisse zu Grunde liegen sollten. Es war daher das Straferkenntnis zu bestätigen, weshalb Berufungskosten erwachsen. Die Kosten für die Heranziehung der Dolmetscherin waren dem Berufungswerber aufzuerlegen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Gemäß dem nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden und gemäß § 67 AVG auch für Berufungsbescheide geltenden § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dabei ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglicher Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und auf welche Erwägungen sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Falle seiner Anrufung auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0116).
Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer - der Aktenlage nach - bei der am 4. Juni 2003 um 13.15 Uhr im Rahmen der Kontrolle mit ihm aufgenommenen Niederschrift u.a. angegeben, die chinesische Staatsangehörige habe "ein wenig geholfen (seit 1230)". Sie habe "nur wegen der Bewilligung fragen" wollen und "dann" der Frau des Beschwerdeführers "geholfen, die Tische zu putzen - aber nur eine halbe Stunde". In der Berufung hatte er darüber hinausgehend behauptet, die chinesische Staatsangehörige habe seiner Ehefrau "lediglich" geholfen, "den Tisch in der Mitte abzuwischen", und auch an anderer Stelle nur mehr das "Abwischen eines Tisches" zugestanden. In den beiden Zeugenaussagen in der Berufungsverhandlung wurden die Geschehnisse vom 4. Juni 2003 unterschiedlich dargestellt. Übereinstimmend gaben beide Zeugen zwar an, dass G.Y.Y. eine rote Schürze umgebunden gehabt habe, die Zeugenaussagen divergieren jedoch hinsichtlich der Art der von der Zeugin durchgeführten Reinigungsarten (Fensterputzen einerseits, Tische Abwischen anderseits).
Bei dieser Sachlage konnte sich die belangte Behörde in der Begründung ihrer Entscheidung nicht auf die oben wiedergegebenen, kursorischen Bemerkungen über die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens beschränken. Sie hätte sich vielmehr mit den Verfahrensergebnissen auseinander setzen und feststellen müssen, welche "Reinigungsarbeiten" der chinesischen Staatsangehörigen auf Grund welcher Erwägungen als erwiesen anzusehen seien. In dieser Hinsicht wäre vor allem auch eine Beweiswürdigung vorzunehmen gewesen. Auf dieser Grundlage hätte die belangte Behörde angesichts des Vorbringen des Beschwerdeführers, es läge nur ein "Gefälligkeitsdienst" vor, auf eine der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zugängliche Weise darlegen müssen, aus welchen Gründen sie ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG annahm.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Vollständigkeit halber ist hinzuzufügen, dass die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt und die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe als "angemessen" erachtet hat, dabei aber - im Gegensatz zur Behörde erster Instanz, deren Entscheidung an keiner Stelle entnehmbar ist, dass von einer Wiederholungstat ausgegangen werde - offenbar nicht den ersten, sondern den dritten Strafsatz der im erstinstanzlichen Bescheid genannten Strafnorm angewendet hat. Eine zusätzliche Heranziehung der "einschlägigen Vormerkung" im Rahmen der Strafbemessung ist dem angefochtenen Bescheid zwar nicht zu entnehmen, sie verstieße gegen das so genannte "Doppelverwertungsverbot" (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0347). Darüber hinaus wird die belangte Behörde - falls sie erneut zu einem Schuldspruch gelangen sollte - nunmehr auch auf den sinngemäß anzuwendenden Milderungsgrund des § 34 Abs. 2 StGB Bedacht zu nehmen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2003/09/0006).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, dass die Umsatzsteuer in den in der angeführten Verordnung festgesetzten Pauschbeträgen bereits enthalten ist.
Wien, am 28. Juni 2007
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