VwGH Ra 2016/09/0052

VwGHRa 2016/09/005214.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision des K B in W, vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 26/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. März 2016, W209 2118563-1/4E, W209 2118618/4E, betreffend Versagung der Zulassung als "sonstige Schlüsselkraft" nach § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: regionale Geschäftsstelle Wien Esteplatz des Arbeitsmarktservice), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §12b Z1;
AuslBG §12d Abs2;
AuslBG §4 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
NAG 2005 §41 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
AuslBG §12b Z1;
AuslBG §12d Abs2;
AuslBG §4 Abs1;
MRK Art6 Abs1;
NAG 2005 §41 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §24 Abs4;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Revisionsbeantwortung der Sahiti OG wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 20. Juli 2015 versagte die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen der Republik Kosovo, im Hinblick auf seinen Antrag vom 17. Juni 2013 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" die Zulassung als "sonstige Schlüsselkraft" gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die Beschäftigung bei der mitbeteiligten Partei.

2 Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Revisionswerber habe bisher geringfügig als Kellner im Betrieb der Arbeitgeberin (in der Folge: S OG) im Zeitraum vom 3. August 2012 bis 17. Juni 2013 und davor ebenfalls geringfügig als Barkellner gearbeitet. Ein Betriebswirtschaftsstudium in Wien habe er mangels Studienerfolgs abgebrochen. Aufgrund dieser Vorerfahrung solle er die Assistenz der Geschäftsleitung übernehmen, zuständig für Personalmanagement, Lagerverwaltung, Kundenbetreuung, EDV, etc. Die Arbeitszeiten richteten sich hauptsächlich nach den Öffnungszeiten des Lokals in den Nachtstunden (19 Uhr bis 6 Uhr) und auch tagsüber für Termine mit Geschäftspartnern, Behörden, Lieferungen, etc. Die geforderten Sprachkenntnisse in Serbisch und Albanisch fänden bei einer Beschäftigung in einem Wiener Gastronomiebetrieb keine Notwendigkeit. Überzogene, nicht in den betrieblichen Notwendigkeiten begründete und offensichtlich auf den beantragten Ausländer zugeschnittene Anforderungen seien aber nicht zulässig. Ein gezieltes Ersatzkraftverfahren erscheine aufgrund dieser Gegebenheiten nicht durchführbar.

3 In der dagegen vom Revisionswerber sowie von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde, die einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung enthielt, wurde eingewendet, das gesamte Anforderungsprofil (sehr gute EDV Kenntnisse (MS Office), sehr gute Sprachkenntnisse in Deutsch, Serbisch und Albanisch in Wort und Schrift, mehrjährige Berufserfahrung im Gastronomiebereich, unternehmerisches Denken und mathematische Kenntnisse, Teamgeist, Loyalität und Diskretion, Organisationstalent und Kommunikationsgeschick, zeitliche Flexibilität und Zuverlässigkeit) fänden in der betrieblichen Notwendigkeit Deckung. Der Aufgabenbereich des Revisionswerbers solle insbesondere die Personalverantwortung, also die Einteilung und Überwachung der MitarbeiterInnen, die Gestaltung von Stelleninseraten, die Führung von Bewerbungsgesprächen, weiters die Überwachung des Lagerbestands und die Neubestellung von Waren, Kontrolle der Abrechnung, Erstellung bzw. Kalkulation von Angeboten, Kontrolle von Warenlieferung, Beantwortung von Kundenanfragen, Betreuung bestehender Kundenkontakte, die Organisation, Vor- und Nachbereitung von Terminen mit GeschäftspartnerInnen, KundInnen und Behörden sowie die Vorbereitung und Betreuung spezieller Events umfassen. Das genannte Anforderungsprofil decke diese Bereiche ab und sei für die Tätigkeit als Assistent der Geschäftsführung völlig üblich. Tatsächlich seien die angeführten Sprachkenntnisse auch notwendig. Zwar sei das Unternehmen in Wien tätig, was jedoch nicht bedeute, dass alle KundInnen und MitarbeiterInnen deutschsprachig seien. Dies werde durch die Lage des Lokals im Bereich der Gürtelbögen, auf der Höhe zwischen Ottakringer Straße und Brunnenmarkt, einer Region Wiens, in der sehr viele Personen aus dem Kosovo und Serbien lebten, verstärkt. Da sich die Kundschaft und auch die GeschäftspartnerInnen der S OG hauptsächlich aus Serbisch bzw. Albanisch sprechenden Personen zusammensetze, seien diese Sprachkenntnisse für die beabsichtigte Tätigkeit notwendig. Insbesondere als Assistent der Geschäftsführung sei man an der Schnittstelle von KundInnen und MitarbeiterInnen tätig, weshalb die angeführten Sprachkenntnisse besonders wichtig seien. Die belangte Behörde habe daher ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen gehabt.

Zum Beweis des Vorbringens wurde unter anderem die Einvernahme des Geschäftsführers der S OG beantragt.

4 Mit undatierter, am 28. Oktober 2015 zugestellter Beschwerdevorentscheidung wies die Behörde die Beschwerde ab. Sie ging dabei davon aus, dass der Revisionswerber an Zulassungskriterien für "sonstige Schlüsselkräfte" nach Anlage C zum Ausländerbeschäftigungsgesetz die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 erreiche. Weiters führte sie aus, dass nach dem Berufsinformationssystem des Arbeitsmarktservice AssistentInnen der Geschäftsleitung die Geschäftsführung in organisatorischer und administrativer Hinsicht unterstützten und eine Schnittstellenfunktion in internen und externen Angelegenheiten ausübten. Weitere Aufgabengebiete seien das Erstellen von Statistiken und Geschäftsberichten sowie auch generelle Sekretariatsagenden wie Terminkoordination, Reisemanagement, die Organisation von Meetings sowie die Geschäftskorrespondenz. Es überwiegten organisatorische und betriebswirtschaftliche Aufgaben. Die Übernahme der Personalverantwortung mit Einteilung und Überwachung der MitarbeiterInnen, Gestaltung von Stelleninseraten, Führung von Bewerbungsgesprächen sowie die Überwachung des Lagerbestands, Neubestellungen, Kontrolle der Abrechnungen und die Kalkulation von Angeboten in alleiniger Verantwortung sei üblicherweise nicht von diesem Berufsfeld erfasst. Weder aus der Stellungnahme der S OG noch aus den Angaben in der Beschwerde sei nachvollziehbar, aufgrund welcher betrieblicher Notwendigkeiten derart hohe Anforderungen an die Fähigkeiten einer für den zu besetzenden Arbeitsplatz in Frage kommenden Arbeitskraft gestellt würden. Aus der Lage des Lokals alleine lasse sich nicht ableiten, weshalb sehr gute Sprachkenntnisse in Serbisch und Albanisch in Wort und Schrift zwingend erforderlich seien. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass der offizielle Schriftverkehr, etwa mit KundInnen und Behörden sowie die Erstellung von Geschäftsberichten in deutscher Sprache abgewickelt werde. Wenngleich das Berufsfeld eines Assistenten der Geschäftsführung allgemein sehr vielfältig sei, fänden die hier gestellten Anforderungen im zulässigen Anforderungsprofil für einen Assistenten der Geschäftsführung keine gesetzliche Deckung. Es habe somit kein geeigneter Vermittlungsauftrag erstellt werden können. Die Prüfung einer Ersatzkraftstellung habe nicht erfolgen und damit nicht festgestellt werden können, ob der Arbeitsplatz mit einer bevorzugt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können.

5 Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der Revisionswerber selbst über die geforderten Qualifikationen verfüge. Nach der Aktenlage sei er zunächst ordentlicher Hörer an der Technischen Universität Wien gewesen und habe im Sommersemester 2011 das Bakkalaureatsstudium Betriebswirtschaft an der Universität Wien begonnen, das er 2014 abgebrochen habe. Darüber, welche Prüfungen im Rahmen des Studiums abgelegt und welche Kenntnisse dadurch erworben worden seien, seien trotz Aufforderung keine Unterlagen übermittelt worden. Der Revisionswerber habe bisher zehn Monate für zehn Wochenstunden als Barkellner gearbeitet und vom 7. August 2012 bis 31. Juli 2013 als Kellner bei der mitbeteiligten Partei. Seit 1. August 2014 sei er nicht mehr in einem Dienstverhältnis gestanden. Dass im Rahmen zweier lediglich geringfügiger Beschäftigungen als angelernter Kellner umfangreiche Kenntnisse im Gastgewerbe erworben worden seien, die eine selbständige Ausübung von Führungstätigkeiten ermöglichten, sei nicht schlüssig. Es sei nicht davon auszugehen, dass er im Rahmen dieser Beschäftigungen eigenverantwortlich unternehmensrelevante Entscheidungen getroffen habe. Eine Fachausbildung im Bereich Gastgewerbe habe er nicht nachgewiesen. Es sei daher davon auszugehen, dass von einer allfälligen Ersatzkraft höhere Kenntnisse und Qualifikationen verlangt würden, als der Revisionswerber selbst nachweisen könne.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das über Vorlageantrag des Revisionswerbers und der S OG angerufene Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

7 Nach Darstellung des Verfahrensgangs führte das Bundesverwaltungsgericht begründend aus:

"1. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich unstrittig aus den vorgelegten Verwaltungsakten."

8 Rechtlich ging das Verwaltungsgericht offenbar von dem vom Arbeitgeber formulierten Anforderungsprofil als maßgeblich aus. Es erklärte nach Wiedergabe von Gesetzesbestimmungen, die belangte Behörde habe zu Recht angenommen, dass nicht nachvollziehbar sei, inwieweit der Revisionswerber die im Anforderungsprofil angegebenen Qualifikationen selbst erfülle, weil nicht anzunehmen sei, dass er diese im Rahmen seiner bisherigen geringfügigen Beschäftigung als angelernter Kellner bzw. Barkellner erworben habe. Entsprechende Nachweise seien trotz Ersuchens der Behörde nicht vorgelegt worden.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs habe der Beschäftiger gemäß § 4b Abs. 1 letzter Satz AuslBG den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderlichen Ausbildungen oder sonstigen besonderen Qualifikationen der gewünschten Arbeitskraft zu erbringen. Die S OG sei von der belangten Behörde aufgefordert worden, einen Nachweis über die in der Arbeitgebererklärung angeführten Qualifikationen des Revisionswerbers zu erbringen. Sie sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen und habe auch sonst keinen Nachweis erbracht, dass der Revisionswerber über die angeführten Qualifikationen verfüge. Dem Vorbringen, dass der Revisionsweber alle Qualifikationen im Rahmen seiner bisherigen (geringfügigen) Tätigkeit für die S OG erworben habe, könne nicht gefolgt werden. So seien nach dem Anforderungsprofil unter anderem sehr gute EDV Kenntnisse (MS Office) und betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse erforderlich. Derartige Kenntnisse seien bei der Tätigkeit eines (angelernten) Kellners üblicherweise nicht erforderlich. Es sei daher der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie davon ausgegangen sei, dass diese Kenntnisse nicht im Rahmen der bisherigen Beschäftigungen des Revisionswerbers erworben worden seien, und sie daher einen entsprechenden Nachweis verlangt habe.

10 Die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens sowie die Prüfung der weiteren Zulassungsvoraussetzungen, insbesondere die Notwendigkeit von Serbisch- und Albanischkenntnissen für die beabsichtigte Beschäftigung, habe sich vor diesem Hintergrund erübrigt.

11 Den Entfall der mündlichen Verhandlung begründete das Verwaltungsgericht damit, dass der Beschwerdeführer zwar einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt habe, in der Beschwerde jedoch mangels gebotener Mitwirkung keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen worden seien, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten.

12 Dem Entfall der Verhandlung stehe auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Rechtssachen Jacobsson, Hofbauer gegen Österreich 2 und Bösch gegen Österreich sah das Verwaltungsgericht ebenso ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen im gegenständlichen Fall zu beurteilen, weil keine Tatsachenfragen aufgeworfen worden seien, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

13 Die Unzulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Das Erkenntnis folge in den entscheidungswesentlichen Fragen der Notwendigkeit der Erbringung eines Nachweises durch den Beschäftiger, dass der beantragte Ausländer selbst die im Anforderungsprofil angegebenen Qualifikationen erfülle, und zur Mitwirkung der Parteien der auf den vorliegenden Fall übertragbaren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision aus den Gründen der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der Revision beantragte. Die S OG beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision Folge zu geben und ihr den Schriftsatzaufwand zuzusprechen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Senat gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG erwogen:

15 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für den Entfall einer nach Art. 6 Abs. 1 EMRK gebotenen mündlichen Verhandlung hier nicht vorgelegen seien und das Bundesverwaltungsgericht in diesem Punkt von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen sei.

16 Im vorliegenden Fall seien keine außergewöhnlichen Umstände vorgelegen, die den Entfall der - ausdrücklich beantragten - mündlichen Verhandlung gerechtfertigt hätten. Der Revisionswerber habe bereits im behördlichen Verfahren, aber auch in der Beschwerde Beweisfragen aufgeworfen und auch Beweisanträge gestellt. Die mündliche Erörterung hätte daher jedenfalls der Ermittlung der materiellen Wahrheit gedient. Vor allem die Frage der Qualifikation des Revisionswerbers sowie die betriebliche Notwendigkeit der im Anforderungsprofil genannten Qualifikationen wären in einer mündlichen Verhandlung zu erörtern gewesen. Ausdrücklich sei die Einvernahme des Geschäftsführers der S OG beantragt gewesen. Weder die belangte Behörde noch das Verwaltungsgericht hätten den Beweisanträgen entsprochen; dem Revisionswerber sei vom Verwaltungsgericht nicht einmal schriftliches Parteiengehör gewährt worden.

17 Die Revision ist aus den aufgezeigten Gründen zulässig und berechtigt.

18 § 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG lautet:

"Verhandlung

§ 24 (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende

Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

19 Der vorliegende Fall gleich nun in seinen entscheidungswesentlichen Umständen insofern, als es sich beim Verfahren betreffend die Zulassung von Ausländern zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft um ein "civil right" im Sinn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (siehe die Rechtssachen Jurisic und Collegium Mehrerau gegen Österreich, Nr. 62539/00, sowie Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich, Nr. 10523/02, jeweils vom 27. Juli 2006) handelt und die Parteien bei einer solchen Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen grundsätzlich ein Recht darauf haben, dass ihre Angelegenheit in einer - im vorliegenden Fall auch beantragten - öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem in der Sache entscheidenden Gericht erörtert wird und hier weder ausschließlich rechtliche noch bloß hochtechnische Fragen zu klären waren, jenem Fall, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/09/0051, zugrunde lag, und auf dessen Begründung daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird (siehe zur grundsätzlichen Verhandlungspflicht bei Entscheidungen über zivilrechtliche Ansprüche weiters das Erkenntnis vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0110, mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007, und vom 21. April 2015, Ra 2015/09/0009).

20 In der Beschwerde an das Verwaltungsgericht wurde der Sachverhalt von den beschwerdeführenden Parteien zudem konkret bestritten sowie bestimmte Beweisanträge sowohl zum Nachweis der betrieblichen Notwendigkeit des Anforderungsprofils als auch zur Erfüllung desselben durch den Revisionswerber gestellt. Weshalb das Verwaltungsgericht den Beweisanboten nicht nachkam, ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen (siehe zur Verpflichtung eines Verwaltungsgerichts, erforderliche Beweise aufzunehmen und sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegzusetzen, das Erkenntnis vom 27. Juni 2016, Ra 2015/08/0184, mwH).

21 Das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zuletzt derart zu begründen, dass in einem ersten Schritt die eindeutige, die Rechtsverfolgung durch die Parteien ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts zu erfolgen hat, in einem zweiten Schritt jene Gründe anzugeben sind, welche im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu geführt haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch geführt haben (vgl. näher die Erkenntnisse vom 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076, Punkt 5.2.1, sowie etwa vom 20. Oktober 2015, Ra 2014/09/0028). Auch diesen Anforderungen entspricht das angefochtene Erkenntnis nicht, wie sich aus der oben wörtlich wiedergegebenen inhaltsleeren Begründung zu den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt.

22 Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

23 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

24 Die Zurückweisung der Revisionsbeantwortung der S OG beruht darauf, dass eine Mitbeteiligung auf der Seite des Revisionswerbers im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt. Die Stellung als Mitbeteiligte setzt vielmehr rechtlich geschützte Interessen im Widerspruch zur Interessenlage des Revisionswerbers voraus (vgl. das Erkenntnis vom 24. März 2015, Ro 2014/09/0066). Die Einschreiterin hat sich den Ausführungen der Revision inhaltlich angeschlossen und kein Interesse am aufrechtbleiben des angefochtenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts geltend gemacht.

Wien, am 14. Oktober 2016

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