Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
GSpG 1989 §56a Abs1;
GSpG 1989 §56a Abs3;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
GSpG 1989 §56a Abs1;
GSpG 1989 §56a Abs3;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 9. Juli 2015 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Perg die am 7. Juli 2015, 20.30 Uhr verfügte teilweise Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung L in K, nämlich die Schließung des als "Stüberl" bezeichneten Raumes mit Wirkung ab 7. Juli 2015, 20.30 Uhr angeordnet.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss sei keine Revision zulässig.
Das Landesverwaltungsgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Bereits am 6.5.2015 hatte im Lokal ‚L' in K eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz stattgefunden. Im Zuge dieser Kontrolle wurde ein Glücksspielgerät vorläufig beschlagnahmt. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Schreiben vom 8.5.2015, Pol96- 33-2015 (Anmerkung: zu ergänzen ‚-KG'), die (Revisionswerberin) darauf hingewiesen, dass sie davon ausgeht, dass diese Inhaberin des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes sei und sie aufgefordert, den Eigentümer sowie den Veranstalter bekannt zu geben. Weiters wurde die (Revisionswerberin) darüber informiert, dass die Behörde beabsichtigt, die Beschlagnahme über dieses Gerät zu verfügen. In einem gesonderten, grafisch herausgehobenen Absatz, wurde die (Revisionswerberin) gem. § 56a Abs. 1 GSpG aufgefordert, die Veranstaltung bzw. Durchführung von Glücksspielen unverzüglich einzustellen. Sie wurde darüber informiert, dass für den Fall, dass neuerlich betriebsbereite Glücksspielgeräte vorgefunden werden, ohne vorausgegangenes Verfahren die (teilweise) Schließung des Betriebes verfügt werden kann. Der Betreff des ggst. Schreibens lautet wörtlich wie folgt:
‚Kontrolle vom 6.5.2015 nach dem Glücksspielgesetz im Lokal 'L' in K;
- vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten
- Einleitung des Beschlagnahmeverfahrens
- Androhung der Betriebsschließung.'
Als Reaktion auf dieses Schreiben langte bei der Bezirkshauptmannschaft Perg am 26.5.2015 ein E-Mail des nunmehrigen Vertreters der (Revisionswerberin) unter Bezugnahme auf die Aktenzahl Pol96-33-2015-KG mit folgendem Inhalt ein:
‚Ich teile mit, dass mich auch (die Revisionswerberin) mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hat.
Sie ist Inhaberin des 'L'. Wie bereits mitgeteilt ist die U Int. s.r.o. Eigentümerin der Geräte und Veranstalterin der Spiele.'
Bei einer weiteren Kontrolle dieses Lokals am 7.7.2015 um 20:30 Uhr wurde von einem Organ der Finanzpolizei ein Gerät mit der Gehäusebezeichnung ‚apollo light', Seriennummer xyz, vorgefunden. Von der Finanzpolizei wurde ein Walzenspiel mit der Bezeichnung ‚Magic of Nile' gespielt, wobei der geforderte Mindesteinsatz 30 Cent und der dabei in Aussicht gestellte Höchstgewinn 300 Euro betragen hat. Beim Testspiel wurde ein Höchsteinsatz von 15 Euro festgestellt; welcher Gewinn bei diesem Einsatz in Aussicht gestellt war, ist nicht bekannt. Das Organ der Finanzpolizei ging aufgrund seiner Feststellungen davon aus, dass es sich bei diesem Gerät um einen Glücksspielautomaten handelt und hat deshalb mit der zuständigen Bearbeiterin der Bezirkshauptmannschaft Perg telefonisch Kontakt aufgenommen. Diese hat per Telefon am 7.7.2015 um 20:30 die teilweise Schließung des Betriebes verfügt.
Über diese Verfügung hat die Bezirkshauptmannschaft Perg am 9.7.2015 zu Zl. Pol96-47-2015 den im Punkt 1 angeführten Bescheid verfasst, welcher an den Vertreter der (Revisionswerberin) per Telefax am 9.7.2015 sowie per RSb am 13.7.2015 zugestellt wurde. Der Bescheid wurde auch an die (Revisionswerberin) persönlich ebenfalls per RSb am 13.7.2015 zugestellt."
Das Landesverwaltungsgericht erachtete die am 9. Juli 2015 erfolgte Zustellung an den Rechtsvertreter der Revisionswerberin mit eingehender Begründung als rechtswirksam.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind gemäß § 28 Abs. 5 VwGG die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen des § 28 VwGG anzuwenden.
Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit vor:
"Die Revision ist zulässig, da mit dem angefochtenen Beschluss Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen waren, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkret liegen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor, da der angefochtene Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht:
1.
Der Beschluss des LVwG Oberösterreich steht mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch, wonach der Umfang der Vertretungsvollmacht sich nach der Parteienerklärung richtet, wobei diese objektiv zu verstehen ist (VwGH v 24.06.1999, 97/15/0131). Eine Erstreckung der Vollmacht auf allfällige zukünftige Verfahren, ist der gegenständlichen Eingabe vom 28.05.2015 nicht zu entnehmen.
Da auf den objektiven Erklärungswert abzustellen ist, handelt es sich bei der Prüfung des Inhalts der Vertretungsbekanntgabe um eine Rechtsfrage, der nicht zuletzt auch zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt, da ansonsten dem Revisionswerber in unvertretbarer Weise jedweder Rechtsschutz versagt wird.
2.
Der Beschluss des LVwG OÖ steht schließlich auch mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch, wonach es der Partei und ihrem Vertreter überlassen ist, ob von einer schon beigebrachten Vollmacht auch in anderen Verfahren Gebrauch gemacht wird (VwGH 2011/22/0130/. Eine diesbezügliche Rechtsvermutung - wie das LVwG OÖ offenbar annimmt - gibt es nicht."
Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht. Hierüber auftretende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Unter "Vollmacht" ist in diesem Zusammenhang die für das Außenverhältnis allein maßgebliche Erklärung der Partei gegenüber der Behörde, bei schriftlicher Bevollmächtigung also der in der Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers zu verstehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, Rz 16 zu § 10, und die dort zitierte hg. Judikatur). Diese Parteienerklärung ist nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Entscheidend ist, wie das Erklärte, also der Wortlaut des Anbringens, unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Eine solche Auslegung ist nur dann zulässig, wenn die entsprechenden Erklärungen keine Zweifel offen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2013, 2012/10/0196 mwN). Eine (auch die Zustellung von Schriftstücken umfassende) Bevollmächtigung bezieht sich nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2004, 2004/07/0080).
Insofern die Revisionswerberin vorbringt, ihre Bevollmächtigung beziehe sich nicht auf "allfällige zukünftige Verfahren", übergeht sie die Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes, dass die Bekanntgabe der Bevollmächtigung aus Anlass des Vorhaltes der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8. Mai 2015 erfolgte. In diesem Vorhalt wurde u.a. sowohl in der Überschrift als auch (sogar in einer farblich hervorgehobenen Weise) die Androhung der Betriebsschließung thematisiert.
Die bekanntgegebene Bevollmächtigung ist unbeschränkt, sie bezog sich auf den gesamten Inhalt des Vorhaltes vom 8. Mai 2015. Es kann daher - wie das Landesverwaltungsgericht zu Recht ausführt - kein Zweifel daran bestehen, dass sie auch den Punkt "Androhung der Betriebsschließung" umfasste.
Aus § 56a Abs. 1 GSpG ergibt sich, dass die Behörde, bevor sie vor Ort eine gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügt, den Verfügungsberechtigten zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen des GSpG veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufzufordern hat. Gemäß § 56a Abs. 3 leg. cit. ist über die verfügte Betriebsschließung binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Die Aufforderung zur Einstellung der Glücksspiele ist hingegen nicht in Bescheidform auszusprechen. Eine solche Anordnung hat der eigentlichen Betriebsschließung voranzugehen; sie bildet eine Tatbestandsvoraussetzung für deren Verfügung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2014, 2013/17/0516).
Im Sinne der Lehre vom Stufenbau ist "Verfahren" der rechtlich gebundene Weg, auf dem aus einer Rechtserscheinung höherer Stufe eine Rechtserscheinung niedrigerer Stufe erzeugt wird (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S 601 mwN). Mit der Androhung der Betriebsschließung wurde daher das Verwaltungsverfahren "Betriebsschließung" im Sinn des § 56a Abs. 1 GSpG eingeleitet.
Damit bestand nach dem objektiven Erklärungswert kein Zweifel am Umfang der Bevollmächtigung.
Der Bescheid vom 9. Juli 2015 über die Betriebsschließung wurde sohin zu Recht an den Rechtsanwalt Dr. R als Vertreter der Revisionswerberin zugestellt.
Diese Frage hat das Landesverwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richtig beurteilt, weshalb der angefochtene Beschluss im Gegensatz zur Behauptung der Revisionswerberin nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Da das Vorbringen der Revisionswerberin zur Zulässigkeit sohin verfehlt ist, wirft sie in der Revision keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. März 2016
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