VwGH Ra 2015/06/0033

VwGHRa 2015/06/003311.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision 1. der Mag. J E und 2. der R E, beide in H, beide vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5, gegen den Beschluss (Spruchpunkt I.) und das Erkenntnis (Spruchpunkt II.) des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 23. Jänner 2015, Zl. LVwG- 3/163/6-2015, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben und Ausnahmegenehmigung (mitbeteiligte Partei: G M in H, vertreten durch Pallauf Meissnitzer Staindl & Partner Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13; vor dem Landesverwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeindevertretung der Stadtgemeinde H; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 litc;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8;
B-VG Art130 Abs3;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §10;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;
AVG §42 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 litc;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8;
B-VG Art130 Abs3;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §10;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss und das angefochtene Erkenntnis werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Stadtgemeinde H hat den Revisionswerberinnen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit am 17. Juli 2013 bei der Stadtgemeinde H eingelangter Eingabe beantragte der Mitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 10 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 (BauPolG) in Verbindung mit einer Ausnahme gemäß § 25 Abs. 7a des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) für Nebenanlagen, und zwar für einen mit Sicherheitsglas überdachten Abstellplatz für motorisierte einspurige Kraftfahrzeuge, auf dem Grundstück Nr. 3/251, KG T. Mit ebenfalls am 17. Juli 2013 bei der Stadtgemeinde H eingelangter Eingabe beantragte der Mitbeteiligte die Bewilligung für die Unterschreitung der Mindestabstände gemäß § 25 Abs. 8 BGG für die gegenständliche Bauführung, und zwar des gemäß § 25 Abs. 7a BGG erforderlichen Abstandes von 2 m auf 0 m.

An der gegenständlichen Grenze des Baugrundstückes grenzt das Grundstück Nr. 3/284, KG T, an, das ein Weggrundstück ist und im Miteigentum unter anderem der Revisionswerberinnen steht. Die Revisionswerberinnen sind außerdem Hälfteeigentümerinnen des dem Baugrundstück auf der anderen Seite des Weges gegenüberliegenden Grundstückes Nr. 3/259, KG T.

Bei der mündlichen Verhandlung am 14. November 2013 gab der bautechnische Amtssachverständige unter anderem zu Protokoll, benachbarte Grundstücke, Bauten oder Anlagen würden durch die Ausnahme gemäß § 25 Abs. 8 BGG nicht erheblich beeinträchtigt, insbesondere nicht in den Belangen des Tageslichtes, da es sich beim einzigen betroffenen Nachbargrundstück um den B-Weg handle und somit eine Beeinträchtigung der Besonnung und Belichtung nicht gegeben sei. Eine Einschränkung der Benutzung des B-Weges in seiner vollen Breite sei nicht gegeben. Insgesamt betrachtet sei daher der Vorteil des Bauwerbers eindeutig größer als ein allfälliger Nachteil für benachbarte Grundstücke, Bauten oder Anlagen.

Die Revisionswerberinnen brachten bei der mündlichen Verhandlung vor, gemäß § 2 Salzburger Bautechnikgesetz (BauTG) seien alle Bauten und baulichen Anlagen in ihrer Gesamtheit so durchzubilden, dass der örtliche Baucharakter nicht zerstört werde. Jeder Bau sei gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. mit der Umgebung so in Einklang zu bringen, dass das Orts- und Straßenbild nicht gestört werde. Das gegenständliche Bauvorhaben widerspreche diesen Vorschriften. In diesem Zusammenhang sei auf den Gleichheitsgrundsatz zu verweisen. Demnach hätte bei Bewilligung des Bauvorhabens jeder Grundeigentümer der Wohnanlage das Recht, derart störende Bauten zu errichten. Eine Verhüttelung der Wohnanlage würde entstehen. Weiters sei auf den rechtsgültigen Bebauungsplan zu verweisen, in dem die Baufluchtlinien sehr differenziert den straßenseitigen Fassaden folgend eingetragen seien. Daraus lasse sich schlüssig ableiten, dass die Gestaltungsintention eine Verhüttelung vermeiden wolle. In diesem Zusammenhang werde auf § 8 BauTG verwiesen. Die Widmungsbestimmung als Unterstellplatz für einspurige Fahrzeuge werde angezweifelt. Die widmungsgerechte Nutzung sei zu überprüfen. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass durch die hohe Thujenhecke direkt an der Straße das Sichtfeld eingeschränkt sei und dadurch ein Gefahrenpunkt vorliege.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2013 brachten die Revisionswerberinnen vor, sie würden als Miteigentümerinnen des B-Weges dem Bauvorhaben unter Hinweis auf die mögliche Verhüttelung der Siedlung nicht zustimmen. Die Planunterlagen seien unrichtig bzw. stimmten nicht. Im Schnitt sei die Länge der Überdachung bis zur Traufe (ohne Regenrinne) mit 3 m angegeben. Dies würde bedeuten, dass die Überdachung Richtung B-Weg auskrage. Bei plangemäßer Ausführung würde die Verkehrssicherheit durch das auskragende Dach massiv beeinträchtigt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde H vom 19. März 2014 wurde die beantragte baubehördliche Bewilligung erteilt (Spruchpunkt 1.). Unter Spruchpunkt 2. wurde die Ausnahmegenehmigung von § 25 Abs. 3 BGG gemäß § 25 Abs. 8 BGG dahingehend erteilt, dass der Mindestabstand zum B-Weg anstelle von 2 m 0 m betragen könne. Weiters wurden Auflagen erteilt und Kosten vorgeschrieben. Unter Spruchpunkt 7. erfolgte eine "Absprache über die Einwendungen" der Revisionswerberinnen. Das Vorbringen der Revisionswerberinnen wurde wiedergegeben, die Einwendungen wurden in der Folge spruchgemäß "zurückgewiesen bzw. als unbegründet abgewiesen". Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, § 2 BauTG normiere kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht. Ob ein Bau oder eine bauliche Anlage in der Gesamtheit so durchgebildet sei, dass der örtliche Baucharakter nicht zerstört werde und mit der Umgebung im Einklang sei bzw. das Orts- und Straßenbild nicht störe, sei von der Baubehörde zu prüfen. Diese Prüfung sei erfolgt. Die gegenständliche Einwendung sei daher zurückzuweisen. Zur Staffelung der Baufluchtlinie sei auf § 25 Abs. 7a BGG zu verweisen, wonach zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschoßige Nebenanlagen (wie dies im gegenständlichen Fall gegeben sei) auch vor der Baufluchtlinie errichtet werden dürften. Die Regelung des Bebauungsplanes beziehe sich auf die Hauptgebäude, nicht auf die Nebenanlagen. § 8 BauTG sei nicht anzuwenden, da es sich nicht um eine der dort genannten baulichen Anlagen handle. Eine Anzweiflung der Widmungsbestimmung der Nebenanlage stehe den Nachbarn und der Baubehörde nicht zu. Beurteilungsmaßstab sei der durch das Ansuchen und die Pläne dokumentierte Bauwille des Einschreiters. Hinsichtlich der Thujenhecke sei eine Auflage zur Verkehrssicherheit erteilt worden. Da es für die Unterschreitung des Mindestabstandes von 2 m gemäß § 25 Abs. 7a Z 2 BGG keine Zustimmung durch die beiden Miteigentümerinnen des Straßengrundstückes (die Revisionswerberinnen) gegeben habe, sei vom Mitbeteiligten auch ein Ansuchen um Unterschreitung der Mindestabstände gemäß § 25 Abs. 8 BGG eingebracht worden. Vom bautechnischen Amtssachverständigen sei festgestellt worden, dass gegen die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung und der Ausnahmegenehmigung keine Bedenken bestünden. Die diesbezügliche Einwendung sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen. Hinsichtlich der Länge der Überdachung sei vom Einschreiter eine Korrektur der Planunterlagen von 3 m auf 2,85 m vorgenommen worden, womit die Abweichung der Pläne vom Naturbestand richtiggestellt worden sei. Die Gewährung der Unterschreitung des Mindestabstandes auf 0 m zur Straßengrundgrenze hätte aber eine Überbauung über Fremdgrund ohnedies ausgeschlossen. Die diesbezügliche Einwendung sei daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerberinnen Berufung. Darin führten sie aus, die Unterschreitung des Mindestabstandes sei in keiner Weise begründet und es sei nicht darauf eingegangen worden, weshalb keine Bedenken bestünden. Die Einhaltung des Mindestabstandes stelle sehr wohl ein subjektivöffentliches Nachbarrecht dar, weil das Kraftfahrzeug direkt an der Grundgrenze abgestellt sei und ein Aus- und Einparken nur unter Benützung des auf der gegenüberliegenden Seite befindlichen Gehsteiges möglich sei. Ein Unfall mit Blechschaden vom 30. Juli 2011 zeige deutlich, dass eine problemlose Aus- und Zufahrt an dieser Stelle unmöglich sei. Auch die Benützung des Gehsteiges durch Fußgänger sei nicht gefahrlos möglich.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde H vom 27. Oktober 2014 wurde die Berufung der Revisionswerberinnen als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerberinnen Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht.

In der Beschwerde brachten die Revisionswerberinnen im Wesentlichen vor, dass das Orts- und Straßenbild gestört werde, dass eine Verhüttelung dem Ziel des Bebauungsplanes widerspreche und dass gegebenenfalls jeder Grundeigentümer das Recht hätte, derartig störende und unsensible Bauten zu errichten. Im Bebauungsplan vom Dezember 2001 sei unter anderem angemerkt, dass die Straßenräume durch versetzte Baufluchtlinien gegliedert seien, und die Bewahrung dieser Struktur sei Ziel des Bebauungsplanes. Mit der Bewilligung werde die Wohnanlage auf Dauer zerstört und eine schrittweise Verhüttelung eingeleitet. Die Folge sei eine Wertminderung der Liegenschaften. Es werde beantragt, den Ortsplaner als Sachverständigen beizuziehen. Dem Einzelinteresse des Bauwerbers werde der Vorrang gegenüber dem wesentlich höher einzustufenden Ensemble- und Ortsbildschutz gegeben. Eine nachvollziehbare Interessensabwägung werde nicht vorgenommen. Mit den vorhandenen Abstellplätzen seien sämtliche Bedürfnisse abgedeckt. Die Bauliegenschaft verfüge über vier Stellplätze, nämlich eine Garage, eine überdachte Garageneinfahrt, einen davor liegenden Abstellplatz sowie einen weiteren Abstellplatz südseitig davon. Wenn der Bauwerber tatsächlich die Absicht habe, einspurige Kraftfahrzeuge unterzustellen, hätte er dies schon bisher tun können. Er versuche, falsche Tatsachen vorzutäuschen. Die Verkehrssicherheit werde eingeschränkt, da in der Privatstraße mit Öffentlichkeitsrecht, die als Wohnstraße deklariert sei, Kinder spielten und sie auch von vielen Radfahrern benützt werde. Durch die 2 m hohe straßenseitige Thujenhecke sei das Sichtfeld beim Rückwärtsausparken eingeschränkt. Es werde beantragt, die Bewilligung zu versagen und eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

Am 12. Jänner 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht statt. Dabei führten die Revisionswerberinnen im Wesentlichen aus, das geplante Gebäude werde über die Fassadenflucht des Wohnhauses zur Straße hin verlagert, was eine Überschreitung der Baufluchtlinie bedeute. Allfällige derartige Genehmigungen müssten auch anderen Eigentümern zugestanden werden, was eine vollkommene Zerstörung des örtlichen Baucharakters bedeutete, weil der Eindruck erweckt würde, dass die Bauflucht einheitlich entlang der Straße verlaufe. Durch die Baugenehmigung sei eine Überschreitung der vorgegebenen Baumassenzahlen anzunehmen. Die Art der Verglasung sei nicht hinreichend deklariert. Beantragt werde lediglich eine Sicherheitsverglasung ohne auszuführen, ob diese blind, farblos, versiegelt oder sonstwie gestaltet sei. Dies habe wesentliche Bedeutung für die Erscheinungsform und den Baucharakter, aber auch für die Verkehrssicherheit. Die Sichtbehinderung durch die dichte Hecke sei zu entfernen. Seitens der Revisionswerberinnen wurde weiters ausgeführt, dass in die Ermessensentscheidung sowohl das Interesse der Bewohner als auch der Allgemeinheit einzubeziehen sei. Über dem Carport werde ein Aufbau angebracht, der das Orts- und Landschaftsbild "nochmals" zerstöre. Das Objekt der Revisionswerberinnen liege genau auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das Gutachten des Amtssachverständigen beantworte keine Fragen des Ortsbildschutzes und sei im Übrigen unrichtig. Das Begehren nach Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Ortsbildschutz werde aufrechterhalten.

In der Verhandlung wurde der Bebauungsplan der Grundstufe vom 27. Juli 2001 vorgelegt.

Der Mitbeteiligte verwies auf ein bereits in massiver Bauweise errichtetes Carport in unmittelbarer Umgebung. Die Hecke werde beseitigt und durch 80 cm hohe Steinkörbe ersetzt. Der Mitbeteiligte brachte weiters vor, dass er nicht über vier, sondern nur über drei Abstellplätze verfüge. Außer Streit stehe, dass sich die Zahl der Abstellplätze durch das Bauvorhaben nicht verändere, wobei der Mitbeteiligte bemerkte, dass er bisher Motorräder dort nicht habe unterstellen können, weil er diese nicht im Regen stehen lasse. Mehrspurige Kraftfahrzeuge könnten jedoch durch das Vorhaben nicht mehr als vorher abgestellt werden. Außer den Revisionswerberinnen habe niemand Einwände erhoben. Ursprünglich sei bei jedem Objekt maximal ein Fahrzeug abgestellt worden, die Zeiten hätten sich jedoch geändert.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung) wurde die Beschwerde, "soweit sie eine Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes sowie der Verkehrssicherheit geltend macht", als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt II. wurde die Beschwerde, "soweit sie eine unrichtige Anwendung des § 25 Abs. 8 BGG geltend macht", als unbegründet abgewiesen.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften führte das Landesverwaltungsgericht begründend im Wesentlichen aus, der Prüfungsumfang des Landesverwaltungsgerichtes beschränke sich gemäß § 27 VwGVG auf den Inhalt der Beschwerde. In dieser wendeten die Revisionswerberinnen im Wesentlichen eine Verletzung des Orts- und Straßenbildes im Zusammenhang mit einer zu erwartenden Verhüttelung und folglich einer Wertminderung der Liegenschaft, eine unrichtige Abwägung der Vor- und Nachteile sowie eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit ein. Die Verletzung des Orts- und Straßenbildes sei im Rahmen der mündlichen Bauverhandlung behauptet, in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid aber nicht mehr geltend gemacht worden. Aus diesem Grund sei auch im zweitinstanzlichen Bescheid über diesen Einwand nicht mehr abgesprochen worden, wenngleich die zweitinstanzliche Behörde als Berufungsbehörde innerhalb der Grenzen der Anfechtung jede Rechtswidrigkeit aufzugreifen habe. Folglich sei in diesem Punkt der erstinstanzliche Bescheid nicht zu beanstanden und die Zurückweisung des Einwandes wegen Unzulässigkeit in Ermangelung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes zu Recht erfolgt. Aus diesem Grund sei auch von der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Ortsbildschutz Abstand zu nehmen gewesen. Auch aus einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit könne kein subjektivöffentliches Recht der Revisionswerberinnen abgeleitet werden. Bei der mündlichen Verhandlung am 14. November 2013 sei der Widerspruch zum Bebauungsplan aufgrund der Überschreitung der Baufluchtlinie geltend gemacht worden. Grundsätzlich habe der angrenzende Nachbar ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Baufluchtlinie. In der Berufung sei das subjektivöffentliche Recht in Bezug auf die Unterschreitung des Mindestabstandes begründet worden. In der Beschwerde - und darauf beschränke sich gemäß § 27 VwGVG der Prüfungsumfang des Landesverwaltungsgerichtes - werde jedoch das subjektivöffentliche Recht auf Einhaltung der Baufluchtlinie nicht mehr aufgegriffen. Es werde im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan auf eine straßenseitige Verhüttelung, die visionäre Planung und den Vorbildcharakter der Siedlung verwiesen. Aus dem Beschwerdeinhalt sei nicht erkennbar, dass die Baufluchtlinie in rechtswidriger Weise überschritten würde. Die Geltendmachung des Beschwerdegrundes der Verletzung dieses subjektiv-öffentlichen Rechts im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht sei nach Ablauf der Beschwerdefrist und somit verspätet erfolgt, weshalb inhaltlich darauf nicht eingegangen und darüber nicht abgesprochen werden könne. Die Überschreitung der Baumassenzahl sei erstmals in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht - und somit ebenso verspätet - eingewendet worden, weshalb die Frage, ob hieraus überhaupt ein subjektiv-öffentliches Recht ableitbar wäre, nicht zu entscheiden sei. Das geplante Carport sei eine eingeschoßige Nebenanlage, weshalb die Voraussetzungen von § 25 Abs. 8 lit. b und c BGG erfüllt sein müssten. Der bautechnische Amtssachverständige habe Fragen betreffend die Beschränkung der Besonnung und Belichtung und Aspekte des Emissionsschutzes schlüssig und nachvollziehbar beantwortet, die Revisionsweberinnen seien diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Bei der Interessensabwägung gemäß § 25 Abs. 8 lit. c BGG seien sämtliche Vor- und Nachteile, auch wirtschaftlicher Art (wie etwa eine von den Nachbarn behauptete Wertminderung ihres Grundstückes) zu berücksichtigen (Verweis auf das hg. Erkenntnis VwSlg. Nr. 10.607 A/1981). Die Erteilung einer Ausnahme liege bei Erfüllung der Voraussetzungen im Ermessen der Baubehörde. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung bestehe nicht. Eine Rechtswidrigkeit der Ermessensübung liege nicht vor. Zur behaupteten Wertminderung des Grundstücks der Revisionswerberinnen infolge einer zu befürchtenden Verhüttelung der Siedlung sei zu bemerken, dass bei Einhaltung der baurechtlichen Normen eine Verhüttelung durch zahlreiche weitere überdachte Abstellplätze nicht zu erwarten sei. Aus der Errichtung des Carports könnten andere Grundstückseigentümer keinen Rechtsanspruch auf eine gleichartige oder ähnliche Bauführung ableiten. Eine potentielle Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit begründe zwar kein subjektiv-öffentliches Recht, werde eine solche aber in die Interessensabwägung einbezogen, so seien Nachteile insofern nicht zu erwarten, als seitens der Straßenrechtsbehörde ohnedies Auflagen erteilt worden seien, die eine ausreichende Sicht auf den Fließverkehr sicherstellen sollten. In Ermangelung konkreter, erkennbarer Nachteile für die Revisionswerberinnen überwögen daher die Vorteile des Mitbeteiligten, die insbesondere darauf basierten, dass durch die Überdachung untergestellte Fahrzeuge nicht mehr den Witterungsverhältnissen ausgesetzt seien. Die Beschwerde betreffend § 25 Abs. 8 BGG sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Beschluss und dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, die Entscheidung insgesamt kostenpflichtig aufzuheben.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen bzw. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision ist im Hinblick auf die Fragen des Prüfungsumfanges des Landesverwaltungsgerichtes gemäß § 27 VwGVG und der mangelhaften Begründung bei der Ermessensübung gemäß § 25 Abs. 8 BGG zulässig und auch begründet.

In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, die Revisionswerberinnen seien in ihrem Recht verletzt, dass es unterbleibe, dem Mitbeteiligten die Baubewilligung zu erteilen, obwohl dadurch die festgelegten Baufluchtlinien und die Baumassenzahlen überschritten würden, ohne dass dafür Rechtfertigungs- oder Ausnahmegründe vorlägen. Weiters seien sie in ihrem Recht verletzt, dass Bauvorhaben in der Nachbarschaft gegen ihren Willen nicht zuzulassen seien, wenn der gesetzlich normierte Mindestabstand zum eigenen Grund und Boden durch die Verletzung von § 25 Abs. 8 lit. c BGG nicht eingehalten werde. Die Revisionswerberinnen hätten darauf hingewiesen, dass der besondere Charakter der Reihenhaussiedlung darin bestehe, dass durch strukturierte Baufluchtlinien die Fassaden der Wohnbauten gestaffelt zu den Aufschließungsstraßen gestaltet worden seien, wodurch sich die Wohnanlage in Bezug auf ihre übersichtliche und lockere Bauweise, ihre klaren Strukturen und Freiflächen in ihrer Gesamtheit auszeichne. Jeder Eingriff in diese Struktur zerstöre den Gesamteindruck und führe schrittweise zu einer Verhüttelung, die eine Wertminderung der einzelnen Reihenhäuser zur Folge habe. Abgesehen von der Problematik des Ortsbildschutzes sei ein Heranführen der Fassade an die Liegenschaftsgrenze der Straße eine Überschreitung der Baufluchtlinie. Die Ausnahmetatbestände für ein Überschreiten der Baufluchtlinie und der Baumassenzahlen seien nicht erfüllt. Im Zuge der Interessensabwägung sei es außerdem von Belang, ob der Konsenswerber nicht ohnehin ausreichend andere überdachte Abstellmöglichkeiten zur Verfügung habe. Auch sei der Einwand der sukzessiven Verhüttelung nicht stichhaltig abgehandelt worden. In künftigen Fällen seien keine anderen Sachverständigenäußerungen als hier zu erwarten. Eine richtige Interessensabwägung der Vorteile des Konsenswerbers (Überdachung des Abstellplatzes) mit dem Nachteil der Revisionswerberinnen (nachhaltiger Zerstörung der Siedlungsstruktur und Wertminderung ihres Reihenhauses) wäre nicht zugunsten des Konsenswerbers ausgefallen, insbesondere dann nicht, wenn das beantragte Gutachten eines Sachverständigen für den Ortsbildschutz eingeholt worden wäre.

Gemäß § 9 Abs. 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 ist die Baubewilligung zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheint. Dies ist gemäß § 9 Abs. 1 Z 6 leg. cit. der Fall, wenn durch die bauliche Maßnahme ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird; solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Salzburger Bautechnikgesetzes sind alle Bauten und sonstigen baulichen Anlagen in ihrer Gesamtheit und in ihren Teilen so durchzubilden und zu gestalten, dass sie nach Form, Ausmaß, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe unter Berücksichtigung des örtlichen Baucharakters nicht störend wirken. Jeder Bau und jede sonstige bauliche Anlage sowie deren Teile sind gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. mit der Umgebung derart in Einklang zu bringen, dass das gegebene oder beabsichtigte Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht gestört wird.

§ 25 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 idF Nr. 31/2009, lautet auszugsweise:

"III. Lage der Bauten im Bauplatz

§ 25

(1) Die Bauten sollen im Bauplatz und zueinander so gelegen sein, daß sowohl sie als auch die auf benachbarten Bauplätzen bestehenden oder zu errichtenden Bauten eine ihrem Zweck entsprechende Besonnung und Belichtung erhalten und daß die dem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume so weit wie möglich vor Lärmeinwirkung geschützt sind.

(2) Soweit nicht durch die im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsgrundlagen Bestimmungen über die Lage der Bauten im Bauplatz vorgesehen sind und soweit nicht durch andere Rechtsvorschriften ein größerer Abstand der Bauten zu den Grenzen des Bauplatzes oder der Bauten zueinander vorgeschrieben ist, gelten hinsichtlich der Lage der Bauten im Bauplatz die nachstehenden Bestimmungen.

(3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, daß ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte der Breite dieser Flächen, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluß auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen).

...

(7a) Zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschoßige Nebenanlagen können im Bauplatz auch innerhalb des seitlichen Mindestabstandes oder vor der Baufluchtlinie errichtet werden, wenn folgende Voraussetzungen eingehalten werden:

1. Die Lage der Nebenanlagen (für Fahrräder, Abfallbehälter und Altstoffcontainer sowie Garagen oder überdachte Kraftfahrzeug-Abstellplätze) darf nicht zu einer Festlegung gemäß § 53 Abs 2 Z 12 bzw 16 ROG 2009 im Widerspruch stehen.

2. Der Abstand zwischen den äußersten Teilen des Baus und der Bauplatzgrenze muss mindestens 2 m betragen, wenn die Nachbarn nicht einer Unterschreitung dieses Abstandes ausdrücklich zustimmen und nicht durch andere Rechtsvorschriften ein größerer Abstand vorgeschrieben ist.

3. Die Seitenlänge der Nebenanlage (einschließlich Dachvorsprünge) darf an der dem Nachbargrundstück zugewandten Seite 4 m, von Garagen oder überdachten Kraftfahrzeug-Abstellplätzen aber 7 m, nicht überschreiten. In solchen Garagen oder überdachten Kraftfahrzeug-Abstellplätzen dürfen sich - vorbehaltlich der bautechnischen Anforderungen - im untergeordneten Ausmaß auch Räume befinden, die sonstigen Zwecken derartiger Nebenanlagen dienen.

4. Die Traufenhöhe darf höchstens 2,5 m, die Firsthöhe höchstens 4 m betragen. Kommt der First in einem Abstand von weniger als 3,5 m zur Bauplatzgrenze zu liegen, darf seine Höhe die gedachte Linie zwischen der höchstzulässigen Traufe zur Bauplatzgrenze und dem höchstzulässigen First in 3,5 m Entfernung nicht überschreiten. Diese Begrenzungen gelten nicht, wenn der Nachbar ihrer Überschreitung ausdrücklich zustimmt. Und:

5. Von dieser Bestimmung darf für denselben Bauplatz an der betreffenden dem Nachbargrundstück zugewandten Seite noch nicht Gebrauch gemacht worden sein. Dies gilt auch als gegeben, wenn ein oder mehrere Bauten einschließlich Nebenanlagen an dieser Seite bereits im seitlichen Mindestabstand stehen oder auf Grund einer gemäß Abs 8 bereits erteilten Ausnahme noch errichtet werden können.

Für die Zustimmung ist ein Formular zu verwenden, dessen näherer Inhalt von der Landesregierung durch Verordnung festzulegen ist. Das Formular hat jedenfalls den Hinweis auf die mit der Zustimmung verbundenen Rechtsfolgen zu enthalten. Außerdem müssen die Pläne von den zustimmenden Personen unterfertigt sein.

(8) Die für die Baubewilligung zuständige Behörde kann auf Antrag die Unterschreitung der in den Abs. 3 und 4 festgesetzten Abstände durch Bescheid ausnahmsweise zulassen, wenn

a) die Einhaltung nach der besonderen Lage des Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte darstellt, wie etwa, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre;

b) benachbarte Grundstücke oder Bauten und Anlagen nicht erheblich beeinträchtigt werden, insbesondere nicht ihre Bebaubarkeit bzw. das gewährleistete und erforderliche Tageslicht verlieren oder in diesen Belangen wesentlich beeinträchtigt werden;

c) insgesamt der Vorteil des Ausnahmewerbers größer ist als der Nachteil für die benachbarten Grundstücke, Bauten und Anlagen und

d) die Lage des Baues sich nicht aus einem Bebauungsplan ergibt.

Die Voraussetzung der lit a gilt nicht für zu Wohnbauten gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende eingeschoßige Nebenanlagen, ebenso nicht die Voraussetzung der lit d, soweit es sich nicht um Festlegungen gemäß § 53 Abs 2 Z 12 und 16 ROG 2009 handelt.

Die Ausnahme kann mit der Baubewilligung verbunden werden. Parteien sind die Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Bei der Festlegung der Lage der Bauten in einem Bebauungsplan kann in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Voraussetzungen eine Unterschreitung der Abstände gemäß Abs. 4 festgelegt werden."

§ 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

"Prüfungsumfang

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Im vorliegenden Fall wurde die Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 8 BGG im Sinne des drittletzten Satzes dieser Bestimmung mit der Baubewilligung verbunden. Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung (und damit auch der zweitinstanzlichen, in der die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde) war somit die Erteilung der Baubewilligung unter entsprechender Gewährung der dafür erforderlichen Ausnahme, verbunden mit der Zurückweisung bzw. Abweisung der Einwendungen der Revisionswerberinnen. Die Prüfungsbefugnis des Landesverwaltungsgerichtes bestand daher hinsichtlich dieser Sache, die Gegenstand der Erledigung durch den Berufungsbescheid war. Da es sich bei der Beschwerde der Revisionswerberinnen um eine Parteienbeschwerde gehandelt hat, hatte das Landesverwaltungsgericht die Sache aber nur insoweit zu prüfen, als es um die Frage einer Verletzung von subjektivöffentlichen Rechten der Revisionswerberinnen ging (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2015, Zl. Ra 2014/07/0077, mwN).

Bemerkt sei an dieser Stelle, dass die Nachbarparteistellung der Revisionswerberinnen aufgrund ihrer Miteigentümerschaft an dem Weggrundstück angenommen wurde. Es unterblieb aber eine Begründung dafür, weshalb dieses Grundstück im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren bzw. Ausnahmegenehmigungsverfahren subjektiv-öffentliche Rechte und damit Parteistellung vermitteln sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0160, mwN). Zwar würden den Revisionswerberinnen gegebenenfalls als Eigentümerinnen des der Bauliegenschaft gegenüberliegenden Grundstückes subjektiv-öffentliche Rechte in den hier gegenständlichen Verfahren zukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2015, Zl. 2012/06/0219), doch gibt es keine Feststellungen, ob den Revisionswerberinnen auch aufgrund der Lage bzw. der Entfernung des dem Baugrundstück jenseits des Weges gegenüberliegenden Grundstückes Parteistellung zukommt.

Das Landesverwaltungsgericht ging jedenfalls von der Parteistellung der Revisionswerberinnen aus. Trifft dies zu, war es aber nicht befugt, "die Beschwerde" in Bezug auf bestimmte inhaltliche Ausführungen "zurückzuweisen", vielmehr hätte es die Beschwerde hinsichtlich sämtlichen Vorbringens in der Sache erledigen müssen, gegebenenfalls durch eine Bestätigung der Baubewilligung. Indem das Landesverwaltungsgericht dies verkannte, belastete es den angefochtenen Beschluss mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass bei der Erteilung einer Baubewilligung über die Genehmigungsfähigkeit endgültig entschieden wird und damit die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts an die Stelle des angefochtenen Bescheides tritt, sodass es nicht sein kann, dass die Genehmigungsfähigkeit unter einzelnen Gesichtspunkten als gegeben erachtet wird, unter anderen jedoch nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. August 2015, Zl. Ra 2015/06/0039). Dies bedeutet im vorliegenden Zusammenhang insbesondere, dass - im Hinblick darauf, dass es vor den Verwaltungsgerichten kein Neuerungsverbot gibt (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/10/0044) - das Landesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Baubewilligung auch über das Vorbringen betreffend die Baumassenzahl und die Überschreitung der Baufluchtlinie hätte absprechen müssen. (Im Übrigen hat das Landesverwaltungsgericht zutreffend erkannt, dass sich die Revisionswerberinnen bei der mündlichen Verhandlung gegen die Überschreitung der Baufluchtlinie ausgesprochen haben. Präklusion ist diesbezüglich daher jedenfalls nicht eingetreten).

Der Nachbar hat ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass eine Ausnahme nach § 25 Abs. 8 BGG, die seine Interessensphäre berührt, nur bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen nach einer im Sinn des Gesetzes gelegenen Ermessensübung und in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren erteilt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2007, Zl. 2005/06/0128; wobei in Bezug auf die Präklusion lediglich vorausgesetzt ist, dass er ein ihm im Baubewilligungsverfahren zustehendes Nachbarrecht, in das durch die Ausnahme eingegriffen wird, rechtzeitig geltend gemacht hat - vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2007, Zl. 2006/05/0035). Andererseits hat auch der Antragsteller ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass eine Ausnahme nach § 25 Abs. 8 BGG bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen nach einer im Sinn des Gesetzes gelegenen Ermessensübung und in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren erteilt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2007, Zl. 2003/06/0071).

Aufgrund der Art des gegenständlichen Bauvorhabens kommt es hier nur auf § 25 Abs. 8 lit. b und c BGG an (Normierungen nach § 53 Abs. 2 Z 12 und 16 ROG 2009 kommen hier nicht zum Tragen). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im zitierten Erkenntnis vom 3. Dezember 1981, Zl. 973/80 (VwSlgNF. 10.607 A/1981) ausgeführt, dass die Interessenabwägung nach § 25 Abs. 8 lit. c BGG eine Einbeziehung sämtlicher Vor- und Nachteile, auch solcher wirtschaftlicher Art (wie etwa die Wertminderung des Nachbargrundstückes), zu umfassen hat.

Die Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes, dass eine Verhüttelung (und damit eine Wertminderung der Nachbargrundstücke) nicht zu erwarten sei, ist nun in dieser uneingeschränkten Form nicht tragfähig. Will sich die Behörde nämlich nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Handhabung von Ermessen aussetzen, müsste sie auch in anderen, gleichgelagerten Fällen das Ermessen gleichartig ausüben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. März 2006, Zl. 2005/05/0165, und vom 29. Jänner 2008, Zl. 2005/05/0276). Schon insofern erweist sich die Ermessensübung als nicht dem Gesetz entsprechend.

Aus den dargestellten Gründen waren sowohl der angefochtene Beschluss als auch das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 11. März 2016

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