Normen
AVG §37;
AVG §52;
AVG §59 Abs1;
AVG §59 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z4;
VwGVG 2014 §9;
VwGVG 2014;
VwRallg;
WRG 1959 §31 Abs4;
WRG 1959 §31;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014070077.L00
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Antrag der Revisionswerber auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird zurückgewiesen.
Begründung
Nach den Feststellungen im angefochtenen Beschluss betrieben die F. KG bzw. die F. GmbH in der KG K eine Metallwarenfabrik. Durch die Betriebstätigkeit kam es zu einer Kontamination der Grundstücke 11/2, 11/6, 16/5, 12 und 16/4. Dieses Areal wurde im Altlastenatlas als Altlast N-63 mit Wirkung vom 15. Oktober 2008 ausgewiesen. Im Zuge der Untersuchungen gemäß § 13 des Altlastensanierungsgesetzes wurden vor allem Kontaminationen mit leicht flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen festgestellt.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 4. Oktober 2010 wurde der Erstmitbeteiligte zur Räumung kontaminierten Materials auf den Grundstücken Nr. 11/2, 11/6 und 16/5, KG K, verpflichtet, weiters wurde ihm die Errichtung eines Sanierungsbrunnens aufgetragen.
Mit zwei weiteren Bescheiden des LH vom 4. Oktober 2010 wurden der Zweitmitbeteiligte und die Drittmitbeteiligte zur Räumung kontaminierten Materials auf dem Grundstück Nr. 12 der KG K verpflichtet.
Gegen diese Bescheide erhoben die Mitbeteiligten Berufung.
Der Erstmitbeteiligte machte geltend, er fühle sich zur Sanierung nicht verpflichtet, da er die Kontamination nicht verursacht habe. Beim Kauf des Firmenareals sei er vom damaligen Masseverwalter getäuscht worden, welcher ihm versichert habe, dass letztmalige Vorkehrungen nie schlagend würden. Er habe in gutem Glauben und im Vertrauen auf ein Abkommen mit der Stadtgemeinde H. gekauft, welche sich zur Entsorgung des Absetzbeckens und des umliegenden Erdreichs verpflichtet habe. Auf Grund dieses Vertrages könne er nicht verpflichtet sein, Sanierungsarbeiten durchzuführen. Seine finanzielle Situation erlaube ihm die Bezahlung der Sanierungsmaßnahmen nicht.
Der Zweitmitbeteiligte und die Drittmitbeteiligte brachten in ihren Berufungen im Wesentlichen gleichlautend vor, dass sie nicht Verursacher der Kontamination seien und daher auch nicht verpflichtet werden könnten, Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, und dass sie im Hinblick auf den Vertrag zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Stadtgemeinde H. davon überzeugt gewesen seien, dass das Grundstück Nr. 12 lastenfrei sei, weshalb es keinen Grund gegeben habe, dieses Grundstück im Rahmen eines Übergabevertrages nicht in Besitz zu nehmen.
Während der Zweitmitbeteiligte und die Drittmitbeteiligte die vollständige Behebung der sie betreffenden Bescheide beantragten, enthält das Berufungsbegehren des Erstmitbeteiligten alternativ den Antrag, den Bescheid in Richtung Minimierung der Sanierungsmaßnahmen abzuändern.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (LVwG) vom 31. Juli 2014 wurden die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den LH zurückverwiesen.
Das LVwG sprach aus, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.
In der Begründung bejahte das LVwG die Haftung der Mitbeteiligten, kam aber zu dem Ergebnis, dass sich die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Vorschreibung der konkret erforderlichen Sanierungsmaßnahmen als mangelhaft erwiesen. Dazu führte das LVwG aus, Grundlage für die angeordneten Maßnahmen sei allein eine "gemeinsame Stellungnahme der anwesenden Amtssachverständigen". Schon der Umstand, dass sich aus dieser Stellungnahme nicht erschließen lasse, ob die anwesenden Sachverständigen jeder für sich die Verantwortung für den gesamten Text ihrer "gemeinsamen" Stellungnahme übernehmen oder nur für einen Teilaspekt, lasse diese Stellungnahme als Gutachten mangelhaft erscheinen.
Was die Befundaufnahme durch "die anwesenden Amtssachverständigen" anbelange, sei aus der Stellungnahme nur ein pauschaler Verweis auf "durch Untersuchungen nachgewiesene erhebliche Umweltgefährdungen für das Schutzgut Grundwasser" zu ersehen, wobei noch von einem Nachweis von ca. 100.000 µg/l an CKW die Rede sei und auch auf eine Verunreinigung mit Schwermetallen hingewiesen werde. Wie diese Feststellungen getroffen worden seien und inwieweit sie sich auf die jeweils in Rede stehenden Grundstücke bezögen, sei aus dem Gutachten/der Stellungnahme nicht zu ersehen.
In der Folge würden die notwendigen Sanierungsmaßnahmen "festgelegt", ohne dass eine nähere Begründung die Schlussfolgerungen nachvollziehbar mache. Warum z.B. die Amtssachverständigen von einem Sanierungsgrenzwert 3,0 mg/kg TM POX ausgingen, werde aus dem Gutachten nicht verständlich. Zweifelhaft sei auch, was mit dem "Stand der Technik" hinsichtlich des zu errichtenden Sanierungsbrunnens gemeint sei.
Angesichts der Äußerung des Amtssachverständigen für Altlasten und Verdachtsflächen vom 18. Mai 2010, wonach es für die tatsächliche Umsetzung einer Sanierungsvariante eines Sanierungsprojektes bedürfe, erscheine zweifelhaft, ob die Vorgabe eines "ausreichend dimensionierten Aktivkohlefilters inkl. nachgeschaltetem Polizeifilter" dem Konkretisierungsgebot entspreche. Mangels nachvollziehbarer Begründung lasse sich dies jedenfalls aus der vorliegenden Stellungnahme nicht ableiten.
Sei schon die Sanierungsfrist bis 30. Dezember 2011 mit dem bloßen Hinweis auf "Planung, Ausführung und Umsetzung" nicht vollständig nachvollziehbar, fehle für die Dauer des Betriebs der Reinigungsanlage, welche bis zum 30. Dezember 2020 reichen solle, jegliche Begründung.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb bezüglich des Verpflichtungsumfangs (hinsichtlich der Reinigungsanlage) eine Differenzierung zwischen den (damaligen) Grundstücken des Erstmitbeteiligten im Verhältnis zum Grundstück des Zweitmitbeteiligten und der Drittmitbeteiligten erfolgt sei; zumindest könne dem Gutachten Derartiges nicht entnommen werden. Der Umstand, dass die Reinigungsanlage auf dem Grundstück des Erstmitbeteiligten errichtet werden solle, sei jedenfalls keine taugliche Begründung dafür, weshalb der Zweitmitbeteiligte und die Drittmitbeteiligte nicht an diesen Maßnahmen beteiligt werden sollten.
Zusammenfassend ergebe sich, dass die behördliche Entscheidung nicht durch ein dem § 52 AVG entsprechendes Gutachten abgesichert sei, somit eine taugliche Entscheidungsgrundlage nicht vorliege.
Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass die notwendige Ermittlung des Sachverhaltes durch die Verwaltungsbehörde mit höheren Kosten oder mit einer längeren Verfahrensdauer verbunden wäre, als wenn das Gericht dies selbst durchführte. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG für eine obligatorische Sachentscheidung durch das Gericht seien daher nicht erfüllt. Dieses könne daher von der ihm durch § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Befugnis Gebrauch machen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision des LH, in der die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird.
Zur Zulässigkeit der Revision bringt der LH vor, das LVwG habe den angefochtenen Bescheid ausschließlich wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlung bzw. Mängeln in den Sachverständigengutachten aufgehoben. Die Beschwerde gegen die Bescheide habe sich jedoch ausschließlich dagegen gerichtet, dass die Revisionswerber als Verpflichtete herangezogen worden seien. Auf das Ermittlungsverfahren hinsichtlich der vorzuschreibenden Maßnahmen bzw. die Sachverständigengutachten werde in den Beschwerden mit keinem Wort eingegangen, sodass diese sicherlich nicht vom Umfang der Anfechtung umfasst seien. Dadurch, dass das LVwG seine Aufhebung jedoch auf mangelnde Sachverhaltsermittlung bzw. mangelhafte Gutachten stütze, verstoße es eindeutig gegen § 27 VwGVG. Auch eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung existiere noch nicht, sodass schon aus diesem Grund die Revision zuzulassen gewesen sei.
Weiters habe das LVwG die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den LH zurückverwiesen. Eine solche Zurückverweisung stelle die Ausnahme von der Regel dar, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich meritorisch zu entscheiden habe. Von Ausnahmen sei nur restriktiv Gebrauch zu machen. Das LVwG habe zwar mangelnde Sachverhaltsermittlung behauptet, in seiner Begründung führe es jedoch lediglich aus, dass einzelne vorgeschriebene Maßnahmen nicht ausreichend konkretisiert bzw. begründet seien. Eine solche Konkretisierung bzw. Ergänzung der Begründung wäre jedoch durch das LVwG ohne besonderen Aufwand zu ergänzen gewesen. Ebenso die Gewährung des Parteiengehörs. Auch in dieser Hinsicht verstoße die Entscheidung gegen die "herrschende Judikatur".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Revision ist zulässig und auch begründet.
Der Revisionswerber vertritt die Auffassung, das LVwG sei nicht befugt gewesen, die Bescheide des LH wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens aufzuheben, weil die mitbeteiligten Parteien in ihrer Berufung ausschließlich die Frage ihrer Haftung, nicht aber eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens geltend gemacht hätten.
Der vorliegende Fall ist ein "Übergangsfall". Die mitbeteiligten Parteien haben gegen die Bescheide des LH Berufung erhoben. Da der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bis zum 31. Dezember 2013 über diese Berufungen nicht entschied, ging die Zuständigkeit zur Weiterführung des Verfahrens nach Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das LVwG über.
In einem Übergangsfall können allfällige, sich aus dem VwGVG ergebende Einschränkungen hinsichtlich des Prüfungsumfanges und der Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes, die an Verfahrenshandlungen anknüpfen, die vor Inkrafttreten des VwGVG gesetzt wurden, nicht ohne weiteres zum Tragen kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087). Es braucht aber nicht näher untersucht werden, inwieweit § 27 VwGVG in Übergangsfällen zur Anwendung kommt. Selbst wenn er uneingeschränkt anwendbar wäre, führte dies nicht zu einer Beschränkung der Prüfungsbefugnis des LVwG auf die Haftungsfrage.
§ 27 VwGVG lautet:
"Prüfungsumfang
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Nach § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (Z 3) und das Begehren (Z 4) zu enthalten.
Durch den Verweis auf § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 ordnet § 27 VwGVG an, dass das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid an Hand der Beschwerdegründe und des Beschwerdeantrages (Begehren) zu prüfen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, grundsätzliche Aussagen zur Auslegung des § 27 VwGVG gemacht. Sie können wie folgt zusammengefasst werden:
Eine Auslegung des § 27 VwGVG dahingehend, dass die Prüfbefugnis der Verwaltungsgerichte jedenfalls stark eingeschränkt zu verstehen wäre, ist unzutreffend. Von einem Beschwerdeführer kann nicht erwartet werden, dass er in seiner Beschwerde sämtliche rechtlichen Angriffspunkte aufzeigt. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Prüfungsumfang ausschließlich an das Vorbringen des Beschwerdeführers binden wollte. Die Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte ist aber keine unbegrenzte. Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis ist die "Sache" des bekämpften Bescheides. Dieser Rahmen wird in den Fällen einer Trennbarkeit der behördlichen Entscheidung weiter eingeschränkt, wenn in der Beschwerde von mehreren trennbaren Absprüchen nur ein Teil bekämpft wird. Dies gilt auch für den Fall, dass die Behörde zur Erlassung eines der trennbaren Bescheidsprüche unzuständig war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2014, 2013/07/0270). Innerhalb des so eingeschränkten Prüfungsumfanges findet noch einmal eine weitere Beschränkung insofern statt, als Parteibeschwerden im Sinn des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG nur insoweit zu prüfen sind, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, und vom 27. August 2014, Ro 2014/05/0062). Das Verwaltungsgericht kann daher etwa nicht auf Grund der Beschwerde einer auf bestimmte subjektive Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vornehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2010, 2010/06/0262). Zu beachten ist vom Verwaltungsgericht auch ein (Teil‑)Verlust der Parteistellung. In diesem Rahmen, der sich im Einzelfall jeweils aus dem Zusammenwirken von verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Normen ergibt, ist das Verwaltungsgericht auch befugt, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die in der Beschwerde nicht vorgebracht wurden.
Sache der vor dem LVwG angefochtenen Bescheide war jeweils die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 31 Abs. 4 WRG 1959. Die Beschwerdeführer sind die Adressaten dieser wasserpolizeilichen Aufträge; ihre Parteistellung in Bezug auf die ihnen erteilten Aufträge ist nicht beschränkt. Die wasserpolizeilichen Aufträge stellen auch jeder für sich eine untrennbare Einheit dar. Sie können nicht in einen Teil, der die Haftung ausspricht, und einen Teil, der die konkreten Maßnahmen festlegt, aufgespalten werden. Der Umstand allein, dass die mitbeteiligten Parteien in den Berufungen nicht ausdrücklich eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens der Behörde oder eine mangelnde Konkretisierung der ihnen erteilten Aufträge geltend gemacht haben, hinderte daher das LVwG nicht, allfällige Mängel des Ermittlungsverfahrens aufzugreifen, die nicht die Haftungsfrage, sondern die Vorschreibung der Maßnahmen betrafen.
Als zweite Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist zu klären, ob das LVwG die Bescheide aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an den LH zurückverweisen durfte.
§ 28 VwGVG lautet auszugsweise:
"Erkenntnisse
§ 28. (1) ...
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
- 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
- 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neue Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, folgende grundlegende Aussagen zur Zurückverweisung nach § 28 VwGVG getroffen:
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Diese Voraussetzungen für eine Zurückverweisung sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom LVwG gerügten Mängel überhaupt vorliegen. So ist etwa in der Erstellung gemeinsamer Gutachten grundsätzlich kein Mangel zu erblicken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2012, 2009/05/0235, u.a.). Auch ist es zulässig, dass Sachverständige ihren Gutachten Befunde zugrunde legen, die nicht von ihnen selbst erstellt wurde (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 828, angeführte Rechtsprechung). Leistungsfristen wie die hier gegenständliche sind bei Beschwerdeverfahren durch das LVwG neu festzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2014, Ra 2014/07/0011).
Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass dem Ermittlungsverfahren des LH Mängel anhaften, scheinen diese nicht so krass bzw. besonders gravierend, dass sie im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, eine Zurückverweisung an die Behörde rechtfertigten. Weder hat der LH jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen noch zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt. Selbst wenn man in den vom LVwG angesprochenen Punkten Mängel des Ermittlungsverfahrens bzw. der Sachverständigengutachten sehen wollte, berechtigte das allein das LVwG noch nicht zur Zurückverweisung. Die fraglichen Punkte hätten vom LVwG durch Ergänzung der Gutachten bzw. Befragung der Sachverständigen bereinigt werden können.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Beschluss als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Antrag der Revisionswerberin auf Aufwandersatz war zurückzuweisen, weil nach § 47 Abs. 4 VwGG in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 2 bis 4 und Abs. 8 B-VG der Revisionswerber und der Rechtsträger im Sinne des Abs. 5 keinen Anspruch auf Aufwandersatz haben.
Wien, am 26. März 2015
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