VwGH Ro 2014/05/0064

VwGHRo 2014/05/006427.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der S W in W, vertreten durch Dr. Markus Bernhauser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 24. Juni 2014, Zl. VGW-142/V/052/7607/2014-4, betreffend Wohnbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art151 Abs51 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §63 Abs1;
VwGG §63;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §20 Abs1;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §60 Abs1;
B-VG Art151 Abs51 Z8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §63 Abs1;
VwGG §63;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §20 Abs1;
Wohnbauförderungs- und WohnhaussanierungsG Wr 1989 §60 Abs1;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) vom 22. Jänner 2013 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom 14. November 2012 auf Gewährung von Wohnbeihilfe gemäß den §§ 20 bis 25 "bzw." §§ 60 bis 61a Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz - WWFSG 1989 und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. Nr. 32/1989, abgewiesen. Dazu führte der Magistrat unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 WWFSG 1989 aus, dass der Mieterin bzw. dem Mieter einer Wohnung, wenn sie bzw. er durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet werde, auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren sei, sofern sie bzw. er und die mit ihr bzw. ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendeten. Da der Revisionswerberin und deren Ehegatten zwei Wohnsitze zur Verfügung stünden, sei der Antrag abzuweisen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Revisionswerberin vor, sie habe niemals behauptet, dass ihrem Ehegatten und ihr zwei Wohnsitze zur Verfügung stünden. Sie wohne mit ihren fünf Kindern in der Wohnung (in Wien), für die sie Wohnbeihilfe beantragt habe. Ihr Ehegatte wohne zurzeit im Ausland bei seiner Mutter und warte auf eine Niederlassungsbewilligung für Österreich. Der Revisionswerberin und deren Kindern stehe kein anderer Wohnsitz zur Verfügung.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (im Folgenden: UVS) vom 3. Juni 2013 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Dazu führte der UVS aus, dass die Revisionswerberin am 13. September 2005 in Wien mit Y. die Ehe geschlossen habe, die nach wie vor aufrecht sei. Eine der Grundvoraussetzungen für die Gewährung von Wohnbeihilfe gemäß § 20 Abs. 1 bzw. § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 sei, dass der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich die (antragsgegenständliche) Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendeten. In diesem Zusammenhang sei auf § 90 ABGB hinzuweisen, wonach die Ehegatten zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, verpflichtet seien. "Da für geordnete Zeiten die Einhaltung der Rechtsvorschriften unterstellt werden kann", zeige § 90 ABGB auf, dass jeder der Ehegatten auch in der Wohnung des anderen seinen Wohnsitz nehmen könne. Wenn eine Ehe in zweifelsfreier Kenntnis der Brautleute darüber geschlossen werde, dass diese ihre Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen auf Grund von in ihrer Person begründeten rechtlichen Hindernissen nicht uneingeschränkt erfüllen könnten, so könnten die sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht durch die Gewährung von Wohnbeihilfe kompensiert werden, zumal eine allfällige, für die Eheleute aus einer von ihnen freiwillig herbeigeführten Situation entstehende Belastung durch den Wohnungsaufwand nicht als unzumutbar im Sinne des § 20 Abs. 1 bzw. § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 angesehen werden könne. Dies gehe bereits aus § 27 Abs. 1 leg. cit. hervor, wonach zur Ermittlung des Haushaltseinkommens inländische Einkommensnachweise erforderlich seien, welche bei der gegebenen Konstellation nicht von beiden Eheleuten erbracht werden könnten. Daraus sei zu schließen, dass der Gesetzgeber die gegenwärtige Familiensituation der Revisionswerberin von vornherein nicht als für die Gewährung von Wohnbeihilfe tauglich erachtet habe.

Da im hier zu beurteilenden Fall eine aufrechte Ehe vorliege und kein Scheidungsverfahren betrieben werde, sei der Ehegatte der Revisionswerberin sowohl nach § 90 ABGB als auch nach der Systematik des WWFSG 1989 dem Haushalt der Revisionswerberin hinzuzurechnen. Der Ehegatte verbringe jedoch lediglich knapp weniger als die Hälfte eines Kalenderjahres bei seiner Familie in der antragsgegenständlichen Wohnung und lebe die restliche Zeit, somit den knapp überwiegenden Teil des Jahres, bei seiner Mutter in Israel. Er sei in Österreich aus rechtlichen Gründen an einem regelmäßigen Erwerbseinkommen gehindert und auch im Ausland nicht in der Lage, für den notwendigen Unterhalt seiner Ehegattin und seiner Kinder zu sorgen. Mangels ausreichender Berufstätigkeit (im Ausland) bedeutete dies, dass er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bei seiner Familie in Österreich aufweise und demnach im Lichte des § 2 Z 13 WWFSG 1989 "bei der Haushaltsgröße für die verfahrensgegenständliche Wohnung" zu berücksichtigen sei.

Da der Ehegatte der Revisionswerberin nicht nur die antragsgegenständliche Wohnung in Wien, sondern auch den Wohnsitz seiner Mutter im Ausland zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig und wiederkehrend verwende, mangle es auch an der von der erstinstanzlichen Behörde beurteilten Grundvoraussetzung des § 20 Abs. 1 WWFSG 1989 und des § 60 Abs. 1 leg. cit. für die Gewährung von Wohnbeihilfe, sodass deren Zuerkennung an die Revisionswerberin derzeit ausgeschlossen sei.

Dieser Bescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2013/05/0184, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof (u.a.) aus, die für die Gewährung von Wohnbeihilfe nach dem WWFSG 1989 wesentliche Voraussetzung, dass der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich die Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendeten, sei nicht erfüllt, wenn deren Wohnbedürfnis auch in einer anderen zur Verfügung stehenden Wohnung "gehörig" befriedigt werden könne. Hiebei genüge es jedoch nicht, dass eine andere Wohnung überhaupt vorhanden sei. Vielmehr müsse die Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses in dieser anderen Wohnung nicht nur tatsächlich möglich, sondern dem Beihilfenwerber auch zumutbar sein. Mit der Frage, ob der Revisionswerberin und deren fünf Kindern, die ihrem Vorbringen zufolge seit Jahren in Österreich lebten, im Ausland tatsächlich eine zweite Wohnung zur Verfügung stehe und, zutreffendenfalls, ob deren dringendes Wohnbedürfnis gehörig in dieser anderen Wohnung befriedigt werden könnte sowie ihnen eine Übersiedlung dorthin zumutbar wäre, habe sich der UVS nicht auseinandergesetzt. Da somit in Bezug auf diese Frage keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden seien, erweise sich der angefochtene Bescheid bereits deshalb als rechtswidrig.

Darüber hinaus sei auch die Argumentation des UVS mit dem Hinweis auf § 90 ABGB verfehlt, weil aus der Verpflichtung zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zur gemeinsamen Wohnung, noch nicht abgeleitet werden könne, dass einem Ehegatten - bei getrennten Wohnsitzen des Ehepaars - tatsächlich der Wohnsitz des anderen zur Verfügung stehe, zumal das Vorliegen eines Wohnsitzes nicht zwangsläufig bedeute, dass mit dem Wohnsitz auch die Verfügungsberechtigung über eine Wohnung verbunden sei.

Aber selbst wenn man von der Annahme ausginge, dass die Revisionswerberin mit den fünf minderjährigen Kindern einen Anspruch darauf hätte, bei ihrem Ehegatten in Israel in der Wohnung dessen Mutter zu wohnen, könnte dies die Rechtsauffassung des UVS auch deshalb nicht stützen, weil ein allfälliger fiktiver Anspruch auf Beistellung einer Wohnmöglichkeit noch nicht bewirke, dass damit der Wohnbedarf gedeckt sei und dem Anspruchsberechtigten eine Wohnmöglichkeit tatsächlich zur Verfügung stehe, zumal eine Realisierung dieses Anspruches an nicht vom Anspruchsberechtigten zu vertretenden tatsächlichen oder rechtlichen Umständen scheitern könnte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die als Beschwerde zu wertende Berufung (vgl. Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG) gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis für zulässig erklärt.

Dazu führte das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes und des genannten Vorerkenntnisses im Wesentlichen aus, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb in dem genannten Erkenntnis der wesentliche Inhalt des angefochtenen Bescheides zur Gänze ausgeblendet werde. In diesem Zusammenhang sei daher mit Nachdruck zu betonen, dass die Entscheidung nicht auf die Frage reduziert werden könne, inwieweit die Revisionswerberin an der Erfüllung ihrer aus § 90 ABGB resultierenden Verpflichtungen gehindert sei. Vielmehr sei wesentliche Voraussetzung für die Gewährung von Wohnbeihilfe, dass der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich die (antragsgegenständliche) Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendeten. Wenngleich der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur wesentliche Grundsätze des ABGB und die Intentionen des Landesgesetzgebers in Bezug auf Ansprüche auf Wohnbeihilfe relativiere,

"muss im vorliegenden Fall nochmals auf die grundlegende, auch einer modernen Lebensauffassung entsprechende, in der Gesellschaftsordnung verwurzelte Anordnung des § 90 ABGB hingewiesen werden, deren selbstverständliche Bedeutung auch in der Bestimmung des § 2 Z 11 WWFSG 1989 zum Ausdruck kommt, in welcher vorrangig der Ehegatte als nahestehende Person definiert wird".

Im hier zu beurteilenden Fall wäre daher der Ehegatte der Revisionswerberin nur dann nicht deren Haushalt hinzuzurechnen, wenn er keinerlei Bezugspunkte zu seiner in der antragsgegenständlichen Wohnung lebenden Familie, bestehend aus seiner Ehegattin und den drei gemeinsamen Kindern, aufwiese. Tatsächlich sei jedoch das Gegenteil der Fall, sei doch der Mittelpunkt der Lebensinteressen durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Für jeden vernünftig denkenden Menschen liege auf der Hand, dass der Schwerpunkt der persönlichen Beziehungen - solange nicht das Gegenteil behauptet und nachgewiesen werde - bei der "Gegenwartsfamilie" (hier bestehend aus der Ehegattin und drei gemeinsamen Kindern) und nicht etwa bei einem Teil der "Herkunftsfamilie" liege. Nochmals sei darauf hinzuweisen, dass Y. unbestrittenermaßen nicht in der Lage sei, für den notwendigen Unterhalt seiner Ehegattin und seiner Kinder zu sorgen, sodass mangels relevanter wirtschaftlicher Bindungen jedenfalls vom Mittelpunkt der Lebensinteressen des Ehegatten der Revisionswerberin bei der gemeinsamen Familie auszugehen sei. Den Angaben der Revisionswerberin über den Aufenthalt ihres Ehegatten in der antragsgegenständlichen Wohnung für zumindest fünf Monate im Kalenderjahr habe Glauben geschenkt werden können. Zusätzlich sei darauf hinzuweisen, dass Y. nunmehr seit 2. Juli 2013 in dieser Wohnung seinen Hauptwohnsitz aufweise, woraus hervorgehe, dass die Wahl des Aufenthaltsortes in dieser Wohnung keine Provisorialmaßnahme dargestellt habe und dieser Ort somit im Zusammenhalt mit allen anderen Umständen den Mittelpunkt dessen Lebensinteressen gebildet habe. Dieser habe somit stets den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in der Wohnung seiner Ehegattin gehabt, wie dies im Übrigen auch durch den wenige Monate nach dem verfahrensgegenständlichen Antrag erfolgten endgültigen Zuzug und nunmehrigen dauerhaften, ununterbrochenen Aufenthalt des Y. in dieser Wohnung dokumentiert sei.

"Im Lichte all dieser Ausführungen ist somit auf Basis der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur und aller relevanter gesetzlicher Bestimmungen, vor allem auch jener des § 2 Z 13 WWFSG 1989, erwiesen, dass der dem Haushalt der (Revisionswerberin) hinzuzählende Ehegatte der (Revisionswerberin) zur Zeit der Antragstellung nicht nur die verfahrensgegenständliche Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendete. Dies bedeutet somit zwingend, dass es schon aufgrund der Lebensumstände des haushaltszugehörigen Ehegatten der (Revisionswerberin) der von der Behörde herangezogenen Grundvoraussetzung des § 20 Abs. 1 WWFSG 1989 und § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 im Ergebnis jedenfalls ermangelte, sodass die Zuerkennung einer Wohnbeihilfe an die (Revisionswerberin) aufgrund des Antrages vom 14.11.2012 nach wie vor ausgeschlossen ist, wobei an dieser Konsequenz auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes von 08.04.2014, Zl. 2013/05/0184-5, nichts ändert, zumal sich dieses höchstgerichtliche Erkenntnis mit den nunmehr ausführlich dargelegten verfahrenswesentlichen Umständen in keiner Weise auseinandergesetzt hatte".

Demnach stehe die nunmehrige Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in keinem Spannungsverhältnis zu § 63 Abs. 1 VwGG.

"Dazu bleibt - ohne Eingehen auf sonst allfällig drohende Rechtsfolgen - festzuhalten, dass es dem Verwaltungsgericht Wien angesichts der eindeutigen Sach- und Rechtslage verwehrt ist, eine andere Entscheidung zu treffen, und sich an diesem Umstand auch in Hinkunft nichts ändern kann. Da sich die nunmehrige Entscheidung jedoch gegen den Spruch des zitierten Erkenntnisses vom 08.04.2014, Zl. 2013/05/0184-5, stellen muss, war konsequenterweise auszusprechen, dass dagegen gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Auf Basis dessen erwächst der (Revisionswerberin) aus dieser Entscheidung auch keinerlei Rechtsnachteil, zumal ihr der weitere Weg zu den Höchstgerichten ungehindert offen steht. Dabei war gegenwärtig noch nicht zu beurteilen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ausschließlich deshalb vorliegen kann, weil sich eine Einzelentscheidung eines Höchstgerichtes in einem Teilbereich gegen die ständige Judikatur desselben Gerichtes in allen übrigen Bereichen stellt. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass aufgrund der besonderen Konstellation dieses Falles in weiterer Konsequenz zwingend ein Anwendungsfall des § 42 Abs. 4 VwGG vorliegen müsste, zumal der maßgebliche Sachverhalt unstrittig feststeht. Der Vollständigkeit halber wird schließlich bemerkt, dass sich obige Ausführungen in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitraum bis einschließlich Juni 2013 beschränken können, da die (Revisionswerberin) am 04.07.2013 einen neuerlichen Antrag auf Gewährung von Wohnbeihilfe stellte, über welchen seitens der Behörde bereits abgesprochen wurde".

Die ordentliche Revision sei daher zulässig, weil sich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes gegen das genannte Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes habe stellen müssen.

Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu möge der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden.

Der Magistrat erstattete eine Revisionsbeantwortung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision, die (u.a.) vorbringt, dass das angefochtene Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche, ist im Hinblick darauf, dass sich dieses - wie das Verwaltungsgericht in der Begründung seiner Revisionszulassung gemäß § 25a VwGG selbst ausführt - gegen das oben genannte Vorerkenntnis, Zl. 2013/05/0184, stellt, zulässig und auch berechtigt.

Bei Erlassung des genannten Vorerkenntnisses hat der Verwaltungsgerichtshof das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz - WWFSG 1989, LGBl. Nr. 18, idF LGBl. Nr. 23/2011 angewendet. Bis zur Erlassung des vorliegend angefochtenen Erkenntnisses wurde das WWFSG 1989 (lediglich) durch das - am 1. Jänner 2014 in Kraft getretene - LGBl. Nr. 35/2013 geändert, womit den Parteien das Recht eingeräumt wurde, gegen Bescheide des Magistrats eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht zu erheben (§ 28 Abs. 3 zweiter Satz und § 55 Abs. 3 zweiter Satz). Für die Beurteilung der materiellrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs der Revisionswerberin auf Gewährung von Wohnbeihilfe ist daher insoweit für das Verwaltungsgericht, das seiner Entscheidung die in diesem Zeitpunkt maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen hatte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2015, Ro 2015/05/0019, mwN), keine Änderung der Rechtslage eingetreten.

§ 20 Abs. 1 und § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 in der bei Erlassung des vorliegend angefochtenen Erkenntnisses geltenden Fassung lauten:

"Wohnbeihilfe

§ 20. (1) Wird der Mieter einer Wohnung, deren Errichtung im Sinne des I. Hauptstückes gefördert wurde, durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern er und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden."

"Allgemeine Wohnbeihilfe

§ 60. (1) Wird der Mieter einer nicht nach §§ 20 ff geförderten Wohnung durch den Wohnungsaufwand unzumutbar belastet, ist ihm auf Antrag mit Bescheid Wohnbeihilfe zu gewähren, sofern der Mieter und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen ausschließlich diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwenden. Die Nutzflächeneinschränkung im Sinne des § 2 Z 1 ist nicht anzuwenden."

Das Verwaltungsgericht begründete im angefochtenen Erkenntnis seine Auffassung, dass die Revisionswerberin keinen Anspruch auf Gewährung von Wohnbeihilfe habe, im Wesentlichen damit, dass ihr Ehegatte Y., der seinen Aufenthalt in der antragsgegenständlichen Wohnung für zumindest fünf Monate im Kalenderjahr gehabt habe, stets den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in dieser Wohnung seiner Ehegattin aufgewiesen habe. Da er im Zeitpunkt der Antragstellung der Revisionswerberin nicht nur die verfahrensgegenständliche Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendet habe, sei bereits auf Grund der Lebensumstände des haushaltszugehörigen Ehegatten der Revisionswerberin die vom Magistrat herangezogene Grundvoraussetzung des § 20 Abs. 1 und § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 im Ergebnis nicht erfüllt, sodass die Zuerkennung von Wohnbeihilfe "nach wie vor" ausgeschlossen sei.

Mit diesen Ausführungen geht das Verwaltungsgericht offenbar von der Rechtsansicht aus, dass der Anspruch auf Gewährung von Wohnbeihilfe bereits dann ausgeschlossen sei, wenn ein dem Beihilfenwerber nahestehender, mit diesem im gemeinsamen Haushalt lebender Angehöriger über eine andere Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses verfügt bzw. diese verwendet, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Wohnung auch dem Beihilfenwerber zur Verfügung steht bzw. ihm ihre Benützung zumutbar ist. Dass etwa auf Grund eines bestimmten Haushaltseinkommens bzw. einer bestimmten Wohnnutzfläche kein Anspruch der Revisionswerberin auf Wohnbeihilfe bestünde, geht aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht hervor. Im Übrigen ergibt sich Derartiges auch nicht aus dem mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigten erstinstanzlichen Bescheid, in dem die Antragsabweisung damit begründet wurde, dass der Revisionswerberin und deren Ehegatten zwei Wohnsitze zur Verfügung stünden.

Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 sind dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 stattgegeben hat, die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtzustand herzustellen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. März 2014, Zl. 2013/05/0137, mwN).

Bei der Erlassung des Ersatzbescheides sind die Verwaltungsbehörden somit an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden; eine Ausnahme bildet der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage. Erfolgte die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides, weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die für die Beurteilung des Rechtsfalles wesentlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen, so besteht die Herstellung des der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustandes darin, dass die belangte Behörde jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchführt und die Feststellungen trifft, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgebenden Sachverhaltes ermöglichen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 2015, Zl. 2013/04/0073, mwN).

Diese Bindungswirkung nach § 63 VwGG bezieht sich auch auf einen Übergangsfall im Sinne des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG. Die Bindungswirkung ist nämlich für einen konkreten Fall normiert, und es kann kein Zweifel bestehen, dass dieser konkrete Fall, der hier zur Weiterführung des Verfahrens im Sinne des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG durch das Verwaltungsgericht geführt hat, jener ist, der dem genannten Vorerkenntnis, Zl. 2013/05/0184, zugrunde gelegen ist (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/09/0003, mwN).

Gegen diese Bindungswirkung hat das Verwaltungsgericht mit dem vorliegend angefochtenen Erkenntnis, in dem es selbst anführt, sich gegen das genannte Vorerkenntnis zu stellen, verstoßen.

Aus § 20 Abs. 1 und § 60 Abs. 1 WWFSG 1989 kann nicht abgeleitet werden, dass bereits dann, wenn (lediglich) einer mit dem Beihilfenwerber im gemeinsamen Haushalt lebenden Person auch eine andere Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses zur Verfügung steht, ohne dass es darauf ankäme, ob die Benützung dieser anderen Wohnung dem Beihilfenwerber möglich und zumutbar ist, für diesen ein Anspruch auf Wohnbeihilfe ausgeschlossen ist.

Da somit das Verwaltungsgericht unter Missachtung der sich aus § 63 Abs. 1 VwGG ergebenden Bindungswirkung des aufhebenden Vorerkenntnisses, Zl. 2013/05/0184, die darin geäußerte Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes nicht beachtet hat, war das angefochtene Erkenntnis - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von einer meritorischen Erledigung im Sinne des § 42 Abs. 4 VwGG wurde Abstand genommen, weil die Sache noch nicht entscheidungsreif ist.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG konnte von der Durchführung der von der Revisionswerberin beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil die angesprochene Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist.

Wien, am 27. Jänner 2016

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