VwGH Ra 2015/05/0017

VwGHRa 2015/05/001719.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Gemeindevorstandes der Gemeinde B, vertreten durch Nistelberger & Parz Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bräunerstraße 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 28. Jänner 2015, Zl. LVwG-AV-560/001-2014, betreffend Aufhebung eines baubehördlichen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auf Grund von Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (Mitbeteiligte: 1. A H und 2. A H beide in B; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauRallg;
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28 Abs4;
VwRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §48;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z2;
BauRallg;
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach Art. 133 Abs. 9 B-VG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - in seiner Entscheidung ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 28. April 2015, Ra 2015/05/0019, mwN).

Im Rahmen der Ausführungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bringt die Revision (im Punkt 3.3.) vor, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: LVG) sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 2 Z 2 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: BauO) abgewichen, indem es den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht gewährt habe, obwohl diesen nach dieser Gesetzesbestimmung kein Schutz vor Immissionen zukomme, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken ergäben. Zur Benützung eines Wohngebäudes zähle auch das Zubehör, wie die Heizung. Auch in § 6 der NÖ Bauordnung 2014 sei am genannten Einwendungsausschluss festgehalten worden. Hier gehe es um die nachträgliche Bewilligung eines Zentralheizungsrauchfanges in einem bestehenden Wohngebäude im Bauland-Kerngebiet, weshalb die vom LVG herangezogenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, weil diese zu anderen Sachverhalten ergangen seien, nicht maßgeblich seien.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Das LVG hatte seine Entscheidung an der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076, und vom 29. Jänner 2015, Ro 2014/07/0105). Es hat daher zutreffend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung - vor Inkrafttreten der NÖ Bauordnung 2014 - zugrunde gelegt.

Die §§ 6 und 48 BauO idF LGBl. Nr. 8200-23 lauten (auszugsweise):

"§ 6

Parteien, Nachbarn und Beteiligte

(1) In Baubewilligungsverfahren ... haben Parteistellung:

...

3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und

...

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

...

(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

...

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,

gewährleisten ...

..."

"§ 48

Immissionsschutz

(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen

  1. 1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden;
  2. 2. Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen.

(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."

Die in § 48 BauO getroffene Immissionsschutzregelung räumt einem Nachbarn gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 leg. cit., soweit es nicht um Immissionen aus der Nutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen geht, das subjektiv-öffentliche Recht ein, dass von einem Bauwerk oder dessen Benützung keine Emissionen ausgehen, die das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährden oder Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung örtlich unzumutbar belästigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 99/05/0049).

Im vorliegend angefochtenen Beschluss hat das LVG auf die von den Mitbeteiligten in der Bauverhandlung erhobenen Einwendungen, worin von einer massiven Belastung durch Abgase und ein hochfrequentes, gesundheitsschädliches Geräusch die Rede war, darauf hingewiesen, dass damit die Mitbeteiligten vorgebracht hätten, dass zumindest durch die Benützung des Schornsteins besondere, über das in der vorliegenden Widmungskategorie Bauland-Kerngebiet übliche Ausmaß hinausgehende Abgas- und Lärmimmissionen hervorgerufen würden. Das LVG ging damit implizit zutreffend davon aus, dass damit Immissionen geltend gemacht wurden, die nicht typischerweise mit einer Wohnungsnutzung im Sinne des § 6 Abs. 2 Z 2 BauO verbunden wird.

Mit dem oben wiedergegebenen Revisionsvorbringen zeigt die revisionswerbende Partei somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 19. Mai 2015

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