VwGH Ro 2015/03/0028

VwGHRo 2015/03/00289.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. Februar 2015, Zl LVwG-550304/21/BR, betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in einer Angelegenheit betreffend die Entziehung der Jagdkarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmann Linz-Land; mitbeteiligte Partei: F H in E, vertreten durch Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Franz Lichtl, Dr. Christoph Huber und Mag. Christian Eilmsteiner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 50/IV, Eingang Magazingasse), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art132 Abs1 Z2 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs6 Z3 idF 2012/I/051;
VwGG §33 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs3;
VwGG §58 Abs2;
VwRallg;
B-VG Art131 Abs2;
B-VG Art132 Abs1 Z2 idF 2012/I/051;
B-VG Art133 Abs6 Z3 idF 2012/I/051;
VwGG §33 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs3;
VwGG §58 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Antrag der mitbeteiligen Partei auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 19. Mai 2014 wurde der mitbeteiligten Partei die dieser von der Bezirkshauptmannschaft Perg am 25. Juni 2004 ausgestellte Jagdkarte für Oberösterreich gemäß § 38 Abs 1 iVm § 40 des Oö Jagdgesetzes, LGBl Nr 32/1964 in der geltenden Fassung (JG), entzogen; die mitbeteiligte Partei wurde darauf hingewiesen, dass die Jagdkarte bei der Behörde abzuliefern sei (Spruchpunkt I.). Ferner wurde unter Spruchpunkt II. die aufschiebende Wirkung einer allfällig dagegen gerichteten Berufung (gemeint offenbar: Beschwerde) ausgeschlossen.

1.2. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 18. August 2014, LVwG-550304/5/BR/TK, wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei stattgegeben und der Entzug der Jagdkarte aufgehoben (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig ausgesprochen, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision unzulässig sei (Spruchpunkt II.).

1.3. Gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) vom 18. August 2014 erhob die BH eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040, der Revision Folge gab und das eben erwähnte Erkenntnis des LVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob.

2.1. Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens stellte die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom 30. Jänner 2015 (unter anderem) den Antrag, ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der BH vom 19. Mai 2014 - entgegen des Spruchpunktes II. des genannten Bescheides - die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das LVwG dem Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 31 iVm § 22 Abs 3 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl I Nr 33/2013 (VwGVG), statt und erkannte der Beschwerde gegen den Bescheid der BH die aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt I.). Ferner wurde im angefochtenen Beschluss ausgesprochen, dass gegen diesen Beschluss die Erhebung einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Beschluss erhob die BH fristgerecht Revision an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag, den Beschluss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; ein Kostenersatzbegehren wurde (im Einklang mit § 47 Abs 5 VwGVG) nicht gestellt. Die Revision langte am 16. März 2015 beim LVwG ein.

2.3. Mit Schreiben vom 15. Juni 2015 legte das LVwG dem Verwaltungsgerichtshof die gegenständliche Revision unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens und des Verfahrens vor dem LVwG sowie eine Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei (die ein Kostenersatzbegehren enthält) zur Entscheidung vor.

Überdies wurde vom LVwG ein Erkenntnis vom 30. April 2015 vorgelegt, mit dem durch das LVwG über die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der BH vom 19. Mai 2014 abgesprochen wurde. Mit diesem Erkenntnis wurde der genannte Bescheid der BH (neuerlich) vom LVwG gemäß § 28 Abs 1 VwGVG ersatzlos behoben (Spruchpunkt I.). Ferner wurde vom LVwG ausgesprochen, dass die Erhebung einer ordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis zulässig sei (Spruchpunkt II.).

3. Mit Verfügung vom 6. Juli 2015 forderte der Verwaltungsgerichtshof die revisionswerbende BH auf, binnen einer Frist von zwei Wochen zur Frage Stellung zu nehmen, ob sie hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses durch das zwischenzeitig ergangene Erkenntnis des LVwG (mit dem über die Beschwerde der mitbeteiligten Partei abgesprochen worden ist) klaglos gestellt worden sei. Diese Verfügung wurde der BH nach Ausweis der Akten des Verwaltungsgerichtshofes am 10. Juli 2015 zugestellt, eine Stellungnahme der BH ist nicht erfolgt.

4. Gemäß Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG kann die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben.

Gemäß § 33 Abs 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich der bis zum Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl I Nr 33/2013, maßgeblichen Rechtslage in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass ein bei ihm anhängiges Verfahren auch im Falle einer Amtsbeschwerde bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Erledigung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen ist (vgl VwGH vom 22. Februar 1978, 2887/76 (VwSlg 9495A/1978); VwGH vom 6. April 1987, 97/10/0045 (VwSlg 12.436/A); VwGH vom 23. Juli 2004, 2004/02/0106; VwGH vom 26. April 2010, 2007/01/1186; vgl auch VwGH vom 22. Februar 2002, 2001/02/0140).

Diese Rechtsprechung hat auch für eine Revision gemäß Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes weiterhin Gültigkeit (vgl in diesem Sinne zur vergleichbaren Situation einer auf Art 133 Abs 6 Z 3 B-VG gestützte Revision VwGH vom 19. Dezember 2014, Ro 2014/02/0115; vgl dazu auch VwGH vom 28. April 2015, Ra 2014/02/0023).

Ferner ist das Verfahren über die Revision auch dann einzustellen - und die Revision nicht etwa gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen - wenn der Grund für die Gegenstandslosigkeit der Revision nach Einbringung der Revision, jedoch vor Vorlage der Revision an den Verwaltungsgerichtshof eintritt, da eine Zurückweisung der Revision nur dann in Betracht käme, wenn das rechtliche Interesse an einer meritorischen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof bereits bei Einbringung der Revision beim Verwaltungsgericht nicht mehr gegeben ist (vgl in diesem Sinne neuerlich VwGH vom 19. Dezember 2014, Ro 2014/02/0115).

5. Im Revisionsfall ist durch die meritorische Entscheidung des LVwG vom 30. April 2015 das rechtliche Interesse der revisionswerbenden BH an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision gegen den hier angefochtenen Beschluss, mit dem über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde der mitbeteiligten Partei in der mit Erkenntnis des LVwG vom 30. April 2015 meritorisch erledigten Sache entschieden wurde, weggefallen. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision der BH gegen jenen Beschluss des LVwG, mit dem der Beschwerde der mitbeteiligten Partei die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, würde zu keiner Änderung der Rechtsposition der revisionswerbenden BH führen.

6. Das Verfahren war daher (nach Anhörung der revisionswerbenden BH) in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat einzustellen.

7. Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 47 Abs 3 und § 58 Abs 2 leg cit. Fällt bei einer Revision oder einem Fristsetzungsantrag das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies nach der zuletzt genannten gesetzlichen Bestimmung bei der Entscheidung über die Kosten nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Die in § 47 Abs 3 VwGG getroffene Regelung, wonach Mitbeteiligte "einen Anspruch auf Aufwandersatz" nur "im Fall der Abweisung der Revision" haben, führt daher nicht dazu, dass der vorliegend mitbeteiligten Partei ein Kostenersatz schon deshalb nicht zustehe, weil vorliegend kein Fall der Revisionsabweisung gegeben ist. Dennoch ist ihr Kostenersatzbegehren nicht zielführend:

Im vorliegenden Fall hat das LVwG (wie dargestellt) nach Aufhebung der dem Standpunkt der mitbeteiligten Partei Rechnung tragenden Entscheidung des LVwG vom 18. August 2014 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2014 im fortgesetzten Verfahren auf Antrag der mitbeteiligten Partei deren Beschwerde gegen den für sie ungünstigen Bescheid der BH nach § 22 Abs 3 iVm § 31 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Bei dieser Konstellation durfte das LVwG seine Beurteilung der öffentlichen Interessen an der Umsetzung der verwaltungsbehördlichen Entscheidung bei der Interessenabwägung iSd des § 22 leg cit nicht ohne Einbeziehung des besagten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vornehmen. Aus diesem Erkenntnis ergibt sich, dass das verfahrensgegenständliche von der mitbeteiligten Partei gesetzte (Schuss)Verhalten im Rahmen einer Treibjagd deren Verlässlichkeit iSd § 38 Abs 1 lit a JG jedenfalls ausschließt.

Dies hat das LVwG im Rahmen seiner Bezugnahme auf das besagte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bei seiner Interessenabwägung nicht hinreichend beachtet, wenn es vor allem unter (näher ausgeführtem) Hinweis auf den sich aus § 13 Abs 1 VwGVG ergebenden Grundsatz, dass Bescheidbeschwerden an Verwaltungsgerichte iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG die aufschiebende Wirkung ex lege zukommt, den Interessen der mitbeteiligen Partei an der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gegen den Entzug der Jagdkarte mangels Verlässlichkeit das prävalierende Gewicht zumaß und damit den im verwaltungsbehördlichen Bescheid verfügten Ausschluss dieser aufschiebenden Wirkung revidierte. Von daher wäre die Revision, wäre sie nicht gegenstandslos geworden, nicht abzuweisen gewesen und das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei damit erfolglos geblieben.

Wien, am 9. September 2015

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