Normen
ASchG 1994 §130 Abs1 Z16;
ASchG 1994 §35 Abs1 Z2;
AVG §62 Abs4;
B-VG Art133 Abs4;
KFG 1967 §106 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
ASchG 1994 §130 Abs1 Z16;
ASchG 1994 §35 Abs1 Z2;
AVG §62 Abs4;
B-VG Art133 Abs4;
KFG 1967 §106 Abs2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung abgewiesen, dies mit der Maßgabe, dass der Tatvorwurf wie folgt zu lauten habe:
"Sie haben als Obmann der (L. eGen) und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ zu vertreten, dass Sie nicht Sorge getragen haben, dass am 8. April 2014 der Leasingarbeiter, Herr (C.), bei der Rückfahrt mit dem Nissan Gabelstapler in die Arbeitsstätte in (S.), in der Nähe der Adresse (...), nicht den vorhandenen Sicherheitsgurt verwendet und sohin bei der Benutzung des Arbeitsmittels die geltende Bedienungsanleitung des Herstellers oder Inverkehrbringers nicht eingehalten hat. Bei dem Unfall wurde der Arbeitnehmer unter dem Stapler eingeklemmt und am Brustkorb, am Ellenbogen, am linken Kniegelenk und am linken Unterschenkel verletzt."
Der Revisionswerber habe dadurch § 130 Abs. 1 Z 16 iVm § 35 Abs. 1 Z 2 ASchG verletzt. Über ihn wurde wegen dieser Übertretung gemäß § 130 Abs. 1 Einleitung ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht für zulässig erklärt.
2. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Leasingarbeiter und Staplerfahrer mit Staplerführerschein C. am 8. April 2014 für die Genossenschaft, deren Obmann der Revisionswerber ist, mit einem Gabelstapler eine Palette Ziegel zu einer näher bezeichneten Adresse verbracht habe. Auf der Rückfahrt sei es auf der stark abschüssigen Straße zum Schwanken und Kippen des Gabelstaplers gekommen, wobei der Arbeitnehmer den vorhandenen Sicherheitsgurt nicht verwendet habe und aus dem Führerhaus habe springen wollen. Dabei sei es aber zum Unfall gekommen, wobei der Arbeitnehmer unter dem Stapler eingeklemmt und verletzt worden sei.
Nach der Bedienungsanleitung des Gabelstaplers sowie auch nach den in der Fahrerkabine über Kopf angebrachten Warnhinweisen könne seitliches Umstürzen vorkommen, wenn der Gabelstapler falsch bedient werde. Es werde die Anweisung getroffen: "Keine Verletzungen oder einen Todesfall riskieren. Vor Kurven die Geschwindigkeit reduzieren. Den Sicherheitsgurt schließen. Auf dem Sitz bleiben. Im Falle des Umstürzens diesen Anweisungen folgen:
Gegen die Sturzrichtung beugen. Am Lenkrad festhalten. Fest abstützen. Nicht abspringen!"
Auch in den wörtlichen Ausführungen der Betriebsanleitung sei angeführt: "Wenn der Gabelstapler mit einem Sicherheitsgurt ausgestattet ist, stets darauf achten, dass der Gurt richtig angelegt ist und die Verriegelung der oberen Klappe richtig verriegelt ist. Falls der Gabelstapler umzukippen beginnt, NICHT VERSUCHEN ABZUSPRINGEN. Der Gabelstapler stürzt schneller um, als man abspringen kann."
Der Arbeitnehmer sei im Besitz eines Staplerführerscheins seit dem Jahr 2004. Er sei auch bei unterschiedlichen Firmen mehrere Jahre als Staplerfahrer beschäftigt gewesen und habe Erfahrung im Staplerfahren. Der Arbeitnehmer sei nachweislich am 6. März 2014 über den Staplerbetrieb unterwiesen worden. Im Fahrzeug sei ein Sicherheitsgurt vorhanden gewesen. Der Arbeitnehmer sei vor Beginn der Fahrt vom Filialleiter bzw. Lagerleiter über den Weg informiert und ermahnt worden, vorsichtig zu fahren, da die Strecke sehr steil sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass gemäß § 35 Abs. 1 Z 2 ASchG Arbeitnehmer dafür zu sorgen haben, dass bei der Benützung von Arbeitsmitteln die für sie geltenden Bedienungsanleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringen sowie die für sie geltenden elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten sind. Der Arbeitnehmer sei unterwiesen worden und es seien ihm die entsprechenden Betriebsvorschriften bzw. die Betriebsanleitung für den Gabelstapler vom vorgesetzten Filialleiter zur Kenntnis gebracht worden. Im Übrigen seien die Regeln für das Verhalten bei Kippen des Staplers auch über Kopf in der Fahrerkabine dargestellt und in Worte gefasst. Bei der Fahrt am 8. April 2014 sei nicht Sorge getragen worden, dass der Arbeitnehmer im Gabelstapler die entsprechenden Vorschriften der Betriebsanleitung für den Fall des Kippens des Gabelstaplers einhalte. Der Gabelstaplerfahrer habe beim Unfall nicht den Sicherheitsgurt verwendet, er habe versucht aus dem Stapler zu springen. Es sei daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt worden. Als Obmann der Genossenschaft und sohin verwaltungsstrafrechtliches Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG sei der Revisionswerber verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Soweit der Revisionswerber ein Verschulden bestreite, weil der Arbeitnehmer einen Staplerführerschein habe, entsprechend unterwiesen worden sei und auch die entsprechenden Hinweise im Stapler angebracht worden seien, so könne ihn dieses Vorbringen nicht entlasten. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung stelle ein Ungehorsamsdelikt dar, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreiche und Fahrlässigkeit ohne weiteres vermutet werde, sofern der Revisionswerber keinen Entlastungsnachweis erbringe. Der Revisionswerber habe keine Beweismittel vorgelegt und keine konkreten Beweisanträge gestellt. Die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer Oberaufsicht reichten nicht aus. Entscheidend sei, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolge. Das Verwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum wirksamen Kontrollsystem, insbesondere das Erkenntnis vom 23. Mai 2006, Zl. 2005/02/0248. Im Sinne dieser Judikatur reichten daher die vom Revisionswerber angeführten Schulungen und Unterweisungen nicht aus. Es hätten Maßnahmen aufgezeigt und nachgewiesen werden müssen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließ (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Zl. Ra 2014/02/0045).
Ein derartiges Kontrollsystem sei jedoch vom Revisionswerber nicht behauptet und dargelegt worden.
3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4. In der Revision wird zur Zulässigkeit der Revision geltend gemacht, dass es sich beim Verunfallten, vom Mitarbeiter gelenkten Fahrzeug um ein auf öffentlicher Straße gelenktes Kraftfahrzeug gelenkt habe, sodass die Normen der StVO und des KFG gelten würden. Das Verhalten des Mitarbeiters und Fahrzeuglenkers unterliege also dem gesetzlichen Regime der StVO und des KFG. Damit stelle sich die Rechtsfrage, wie die Zurechnung des Verhaltens des Mitarbeiters im Straßenverkehr in Bezug auf den Dienstgeber zu erfolgen habe. Gerade im Anwendungsbereich der StVO und des KFG sei ein effektives staatliches Normen- und Kontrollsystem etabliert, das sanktionsbewährt sei und im Rahmen der Vollziehung auch wirksam kontrolliert und sanktioniert werde.
Die relevanten Rechtsfragen würden daher lauten:
"Wie stellt sich die Situation dar, wenn ein Mitarbeiter ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, eine dienstliche Fahrt verrichtet und sich nicht angurtet oder während der Fahrt abgurtet?
Ist dies dem Dienstgeber zuzurechnen? Muss der Dienstgeber die Gurtenverwendung (das Angurten und das angegurtet Bleiben) eigens kontrollieren?
Im Bereich des Straßenverkehrs hat der Fahrzeuglenker die entsprechenden Handhabungen zum sicheren Fahrzeugbetrieb einzuhalten; Kenntnis des Fahrzeugs und seiner Bedienung ist erforderlich. Ist der Dienstgeber für sämtliche anleitungsgemäße Anwendungen des Fahrzeuges verantwortlich?"
Weiters fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, wie der Revisionswerber das den kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Gesetzen entsprechende Lenkerverhalten zu kontrollieren habe.
5. Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf:
Zunächst ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zusammengefasst) ausgesprochen hat, dass der Revisionswerber das Bestehen eines ausreichenden Kontrollsystems nicht unter Beweis gestellt hat. Zwar wurde dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegt, dass eine Unterweisung in den Betrieb des Gabelstaplers erfolgt ist und dem Arbeitnehmer die entsprechenden Betriebsvorschriften bzw. die Betriebsanleitung für den Gabelstapler zur Kenntnis gebracht worden seien. Der Revisionswerber hat jedoch nicht dargelegt, wie im Betrieb tatsächlich die Einhaltung der Betriebsvorschriften wirksam kontrolliert wird. Soweit in der Revision angesprochen wird, dass sich der Verantwortliche (im Hinblick auf das "staatliche Kontrollsystem" zur Einhaltung der Bestimmungen der StVO und des KFG) mit stichprobenartigen Kontrollen begnügen könne, wie dies auch im konkreten Fall geschehen sei, ist ihm entgegen zu halten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch das vom Verwaltungsgericht zitierte hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Zl. Ra 2014/02/0045) derartige stichprobenartige Kontrollen für das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht ausreichen. Im Übrigen entfernt sich dieses Revisionsvorbringen auch vom festgestellten Sachverhalt, in dem keine stichprobenartigen Kontrollen festgestellt wurden, sondern lediglich eine vor der Fahrt erteilte Ermahnung, vorsichtig zu fahren.
Zu einem derartigen Kontrollsystem gehört auch, dass in systematischer Weise möglichen Verstößen nachgegangen wird, diese Verstöße dokumentiert werden und zu entsprechenden Konsequenzen (beispielsweise zu einer Verbesserung der Anleitungen oder Schulungen, allenfalls auch zu disziplinären Maßnahmen) führen, sodass im Ergebnis mit gutem Grund erwartet werden kann, dass die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gewährleistet ist (vgl. in diesem Zusammenhang zu einer möglichen Einrichtung eines Kontrollsystems im Rahmen eines zertifizierten Qualitätssicherungssystems das hg. Erkenntnis vom 23. November 2009, Zl. 2008/03/0176).
Soweit der Revisionswerber auf das "staatliche Kontrollsystem" im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschriften der StVO und des KFG Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 35 Abs. 1 Z 2 ASchG Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln die für sie geltenden Bedienungsanleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringer einzuhalten sind. Dass allenfalls die Bedienungsanleitungen auch Verhaltensweisen vorschreiben, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften - etwa des Kraftfahrgesetzes - geboten sind, ändert nichts an der Verantwortung des Arbeitgebers für die Einhaltung des § 35 Abs. 1 Z 2 ASchG. Dass den Lenker eines Gabelstaplers gegebenenfalls gemäß § 106 Abs. 2 KFG auf Straßen mit öffentlichem Verkehr die Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes trifft, ändert daher nichts an der Verantwortung des Arbeitgebers für die Einhaltung der geltenden Bedienungsanleitung bei der Benutzung dieses Arbeitsmittels durch den Arbeitnehmer.
Der Revisionswerber zeigt daher mit den Ausführungen zum Verhältnis zwischen den kraftfahrrechtlichen bzw. straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften und den Bestimmungen des ASchG keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
6. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision weiters vor, dass das Erkenntnis des Oberösterreichischen Landesverwaltungsgerichts alleine schon deshalb zwingend korrekturbedürftig sei, weil es im Spruch in sich widersprüchlich ausgeführt sei. Der Revisionswerber habe demnach zu vertreten, dass er nicht Sorge getragen habe, dass der Arbeitnehmer nicht den vorhandenen Sicherheitsgurt verwendet habe.
Auch damit zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil es sich bei dieser doppelten Verneinung um eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit handelt, die das Verwaltungsgericht von Amts wegen berichtigen könnte (§ 17 VwGVG in Verbindung mit § 62 Abs. 4 AVG, vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/03/0040).
7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. November 2015
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