Normen
BAO §166;
EStG §30 Abs1 Z1 lita;
EStG §30 Abs2 Z1;
EStG §30 Abs4;
BAO §166;
EStG §30 Abs1 Z1 lita;
EStG §30 Abs2 Z1;
EStG §30 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang (Einkommensteuer 2005) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Bericht vom 16. April 2010 über das Ergebnis einer Außenprüfung wurde u.a. festgehalten, die Revisionswerberin habe am 28. Jänner 2000 von ihrem Ehemann Liegenschaften um 436.037,01 EUR erworben. Nachdem die Revisionswerberin am 25. Juli 2003 einen Teil dieser Liegenschaften um 70.000 EUR veräußert habe, habe sie am 17. August 2005 die übrigen Teile dieser Liegenschaften um 2,300.000 EUR verkauft. Mangels Vorliegens von tatsächlich nachvollziehbaren bzw. überprüfbaren Nachweisen komme die Hauptwohnsitzbefreiung nicht zur Anwendung. Es ergebe sich daher für das Jahr 2005 ein Spekulationsgewinn in Höhe von 1,854.341,32 EUR (Verkaufserlös von 2,300.000 EUR abzüglich der anteiligen Anschaffungskosten).
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 16. April 2010 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2005 fest. Begründend führte das Finanzamt aus, die Veranlagung sei unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt, die der Niederschrift über die Schlussbesprechung bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien.
Die Revisionswerberin erhob u.a. gegen diesen Bescheid Berufung. Sie machte geltend, die Liegenschaft habe ihr seit dem Erwerb am 28. Jänner 2000 bis zur Veräußerung im Jahr 2005 als Hauptwohnsitz gedient. In einer Ergänzung zur Berufung brachte sie u. a. weiter vor, im Hinblick auf deren Größe könnten nicht die gesamten im Jahr 2005 veräußerten Liegenschaften der Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 subsumiert werden. Es stelle sich daher die Frage, welcher Anteil des Gesamtkaufpreises auf diese Liegenschaften entfalle. Zwar sehe Punkt II des Kaufvertrages eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises vor, wonach 40% des Gesamtkaufpreises (sohin 920.000 EUR) auf die sonstigen Liegenschaften (EZ b und c) entfallen solle, doch handle es sich hiebei um ein Umgehungsgeschäft iSv § 23 Abs. 1 BAO. Der Käufer habe um eine von den tatsächlichen Wertverhältnissen abweichende Kaufpreisaufteilung ersucht. Als Begründung habe er angeführt, dass für ihn als ukrainischen Staatsbürger nach den gesetzlichen Bestimmungen der Ukraine der Erwerb von Liegenschaften im Ausland, die einen bestimmten Höchstbetrag überstiegen, bei der Nationalbank meldepflichtig sei. Durch ein Kaufpreissplitting habe er diese Meldepflicht vermeiden wollen. Die Revisionswerberin habe dieser von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden Kaufpreisaufteilung deshalb zugestimmt, weil sie der Meinung gewesen sei, dass ohnehin der gesamte Kaufgegenstand der Steuerbefreiung unterliegen würde. Nach dem gemeinschaftlichen Parteiwillen sei auf die Liegenschaft, welche den Hauptwohnsitz betreffe (EZ a), ein Kaufpreis von 2,280.000 EUR entfallen (der gemeinsame Kaufpreis der Liegenschaften EZ b und c habe sich auf lediglich 20.000 EUR belaufen). Eine derartige Aufteilung entspreche auch den tatsächlichen Wertverhältnissen. Die Revisionswerberin legte hiezu auch eine "Eidesstattliche Erklärung" des Käufers vom 20. Februar 2013 vor, worin dieser bestätigte, dass auf die Liegenschaften EZ b und c lediglich ein Kaufpreisteil von 20.000 EUR, auf die Liegenschaft EZ a hingegen ein Kaufpreisteil von 2,280.000 EUR entfalle. Mit einem weiteren Schriftsatz legte die Revisionswerberin ein Gutachten eines Sachverständigen vor, in welchem die Verkehrswerte der Liegenschaften EZ a, b und c ermittelt wurden, dies aber lediglich betreffend die Werte von Grund und Boden (ohne Wert des auf der EZ a errichteten Gebäudes).
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde u. a. der Berufung betreffend Einkommensteuer 2005 teilweise Folge und änderte den Einkommensteuerbescheid 2005 ab.
Begründend führte die belangte Behörde hiezu im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe das Grundstück am 28. Jänner 2000 erworben. Es sei - wie im angefochtenen Bescheid näher begründet wurde - davon auszugehen, dass sich der Hauptwohnsitz der Revisionswerberin bereits vor diesem Erwerb bis zur Veräußerung durchgehend dort befunden habe, sodass die Hauptwohnsitzbefreiung grundsätzlich anwendbar sei.
Unstrittig sei, dass die Veräußerung der an die bebaute Liegenschaft EZ a angrenzenden, in die EZ b und c inkorporierten unbebauten Grundstücke nicht von der Hauptwohnsitzbefreiung erfasst sei. Streit bestehe aber über die Höhe des auf diese Grundstücke entfallenden Veräußerungserlöses.
Die Vertragsparteien hätten in Punkt II der Kaufvertragsurkunde vom 17. August 2005 den Preis für den Verkauf der EZ a mit 1,380.000 EUR sowie den Preis für den Verkauf der EZ b und c mit 345.000 EUR und 575.000 EUR bestimmt. Mit der bloßen, rund 8 Jahre nach dem Vertragsabschluss abgegebenen Erklärung des Käufers, es seien abweichend von der vertraglich festgelegten Preisgestaltung für die EZ a ein Kaufpreis von 2,280.000 EUR sowie für die EZ b und c zusammen ein Kaufpreis von 20.000 EUR vereinbart gewesen, werde die Maßgeblichkeit dessen, was die Parteien rechtswirksam vereinbart und vollzogen hätten, nicht beseitigt, zumal das in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen - wie im angefochtenen Bescheid näher ausgeführt wird - nicht stichhaltig sei. Dass der Kaufvertrag eine von den tatsächlichen Wertverhältnissen abweichende Aufteilung enthalte, habe die Revisionswerberin im Prüfungsverfahren nicht vorgebracht.
Es sei nicht Aufgabe des Finanzamtes gewesen, den Verkehrswert des Gebäudes festzustellen, sondern Sache der Revisionswerberin, die von ihr behauptete Tatsache einer von den im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen über die Kaufpreise der einzelnen Liegenschaften abweichenden Kaufpreisgestaltung unter Beweis zu stellen, was ihr aber nicht gelungen sei. Da die Revisionswerberin für sämtliche hier in Rede stehenden Grundstücke im Jahr 2000 einen Kaufpreis von 436.037,01 EUR geleistet habe, sei die für die Liegenschaft unterstellte Wertsteigerung nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Im Hinblick darauf, dass die Liegenschaften EZ b und c rund fünfmal so groß seien wie die EZ a, sei auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die EZ a bebaut sei, nicht plausibel, dass die Parteien bei einem Gesamtkaufpreis von 2,3 Mio. EUR für die EZ b und c nur 20.000 EUR für angemessen erachtet hätten.
Dass die im Kaufvertrag getroffene Zuordnung des Gesamtkaufpreises nicht dem tatsächlichen Willen und den Wertvorstellungen der Vertragsparteien entsprochen habe, sei daher eine Behauptung, deren Richtigkeit die Revisionswerberin nicht unter Beweis gestellt habe. Es sei folglich dem im Kaufvertrag geäußerten Parteiwillen folgend davon auszugehen, dass auf den Verkauf der EZ b ein Kaufpreis von 345.000 EUR und auf den Verkauf der EZ c ein Kaufpreis von 575.000 EUR entfalle.
Diesen im Jahr 2005 zugeflossenen Einnahmen in Höhe von insgesamt 920.000 EUR seien zur Ermittlung der steuerpflichtigen Spekulationseinkünfte die anteiligen Anschaffungskosten gegenüberzustellen. Die Revisionswerberin sei auch der ihr im Prüfungsverfahren mehrfach gebotenen Gelegenheit, die Anschaffungskosten auf die einzelnen Grundstücke aufzuteilen, nicht nachgekommen. Auch im Berufungsverfahren habe die Revisionswerberin dazu nichts vorgebracht. Die Anschaffungskosten würden daher im Schätzungswege dem Verhältnis der vereinbarten Verkaufspreise entsprechend aufgeteilt. Die auf die EZ b und c entfallenden Anschaffungskosten würden demnach mit 40% angenommen. Da zwischen dem Ankauf dieser unbebauten Liegenschaften und dem Verkauf fünf Jahre vergangen seien, verminderten sich die Einkünfte gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 um 10%. Es ergäben sich daher Spekulationseinkünfte von ca. 668.000 EUR. Die Einkünfte aus dem Verkauf der EZ a mit dem darauf befindlichen Haus samt Grund und Boden fielen hingegen unter die Hauptwohnsitzbefreiung gemäß § 30 Abs. 1 Z 2 EStG 1988.
Gegen diesen Bescheid, soweit damit über die Einkommensteuer 2005 abgesprochen wurde, wendet sich die Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch das Bundesfinanzgericht erwogen hat:
§ 30 EStG 1988 in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 59/2001) lautet (auszugsweise):
"(1) Spekulationsgeschäfte sind:
1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt:
a) Bei Grundstücken und anderen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, nicht mehr als zehn Jahre. (...)
(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte aus der Veräußerung von:
1. Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer seit der Anschaffung (im Falle des unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden seit dem unentgeltlichen Erwerb) und mindestens seit zwei Jahren durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben. (...)
(4) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen. Im Falle der Veräußerung eines angeschafften Gebäudes sind die Anschaffungskosten um Instandsetzungsaufwendungen und Herstellungsaufwendungen zu erhöhen und um die im § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Wird unbebauter Grund und Boden veräußert, so vermindern sich die Einkünfte nach Ablauf von fünf Jahren seit seiner Anschaffung um jährlich 10%. (...)"
Im Revisionsverfahren ist unbestritten, dass die Veräußerung der aus den EZ a, b und c bestehenden Liegenschaften im Jahr 2005 dem Grunde nach betreffend die EZ a unter die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 fällt, während die Veräußerung betreffend die EZ b und c als Spekulationsgeschäft zu besteuern ist. Strittig ist, wie der Gesamtkaufpreis auf diese Liegenschaften aufzuteilen ist. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die im Kaufvertrag ausdrücklich vorgesehene Aufteilung des Kaufpreises, wonach insgesamt 40% des Kaufpreises auf die EZ b und c entfallen. Die Revisionswerberin hingegen macht geltend, bei der im Kaufvertrag enthaltenen Aufteilung des Kaufpreises handle es sich um ein Umgehungsgeschäft (bzw. ein relatives Scheingeschäft), das nicht dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien und den Verhältnissen der Verkehrswerte entsprochen habe.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Aufteilung eines Kaufpreises einer bebauten Liegenschaft nach streng objektiven Maßstäben zu erfolgen. Hiezu ist jeweils der Verkehrswert des bloßen Grund und Bodens einerseits und des Gebäudes andererseits zu schätzen und der Kaufpreis im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen (Methode des Sachwertverhältnisses; vgl. das Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, 2012/15/0033, mwN). Von einer Schätzung kann nur dann abgesehen werden, wenn die Stichhaltigkeit der in einem Vertrag angeführten Kaufpreisanteile durch geeignete Unterlagen (etwa durch Gutachten eines Sachverständigen) nachgewiesen werden kann. Selbst in einem derartigen Fall wäre aber die Abgabenbehörde verpflichtet, ein Sachverständigengutachten wie jedes andere Beweismittel nach den Vorschriften der §§ 166 ff BAO auf seine Beweiskraft hin zu untersuchen. Jede andere Auffassung würde dazu führen, der Entstehung abgabenrechtlich bedenklicher Ergebnisse den Boden zu bereiten, wobei es keinen Unterschied macht, ob ein solches Ergebnis durch unbeabsichtigte Fehleinschätzung oder bewussten Missbrauch zu Stande kommt (vgl. das Erkenntnis vom 14. Jänner 1986, 84/14/0019).
Entsprechend dieser Aufteilung eines Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden einerseits und Gebäude anderseits hat auch eine Aufteilung der Anschaffungskosten bei Erwerb mehrerer Liegenschaften zu erfolgen (vgl. das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, 97/13/0223, VwSlg. 7512/F). Ebenso hat zur Ermittlung der Einkünfte aus einem Veräußerungsgeschäft die Aufteilung des gesamten Veräußerungserlöses auf mehrere - nur zum Teil von Befreiungsbestimmungen betroffene - Liegenschaften nach objektiven Kriterien zu erfolgen.
Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Veräußerung der Liegenschaften zu einem Gesamtkaufpreis erfolgte, der erheblich den Verkehrswert überschritt. In diesem Fall kann die "Differenzmethode", auf die sich die Revisionswerberin im Verfahren vor der belangten Behörde gestützt hatte (Vorlage eines Gutachtens nur zu den Werten von Grund und Boden, nicht aber des Gebäudes), nicht angewandt werden. Es ist vielmehr der Verkehrswert der von der Befreiungsbestimmung betroffenen Liegenschaft (EZ a) einerseits und der Verkehrswert der übrigen Liegenschaften (EZ b und c) anderseits zu ermitteln; der Gesamtverkaufspreis ist im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen. Gleiches gilt auch für die Anschaffungskosten der Liegenschaften.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-AufwErsV.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG - mit der dort angeführten Maßgabe - in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 16. September 2015
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