VwGH 2013/16/0025

VwGH2013/16/002511.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der M GmbH & Co KG. in Liquidation in A, vertreten durch die Plan Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 14. Dezember 2012, Zl. RV/0841-G/08, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

61999CJ0339 Energie Steiermark Holding VORAB;
62000CJ0071 Develop VORAB;
BAO §21 Abs1;
KVG 1934 §2 Z4 lita;
KVG 1934 §5 Abs2;
KVG 1934 §5;
VwGG §41 Abs1;
61999CJ0339 Energie Steiermark Holding VORAB;
62000CJ0071 Develop VORAB;
BAO §21 Abs1;
KVG 1934 §2 Z4 lita;
KVG 1934 §5 Abs2;
KVG 1934 §5;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden GmbH & Co KG (Beschwerdeführerin) war die F AG als Kommanditistin beteiligt. Die F AG hielt die Beteiligung aufgrund einer auszugsweise wie folgt lautenden Treuhandvereinbarung vom 13. November 1995, gegen eine jährliche Treuhandkommission, treuhändig für Herrn H:

"§ 1 Treuhandvertrag

Die Treuhänderin geht im Auftrag und auf Rechnung von Herrn (H) maßgebliche Beteiligungen bzw. Unterbeteiligungen an vom Treugeber im einzelnen noch zu benennenden Gesellschaften ein. Außerdem wird die Treuhänderin nach Maßgabe des Treugebers im Auftrag und auf Rechnung von (H) Unternehmen gründen und Grundstücke erwerben.

Die Treuhänderin erkennt an, daß sie nicht Eigentümerin des Treugutes ist und in keiner Weise darüber verfügen darf.

Der Treugeber erklärt, daß er der wirtschaftliche Berechtigte an dem Treugut ist. Er erklärt ausdrücklich, daß er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt."

Mit Gesellschaftsteuererklärung vom 5. November 2007 gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass ein Gesellschafterzuschuss in Höhe von 856.085,99 EUR von einem Nichtgesellschafter, nämlich Herrn H in seiner Funktion als Treugeber, erfolgt sei.

Die belangte Behörde setzte mit dem angefochtenen Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin dafür im Instanzenzug Gesellschaftsteuer in Höhe von 8.560,86 EUR fest und führte dazu aus, dass freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Z 2 bis 4 KVG der Gesellschaftsteuer unterliegen würden, wenn die Leistung geeignet sei, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Dabei seien auch freiwillige Leistungen eines Treugebers grundsätzlich geeignet, den Wert der vom Treuhänder für den Treugeber gehaltenen Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trete zwar die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Bereich des Kapitalverkehrsteuergesetzes in den Hintergrund, sie sei jedoch immer dann geboten, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbiete, bei dem eine rein formalrechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde. Im Beschwerdefall würde eine rein formalrechtliche Beurteilung in Anlehnung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 2005, 2005/16/0040, dem Sinn und Zweck des Kapitalverkehrsteuergesetzes zuwiderlaufen, weshalb die der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellte Treugeberdirektzahlung gesellschaftsteuerpflichtig sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, nicht "entgegen § 2 KVG mit Gesellschaftsteuer belastet zu werden", verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Der Gesellschaftsteuer unterliegen gemäß § 2 Z 2 KVG Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt.

Gemäß § 2 Z 4 lit a KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer Zuschüsse, wenn sie als freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.

Nach § 5 Abs. 2 KVG gelten als Gesellschafter jene Personen, denen die in § 5 Abs. 1 leg.cit. genannten Gesellschaftsrechte zukommen. Nach § 5 Abs 1 KVG gelten als Gesellschaftsrechte:

"1. Aktien und sonstige Anteile, ausgenommen die Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft,

  1. 2. Genussrechte,
  2. 3. Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren."

    Als Gesellschafter im Sinne des KVG kommt in Betracht, wer im Zeitpunkt der Leistung des Zuschusses an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2012, 2010/16/0136, mwN).

    Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass wer an einer Gesellschaft nicht unmittelbar beteiligt sei, nach Maßgabe der im Kapitalverkehrsteuergesetz vorherrschenden zivilrechtlichen Betrachtungsweise nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zum Gesellschafter werden könne. So widerspreche auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 2005, wonach Leistungen eines Treugebers der Gesellschaftersteuer nach § 2 Z 1 KVG unterliegen können, "der Rechtsprechung des BFH" und sei auch in der Literatur umstritten. Die Leistungen eines Treugebers an eine Gesellschaft könnten niemals als die eines Gesellschafters erfolgen und ausschließlich Leistungen eines unmittelbaren Gesellschafters könnten der Gesellschaftsteuer unterworfen werden. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise, wie sie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vertreten hätte, könne auf den vorliegenden Sachverhalt nicht angewendet werden. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung komme nicht zum Tragen.

    Der Beschwerdeführerin ist insofern beizupflichten, als bei Treuhandverhältnissen der Treuhänder zivilrechtlich das Gesellschaftsrecht erwirbt und somit Gesellschafter ist. Dies gilt auch für den Bereich der Gesellschaftsteuer (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2007, 2007/16/0027, VwSlg. 8.248/F).

    Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Sinne des § 21 Abs. 1 BAO tritt zwar im Bereich des Kapitalverkehrsteuergesetzes in den Hintergrund, weil das Gesetz an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpft. Eine solche Betrachtungsweise gilt aber auch im Bereich des Verkehrsteuerrechts immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, 2001/16/0273, mwN).

    Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft des Zuschusses abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung von - der Gesellschaftsteuer unterliegenden - Zuschüssen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. die Urteile des EuGH vom 17. Oktober 2002 in den Rs. C-339/99 (Energie Steiermark Holding AG), Rn 37 und 38, und C-71/00 , (Develop), Rn 25, sowie das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, 2012/16/0104, und das bereits erwähnte Erkenntnis vom 21. November 2012).

    Der bloße Verweis der Beschwerdeführerin auf eine - im Übrigen nicht näher zitierte oder konkretisierte - Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofes ändert daran nichts, zumal schon keine Bindung an eine solche Rechtsprechung bestünde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, 2012/16/0138).

    Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des EuGH sind die Beschwerdeausführungen, die sich zusammengefasst darin erschöpfen, die wirtschaftliche Betrachtungsweise als im Beschwerdefall grundsätzlich nicht anwendbar abzulehnen und auf die zivilrechtliche Betrachtungsweise abzustellen, nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

    Es ist daher nicht für rechtswidrig zu befinden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die wirtschaftliche Betrachtungsweise angestellt und dabei die in Rede stehende Zuschussleistung des Treugebers der Gesellschafsteuer nach § 2 Z 4 KVG unterworfen hat.

    Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, sei nicht gegeben, weil der als Zuschuss anzusehende Forderungsverzicht in einem Zeitpunkt erfolgt sei, in dem, im Vorgriff auf die formale Auflösung der Gesellschaft, diese wie eine aufgelöste geführt werde und überdies weder die Fortführung der Gesellschaft noch die Verwertung der Liquidationsmasse zu gelegener Zeit und unter günstigeren Verhältnissen ermöglicht werden sollte, unterliegt dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG). Dies gilt auch für solche Rechtsausführungen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden können, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren diesbezüglich nichts vorgebracht wurde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 9. November 2011, 2011/16/0070 und vom 30. Jänner 2014, 2012/16/0227).

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 11. September 2014

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