VwGH 2012/16/0104

VwGH2012/16/010424.1.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der R GmbH in I, vertreten durch die Haslinger / Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Roseggerstraße 58, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 3. April 2012, GZ. RV/0182-I/11, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

61999CJ0339 Energie Steiermark Holding VORAB;
62000CJ0071 Develop VORAB;
ABGB §880a;
KVG 1934 §2 Z4 lita;
KVG 1934 §5;
61999CJ0339 Energie Steiermark Holding VORAB;
62000CJ0071 Develop VORAB;
ABGB §880a;
KVG 1934 §2 Z4 lita;
KVG 1934 §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin im Instanzenzug Gesellschaftsteuer in Höhe von 48.000 EUR fest und ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Gesellschafterbeschluss vom 29. Oktober 2009 hätten sich die jeweils zu 25% beteiligten Gesellschafter der beschwerdeführenden Gesllschaft mbH (Beschwerdeführerin) - nämlich die P1-GmbH, P2-GmbH, C-GmbH und W-GmbH - verpflichtet, entweder "selbst oder im Wege über verbundene Unternehmen" Zuschüsse in Höhe von jeweils 1,200.000 EUR über Aufforderung eines Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zu leisten.

Dabei hätten die P2-GmbH und die W-GmbH die Zuschussleistungen als unmittelbare Gesellschafter an die Beschwerdeführerin erbracht. Weiters seien Zuschüsse in der genannten Höhe von dem zu 100% an der P1-GmbH beteiligten P3 und von der zu 100% an der C-GmbH beteiligten G1 an die Beschwerdeführerin geleistet worden.

Aus dem Wortlaut des Gesellschafterbeschlusses ergebe sich eine Leistungsverpflichtung der unmittelbaren Gesellschafter der Beschwerdeführerin, welche die Möglichkeit der Leistungserbringung im Wege verbundener Unternehmen als bloße Zahlungsmodalität nicht zu ändern vermöge. Die G1 sowie der P3 als mittelbare Gesellschafter hätten lediglich die Zuschussverpflichtung der unmittelbaren Gesellschafter P2-GmbH und C-GmbH erfüllt, weswegen diese Leistungen nach der "Interessentheorie" als Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise den direkten Gesellschaftern zuzurechnen seien. Dass die Leistungserfüllung durch die mittelbaren Gesellschafter auf deren Vereins- oder Stiftungszweck zurückzuführen sei, stehe dem unmittelbaren Konnex mit den von den unmittelbaren Gesellschaftern eingegangenen Leistungsverpflichtungen nicht entgegen, zu deren Erfüllung die Leistungen erbracht worden seien.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, für die erhaltenen Zuschüsse nicht gesellschaftsteuerpflichtig zu sein.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die Beschwerdeführerin replizierte, woraufhin die belangte Behörde eine Duplik einbrachte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Gesellschaftsteuer unterliegen gemäß § 2 Z 2 KVG Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt.

Gemäß § 2 Z 4 lit a KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer Zuschüsse, wenn sie als freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.

Nach § 5 Abs. 2 KVG gelten als Gesellschafter jene Personen, denen die in § 5 Abs. 1 leg.cit. genannten Gesellschaftsrechte zukommen. Nach § 5 Abs 1 KVG gelten als Gesellschaftsrechte:

"1. Aktien und sonstige Anteile, ausgenommen die Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft,

  1. 2. Genussrechte,
  2. 3. Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren."

    Nach § 9 Abs. 1 KVG ist die Kapitalgesellschaft Steuerschuldner.

    Als Gesellschafter im Sinne des KVG kommt daher in Betracht, wer im Zeitpunkt der Leistung des Zuschusses an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (vgl. etwa das hg Erkenntnis vom 21. November 2012, 2010/16/0136).

    Die Beschwerdeführerin trägt vor, der vorliegende Fall einer Weitergabe des Zuschusses von den Töchtern an die Enkelin entspreche der Konstellation eines freiwilligen Großmutterzuschusses, weil hinsichtlich der beiden in Rede stehenden Zuschussleistungen die "Großmütter", nämlich der P3 und die G1, auf Grund ihrer jeweils 100 %igen Beteiligung an den Tochtergesellschaften einen beherrschenden Einfluss auf deren Willensbildung hätten ausüben können. So mögen in concreto die "Großmuttergesellschaften" zwar formal bei Leistung des Zuschusses an die Tochtergesellschaften diesen keine Weiterleitungsverpflichtungen auferlegt haben, aber da dem P3 und der G1 ein beherrschender Einfluss an den beiden Tochtergesellschaften P1-GmbH und C-GmbH zukomme, sei bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 29. Oktober 2009 eine Weiterleitungsverpflichtung der Tochtergesellschaften mitvereinbart worden.

    Wäre nach der Behauptung der Beschwerdeführerin die Leistung der Zuschüsse durch den P3 und die G1 an die Zwischengesellschaften P1-GmbH und C-GmbH erfolgt und wären die Zuschüsse von diesen weitergeleitet worden, dann hätte dies im Beschwerdefall hinsichtlich der Steuerpflicht der Zuschüsse zu keinem anderen Ergebnis geführt. Denn eine erfolgte Weisung der P3 und G1 (durch Beschlüsse dieser als Gesellschafter der P1-GmbH und der C-GmbH) an die Zwischengesellschaften wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Vielmehr bringt sie in der Beschwerde vor, eine formale Weiterleitungsverpflichtung sei den Zwischengesellschaften nicht auferlegt worden.

    Ein beherrschender Einfluss einer Obergesellschaft auf die Willensbildung einer Zwischengesellschaft vermag noch keine gesellschaftsrechtlich maßgebliche Weiterleitungsverpflichtung zu begründen, wie der Verwaltungsgerichtshof (unter Berufung auf das Urteil des EuGH vom 17. Oktober 2002 in der Rs. C-71/00 - (Develop Baudurchführungs- und Stadtentwicklungs GmbH)) im Erkenntnis vom 28. Juni 2007, 2007/16/0027, VwSlg 8.248/F, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat. Daher wären die in Rede stehenden Zuschüsse diesfalls schon deshalb den Zwischengesellschaften als leistenden Gesellschaftern zuzurechnen.

    Die belangte Behörde ist jedoch davon ausgegangen, dass die in Rede stehenden Zuschüsse vom P3 und von der G1 unmittelbar an die Beschwerdeführerin geleistet worden seien.

    Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft des Zuschusses abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung von - der Gesellschaftsteuer unterliegenden - Zuschüssen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. die Urteile des EuGH vom 17. Oktober 2002 in den Rs. C-339/99 (Energie Steiermark Holding AG), Rn 37 und 38, und C-71/00 , (Develop), Rn 25, sowie die erwähnten hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 2007 und vom 21. November 2012).

    Die Gesellschafter der Beschwerdeführerin verpflichteten sich mit Gesellschafterbeschluss vom 29. Oktober 2009 im neugefassten Gesellschaftsvertrag, die Zuschüsse "entweder selbst oder im Wege über verbundene Unternehmen" zu leisten. Sie haben aufgrund der im Gesellschaftsvertrag festgeschriebenen Zuschussverpflichtung nicht bloß eine Verwendung durch Zuschussleistungen der G1 und des P3 zugesagt, sondern vielmehr eine Erfolgsgarantie im Sinne des § 880a ABGB durch die ansonsten selbstständige Leistungserbringung abgegeben und somit die Haftung für diesen Zuschuss übernommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. März 1999, 98/16/0108).

    Es besteht daher unzweifelhaft ein Kausalzusammenhang zwischen der von den unmittelbaren Gesellschaftern eingegangenen Leistungsverpflichtung und deren Erfüllung durch Zuschussleistung durch die G1 und den P3.

    Der P3 und die G1 mögen ein eigenständiges Interesse an der Zuschussleistung gehabt haben, doch ändert dies nichts daran, dass der Zuschussleistung eine befreiende Wirkung für die unmittelbaren Gesellschafter P1-GmbH und C-GmbH zukommt (vgl. das erwähnte Urteile des EuGH vom 17. Oktober 2002 in der Rs. C-339/99 (ESTAG), Rn 39).

    Es ist daher nicht für rechtswidrig zu befinden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die wirtschaftliche Betrachtungsweise angestellt und dabei die in Rede stehenden Zuschussleistungen den unmittelbaren Gesellschaftern C-GmbH und P1- GmbH zugerechnet hat.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

    Wien, am 24. Jänner 2013

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