VwGH 2012/16/0063

VwGH2012/16/006329.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Norman Dick und Dr. Michael Dyck, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Imbergstraße 15, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 25. Jänner 2012, Zl. Jv 4699/10s-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
ABGB §7;
GGG 1984 §1;
GGG 1984 TP9;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2012160063.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erwarb mit "Kaufvertrag und Verzichtserklärung" vom 29. Dezember 2009 ein Baurecht, das an einer ihr gehörigen Liegenschaft begründet war. Gleichzeitig verzichtete die Beschwerdeführerin auf das durch diesen Vertrag erworbene (Eigentümer)Baurecht und erteilte ihre ausdrückliche Einwilligung zur Einverleibung der Löschung des Baurechtes.

Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2010 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht Salzburg unter anderem die Einverleibung der Löschung des in Rede stehenden Baurechtes, was mit Beschluss vom 1. Juli 2010 vollzogen wurde.

Dem Grundbuchsgesuch angeschlossen war eine an die Beschwerdeführerin gerichtete Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes, wonach für den "Kaufvertrag und Verzichtserklärung" vom 29. Dezember 2009 für die Eintragungsgebühr gemäß § 26 Abs. 1 GGG eine Bemessungsgrundlage von EUR 1,794.863,-- gegeben sei.

Mit Zahlungsauftrag vom 16. August 2010 wurde der Beschwerdeführerin eine Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 1 GGG in der Höhe von EUR 17.957,-- sowie eine Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von EUR 8,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Den dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berichtigungsantrag hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Nach der Begründung sehe das Gerichtsgebührengesetz für die Löschung eines Baurechtes keine Gebührenpflicht vor. Dabei dürften jedoch die Vorschriften des Grundbuchsgesetzes und des Gerichtsgebührengesetzes nicht übergangen werden. Der dem Verfahren zu Grunde liegende Vertrag stelle den Titel für die Eintragung des Baurechtes dar. Der Modus für die Übertragung des Eigentumsrechtes und damit auch die Berechtigung zur Löschung des Baurechtes sei damit jedoch nicht hergestellt. Erst mit der Vornahme der Eigentumseintragung werde das uneingeschränkte Eigentumsrecht bewirkt und dann sei der neue Baurechtseigentümer in der Lage, die Löschung dieses Rechtes zufolge Verzicht auf die Ausübung zu veranlassen. Für die Vornahme der Löschung sei jedenfalls der Erwerb des Baurechtes erforderlich. Die Bestellung eines Baurechtes sei ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang. Im Erkenntnis vom 29. November 2001, Zl. 2001/16/0272, habe der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Übertragung der Anteile an der Grundliegenschaft und die Übertragung der Anteile an der Baurechtseinlage trotz unterschiedlicher Kaufverträge als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen seien, weil durch die Übertragung des Baurechtes an die Liegenschaftseigentümer das auf der Baurechtseinlage errichtete Objekt mit der Grundliegenschaft zusammenfalle. Nicht anders könne dann aber die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Fall sein. Es könne für die Übertragung des Baurechtes keinen Unterschied machen, ob das Baurecht an Dritte weiter veräußert werde, die zugleich auch die Grundliegenschaft erwerben oder aber ob das Baurecht an den Grundeigentümer zurückgestellt werde. Es ergebe sich zusammengefasst, dass die Einverleibung der Löschung des Baurechtes ohne vorhergehende Übertragung des Baurechtes eine unzulässige Verkürzung des Gebührenanspruches des Bundes auf die Eintragungsgebühr für das Eigentumsrecht darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Gerichtsgebühren für Eintragungen in das Grundbuch betragen gemäß TP 9 C lit. b Z 1 GGG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 188/2009 für Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes 1% vom Wert des Rechtes, für Vormerkungen zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes EUR 64,-- (Z 2) und für Anmerkungen der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes 1% vom Wert des Rechtes (Z 3). Andere Gebührentatbestände im Zusammenhang mit dem Baurecht finden sich in der TP 9 nicht.

Das Gerichtsgebührengesetz knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als die über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (vgl. die in Wais/Dokalik, Gerichtsgebühren10, zu E 13. zu § 1 GGG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angestellten Überlegungen würden den in der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegebenen Prinzipien des Gerichtsgebührenrechts zuwider laufen, wonach ein nicht ausdrücklich genannter Gerichtsgebührentatbestand nicht im Wege der Analogie geschaffen werden kann. Auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist als Maßstab für gebührenrechtliche Tatbestände nicht geeignet. Für die Gebührenpflicht ist der (formale) rechtliche Gehalt und nicht die wirtschaftliche Auswirkung des gebührenpflichtigen Ereignisses maßgebend (vgl. aaO E 14 zu § 1 GGG).

Der von der belangten Behörde zur Begründung der Gebührenpflicht für die Löschung des Baurechts herangezogene Gebührentatbestand TP 9 lit. b Z. 1 GGG betrifft Eintragungen (Einverleibungen) zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes und ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung einer Gebührenpflicht für die Eintragung der Löschung eines Baurechtes besteht Gebührenfreiheit.

Das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid für ihre Ansicht ins Treffen geführte Erkenntnis vom 29. November 2001, Zl. 2001/16/0272, hatte einen andern Sachverhalt zum Gegenstand. Dort war, anders als hier, die Gebührenpflicht nach TP 9 lit. b Z. 1 GGG schon durch die Eintragung des Erwerbs des Eigentums an einer Liegenschaft begründet. Es war lediglich die Frage zu beantworten, ob das ebenfalls auf den Eigentümer der Liegenschaft übertragene Baurecht in die Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z. 1 GGG einzubeziehen sei. Die Gebührenpflicht war demnach, anders als hier, dem Grunde nach gegeben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. April 2013

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