Normen
AVG §13 Abs8;
AVG §42 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
UVPG 2000 §18 Abs3 Z2;
UVPG 2000 §18 Abs3;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
UVPG 2000 §19 Abs1;
UVPG 2000 §19;
UVPG 2000 §20 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 4.035,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 12. September 2007 erteilte die Steiermärkische Landesregierung der S GmbH (der Bauwerberin; nunmehr P GmbH & Co KG) die Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) für die Errichtung bzw. Erweiterung und den Betrieb des "Vorhabens Spielberg NEU" unter Vorschreibung zahlreicher Nebenbestimmungen. Diese Bewilligung umfasste unter anderem auch die Errichtung des sogenannten Partnergebäudes. Dieses erstreckt sich laut Projektbeschreibung im Genehmigungsbescheid mit dem darüber schwebenden Flügel entlang des Vorplatzes. Im Erdgeschoss liegen der Haupteingang mit angeschlossenem Foyer und Empfangsbereich sowie entsprechenden Nebengebäuden, Versorgungs- und Erschließungskernen inklusive eines Lastenaufzuges, Funktionsbereichen mit Präsentations- oder Ausstellungsflächen bzw. Seminarbereichen; ein dahinter liegender, parallel zur Start-Ziel-Geraden eingeschnittener und über die gesamte Gebäudelänge verlaufender Versorgungstrakt mit Sanitärbereichen, Personal-, Haustechnik- und Lagerflächen dient zur Versorgung des gesamten Gebäudes inklusive der darüber liegenden Tribünenbereiche, die bei Veranstaltungen 6.832 Personen Platz bieten. Die Tribünen sind in 10 Sektoren aufgeteilt und werden über Treppen vom Vorplatz aus erschlossen. Die Freibereiche - im Osten und Westen der Halle durch keilförmig verlaufende Sichtbetonscheiben abgegrenzt - sind als Vorzonen und Erschließungen zu den Tribünen mit entsprechendem Flächenbedarf bei Veranstaltungen geplant. Das Gebäude ist als Stahlbetonkonstruktion mit einem Fachwerk über den Präsentationsflächen und einem Brückentragwerk in Form einer Trogbrücke mit einer aufgesetzten Stahlrahmenkonstruktion im Flügelgeschoss konzipiert. Über dem Foyerbereich ist die Gastronomie-Ebene eingehängt. Über der Restaurantfläche wird zusätzlich zwischen den Erschließungskernen eine Brücke mit einer parallel zur Start-Ziel-Geraden verlaufenden Bar gespannt. Im eigentlichen Obergeschoss, dem "Flügelgeschoss", getragen von den beiden schräg hochlaufenden Stiegen- und Versorgungskernen, sind im östlichen Drittel die Büroflächen mit Nebenräumen und im Westen großräumige Seminar- und Veranstaltungsflächen inklusive einer zentralen Sanitäranlage untergebracht.
Mit Eingabe vom 2. Dezember 2010 brachte die Bauwerberin die Fertigstellungsanzeige für die erste Teilrealisierung sowie einen Antrag auf Genehmigung von Abweichungen ein. Anstelle des ursprünglich geplanten und genehmigten Partnergebäudes mit Flügel und Tribünen für insgesamt 6.832 Personen sei eine Überlastschüttung errichtet und nunmehr angezeigt worden. Diese Überlastschüttung sei entsprechend den geologischen Verhältnissen als voreilende Bodenverbesserungsmaßnahme hergestellt worden und solle bis zur Realisierung des ursprünglich geplanten Partnergebäudes erhalten bleiben. (Laut angefochtenem Bescheid werden an der Nordseite der Überlastschüttung drei Tribünen aus Betonfertigteilen hergestellt, an der Südseite zwei Treppenanlagen und zwei Fußgängerrampen zur Erschließung der Tribünen.) Die Dammkrone weise eine Breite von 5 bis 6 m auf und es werde darauf eine Gabionenwand mit einer Höhe von 1,60 m errichtet, die im Westen eine Länge von 190 m, im Osten von 130 m aufweise. Die Oberkante der Dammkrone liege 8 m über der Start-Ziel-Geraden. Die Gestaltung der Überlastschüttung sei nach den Plänen eines Büros für Landschaftsgestaltung durchgeführt worden.
Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Februar 2011 wurde die Überlastschüttung (der Erdwall) im Zuge des Abnahmeverfahrens als geringfügige Abweichung neben anderen Projektänderungen mit dem Teilabnahmebescheid gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 genehmigt.
Mit Schriftsatz vom 5. März 2011 beantragte der Erstbeschwerdeführer als "betroffener Nachbar" von der Steiermärkischen Landesregierung die Zustellung des Bescheides vom 25. Februar 2011, Zuerkennung der Parteistellung und Gewährung von Akteneinsicht, weil aus seiner Sicht die Errichtung des Erdwalls keinesfalls eine geringfügige Änderung, sondern ein aliud darstelle. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2011 beantragte der Zweitbeschwerdeführer "als unmittelbar betroffener" Nachbar die Zuerkennung der Parteistellung sowie die Einsichtnahme in den Bauakt und eine ausreichend lange Frist, um sich dazu äußern zu können.
Mit Bescheiden vom 13. Dezember 2011 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) bzw. vom 22. Dezember 2011 (hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers) wies die Steiermärkische Landesregierung die Anträge der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung sowie auf Gewährung von Akteneinsicht im UVP-Abnahmeverfahren mangels Legitimation ab. Dies begründete sie im Wesentlichen mit dem Hinweis auf § 20 Abs. 4 iVm § 18 Abs. 3 UVP-G 2000, wonach nachträglich geringfügige Abweichungen genehmigt werden könnten, sofern den betroffenen Parteien gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben worden sei. Zur Frage der Geringfügigkeit der Abweichungen führte die Behörde erster Instanz aus, dass sämtliche Sachverständige die Frage, ob die Abweichungen mit den Ergebnissen der bereits durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung in Einklang gebracht werden könnten, explizit in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise bejaht hätten. Demnach stelle der antragsgegenständliche Erdwall eine geringfügige Änderung zum ursprünglich genehmigten Projekt dar, der im Einklang mit den Ergebnissen der UVP stehe und somit gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 genehmigungsfähig sei. Zur Frage der Parteistellung und der Betroffenheit der Beschwerdeführer führte die Behörde aus, Parteien des bisherigen Verfahrens könne eine Parteistellung nur dann zuerkannt werden, wenn sie durch die Abweichung negativ betroffen würden bzw. wenn zusätzliche Parteien durch die Abweichung generiert werden könnten. Die negative Betroffenheit habe sich dabei am genehmigten Bestand und nicht an der Nullvariante zu orientieren. Im vorliegenden Verfahren hätten sämtliche Sachverständige in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise verneint, dass Nachbarn durch die Abweichungen nachteilig betroffen sein könnten. Damit mangle es den Beschwerdeführern im Verfahren der nachträglichen Genehmigung des antragsgegenständlichen Erdwalls gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 an dem wesentlichen Kriterium zur Erlangung der Parteistellung, nämlich der negativen Betroffenheit, weshalb ihnen keine Parteistellung zuzusprechen sei.
Selbst wenn der antragsgegenständliche Erdwall nicht als geringfügige Änderung gemäß § 18 UVP-G 2000, sondern als solche gemäß § 18b leg. cit. zu beurteilen wäre, hätten die Beschwerdeführer als präkludierte Parteien im diesbezüglichen UVP-Änderungsverfahren keine Parteistellung, weil der Erstbeschwerdeführer im ursprünglichen UVP-Genehmigungsverfahren die Einwendungen zurückgezogen bzw. der Zweitbeschwerdeführer keine Einwendungen erhoben habe. Auch § 18b UVP-G 2000 biete keine Grundlage dafür, präkludierten Parteien quasi eine neue Chance zu geben. Dies ergebe sich aus dem vorletzten Satz dieser Bestimmung, der ausdrücklich von einer Ergänzung und nicht von der Wiederholung des Ermittlungsverfahrens spreche.
Da das Recht auf Akteneinsicht nur Parteien zukomme, den Beschwerdeführern im Verfahren gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 jedoch keine Parteistellung zukomme, stehe ihnen auch nicht das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG zu.
Dagegen beriefen der Erstbeschwerdeführer mit Eingabe vom 13. Jänner 2012 sowie der Zweitbeschwerdeführer mit Eingabe vom 17. Jänner 2012. Gleichlautend brachten sie vor, das Partnergebäude sei auf Grund seiner massiven Barrierewirkung Teil des schalltechnischen Konzeptes gewesen und sei vor allem auch als Schallschutzmaßnahme errichtet worden. Die Beschwerdeführer gingen davon aus, dass bereits das ursprüngliche Projekt auf Grund der zu erwartenden hohen Schallimmissionen nicht genehmigungsfähig gewesen wäre, wenn anstelle des Partnergebäudes der nunmehr errichtete Erdwall vorgesehen gewesen wäre. Das Projekt sei derart geändert worden, dass sich die ursprünglichen Beurteilungskriterien - vor allem hinsichtlich der Immissionen - geändert hätten, ohne dass die Betroffenen und Parteien entsprechend beteiligt worden seien. Mangels Parteistellung hätten die Beschwerdeführer keine Kenntnis über die technische Berechnung des geänderten Projektes und hätten daher keine Möglichkeit, diese Unterlagen einzusehen und allenfalls deren Richtigkeit im Instanzenzug überprüfen zu lassen. Sie könnten somit ihre Interessen gemäß § 20 Abs. 4 UVP 2000 nicht wahren. Sie könnten auch nicht hinterfragen, wie die Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt seien, dass die Abweichungen mit den Ergebnissen der bereits durchgeführten UVP in Einklang stünden und daher eine geringfügige Änderung darstellten. Aus einem den Berufungen beiliegenden Argumentationsblatt ergebe sich, dass die Dämmwirkung des Erdwalls im Vergleich zum nicht errichteten Partnergebäude um ca. 2 dB geringer sei. Dies sei jedenfalls für die Beurteilung gemäß § 17 Abs. 2 bis 5 UVP-G 2000 relevant und die Abweichung daher nicht als geringfügige Änderung zu beurteilen.
Die belangte Behörde erteilte der Bauwerberin mit Schreiben vom 7. März 2012 den Auftrag, Plandarstellungen der Überlastschüttung mit allen baulichen Schallschutzmaßnahmen in Bezug auf die Situierung der Grundstücke der Beschwerdeführer vorzulegen sowie zusätzliche Angaben über die Immissionspunkte in der Nähe der Grundstücke der Beschwerdeführer, die Höhe der Schirmkante des Erdwalls mit Gabionen und den Zeitpunkt der Realisierung des ursprünglich genehmigten Partnergebäudes zu machen.
Mit Eingabe vom 22. März 2012 führte die Bauwerberin u. a. aus, im Verfahren zur nachträglichen Genehmigung geringfügiger Abweichungen komme Nachbarn nur insoweit Parteistellung zu, als sie von den Auswirkungen der Änderung (anders oder neu) betroffen sein könnten, wenn also durch die Änderungen geänderte Umweltauswirkungen verglichen zu den bereits im UVP-Genehmigungsverfahren geprüften Auswirkungen eintreten und diese den Nachbarn betreffen könnten. Da im Rahmen des Abnahmeverfahrens der eigentliche genehmigte Bestand nicht mehr angefochten werden könne, seien alle diesbezüglichen Argumente von vornherein unzulässig. Demnach könnten schall- und luftreinhaltetechnische Betroffenheiten aus der UVP-Genehmigung nicht mehr aufgegriffen werden. Der Erstbeschwerdeführer habe seine Einwendungen zurückgezogen, der Zweitbeschwerdeführer sei präkludiert. Im Rahmen des Abnahmeverfahrens sei lediglich festzustellen, ob durch die vorgenommenen Abweichungen - verglichen mit der erteilten UVP-Genehmigung - andere oder zusätzliche Betroffenheiten möglich seien. Im vorliegenden Fall sei im UVP-Genehmigungsbescheid ein Immissionskontingent festgelegt worden. Eine negative (neue) Betroffenheit der Beschwerdeführer durch Schallimmissionen sei demnach schon deshalb ausgeschlossen, weil das rechtskräftig festgelegte Immissionskontingent in den Teilabnahmeverfahren unangetastet bleibe, d.h. unverändert weitergelte. Demgemäß sei die Möglichkeit einer anderen Betroffenheit der Nachbarn durch die Abweichungen im vorliegenden Fall schon von vornherein ausgeschlossen. Dies werde durch die schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der im Abnahmeverfahren beigezogenen Sachverständigen bestätigt. Angesichts der schutzgutorientierten Betrachtung sei die Überlastschüttung als geringfügige Änderung zu beurteilen. Die Bauwerberin legte auch eine gutachterliche Stellungnahme eines schalltechnischen Büros vom 22. März 2012 zu den Berufungen und den Fragen des Umweltsenates vor. Darin gelangte dieses zu dem Ergebnis, dass keinerlei Anhaltspunkte vorlägen, dass die Schalldämmung des Erdwalls geringer als ursprünglich vorgesehen wäre. Die von den Beschwerdeführern genannte Minderung der Schalldämmung von 2 dB sei ohnehin unbegründet und offensichtlich aus der Luft gegriffen. Die vorgebrachte Kritik sei unrichtig und als unbegründet zurückzuweisen. Die Schalldämmung des Erdwalls sei nachgewiesenermaßen zumindest äquivalent und in Teilen sogar besser als im ursprünglichen Projekt vorgesehen.
Die Beschwerdeführer äußerten sich in ihrer Stellungnahme vom 19. April 2012 negativ zu den Ausführungen der Bauwerberin und wiederholten im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Mit den angefochtenen Bescheiden (vom 30. April 2012) wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im UVP-Abnahmeverfahren und Aufhebung der Bescheide vom
13. bzw. 22. Dezember 2011 ab und im Hinblick auf die Anträge auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und Akteneinsicht im UVP-Abnahmeverfahren mangels Parteistellung zurück. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides werde jeweils aus Anlass der Berufung im Hinblick auf den Antrag auf Gewährung auf Akteneinsicht im UVP-Abnahmeverfahren insoweit abgeändert, als der Antrag auf Akteneinsicht mangels Parteistellung zurückgewiesen werde.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 iVm § 18 Abs. 3 UVP-G 2000 aus, unabhängig davon, ob die gegenständliche Abweichung als geringfügige (§ 18 UVP-G 2000) oder nicht geringfügige Änderung (§ 18b leg. cit.) angesehen werde, seien nur "die von der Änderung betroffenen Beteiligten gemäß § 19" als Parteien festgelegt. Die Parteistellung präkludierter Parteien lebe nur wieder auf, soweit neue subjektive Rechte berührt seien oder die Parteien in ihren bereits tangierten Rechten anders als nach dem ursprünglichen Antrag betroffen würden, weil sie bezüglich des geänderten Teils des Verfahrensgegenstandes noch nicht die Möglichkeit gehabt hätten, sich zu verschweigen und dadurch die Parteistellung zu verlieren. Die Beschwerdeführer würden jedoch durch die nunmehr ausgeführte Überlastschüttung weder neu noch anders im Vergleich zur UVP-Grundsatzgenehmigung (gemeint wohl: zum UVP-Genehmigungsbescheid vom 12. September 2007) betroffen. Dies werde sowohl durch die gutachterliche Stellungnahme des schalltechnischen Büros vom 26. November 2010 als auch von dem seitens der erstinstanzlichen Behörde bestellten nichtamtlichen Sachverständigen bestätigt. Dieser komme nachvollziehbar zum Schluss, dass die Überlastschüttung eine äquivalente und in Teilen - nicht zuletzt auf Grund des Umstandes, dass sie 140 m länger sei als das Partnergebäude und keine Lücken und Öffnungen habe - auch etwas bessere Schirmwirkung besitze; durch die Ausführung der Überlastschüttung ergäben sich keine negativen Auswirkungen auf die Lärmimmissionen, eine nachteilige Beeinträchtigung der Nachbarn durch die Abweichungen sei nicht gegeben und die Ergebnisse der bereits durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung würden durch diese Abweichungen nicht beeinträchtigt.
Anschließend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Immissionskontigentierungsmodell aus, durch die Ausführung der Überlastschüttung anstelle des geplanten Partnergebäudes habe sich in Bezug auf die Geräuschimmissionsbelastung für die Beschwerdeführer nichts geändert und die zur Genehmigung im UVP-Abnahmeverfahren eingereichten Abweichungen beträfen nicht die Betriebsart des genehmigten Vorhabens auf den vier errichteten Strecken. Modifikationen eines in erster Instanz behandelten Vorhabens im Berufungsverfahren seien zulässig, soweit sie weder andere Parteien als bisher noch bisherige Verfahrensparteien anders als bisher berührten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1999, Zl. 95/07/0196). Dies sei gegenständlich jedoch nicht der Fall. Die Behörde erster Instanz habe daher die Parteistellung der Beschwerdeführer zutreffend verneint. Im Übrigen seien sie den Sachverständigengutachten nicht auf gleicher Ebene in tauglicher Art und Weise entgegengetreten.
Soweit die Beschwerdeführer auch Einsicht in den Akt des UVP-Abnahmeverfahrens begehrt hätten, hätten sie als Nichtpartei Verfahrensrechte geltend gemacht, die nur einer Partei zustünden. Die Behörde erster Instanz hätte daher nach Abweisung der Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung die Anträge auf Akteneinsicht als unzulässig zurückweisen müssen. Diesbezüglich sei der Spruch richtigzustellen gewesen. Auch die im Rahmen des Berufungsverfahrens geltend gemachten Verfahrensrechte seien als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:
Vorliegend ist das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2009 anzuwenden. Gemäß dessen § 20 Abs. 4 hat die Behörde im Abnahmebescheid die Beseitigung festgestellter Abweichungen aufzutragen; sie kann in Anwendung des § 18 Abs. 3 leg. cit. nachträglich geringfügige Abweichungen genehmigen, sofern den betroffenen Parteien gemäß § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben wurde.
Gemäß § 18 Abs. 3 UVP-G 2000 können Änderungen des grundsätzlich genehmigten Vorhabens in der Detailgenehmigung insoweit vorgenommen werden, als sie nach den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung dem § 17 Abs. 2 bis 5 leg. cit. nicht widersprechen (Z 1) und die von der Änderung betroffenen Beteiligten gemäß § 19 UVP-G 2000 Gelegenheit hatten, ihre Interessen wahrzunehmen (Z 2).
Parteien gemäß § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 sind unter anderem Nachbarn/Nachbarinnen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden können, … (Z 1).
Im gegenständlichen Verfahren ist strittig, ob Nachbarn/Nachbarinnen, die grundsätzlich von den Auswirkungen des UVP-pflichtigen Vorhabens gefährdet oder belästigt werden können, im Verfahren zur Abnahmeprüfung gemäß § 20 UVP-G 2000 Parteistellung haben, wenn gemäß dessen Abs. 4 im Rahmen des Abnahmebescheides Abweichungen vom ursprünglich genehmigten Vorhaben nachträglich genehmigt werden sollen. Die UVP-Behörden und die mitbeteiligte Partei verneinten dies mit dem Argument, die Beschwerdeführer seien im gegenständlichen Fall nicht anders betroffen als durch das ursprünglich genehmigte Vorhaben. Die Beschwerdeführer argumentieren hingegen im Ergebnis damit, dass es Gegenstand des Abnahmeverfahrens sein müsse, das Ausmaß ihrer Betroffenheit durch die Änderung festzustellen, und dass sie im Rahmen dieses Verfahrens ihre Interessen als Parteien geltend machen könnten.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Gegenstand des anhängigen Verfahrens ist die Feststellung, ob den Beschwerdeführern Parteistellung im Verfahren zur Abnahmeprüfung gemäß § 20 UVP-G 2000 zukommt. Ziel dieses Verfahrens ist es, durch den Abspruch über die Parteistellung zu klären, ob die betreffende Person dem Verfahren beizuziehen ist, und es ihr damit zu ermöglichen, die ihr zur Wahrung ihrer (vermeintlichen) Rechtsansprüche und rechtlichen Interessen im AVG eingeräumten Verfahrensrechte geltend zu machen (vgl. die bei Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Rz 23 zu § 8 AVG zitierte hg. Judikatur).
Hätte die Bauwerberin den nunmehr verfahrensgegenständlichen Erdwall bereits in ihrem ursprünglichen Genehmigungsantrag vorgesehen gehabt, hätten die Beschwerdeführer diesbezüglich ihre Interessen als Parteien bereits in diesem Genehmigungsverfahren wahrnehmen können.
Auch im Zuge des Berufungsverfahrens sind Modifikationen des Projektes zulässig, sofern sie nach Art und Ausmaß geringfügig sind, das Wesen (den Charakter) des Vorhabens nicht ändern und die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens nicht überschritten wird. In diesem Fall hat die Behörde das Verfahren nach der Antragsänderung insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist. Dieser Zweck besteht darin, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (vgl. dazu die bei Hengstschläger-Leeb, aaO, Rz 46 zu § 13 AVG zitierte hg. Judikatur). Im Mehrparteienverfahren darf die Antragsänderung keine zusätzlichen subjektiven Rechte mitbeteiligter Parteien (die dem Verfahren bisher vielleicht noch gar nicht beigezogen worden sind oder die ihre Parteistellung und damit auch ihr Berufungsrecht gegen den erstinstanzlichen Bescheid verwirkt haben) berühren (vgl. dazu Hengstschläger-Leeb, aaO, Rz 47 zu § 13 AVG, mit Hinweisen u. a. auf Ph. Pallitsch, Die Präklusion im Verwaltungsverfahren (2001) Seite 136 f), und darüber hinaus auch bisher geltend gemachte Rechte nicht anderes berühren. Hätte die Bauwerberin während des Berufungsverfahrens die Änderung ihres Genehmigungsantrages (statt Partnergebäude nunmehr Errichtung des Erdwalls) eingebracht, hätte die Berufungsbehörde diesbezüglich ergänzende Ermittlungen durchzuführen und den Parteien das Ergebnis dieser Ermittlungen vorzuhalten gehabt, und zwar auch dann, wenn dadurch das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens bestätigt worden wäre (vgl. dazu die bei Hengstschläger-Leeb, aaO, Rz 7 zu § 66 AVG zitierte hg. Judikatur).
Im vorliegenden Fall wurde jedoch keine Antragsänderung während des Genehmigungsverfahrens eingebracht, sondern die Bauwerberin errichtete das Vorhaben abweichend von der erteilten Genehmigung. Die in § 20 Abs. 4 zweiter Satz UVP-G 2000 vorgesehene Möglichkeit, nachträglich geringfügige Abweichungen genehmigen zu können, stellt eine Ausnahme von dem im ersten Satz formulierten Grundsatz, wonach die Beseitigung festgestellter Abweichungen aufzutragen ist, dar. Ausnahmen sind grundsätzlich restriktiv auszulegen. Diese Bestimmung ermöglicht es der Bauwerberin, Abweichungen weder beseitigen noch für diese ein eigenes Genehmigungsverfahren durchführen zu müssen. Diese Erleichterung darf aber nicht dazu führen, dass den von den Abweichungen Betroffenen Rechte vorenthalten werden, die sie im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens geltend machen könnten.
Die nachträgliche Genehmigung geringfügiger Abweichungen ist gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 an zwei Bedingungen geknüpft, nämlich, dass sie den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht widersprechen und den betroffenen Parteien gemäß § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben wurde. § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 verweist hinsichtlich der Parteieninteressen einerseits auf § 18 Abs. 3 leg. cit., in dessen Z 2 bereits vorgesehen ist, dass die von der Änderung betroffenen Parteien ihre Interessen wahrnehmen können, andererseits ist in § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 nochmals festgelegt, dass den betroffenen Parteien Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen zu geben ist. Trotz der unterschiedlichen Formulierungen ist davon auszugehen, dass auch gemäß § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 nur den von den Abweichungen betroffenen Parteien Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen zu geben ist.
Einer Person kommt nicht nur dann Parteistellung zu, wenn feststeht, dass sie durch das Verfahren tatsächlich in ihren Rechten beeinträchtigt wird. Für die Parteistellung genügt es vielmehr, dass die Verletzung eines gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechts durch den Bescheid möglich ist. Dazu muss die Behörde jenen Sachverhalt ermitteln, der es ihr ermöglicht, ein Urteil darüber abzugeben, ob eine Beeinträchtigung von Rechten in Frage kommt (vgl. dazu die in Hengstschläger-Leeb, aaO; Rz 9 zu § 8 AVG zitierte hg. Judikatur). Eine Parteistellung ist gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 für Nachbarn/Nachbarinnen nicht nur dann gegeben, wenn diese durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet werden, sondern bereits dann, wenn sie durch das Vorhaben gefährdet werden könnten. Ob eine Beeinträchtigung tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, berührt jedoch nicht die Parteieigenschaft (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2001, Zl. 2000/07/0012). Die Verweise von § 20 Abs. 4 über § 18 Abs. 3 Z 2 auf § 19 UVP-G 2000 sind daher - auch in verfassungskonform gebotener sachlicher Weise - so zu interpretieren, dass u. a. Nachbarn/Nachbarinnen, die durch Abweichungen gefährdet oder belästigt werden könnten, im Verfahren zur nachträglichen Genehmigung geringfügiger Abweichungen Gelegenheit zur Wahrnehmung ihrer Interessen zu geben ist.
Folgte man der Argumentation der belangten Behörde, dass den Beschwerdeführern eine Parteistellung hinsichtlich der nachträglichen Genehmigung von Abweichungen im Abnahmeprüfungsverfahren nur dann zukommt, wenn sie - dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens zufolge - tatsächlich negativ beeinflusst werden, würde ihnen die Möglichkeit genommen, ihre Interessen im Rahmen der Prüfung der möglichen Auswirkungen wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall ist gerade strittig, ob die Beschwerdeführer durch den Erdwall anders betroffen sein können als bei Errichtung des Vorhabens in der genehmigten Form. Der Hinweis auf das mit Bescheid vom 12. September 2007 genehmigte Immissionskontingent betreffend Schall vermag daran nichts zu ändern, weil die Beschwerdeführer mangels ausreichender Informationen und Beteiligungsmöglichkeiten nicht in der Lage sind, eine mögliche Berührung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte nachzuvollziehen bzw. auszuschließen. Das Schallimmissionskontingent mag geeignet sein, nachzuweisen, dass die Abweichungen den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht widersprechen; hinsichtlich der zweiten Bedingung des § 20 Abs. 4 iVm § 18 Abs. 3 Z 2 UVP-G 2000, dass nämlich die betroffenen Parteien Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen hatten, ist es nicht aussagekräftig. Den Beschwerdeführern war es mangels Parteistellung nicht möglich, zu überprüfen, ob sich die Schallauswirkungen bei Verwirklichung der Überlastschüttung innerhalb des genehmigten Immissionskontingentes bewegen oder dieses allenfalls übersteigen. Ihnen kann daher auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie im Verfahren zur Feststellung ihrer Parteistellung den im Abnahmeverfahren eingeholten bzw. beigebrachten Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegneten. Im Übrigen wurde ihr Antrag auf Akteneinsicht zurückgewiesen, sodass sie weder zu den Unterlagen betreffend den Antrag auf Genehmigung der Abweichungen noch zu den dazu eingeholten Gutachten Zugang hatten.
Die Beschwerdeführer wären dadurch, dass die Bauwerberin das Vorhaben konsenswidrig errichtete und die Abweichungen nachträglich im Rahmen des Abnahmeprüfungsverfahrens genehmigt würden, im Verfahren schlechter gestellt als sie es wären, wenn die Bauwerberin den gegenständlichen Erdwall bereits im ursprünglichen Projekt vorgesehen oder eine entsprechende Projektänderung während des Verwaltungsverfahrens vorgenommen hätte.
Gegenüber einem geänderten Projekt ist eine Präklusion nicht eingetreten (siehe dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht6, 134, mwN). Diese betroffenen präkludierten Beteiligten erlangen ihre Parteistellung durch die Antragsänderung ex nunc im Rahmen ihrer Betroffenheit wieder (vgl. dazu Ph. Pallitsch, a. a.O., 132, mwH). Eine eingetretene Präklusion kann im Berufungsverfahren insofern wieder erlöschen und sohin zur Wiedererlangung der Parteistellung führen, als die Antragsänderung Auswirkungen auf die Rechtsstellung der betroffenen Beteiligten hat (vgl. dazu Ph. Pallitsch, a.a.O., 136 f, mwH). Nichts anderes kann gelten, wenn das Vorhaben nach Erteilung der Genehmigung nicht konsenskonform errichtet wurde und die Abweichungen nachträglich genehmigt werden sollen.
Die Beschwerdeführer rügen daher zu Recht, dass es ihnen mangels Zuerkennung der Parteistellung nicht möglich war, von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Kenntnis zu erlangen, dazu Stellung zu nehmen und somit ihre Interessen wahrzunehmen.
Das Ergebnis der behördlichen Ermittlungen, wonach die Beschwerdeführer nicht anders als bisher betroffen bzw. teilweise sogar besser vor den Lärmimmissionen geschützt seien als bei Errichtung des genehmigten Partnergebäudes, war im gegenständlichen Verfahren nicht zu beurteilen. Die in diesem Verfahren durchgeführten Ermittlungen wären jedoch im Rahmen des Abnahmeprüfungsverfahrens zu führen und den Beschwerdeführern dazu Parteiengehör einzuräumen gewesen.
Da die belangte Behörde die Bedeutung der Ausnahmeregelung in § 20 Abs. 4 zweiter Satz UVP-G 2000 verkannte und die Anträge der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung im Abnahmeprüfungsverfahren ab- und jene auf Einräumung der Akteneinsicht zurückwies, belastete sie die angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb diese gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben waren.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführer auf Zuerkennung des Verhandlungsaufwandes in doppelter Höhe (entsprechend der zwei angefochtenen Bescheide) war abzuweisen, weil der Verwaltungsgerichtshof beschlossen hat, die beiden Beschwerdesachen zu einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden und somit nur eine Verhandlung stattfand. Daher war auch nur einmal Verhandlungsaufwand zuzuerkennen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. September 1968, Zl. 414/68, sowie vom 27. Oktober 1971, Zl. 2067/70).
Wien, am 20. Juni 2013
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