Normen
BauO OÖ 1994 §49 Abs1;
BauRallg impl;
BauRallg;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2012050220.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstücks Nr. 138/4, KG F, auf dem sich ein 1929 baurechtlich genehmigtes und errichtetes Wohngebäude befindet. Weiters existiert eine Baubewilligung aus dem Jahr 1957 für die Errichtung einer Abstellhütte (Garage).
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 20. September 2012 wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, einen nicht bewilligten Zubau an der Nordostecke des auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäudes zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Begründend führte der Gemeinderat in diesem Bescheid aus, das Wohngebäude sei 1951 umgebaut worden. Zu dieser Zeit sei offensichtlich auch der gegenständliche Zubau errichtet worden, welcher in dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Bauplan per Hand eingezeichnet sei und ein Ausmaß von rund 5,5 x 3,4 m habe. Da der Plan keinen Genehmigungsvermerk aufweise, könne nicht von einem bewilligten Baubestand ausgegangen werden. Auch eine Aktendurchsicht beim Marktgemeindeamt habe keine den Zubau betreffende Bewilligung ergeben. Aufgrund der geltenden Gesetzeslage könne auch keine nachträgliche Bewilligung erteilt werden.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab und führte zusammengefasst aus, der Zubau sei sowohl bei seiner Ausführung als auch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bewilligungspflichtig gewesen. Eine nachträgliche Bewilligung scheide aus, da das Gebäude in einem zu geringen Abstand zur Grundstücksgrenze errichtet worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1. § 49 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO) lautet:
"§ 49
Bewilligungslose bauliche Anlagen
(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann."
Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 49 BO setzt demnach voraus, dass die den Gegenstand des Verfahrens bildende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist. Für die Klärung der Frage, ob die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages möglich ist, ist die in diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/05/0148, mwN).
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
2.1. Nach § 1 der 1951, also im Zeitpunkt der Errichtung des Zubaus anzuwendenden Bauordnung für das Erzherzogtum Österreich ob der Enns (Gesetz vom 13. März 1875, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Österreich ob der Enns Nr. 15/1875; BO 1875) waren Neu-, Zu- und Umbauten ebenso baubewilligungspflichtig wie sie es nach § 24 Abs. 1 Z 1 der geltenden BO sind.
Eine Baubewilligung für den Zubau wurde unbestritten nicht vorgelegt und lag auch in den Akten des Marktgemeindeamts der Mitbeteiligten nicht auf.
Eine nachträgliche Baubewilligung scheidet - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - wegen Verletzung der Abstandsvorschriften des § 5 des O.ö. Bautechnikgesetzes aus. Dass eine Ausnahme von dieser Bestimmung gemäß § 6 leg. cit. in Betracht käme, behaupteten die Beschwerdeführer nicht. Wie oben ausgeführt, ist es ohne Belang, ob der erfolgte Zubau im Zeitpunkt seiner Errichtung bewilligungspflichtig war.
2.2. In der Beschwerde wird - wie schon in der Vorstellung - vorgebracht, der Zubau existiere seit mehr als 60 Jahren, weshalb von einem vermuteten Konsens auszugehen sei.
Die Annahme eines solchen "vermuteten Konsenses" bei alten Beständen setzt jedoch jedenfalls voraus, dass der Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes so weit zurückliegt, dass die Erteilung der Baubewilligung fraglich erscheint, oder bestimmte Indizien dafür sprechen, dass trotz Fehlens behördlicher Unterlagen von der Erteilung einer Baubewilligung auszugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0278, mwN). Einer solchen Annahme steht jedoch entgegen, dass die schon 1929 für das Wohnhaus und die sechs Jahre nach der Errichtung des Zubaus für die Abstellhütte erteilten Baubewilligungen im Archiv der Mitbeteiligten aufliegen. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, aus welchen Gründen gerade für den 1951 errichteten Zubau eine Baubewilligung, obwohl erteilt, nicht in den Archiven der Mitbeteiligten vorhanden sein sollte.
2.3. Soweit die Beschwerdeführer schließlich von einer Ersitzung der Baubewilligung für den Zubau ausgehen, sind sie auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der eine Baubewilligung nicht "ersessen" werden kann (vgl. die Nachweise im hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/05/0325). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten § 52 lit. b BO 1875 (idF. LGBl. 53/1950), welcher lediglich festlegt, dass "ohne rechtskräftige Baubewilligung oder nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Baubewilligung durchgeführte Bauten zu beseitigen" sind, soweit "nicht nachträglich die Bewilligung hiezu rechtskräftig erteilt worden ist".
3. Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2013
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