VwGH 2011/07/0119

VwGH2011/07/011924.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der E GmbH in A, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte, 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 8. Februar 2011, Zl. BMLFUW-UW.4.1.12/0315- I/6/2010, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Widerstreitverfahren gemäß § 109 Wasserrechtsgesetz 1959 (mitbeteiligte Parteien: 1. KW G GmbH i. G., vertreten durch die Z H, G, und 2. MW GmbH, G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §44 Abs3;
AVG §44;
AVG §56;
VwRallg;
WRG 1959 §109 Abs1 idF 2001/I/109;
WRG 1959 §109 Abs2 idF 2001/I/109;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Mit Eingabe vom 30. Mai 2008 stellte die zweitmitbeteiligte Partei an den Landeshauptmann von Steiermark (im Folgenden: LH) das Ansuchen um Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für ein Kleinwasserkraftwerk am G-Bach.

Mit Kundmachung vom 2. Juni 2008 beraumte der LH die mündliche Verhandlung über dieses Ansuchen für den 16. Juni 2008, u. a. durch Anschlag in der Gemeinde Gaal, an.

Mit Eingabe vom 12. Juni 2008 übermittelte die Z H, Guts- und Forstverwaltung W, als Gesellschafterin und Vertreterin der erstmitbeteiligten Partei dem LH Projektsunterlagen für dieselbe Wassernutzung durch ein Kraftwerk mit dem Antrag auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens.

In der mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2008 legte die Verhandlungsleiterin den weiteren Verfahrensablauf dar mit der Erklärung, dass im Zuge dieser Verhandlung zunächst die Frage zu klären sei, ob ein Widerstreit im Sinne der §§ 17 und 109 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 vorliege. Das Verfahren sei nach Durchführung der Amtshandlung im Sinne der §§ 104 und 106 leg. cit. vorerst auf die Frage des Vorzuges zu beschränken. Aus diesem Grund werde die wasserrechtliche Bewilligungsverhandlung (über das Ansuchen der zweitmitbeteiligten Partei) bis zur Klärung der Vorfrage, welchem der geplanten Vorhaben auf Basis der eingereichten und an diesem Verhandlungstag vorliegenden Projekte der Vorzug zu geben sei, beschränkt und das Widerstreitverfahren eröffnet. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens werde den Parteien des Widerstreitverfahrens zur Stellungnahme übermittelt werden, bevor über den Vorzug bescheidmäßig entschieden werde.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 traf der LH den folgenden Ausspruch:

"Gemäß den §§ 17, 109 und 99 Abs. 1 lit. b (WRG 1959) wird festgestellt, dass die bei der erkennenden Behörde eingereichten Projekte zur wasserrechtlichen Bewilligung von Kraftwerksanlagen am G-Bach (…) der (zweitmitbeteiligten Partei) und der (erstmitbeteiligten Partei) einander widerstreiten.

Es liegt somit ein Widerstreit im Sinne der §§ 17 und 109 WRG vor.

Das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren (der zweitmitbeteiligten Partei) wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des ggst. Widerstreitverfahrens ausgesetzt.

Das eingereichte Projekt der (zweitmitbeteiligten Partei) dient dem öffentlichen Interesse besser als das eingereichte Projekt der (erstmitbeteiligten Partei) und gebührt somit dem Projekt der (zweitmitbeteiligten Partei) im Sinne des § 17 WRG der Vorzug.

(…)"

Die Gesellschafter der erstmitbeteiligten Partei erhoben

dagegen Berufung.

Mit Eingabe vom 27. April 2010 suchte die beschwerdeführende Partei beim LH unter Vorlage von Projektsunterlagen um die wasserrechtliche Bewilligung für die Nutzung der Wasserkraft des G-Baches durch ein Wasserkraftwerk mit dem Vorbringen an, dass ihrer Bewerbung gegenüber den Bewerbungen der beiden mitbeteiligten Parteien der Vorzug zu geben sei, weil diese von allen drei Projekten den öffentlichen Interessen am besten diene. Dazu brachte sie vor, dass die nach § 42 Abs. 1 zweiter Satz AVG zusätzlich zur Kundmachung nach § 41 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. in geeigneter Form vorgesehene Kundmachung der mündlichen Verhandlung, etwa durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung, unterblieben sei. Durch diesen Kundmachungsmangel sei nicht sichergestellt gewesen, dass auch das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der mündlichen Widerstreitverhandlung hätte berücksichtigt werden können. Die beschwerdeführende Partei sei daher von den in § 109 Abs. 2 WRG 1959 vorgesehenen Rechtsfolgen nicht betroffen, sodass ihr Ansuchen zu berücksichtigen sei.

Über diesbezügliche Aufforderung teilte die beschwerdeführende Partei dem LH mit Schreiben vom 13. Juli 2010 mit, dass der Auftrag für die Planung der Kraftwerksanlage im Jänner 2010 "erfolgt" sei.

Mit Bescheid des LH vom 16. September 2010 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei um wasserrechtliche Bewilligung bzw. Einleitung eines Widerstreitverfahrens vom 27. April 2010 gemäß § 109 Abs. 2 WRG 1959 zurückgewiesen. Dazu führte der LH (u.a.) aus, dieser Bewilligungsantrag sei zurückzuweisen gewesen, weil er lange nach dem Zeitpunkt der Erlassung dessen Bescheides vom 28. Oktober 2008 über die Entscheidung der Frage des Widerstreitverfahrens gestellt worden sei.

Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen Berufung.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Februar 2011 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 42 Abs. 1 AVG und § 109 WRG 1959 zurückgewiesen. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass die Verhandlung vom 16. August (richtig: Juni) 2008 als Bewilligungsverhandlung für das Projekt der zweitbeschwerdeführenden Partei kundgemacht worden und als solche zu werten sei. Dass auf Grund des Auftretens eines widerstreitenden Projektwerbers auch Widerstreitaspekte behandelt worden seien, wie zum Beispiel die Klärung der Vorfrage, ob überhaupt ein Widerstreit vorliege, stelle keine Grundlage dar, welche ein Ummünzen der Bewilligungsverhandlung in eine Widerstreitverhandlung zuließe. Der Betreff, welcher in einer Kundmachung angegeben werde, gebe den Rahmen des Verhandlungsgegenstandes vor. Nur über solche Ansuchen sei das Widerstreitverfahren zu eröffnen, die noch vor Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz bei der Behörde geltend gemacht würden. Sowohl die Verhandlung erster Instanz bezüglich des Bewilligungsverfahrens über das Projekt der zweitmitbeteiligten Partei als auch der Bescheid in Bezug auf die Bevorzugungsentscheidung der beiden widerstreitenden Projekte seien im Jahr 2008 durchgeführt bzw. erlassen worden. In Bezug auf § 109 Abs. 2 WRG 1959 führte die belangte Behörde aus, es sei widersinnig, anzunehmen, dass die Möglichkeit zur Vorlage eines Widerstreitprojektes solange bestehe, als die Verhandlung bezüglich der Bewilligung des ersteingereichten Projekts noch nicht abgeschlossen sei, und zwar auch dann, wenn das Verfahren bezüglich der Vorfrage des Vorzugs mit Bescheid erstinstanzlich entschieden worden sei. Da das bezüglich der Vorfrage der Bevorzugung eingeleitete Verfahren mit dem erstinstanzlichen Bescheid abgeschlossen worden sei, bestehe keine Möglichkeit mehr, ein widerstreitendes Projekt einzubringen. Die beschwerdeführende Partei habe zum Zeitpunkt der Verhandlung am 16. Juni 2008 durch das ersteingebrachte Projekt der zweitmitbeteiligten Partei denkunmöglich in ihren Rechten beeinträchtigt werden können, weil sie zu dem genannten Zeitpunkt kein über eine Projektsidee hinausgehendes verhandlungsfähiges Widerstreitprojekt hätte vorlegen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und brachte einen als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz mit dem Vorbringen ein, zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Bescheid zu verweisen und die Abweisung der Beschwerde zu beantragen.

Die mitbeteiligten Parteien haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 109 WRG 1959 idF des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 109, (im Folgenden: AgrÄG) lautet:

"Widerstreitverfahren

§ 109. (1) Liegen widerstreitende (§ 17), auf entsprechende Entwürfe (§ 103) gestützte Ansuchen um Bewilligung einer Wasserbenutzung vor, dann ist auf Antrag eines Bewerbers vorerst darüber zu entscheiden, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt. Sind für die Bewilligung der widerstreitenden Vorhaben sachlich verschiedene Behörden zuständig, so obliegt die Entscheidung über die Frage des Vorzuges der Behörde (§§ 98, 99 und 100).

(2) Ansuchen, die einer bereits in Behandlung gezogenen Bewerbung widerstreiten (Abs. 1), sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie noch vor Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz - wenn jedoch das Verfahren gemäß Abs. 1 zunächst auf die Frage des Vorzuges beschränkt war, noch vor Abschluss der mündlichen Verhandlung hierüber - bei der Behörde geltend gemacht werden. Sofern keine mündliche Verhandlung stattfindet, wird auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz abgestellt.

(3) Entscheidungen gemäß Abs. 1 treten außer Kraft, wenn das Vorhaben, dem der Vorzug gebührt, nicht bewilligt wurde oder ein Erlöschenstatbestand gemäß § 27 Abs. 1 lit. f vorliegt."

Die Beschwerde bringt vor, dass in der mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2008 über den Widerstreit zwischen den Projekten der beiden mitbeteiligten Parteien verhandelt, das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren und damit die Verhandlung darüber nicht abgeschlossen und ohne Fortsetzung der Verhandlung über den Widerstreit darüber mit noch nicht rechtskräftigem Bescheid (des LH) vom 28. Oktober 2008 abgesprochen worden sei. Die Auffassung der belangten Behörde, die Erlassung dieses Bescheides sei der letzte Zeitpunkt, vor dem durch einen weiteren Antrag noch ein Widerstreit begründet und darüber ein Verfahren durchgeführt werden könne, sei auf Grund des eindeutigen Wortlautes des § 109 Abs. 2 WRG 1959 unrichtig. Das Abstellen auf die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gelte nur, wenn keine mündliche Verhandlung davor stattfinde, und nicht bereits dann, wenn zwar eine mündliche Verhandlung (sei es im Bewilligungsverfahren, sei es im Widerstreitverfahren) stattfinde, diese jedoch nicht abgeschlossen werde. Der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Widerstreitverfahren komme daher keine rechtliche Bedeutung zu, weil jedenfalls eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Das Motiv für das Einfügen des § 109 Abs. 2 letzter Satz WRG 1959 habe ausschließlich darin bestanden, einen Gleichklang mit dem bei gleicher Gelegenheit geänderten § 107 Abs. 1 leg. cit. herzustellen, ohne dass damit ein ungebührliches Rechtsschutzdefizit geschaffen werden sollte. Rechtlich irrelevant sei, wann die beschwerdeführende Partei ihr Planungsbüro mit der Erstellung der von ihr eingereichten Projektsunterlagen beauftragt habe. Im Übrigen hätte sie, um ein Widerstreitverfahren auszulösen, die Projektsunterlagen rechtzeitig einreichen können, wenn sie von der mündlichen Verhandlung davor in angemessener Zeit Kenntnis erlangt hätte.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Mai 2013, Zl. 2010/07/0107, in Bezug auf § 109 Abs. 2 letzter Satz WRG 1959 idF des AgrÄG dargelegt hat, ist aus dieser Bestimmung, in der der Gesetzgeber den Abschluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz bzw. den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz als spätesten Zeitpunkt für die Geltendmachung eines widerstreitenden Projektes festgesetzt hat, zu folgern, dass er damit auch den spätestmöglichen Zeitpunkt für den Antrag auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens normieren wollte.

Zu den Beschwerdeausführungen ist noch Folgendes zu bemerken:

Durch Art. 7 Z 20 des AgrÄG wurde § 109 WRG 1959 geändert und Abs. 2 überdies durch den zweiten Satz ergänzt, dem zufolge für die Frage, welche einer bereits in Behandlung gezogenen Bewerbung (Ansuchen um Bewilligung einer Wasserbenutzung) widerstreitenden Ansuchen zu berücksichtigen sind, auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz abzustellen ist, sofern keine mündliche Verhandlung stattfindet. Nach den diesbezüglichen Materialien zum AgrÄG (vgl. RV 642 BlgNr. 21. GP, 29 und 30) verfolgte diese Novelle (u.a.) das Ziel, die nach wasserrechtlichen Bestimmungen zu führenden Verfahren einfacher und (damit) kostengünstiger durchführen zu können, weshalb auch die Bestimmungen über das Widerstreitverfahren neu geregelt wurden.

Der Regelungsinhalt des § 109 Abs. 1 und 2 WRG 1959 lässt die klare gesetzgeberische Absicht erkennen, die Frage, welche widerstreitenden Bewerbungen in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind, möglichst frühzeitig zu entscheiden. § 109 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. stellt nun auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides als letzten Zeitpunkt ab, bis zu dem - bei Vorliegen der weiteren in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen - noch ein einem bereits in Behandlung gezogenen Bewilligungsansuchen widerstreitendes Ansuchen zulässigerweise gestellt werden kann. Sofern jedoch im erstinstanzlichen Bewilligungsverfahren eine mündliche Verhandlung stattfindet - sei es über das bereits in Verhandlung gezogene Bewilligungsansuchen, sei es über die Frage des Vorzuges widerstreitender Bewerbungen - kann ein (allenfalls weiteres) konkurrierendes Bewilligungsansuchen zulässigerweise nur vor Abschluss der Verhandlung gestellt werden. Daraus ergibt sich, dass auch dann, wenn mit einem erstinstanzlichen Bescheid (nur) über den Vorzug eines wiederstreitenden Projektes entschieden wurde, die Stellung eines weiteren konkurrierenden Bewilligungsansuchens nach der Erlassung dieses Bescheides jedenfalls unzulässig ist.

Das von der Beschwerde dargelegte Normenverständnis, wonach dann, wenn eine mündliche Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren stattgefunden und der Verhandlungsleiter diese nicht geschlossen hat (vgl. dazu § 44 Abs. 3 AVG), auch ein erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gestelltes widerstreitendes Bewilligungsansuchen zu berücksichtigen sei, lässt sich weder mit dem klaren Wortlaut des § 109 Abs. 2 WRG 1959 noch mit der genannten, mit dem AgrÄG verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung in Einklang bringen. Abgesehen davon setzt ein das Verfahren erledigender Bescheid, wenn diesem ein Ermittlungsverfahren (§ 37 ff AVG) vorangeht, denknotwendigerweise den Abschluss des Ermittlungsverfahrens voraus (§ 56 AVG). Jede als Teil eines solchen Ermittlungsverfahrens stattgefundene mündliche Verhandlung hat daher auch ohne ausdrückliche Erklärung des Leiters der Verhandlung, diese im Sinn des § 44 Abs. 3 AVG für geschlossen zu erklären, denknotwendigerweise vor der Bescheiderlassung ihren Abschluss gefunden. Auch unter diesem Blickwinkel erweisen sich das genannte Verständnis der beschwerdeführenden Partei und deren Auffassung, die im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführte Verhandlung sei noch nicht abgeschlossen, als verfehlt.

Da gemäß § 109 Abs. 2 WRG 1959 bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur ein vor deren Abschluss gestelltes widerstreitendes Ansuchen Berücksichtigung finden kann - wobei es nicht darauf ankommt, ob die Verhandlung über das bereits in Behandlung gezogene Bewilligungsansuchen anberaumt und durchgeführt wurde oder ob das Verfahren und damit die Verhandlung zunächst auf die Frage des Vorzuges beschränkt wurde -, ist es auch nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob im Beschwerdefall - wie die Beschwerde ins Treffen führt - die Verhandlung nicht als Widerstreitverhandlung anberaumt und darin über die widerstreitenden Projekte verhandelt wurde. Im Übrigen ist eine mündliche Verhandlung im Widerstreitverfahren nicht zwingend erforderlich (vgl. dazu Bumberger/Hinterwirth, WRG2, § 109 WRG K 2), sodass bereits deshalb dahingestellt bleiben kann, ob die vom LH durchgeführte mündliche Verhandlung ordnungsgemäß kundgemacht wurde.

Ferner hegt der Verwaltungsgerichtshof - entgegen der Beschwerdeauffassung - auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 109 WRG 1959, und zwar weder unter dem Blickwinkel eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz noch unter jenem eines Verstoßes gegen Art. 6 EMRK, sodass keine Veranlassung für die Stellung eines Normenprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof bestand.

Die Behörden haben somit zutreffend die Zulässigkeit des Ansuchens der beschwerdeführenden Partei vom 27. April 2010 gemäß § 109 Abs. 2 WRG 1959 verneint. Der beschwerdeführenden Partei fehlte zwar die Legitimation zur Stellung dieses verfahrenseinleitenden Antrages. Als Adressatin des Bescheides des LH vom 16. September 2010 kam ihr jedoch das Recht zur Erhebung der Berufung gegen diesen Bescheid zu. Diese war daher zulässig und einer Sachentscheidung zuzuführen. Wenn auch die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides die Berufung zurückgewiesen hat, so hat sie sich dennoch inhaltlich mit der Frage, ob der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren die Antragslegitimation zustand, auseinandergesetzt. Damit stellt der Ausspruch über die Zurückweisung der Berufung lediglich ein Vergreifen im Ausdruck dar, welches nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, Zl. 2004/07/0210, mwN).

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden. In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2) und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2013, Zl. 2010/07/0141, mwH auf die Judikatur des EGMR und die hg. Judikatur).

Ein solcher Fall, zu dessen Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, liegt hier vor. Das vorliegende Verfahren betrifft ausschließlich Rechtsfragen, sodass Art. 6 EMRK der Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nicht entgegensteht.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Da die belangte Behörde in ihrem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz nicht substanziell zu den Beschwerdeausführungen Stellung genommen hat, war dem Bund lediglich der Ersatz des mit der Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens verbundenen Aufwandes und nicht auch der Ersatz des mit der Einbringung dieses Schriftsatzes verbundenen Aufwandes zuzuerkennen, sodass das diesbezügliche Kostenersatzmehrbegehren abzuweisen war (vgl. dazu etwa die in Mayer, B-VG4, zu § 48 VwGG Anm II.3. zitierte hg. Judikatur).

Wien, am 24. Oktober 2013

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