VwGH 2011/10/0089

VwGH2011/10/008927.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerden des WW in G, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Schmiedgasse 21, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung je vom 8. Februar 2011, Zl. FA11A B26-1922/2009-4 (hg. Zl. 2011/10/0089) und Zl. FA11A B26-1691/2008-4 (hg. Zl. 2011/10/0090), je betreffend Behindertenhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004 §4 Abs1a Z1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BehindertenG Stmk 2004 §4 Abs1a Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.163,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 9. Mai 2008 wurde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis 31. Jänner 2009 ein monatlicher Betrag von EUR 151,-- als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz - Stmk. BHG, LGBl. Nr. 26/2004, zuerkannt.

Mit dem zur hg. Zl. 2011/10/0090 angefochtenen Bescheid vom 8. Februar 2011 (im Folgenden: erstangefochtener Bescheid) hat die Steiermärkische Landesregierung der dagegen gerichteten Berufung des Beschwerdeführers "teilweise Folge gegeben" und die Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis 31. Dezember 2008 mit monatlich EUR 107,72 und für den Monat Jänner 2009 mit EUR 125,22 festgesetzt.

Mit Bescheid vom 23. Dezember 2008 hat der Bürgermeister der Stadt Graz dem Beschwerdeführer für den Zeitraum von 1. Februar 2009 bis 31. Jänner 2010 eine monatliche Hilfe zum Lebensunterhalt in der Höhe von EUR 148,50 zuerkannt.

Mit dem zur hg. Zl. 2011/10/0089 angefochtenen Bescheid vom 8. Februar 2011 (im Folgenden: zweitangefochtener Bescheid) hat die Steiermärkische Landesregierung der dagegen gerichteten Berufung des Beschwerdeführers "teilweise Folge gegeben" und die Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum vom 1. Februar 2009 bis 31. März 2009 mit EUR 140,43 festgesetzt sowie den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum vom 1. April 2009 bis 31. Jänner 2010 abgewiesen.

Zur Begründung der beiden angefochtenen Bescheide führte die belangte Behörde im Wesentlichen inhaltsgleich aus, dass der Beschwerdeführer bis Mitte März 2009 in einer teilzeitbetreuten Wohneinrichtung untergebracht gewesen sei. Dabei habe er selbst für die Verpflegungskosten aufkommen müssen. Daneben sei er werktags tagsüber in einer Tageswerkstätte untergebracht gewesen. Somit sei durchlaufend eine vollstationäre Unterbringung vorgelegen. Für die in der Tageswerkstätte verrichteten Tätigkeiten habe er bis Jänner 2009 eine Arbeitsprämie von monatlich EUR 17,75 und ab Februar 2009 von monatlich EUR 47,20 (jeweils zwölfmal jährlich) bezogen. Der Beschwerdeführer beziehe zudem die erhöhte Familienbeihilfe.

Bei vollstationärer Unterbringung bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Es gebühre jedoch gemäß § 9 Abs. 2 Stmk. BHG eine anteilsmäßige Hilfe, wenn nicht alle Leistungen gedeckt seien. Beim Beschwerdeführer seien die Aufwendungen für Bekleidung, angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß nicht gedeckt. Dafür werde von der Behörde eine anteilsmäßige Hilfe in der Höhe von einem Viertel des Richtsatzes für einen alleinstehenden Unterstützten ohne Familienbeihilfenbezug festgelegt. Es werde darauf hingewiesen, dass dieser anteilige Richtsatz ungefähr dem einem Pflegegeldbezieher zu verbleibenden Taschengeld entspreche. Für die Verpflegung seien dem Beschwerdeführer zusätzliche Kosten entstanden. Diese seien mit einem Betrag von EUR 200,-- je Monat zu berücksichtigen. Hiebei handle es sich um eine errechnete Pauschale, die die nicht durch den an die Betreuungseinrichtung geleisteten Tagsatz gedeckten Kosten abdecke. Auf Vierzehntel umgelegt betrage diese Pauschale EUR 171,43 je Monat. Um diesen Betrag sei die anteilsmäßige Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 10 Abs. 2 Stmk. BHG zu erhöhen. Dem so errechneten Bedarf sei das Gesamteinkommen des Beschwerdeführers gemäß § 11 Stmk. BHG gegenüberzustellen. Da der Familienbeihilfenbezug des Beschwerdeführers nicht in einem Richtsatz Berücksichtigung gefunden habe, stelle gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 Stmk. BHG auch der Grundbetrag der Familienbeihilfe ein Einkommen des Beschwerdeführers dar. Um eine Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung, die Familienbeihilfe beziehen, mit solchen, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, zu erzielen, sei die Familienbeihilfe in dem Ausmaß berücksichtigt worden, wie sie in der jeweiligen Richtsatzverordnung auf den Richtsatz angerechnet werde. (Die belangte Behörde hat daher für die jeweilige Periode die Differenz zwischen dem Richtsatz für alleinstehende Unterstützte ohne Familienbeihilfe und dem Richtsatz für solche Unterstützte mit Familienbeihilfe als Einkommen des Beschwerdeführers berücksichtigt.)

Darüber hinaus sei auch die Arbeitsprämie des Beschwerdeführers, bei der es sich nicht um ein Taschengeld handle, zu berücksichtigen. Umgelegt auf Vierzehntel habe diese Prämie monatlich bis Jänner 2009 EUR 15,21 und ab Februar 2009 EUR 40,46 betragen.

Aus all dem ergebe sich folgende Berechnung:

(RS: ein Viertel des Richtsatzes für Alleinstehende

ohne Familienbeihilfe in Euro

P: auf Vierzehntel umgelegte

Verpflegungskostenpauschale in Euro

FB: Differenz zwischen dem Richtsatz für

Alleinstehende ohne Familienbeihilfe und dem Richtsatz für

Alleinstehende mit Familienbeihilfe in Euro

AP: Auf Vierzehntel umgelegte Arbeitsprovision in Euro

LU: Die sich daraus ergebende Hilfe zum

Lebensunterhalt in Euro)

Periode

RS

P

FB

AP

LU

01.08 ‑ 12.08

130,50

171,43

- 179,--

- 15,21

107,72

01.09

135,‑ ‑

171,43

- 166,‑ ‑

- 15,21

125,22

02.09 ‑ 03.09

135,‑ ‑

171,43

- 166,‑ ‑

- 40,46

140,43

(richtig: 99,97)

Für den Zeitraum ab April 2009 hat die belangte Behörde mit

dem zweitangefochtenen Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers

auf Hilfe zum Lebensunterhalt mit der Begründung abgewiesen, dass

ab diesem Zeitpunkt Hilfe durch Unterbringung in einer

"Trainingswohnung" mit Vollversorgung gewährt worden sei.

Gegen die beiden angefochtenen Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, wobei die gegen den zweitangefochtenen Bescheid gerichtete Beschwerde die Abweisung des Begehrens auf Hilfe zum Lebensunterhalt für den Zeitraum ab April 2009 ausdrücklich unbekämpft lässt. Im übrigen Umfang begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der beiden Beschwerden als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Rechtssachen wegen ihres personellen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:

Der Beschwerdeführer macht mit den - im Wesentlichen gleichlautenden - Beschwerden primär geltend, in den Berufungen ausdrücklich ausgeführt zu haben, die Bescheide der Behörde erster Instanz nur insoweit anzufechten, als damit das Mehrbegehren abgewiesen worden sei, nicht aber im Umfang der zuerkannten Beträge. Insoweit seien diese Bescheide daher in Teilrechtskraft erwachsen. Es sei möglich, die begehrte Hilfe zum Lebensunterhalt bei stationärer Betreuung (egal ob vollstationär oder teilstationär) in einen - von der Behörde erster Instanz rechtskräftig zuerkannten - "Grundbetrag" und einen darüber hinaus begehrten "Zusatzbetrag" zu trennen.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen - immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die Berufungsbehörde hat sich also in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz mit der Verwaltungssache zu befassen. Das Verbot der reformatio in peius gilt im Berufungsverfahren nach dem AVG nicht. Die Berufungsbehörde kann den Bescheid der Behörde erster Instanz daher auch zum Nachteil des Berufungswerbers ändern (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, E 258 ff, zitierte hg. Judikatur).

Enthält der erstinstanzliche Bescheid allerdings mehrere Absprüche und werden nur einige davon angefochten, so erwachsen die unangefochten gebliebenen Absprüche - sofern sie von den angefochtenen trennbar sind - in Teilrechtskraft und können daher im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht geändert werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zl. 2006/10/0118). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Ein Teilabspruch, der in Rechtskraft erwachsen kann, kommt nur dann in Betracht, wenn jeder der getrennten Bescheidpunkte für sich allein ohne inneren Zusammenhang mit anderen Punkten einem gesonderten Abspruch zugänglich ist, also die Entscheidung über jeden dieser Punkte ohne Einfluss auf die Entscheidung über alle anderen Punkte ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, Rz 103 zu § 59, und die dort zitierte hg. Judikatur).

Mit der Zuerkennung einer beantragten Sozialhilfeleistung (hier: Hilfe zum Lebensunterhalt während stationärer Unterbringung) für einen bestimmten Zeitraum in einer bestimmten Höhe steht die - implizit damit verbundene - Abweisung des Mehrbegehrens für denselben Zeitraum jedenfalls in einem untrennbaren Zusammenhang. Im vorliegenden Fall war daher "Sache" des Berufungsverfahrens die Frage, ob und in welcher Höhe dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum Hilfe zum Lebensunterhalt gebührt. Im Rahmen dieser "Sache" durfte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Bescheide nach jeder Richtung ändern, also auch eine geringere Leistung zuerkennen.

Der Beschwerdeführer bestreitet die der Bemessung seines Anspruches durch die belangte Behörde zugrunde liegenden Feststellungen nicht und wendet sich auch nicht konkret gegen die von der belangten Behörde angewendete Berechnungsmethode. Er macht ausschließlich geltend, die angefochtenen Bescheide seien nicht ausreichend begründet. Es lasse sich lediglich entnehmen, dass die belangte Behörde von einer teilstationären Betreuung ausgehe. Es sei nicht ersichtlich, welcher Richtsatz auf welcher Rechtsgrundlage herangezogen werde. Weiters sei nicht verständlich, warum dem Beschwerdeführer nur ein Vierteil des Richtsatzes für alleinstehende Unterstützte zustehe.

Die hier maßgeblichen Normen haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

Steiermärkisches Behindertengesetz - Stmk. BHG, LGBl. Nr. 26/2004:

"§ 3. (1) Als Hilfeleistung für einen Menschen mit Behinderung kommen in Betracht:

e) Lebensunterhalt

§ 4. (1) Die Hilfeleistungen werden mobil, ambulant, teilstationär, vollstationär bzw. als Geldleistungen erbracht. …

  1. 1a) Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten:
  2. 1. Vollstationäre Leistungsinanspruchnahme bedeutet, dass der Mensch mit Behinderung Leistungen im Ausmaß von 24 Stunden am Tag in Einrichtungen der Behindertenhilfe in Anspruch nimmt. Die Leistungen können auch von mehreren Leistungserbringern erbracht werden.

§ 9. (1) Wenn der Mensch mit Behinderung

  1. 1. das 18. Lebensjahr überschritten hat,
  2. 2. nicht in einer Einrichtung der Behindertenhilfe vollstationär betreut wird und

    3. eine Hilfe gemäß § 3 Abs. 1 lit. c, d, g, h, i oder l erhält oder innerhalb der letzten sechs Jahre über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten im zuerkannten Ausmaß in Anspruch genommen hat,

    ist ihm unter Bedachtnahme auf § 26 Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, wenn sein Gesamteinkommen (§ 11) die Höhe des Richtsatzes (§ 10 Abs. 1 Z. 1) nicht erreicht. Die Hilfe zum Lebensunterhalt umfasst auch die Kosten für den vertretbaren Wohnungsaufwand.

(2) Sind durch eine vollstationäre Betreuung nicht alle Leistungen des Lebensunterhalts gedeckt, gebührt dem Mensch mit Behinderung eine anteilsmäßige Hilfe zum Lebensunterhalt.

(3) Der Lebensunterhalt umfasst den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung und andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch eine angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben gehören.

§ 10. (1) Die Landesregierung hat für die Hilfe zum Lebensunterhalt durch Verordnung festzulegen:

1. Richtsätze für die Bemessung der monatlichen Geldleistungen für

  1. a) alleinstehend Unterstützte,
  2. b) alleinstehend Unterstützte, die Familienbeihilfe beziehen,

(2) Die richtsatzgemäße Geldleistung ist im Einzelfall so weit zu erhöhen, als dies im Hinblick auf besondere persönliche und familiäre Verhältnisse des Menschen mit Behinderung erforderlich ist.

§ 11. (1) Gesamteinkommen ist die Summe aller Einkünfte eines Menschen mit Behinderung in Geld oder Geldeswert.

(2) Bei der Feststellung des Gesamteinkommens bleiben außer Betracht:

1. besondere Beihilfen, die auf Grund von Bundesgesetzen gewährt werden, wie insbesondere der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung, der Grundbetrag der Familienbeihilfe dann, wenn er bereits gemäß § 10 berücksichtigt wurde,

…"

Richtsatzverordnung zum Steiermärkischen Behindertengesetz

für das Jahr 2008, LGBl. Nr. 70/2008:

"§ 1

Lebensunterhalt

(1) Die Richtsätze für den Lebensunterhalt betragen für:

  1. 1. alleinstehend Unterstützte 522,-- Euro
  2. 2. alleinstehend Unterstützte gemäß Z. 1,

    die Familienbeihilfe beziehen 343,-- Euro

    …"

    Richtsatzverordnung zum Steiermärkischen Behindertengesetz

    für das Jahr 2009, Grazer Zeitung Nr. 5/2009:

    "§ 1

    Lebensunterhalt

(1) Die Richtsätze für den Lebensunterhalt betragen monatlich für:

  1. 1. alleinstehend Unterstützte 540,-- Euro
  2. 2. alleinstehend Unterstützte gemäß Z. 1,

    die Familienbeihilfe beziehen 374,-- Euro

    …"

    Die belangte Behörde hat in den angefochtenen Bescheiden deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihrer Ansicht nach beim Beschwerdeführer aufgrund der Kombination der Leistungen Unterbringung in einer Einrichtung mit "teilzeitbetreutem Wohnen" und Unterbringung in einer Tageswerkstätte insgesamt eine "vollstationäre Betreuung" im Sinn des Stmk. BHG gegeben sei.

    Bei einer vollstationären Betreuung handelt es sich nach der Definition gemäß § 4 Abs. 1a Z. 1 Stmk. BHG um eine Leistungsinanspruchnahme durch den Menschen mit Behinderung im Ausmaß von 24 Stunden am Tag in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Durch den zweiten Satz dieser Bestimmung ("Die Leistungen können auch von mehreren Leistungserbringern erbracht werden.") wird klargestellt, dass eine vollstationäre Betreuung auch dann vorliegt, wenn die insgesamt 24-stündige Betreuung während eines Tages von mehreren verschiedenen Einrichtungen geleistet wird.

    Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er im fraglichen Zeitraum durch teilzeitbetreutes Wohnen und Unterbringung in einer Tageswerkstätte insgesamt 24 Stunden am Tag Leistungen von Einrichtungen der Behindertenhilfe in Anspruch genommen hat. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum "vollstationär" im Sinn von § 4 Abs. 1a Z. 1 Stmk. BHG betreut worden sei, ist daher unbedenklich.

    Menschen mit Behinderung, die vollstationär betreut werden, gebührt gemäß § 9 Abs. 2 Stmk. BHG nicht ein bestimmter Richtsatz, sondern lediglich eine "anteilsmäßige" Hilfe zum Lebensunterhalt, wenn durch die vollstationäre Betreuung nicht alle Leistungen des Lebensunterhaltes gedeckt sind.

    Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass beim Beschwerdeführer durch die vollstationäre Betreuung von den gemäß § 9 Abs. 3 Stmk. BHG zum Lebensunterhalt gehörenden Aufwänden - neben den Kosten für Verpflegung (dazu gleich unten) - insbesondere die Aufwände für Bekleidung, Pflege der Beziehung zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben nicht gedeckt seien. Für diese persönlichen Bedürfnisse hat sie eine anteilsmäßige Hilfe von 25 % des Richtsatzes für alleinstehende Unterstützte ohne Familienbeihilfenbezug als angemessen angesehen.

    Gegen diese Vorgangsweise bestehen keine Bedenken, bringt doch der Beschwerdeführer in keiner Weise vor, dass und aus welchen Gründen mit diesen Beträgen die neben der vollstationären Betreuung anfallenden persönlichen Bedürfnisse (mit Ausnahme der Verpflegung) nicht gedeckt werden könnten.

    Weiters hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen zusätzlichen Bedarf von EUR 200,-- je Monat für die in seinem Fall durch die vollstationäre Betreuung nicht gedeckten Verpflegungskosten zugestanden. Auch dazu bringt der Beschwerdeführer - der nach dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift im Rahmen des teilzeitbetreuten Wohnens und der Unterbringung in der Tageswerkstätte Jause und Mittagessen erhält - nicht vor, dass er mit diesem Betrag nicht das Auslangen finden könne.

    Dem auf diese Weise ermittelten Bedarf des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde dessen Gesamteinkommen gegenübergestellt. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, das von der belangten Behörde berücksichtigte Einkommen zu erzielen, und wendet sich nicht gegen dessen Berücksichtigung. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt dagegen keine Bedenken, insbesondere auch nicht gegen die Heranziehung eines Teiles der Familienbeihilfe. Da beim Beschwerdeführer kein die Familienbeihilfe berücksichtigender Richtsatz herangezogen wurde, ist gemäß § 11 Abs. 2 Stmk. BHG - neben dem Kinderabsetzbetrag - auch der Grundbetrag der Familienbeihilfe als Einkommen zu berücksichtigen. Außer Betracht zu bleiben hat lediglich der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung. Die belangte Behörde hat vom heranzuziehenden Grundbetrag und Kinderabsetzbetrag ohnehin nur einen Teilbetrag in der Höhe der sich für das jeweilige Jahr errechnenden Differenz zwischen dem Richtsatz für alleinstehend Unterstützte ohne Familienbeihilfe und dem Richtsatz für solche Unterstützte mit Familienbeihilfe herangezogen.

    Da sich aus den angefochtenen Bescheiden die relevanten Feststellungen und Rechtsausführungen mit ausreichender Klarheit ergeben, liegt der geltend gemachte Begründungsmangel nicht vor.

    Dadurch, dass die belangte Behörde bei der Berechnung der Hilfe zum Lebensunterhalt für Februar und März 2009 entgegen ihrer Ankündigung die Arbeitsprämie von EUR 40,46 irrtümlich nicht als anspruchsmindernd berücksichtigt hat, wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt.

    Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 27. März 2012

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