Normen
AVG §38;
AVG §59 Abs1;
DVG 1984 §8a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §38;
AVG §59 Abs1;
DVG 1984 §8a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Zum Verfahrensgang wird auf die tieferstehende Wiedergabe des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 26. August 2008 verwiesen.
Im Spruch dieses Bescheides wurde Folgendes verfügt:
"Das Verfahren betreffend Ihre Berufung vom 26. Mai 2008 gegen den abweisenden Bescheid des Streitkräfteführungskommandos vom 09. Mai 2008, GZ P759420/13-SKFüKdo/J1/2008, wird ausgesetzt, weil wegen derselben zu entscheidenden Rechtsfrage ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig ist."
In der Begründung des Bescheides wird der Verfahrensgang wie folgt wiedergegeben:
"Auf Grund Ihres durch Ihren Rechtsanwalt eingebrachten Antrages vom 20. Dezember 2007 um bescheidmäßige Absprache hinsichtlich der im Novemberbezug 2007 geforderten Rückzahlungen (Nettoübergenuss in der Höhe von EUR 181,79) stellte das Streitkräfteführungskommando mit Bescheid vom 09. Mai 2008, GZ P759420/13-SKFüKdo/J1/2008, fest, dass
- Sie als Beamter gemäß § 22 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, für jeden Kalendermonat Ihrer ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit im Voraus einen monatlichen Pensionsbeitrag zu entrichten haben
- gemäß § 59 Abs. 1 Ziffer 9 des Pensionsgesetzes 1965 75% der Einsatzzulage den Anspruch auf eine Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss (anspruchsbegründende Nebengebühren) begründen und daher auch ein entsprechender Pensionsbeitrag vom Bediensteten zu leisten ist und
- hinsichtlich der ab 01. Jänner 2006 ausbezahlten Einsatzzulage und der davon abgeführten und mit Novemberbezug 2007 gegen verrechneten Sozialversicherungsbeiträge kein Fall eines Übergenusses im Sinne des § 13a des Gehaltsgesetzes 1956 vorliegt und damit auch kein diesbezüglicher guter Glaube in Betracht kommt.
Gegen diesen Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz haben Sie mit Schreiben vom 26. Mai 2008 durch Ihren Rechtsvertreter fristgerecht berufen.
Für die Lösung der Rechtsfrage, ob der Betrag, der sich aus der Gegenverrechnung der fälschlicher Weise nicht einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Pensionsbeiträge einen Übergenuss im Sinne des § 13a des Gehaltsgesetzes 1956 darstellt und somit die Gutgläubigkeit des Empfanges zu prüfen ist, ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in einem gleich gelagerten do. anhängigen Fall von Bedeutung."
Sodann führte die belangte Behörde aus, sie habe dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Aussetzung des Verfahrens vorgehalten, worauf dieser sich in einer Stellungnahme vom 21. August 2008 dagegen ausgesprochen habe. Nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen heißt es im angefochtenen Bescheid weiter:
"Gegenwärtig ist beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren gegen einen abweisenden Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung als oberste Dienstbehörde - wegen derselben wie in Ihrem Fall zu lösenden Rechtsfrage - anhängig.
Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absehbar ist, wie der Verwaltungsgerichtshof dieses Verfahren entscheiden wird, dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes aber für die Lösung der Rechtsfrage von Bedeutung ist, ob der Betrag, der sich aus der Gegenverrechnung der fälschlicher Weise nicht einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Pensionsbeiträge einen Übergenuss im Sinne des § 13a des Gehaltsgesetzes 1956 darstellt und somit die Gutgläubigkeit des Empfanges zu prüfen ist, sieht sich das Bundesministerium für Landesverteidigung veranlasst, das Verfahren über Ihre Berufung bis zum Abschluss des entsprechenden Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof auszusetzen.
Im Gegensatz zu Ihrer Auffassung vertritt die Berufungsbehörde die Rechtsansicht, dass im gegenständlichen Fall eine Vorfrage vorliegt, die zur Aussetzung des Verfahrens berechtigt. Es handelt sich nämlich - wie bereits ausgeführt - um die Rechtsfrage, ob der Betrag, der sich aus der Gegenverrechnung der fälschlicher Weise nicht einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Pensionsbeiträge einen Übergenuss darstellt. Erst im Falle des Vorliegens einer Übergenusses ist der gutgläubige Erwerb in weiterer Folge zu prüfen.
Ihrem Einwand, es stünden einer Aussetzung des Verfahrens überwiegende Interessen Ihrer Person entgegen, ist zu erwidern, dass die Aussetzung der Entscheidung über eine Berufung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Ermessensentscheidung darstellt. Überwiegende Parteiinteressen, die einer Aussetzung entgegenstehen, sind nur solche, die sich im Einzelfall aus einem besonders gelagerten Sachverhalt ergeben. So sind keine der Aussetzung entgegenstehenden Interessen z.B. das Interesse an einer raschen Erledigung oder an einer Entscheidung ohne unnötigen Aufschub (vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/16/0251). Auch der Umstand dass durch den Gehaltsabzug im November 2007 Ihren Ausführungen zufolge Ihr Vermögen geschmälert worden sei, steht einer Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Höhe des rückzuerstattenden Betrages von lediglich EUR 181,79 nicht entgegen."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, welcher sie mit Beschluss vom 23. Februar 2010, B 1709/08-7, ablehnte und über Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der Begründung dieses Beschlusses heißt es (auszugsweise):
"Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere in Art. 6 EMRK. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen (zur Frage der Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK auf verfahrensrechtliche Bescheide vgl. zB VfGH 11.12.2009, B 385/09, Punkt II.3. mwH)."
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofs ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, lautet:
"§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."
§ 8a DVG idF BGBl. I Nr. 165/2005 lautet:
"Zu § 38 AVG
§ 8a. (1) Die zur Entscheidung in letzter Instanz berufene Behörde kann das Dienstrechtsverfahren auch dann aussetzen, wenn
1. sie dieselbe Rechtsfrage zu beurteilen hat wie in
einem bereits von ihr erlassenen Bescheid und beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Beschwerde gegen diesen Bescheid anhängig ist, in der die Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung behauptet wird, und
2. überwiegende Interessen der Partei nicht
entgegenstehen.
(2) Mit Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist das Dienstrechtsverfahren von Amts wegen fortzusetzen."
Der angefochtene Bescheid erweist sich vorliegendenfalls schon infolge Verletzung des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 1 Abs. 1 DVG in Verbindung mit § 59 AVG als inhaltlich rechtswidrig:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem - zu einer Aussetzung nach § 38 AVG ergangenen - Erkenntnis vom 23. November 1988, Zl. 88/01/0176, Folgendes ausgesprochen: Hat die Behörde in ihrem Bescheid nicht präzise zum Ausdruck gebracht, bis zur Rechtskraft welcher gerichtlichen Entscheidung in welchem konkreten Verfahren sie die verfügte Unterbrechung vorgenommen hat, so verstößt dieser Bescheid insofern gegen das Gebot der Bestimmtheit. Dieser Rechtssatz ist auch auf eine Aussetzung gemäß § 8a DVG zu übertragen.
Vorliegendenfalls enthalten weder der Spruch, in den die Präzisierung aufzunehmen gewesen wäre, noch die allenfalls zur Auslegung eines unklaren Spruches heranzuziehende Begründung (vgl. dazu den zu einem Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG ergangenen hg. Beschluss vom 15. Dezember 2010, Zl. 2010/12/0089) des angefochtenen Bescheides eine Klarstellung, für die Dauer welches konkreten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Geschäftszahl) die Aussetzung des Berufungsverfahrens durch die belangte Behörde verfügt wurde. Die diesbezügliche Angabe wird erstmals in der Gegenschrift nachgetragen, was jedoch nicht zur Sanierung der durch die aufgezeigte Verletzung des Bestimmtheitsgebotes bewirkten inhaltlichen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 2000, Zl. 2000/17/0168, und vom 25. Jänner 1988, Zl. 86/10/0149 = VwSlg. 12.618 A/1988) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu führen vermag, sodass dieser schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455 (siehe insbesondere § 1 Z. 1 lit. a). Neben dem dort festgesetzten Pauschalbetrag für den Ersatz von Schriftsatzaufwand können Kosten aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zugesprochen werden.
Wien, am 26. Jänner 2011
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