VwGH 2010/10/0252

VwGH2010/10/025229.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des Sozialhilfeverbandes Rohrbach, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr u.a. Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 12, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 29. Oktober 2010, Zl. 20301-L/41648/39-2010, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfeleistungen, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
MSG Slbg 2010;
SHG OÖ 1998 §32 Abs5;
SHG OÖ 1998 §34 Abs2;
SHG OÖ 1998 §38;
SHG Slbg 1975 §53 Abs6 lite;
SHG Slbg 1975 §53 Abs7;
SHG Slbg 1975 §53 Abs8;
SHG Slbg 1975 §53;
SHG Slbg 1975 §60 Abs2 idF 2010/064;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art5 Abs2 lite;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Salzburger Landesregierung hat mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 den "Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 10.06.2010", dem Beschwerdeführer zugestellt am 9. September 2010, gemäß § 62 Abs. 4 AVG von Amts wegen dahin berichtigt, dass er wie folgt zu lauten habe:

"Das Land Salzburg als Sozialhilfeträger ist

nicht verpflichtet, die dem Sozialhilfeträger des Landes Oberösterreich, Sozialhilfeverband Rohrbach, ab dem 01.02.2008 entstandenen Aufwendungen für Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes für Frau T (K) zu ersetzen."

Diesen Ausspruch stützte die belangte Behörde auf die Art. 2, 3, 4 und 7 der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe vom Dezember 1973, der in der Folge alle anderen Bundesländer, Salzburg am 16. Mai 1975 (LGBl. Nr. 95/1975), beigetreten sind (im Folgenden: Ländervereinbarung), iVm § 53 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975 (Sbg. SHG).

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass TK seit 3. Jänner 2002 in einem Altenheim im Bereich des beschwerdeführenden Sozialhilfeverbandes wohnhaft sei und seit 1. August 2002 vom Beschwerdeführer Sozialhilfe erhalten habe. Das Land Salzburg sei - bis zur Selbstzahlungsfähigkeit von TK - gemäß § 53 Sbg. SHG iVm der Ländervereinbarung gegenüber dem Beschwerdeführer kostenersatzpflichtig gewesen. Nach dem Tod ihres Gatten am 11. Dezember 2006 sei TK auf Grund der Erbschaft fähig gewesen, die Heimkosten bis inklusive Jänner 2008 selbst zu bezahlen. Seit Februar 2008 erhalte sie wieder Sozialhilfe vom Beschwerdeführer. Diese neuerliche Hilfeleistung sei von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach unter Berufung auf das seinerzeitige Kostenanerkenntnis des Landes Salzburg vom 8. September 2003 der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau mitgeteilt und um Ersatz des bisher aufgelaufenen Aufwandes ersucht worden.

Der Beschwerdeführer habe erstmals mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 vom Land Salzburg den Ersatz der ab 1. Februar 2008 angefallenen Kosten begehrt. Der Kostenersatzanspruch sei erst ab sechs Monate vor diesem Zeitpunkt, somit ab 28. April 2009, anerkannt worden. Für den davor liegenden Zeitraum ab 1. Februar 2008 habe der Beschwerdeführer eine Entscheidung durch die belangte Behörde beantragt und dazu u.a. vorgebracht, dass sich TK ununterbrochen im Pflegeheim aufgehalten habe und sowohl der Antrag vom 31. Dezember 2008 als auch ein weiterer Antrag vom 13. August 2009 als Anzeige im Sinn der Ländervereinbarung anzusehen seien.

Zur Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers auf Entscheidung gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung seien im amtsinternen Entscheidungsfindungsprozess zwei unterschiedliche Bescheidkonzepte erarbeitet worden. Das mit 10. Juni 2010 datierte Konzept, mit dem vorgeschlagen worden sei, dem Antrag stattzugeben, sei letztlich verworfen worden. Intern genehmigt worden sei nur das eine Abweisung vorsehende Konzept vom 1. September 2010. Der Bescheid vom 1. September 2010 sei am 8. September 2010 abgefertigt worden. Die Zustellung an das Land Salzburg als Sozialhilfeträger sei am 8. September 2010 erfolgt. Der Beschwerdeführer habe die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau darüber informiert, dass ihm (am 9. September 2010) ein Bescheid vom 10. Juni 2010 zugestellt worden sei, mit dem dem Kostenersatzbegehren ab 1. Februar 2008 stattgegeben worden sei.

Die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG über die Berichtigung von Bescheiden finde auch auf jene Fälle Anwendung, in denen die einer Partei zugekommene Ausfertigung nicht mit der genehmigten Urschrift übereinstimme. Der Wille der belangten Behörde werde im Bescheid vom 1. September 2010, der durch die Zustellung an den Salzburger Sozialhilfeträger auch erlassen worden sei, ausgedrückt. Die Zustellung des "mit 10.06.2010 datierten Bescheides" sei auf ein Versehen zurückzuführen und drücke nicht den Willen der Behörde aus, weshalb "dieser Bescheid" berichtigt werde. Inhaltlich werde dazu Folgendes ausgeführt:

Nach der Ländervereinbarung sei der Beschwerdeführer verpflichtet, dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Sozialhilfeträger die Hilfeleistung anzuzeigen und alle für die Kostenersatzpflicht maßgeblichen Umstände mitzuteilen. Die Kosten der Heimunterbringung von TK seien zunächst vom Land Salzburg als Sozialhilfeträger dem Beschwerdeführer ersetzt worden. Dieser Kostenersatzanspruch habe geendet, weil aufgrund der TK eingeantworteten Erbschaft nach ihrem im Dezember 2006 verstorbenen Gatten mindestens drei Monate hindurch keine Hilfeleistung erbracht worden sei. Durch den bloßen Aufenthalt in einem Heim, dessen Kosten selbst finanziert würden, könne die Kostenersatzpflicht des Sozialhilfeträgers eines anderen Bundeslandes nicht aufrecht erhalten werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gegen die mit dem angefochtenen Bescheid angeordnete Berichtigung bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, die belangte Behörde habe den Bescheid vom 10. Juni 2010 dem Beschwerdeführer am 9. September 2010 zugestellt und damit erlassen. Es seien alle wesentlichen Bescheidmerkmale vorhanden. Daher handle es sich keineswegs nur um ein versehentlich übersendetes Konzept. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG seien nicht gegeben. Es sei keine von der Urschrift abweichende Ausfertigung zugestellt, sondern ein eigenständiger - stattgebender - Bescheid erlassen worden.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des AVG haben folgenden Wortlaut:

"§ 18. …

(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

§ 62. …

(4) Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden kann die Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigen.

§ 82a. Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010 bedürfen keiner Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur:

1. schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen;

2. schriftliche Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten. "

Gemäß § 18 Abs. 3 AVG muss also jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift - bzw. bei elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität - genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (vgl. Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, Rz 8 zu § 18, und die dort zitierte Literatur und Judikatur).

Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde das - irrtümlich an den Beschwerdeführer versendete - Bescheidkonzept vom 10. Juni 2010 nicht genehmigt, sondern verworfen. Diese Feststellung wird vom Beschwerdeführer nicht konkret bestritten. Sie steht damit im Einklang, dass sich bei den Verwaltungsakten nur die vom Genehmigenden eigenhändig unterfertigte Urschrift des Bescheides vom 1. September 2010 befindet, jedoch kein Schriftstück, das inhaltlich dem dem Beschwerdeführer zugestellten, mit 10. Juni 2010 datierten Schriftstück entspricht. Lediglich die vom Beschwerdeführer vorgelegte Kopie des ihm zugestellten nicht unterfertigten Konzepts vom 10. Juni 2010 erliegt bei den Verwaltungsakten.

Ungeachtet des Umstandes, dass das dem Beschwerdeführer zugestellte Schriftstück den Eindruck einer allen Anforderungen gerecht werdenden Ausfertigung eines dem Antrag stattgebenden Bescheides vom 10. Juni 2010 erweckt, existiert somit nach dem oben Gesagten mangels Genehmigung kein solcher Bescheid.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausdrücklich den Bescheid vom 10. Juni 2010 berichtigt. Damit hat sie schon insofern die dargestellte Rechtslage verkannt, als sie von der Existenz eines solchen Bescheides ausgegangen ist.

Im Übrigen könnte das dem Beschwerdeführer zugestellte Bescheidkonzept, nach dessen Inhalt dem Antrag mit entsprechender Begründung stattgegeben wird, keinesfalls als eine bloß mit Schreib- und Rechenfehlern oder diesen gleichzuhaltenden, offenbar auf einem Versehen oder technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit behaftete Ausfertigung des den Antrag mit entsprechender Begründung abweisenden Bescheides vom 1. September 2010 angesehen werden.

Der - nach der unrichtigen Ansicht der belangten Behörde existierende - Bescheid vom 10. Juni 2010 wurde mit dem angefochtenen Bescheid dahin berichtigt, dass er sowohl im Spruch als auch in der Begründung wörtlich mit jenem - gegenüber dem Land Salzburg als Sozialhilfeträger erlassenen - Bescheid vom 1. September 2010 übereinstimmt. Die Begründung wurde lediglich um Ausführungen zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 62 Abs. 4 AVG ergänzt.

In dem - der Sache nach eine Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers aussprechenden - angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass die Kostenersatzpflicht des Landes Salzburg drei Monate nach Einstellung der Leistungen durch den beschwerdeführenden Sozialhilfeträger infolge Selbstzahlung durch TK geendet habe und erst sechs Monate vor der mit 28. Oktober 2009 erfolgten neuerlichen Anzeige wieder entstanden sei.

Der Umstand, dass die belangte Behörde - nach dem Gesagten verfehlter Weise - von der Vorschrift des § 62 Abs. 4 AVG Gebrauch gemacht hat, führte für sich alleine nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil dem Beschwerdeführer aus der mit 10. Juni 2010 datierten behördlichen Emanation kein Recht erwachsen ist. Jedoch ist der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen inhaltlich rechtswidrig:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975, in der Fassung LGBl. Nr. 64/2010 (Sbg. SHG), haben folgenden Wortlaut:

"§ 1 (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen (Hilfesuchender).

§ 28 Rechtsträger zur Besorgung bzw. Sicherstellung der Aufgaben der Sozialhilfe ist das Land als Sozialhilfeträger. Rechtsträger der Sozialhilfe für die Unterbringung in eigenen Senioren- und Seniorenpflegeheimen sind die Stadt Salzburg, die übrigen Gemeinden und für den gegenständlichen Zweck gegründete Gemeindeverbände.

§ 53 (1) Das Land Salzburg hat den Trägern der Sozialhilfe anderer Länder die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen, soweit hierüber eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG besteht und Gegenseitigkeit gewährleistet ist.

(3) Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, ist das Land Salzburg zum Kostenersatz verpflichtet, wenn

1. sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate im Landesgebiet aufgehalten hat und

(4) Für die Anwendung des Abs. 3 Z. 1 gelten folgende Regelungen:

1. Bei der Berechnung der Fristen haben außer Betracht zu bleiben:

b) der Aufenthalt in einer Anstalt oder in einem Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient;

(5) Die Verpflichtung zum Kostenersatz dauert, solange der Hilfesuchende Anspruch auf Hilfe hat oder Hilfe empfängt, ohne Rücksicht auf einen nach dem Einsatz der Hilfe erfolgten Aufenthaltswechsel. Die Verpflichtung zum Kostenersatz endet, wenn mindestens drei Monate keine Hilfeleistung erbracht wurde.

(6) Das Land Salzburg als zum Kostenersatz verpflichteter Träger hat, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, alle einem Träger im Sinne des Abs. 2 erwachsenden Kosten zu ersetzen.

Nicht zu ersetzen sind:

e) die Kosten, die sechs Monate vor der Anzeige nach Abs. 7 entstanden sind;

(7) Das Land Salzburg, dem im Sinne des Abs. 2 Kosten erwachsen, hat dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger die Hilfeleistung unverzüglich, längstens aber innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Hilfeleistung anzuzeigen und diesem hiebei alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitzuteilen. Desgleichen ist jede Änderung dieser Umstände längstens innerhalb von sechs Monaten mitzuteilen.

(8) Über die Verpflichtung des Landes Salzburg zum Kostenersatz hat im Streitfall die Landesregierung im Verwaltungsweg zu entscheiden.

§ 60 (1) Die §§ 1 Abs. 2, (§) 5, 6 Abs. 1a, 14 Abs. 1 und 3, 31 Abs. 1 und 50a in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 64/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. Gleichzeitig treten die §§ 6 Abs. 4, 9, 15, 16, 18, der 4. Abschnitt mit den §§ 19 bis 21 und die §§ 39 und 47 außer Kraft.

(2) Hilfen zur Sicherung des Lebensbedarfs, die durch Bescheid vor dem im Abs. 3 bestimmten Zeitpunkt Personen, die Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß dem Salzburger Mindestsicherungsgesetz haben, zuerkannt worden sind, sind nach Maßgabe dieses Bescheides weiterzugewähren. Solche Leistungsbescheide treten mit der Einbringung eines Antrags auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung, spätestens jedoch mit 1. September 2011 außer Kraft. Ersatz- oder Rückerstattungsansprüche für solche Hilfen bleiben davon unberührt, auf sie sind die Bestimmungen dieses Gesetzes weiter anzuwenden.

…"

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Kostenersatzpflicht auf Grund des seinerzeitigen Kostenanerkenntnisses vom 8. September 2003 ununterbrochen aufrecht sei, weil sich TK während der gesamten Zeit im Pflegeheim aufgehalten habe. Die Behörde gehe überdies nicht auf das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen, die Anzeige sei bereits mit Schreiben vom 31. Dezember 2008 bzw. mit Schreiben vom 18. August 2009 erfolgt, ein. Weiters habe die belangte Behörde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 2000, Zl. 96/08/0111, nicht berücksichtigt, wonach die Verpflichtung zum Kostenersatz - ungeachtet der Einschränkung des § 53 Abs. 6 lit. e Sbg. SHG - auch für den mehr als sechs Monate vor der Anzeige gelegenen Zeitraum bestehe.

Vorauszuschicken ist, dass für die gegenständliche Frage der Kostenersatzpflicht des Landes Salzburg als Sozialhilfeträger für die TK von 1. Februar 2008 bis 27. April 2009 gewährte Sozialhilfe auch nach Inkrafttreten des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 63/2010, mit 1. September 2010 weiterhin die Bestimmungen des Sbg. SHG maßgeblich sind (siehe § 60 Abs. 2 Sbg. SHG in der hier maßgeblichen Fassung nach Art. I, Z. 12 des Mindestsicherung-Begleitgesetzes, LGBl. Nr. 64/2010, aus dem sich ergibt, dass auf Ersatzansprüche für vor dem Inkrafttreten des Mindestsicherungsgesetzes geleistete Sozialhilfe die Bestimmungen dieses Gesetzes weiter anzuwenden sind).

TK war unstrittig auf Grund der Erbschaft nach ihrem im Dezember 2006 verstorbenen Mann in der Lage, die anfallenden Heimkosten selbst zu tragen. Damit war sie nicht mehr hilfsbedürftig im Sinn von § 1 Sbg. SHG, weshalb sie keinen Anspruch auf Hilfe hatte und auch keine Hilfe erhalten hat. Da dieser Zustand unstrittig bis inklusive Jänner 2008 und somit jedenfalls mehr als drei Monate dauerte, hat die Verpflichtung des Landes Salzburg gemäß § 53 Abs. 5 letzter Satz Sbg. SHG geendet. Der Umstand, dass sich TK weiterhin - als Selbstzahlerin - in einem Pflegeheim aufgehalten hat, führt zwar gemäß § 53 Abs. 4 Z. 1 lit. b Sbg. SHG dazu, dass diese Zeit in den für die Anspruchsberechtigung nach § 53 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. maßgeblichen Zeitraum von mindestens fünf Monaten während der letzten sechs Monate vor Hilfegewährung nicht einzurechnen ist, nicht aber zur Unanwendbarkeit der Bestimmung des § 53 Abs. 5 leg. cit. über das Ende der Kostenersatzpflicht.

Gemäß § 53 Abs. 6 lit. e Sbg. SHG sind die Kosten, die sechs Monate vor der Anzeige nach Abs. 7 leg. cit. entstanden sind, nicht zu ersetzen. Diese Vorschrift ist im Einklang mit Art. 5 Abs. 2 lit. e Sbg. SHG und Art. 6 der Ländervereinbarung dahin auszulegen, dass jene Kosten nicht zu ersetzen sind, die (mehr als) sechs Monate vor der Erstattung der Anzeige durch den ersatzberechtigten Sozialhilfeträger entstanden sind. Der Begriff "Anzeige nach Abs. 7" in § 53 Abs. 6 lit. e Sbg. SHG ist im vorliegenden Zusammenhalt im Sinn von "Anzeige des Sozialhilfeträgers, der den Ersatzanspruch gegenüber dem Land Salzburg geltend macht", zu lesen (aA obiter VwGH Slg. 15386/A). Andernfalls - bezöge man die Regelung auf jene Anzeige, die das Land Salzburg seinerseits als ersatzberechtigter Sozialhilfeträger bei dem zum Ersatz verpflichteten Träger eines anderen Bundeslandes erstattet - liefe die Vorschrift leer.

Bei der Anzeige gemäß § 53 Abs. 7 Sbg. SHG bzw. Art. 6 der Ländervereinbarung handelt es sich um eine Tatsachenmitteilung, die darauf gerichtet ist, dem möglicherweise zum Ersatz verpflichteten Träger Kenntnis von der Tatsache der Hilfeleistung und über die Umstände, die für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebend sind, zu verschaffen. Im Hinblick auf ihren Charakter als Mitteilung ist auf sie nicht jener Maßstab anzulegen, der im Zusammenhang mit dem Antrag gemäß § 53 Abs. 8 Sbg. SHG bzw. Art. 7 der Ländervereinbarung, einer verfahrenseinleitenden Willenserklärung, zum Tragen kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juli 2011, Zl. 2007/10/0026, mwN). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass eine von der berufenen Untergliederung des Magistrats erstattete Anzeige unbeschadet des Fehlens der Fertigung "Für den Landeshauptmann" dem Land Wien als Sozialhilfeträger zuzurechnen und wirksam sei.

Bei den Verwaltungsakten befindet sich ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 31. Dezember 2008, gerichtet an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau, mit dem mitgeteilt wird, dass TK, die sich in einem bestimmt genannten Bezirksaltenheim befinde, seit 1. Februar 2008 wegen Aufbrauchs der Eigenmittel wieder Sozialhilfe durch Übernahme der Heimkosten gewährt werde. Die Heimkosten würden täglich EUR 59,80 zuzüglich 80 % des Pflegegeldes der gewährten Stufe - derzeit Stufe 4 - betragen. Weiters enthält dieses Schreiben eine Aufstellung des vom Sozialhilfeträger getragenen Aufwandes seit Februar 2008, aufgegliedert nach den einzelnen Monaten. Abschließend wird ersucht, den Gesamtaufwand zu überweisen. Dieses Schreiben wurde von der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau dem Amt der Salzburger Landesregierung als "Neuantrag" vorgelegt und ist dort am 23. Jänner 2009 eingelangt.

Da es sich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach um die Geschäftsstelle des Beschwerdeführers - und beim Bezirkshauptmann um den nach außen vertretungsbefugten Obmann des Beschwerdeführers - handelt (siehe die §§ 32 Abs. 5, 34 Abs. 2 und 38 des im relevanten Zeitpunkt maßgeblichen Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes 1998, LGBl. Nr. 82/1998), ist dieses Schreiben nach der zitierten hg. Judikatur als Anzeige dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Das Land Salzburg erhielt durch die Vorlage dieser Anzeige durch die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau am 23. Jänner 2009 Kenntnis von der Tatsache der Hilfeleistung und den Umständen, die für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebend sind.

Es stellt daher einen relevanten Verfahrensmangel dar, dass die belangte Behörde nicht näher auf das genannte Schreiben vom 31. Dezember 2008, das nach dem Gesagten als Anzeige gemäß § 53 Abs. 7 Sbg. SHG zu werten ist, eingegangen ist.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. November 2011

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