VwGH 2010/07/0090

VwGH2010/07/009030.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft S in L, vertreten durch Univ.Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 29. April 2010, Zl. LAS-996/4-09, betreffend die Ab- bzw. Zurückweisung von Feststellungsanträgen (mitbeteiligte Partei: Gemeinde L), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1451;
ABGB §1452;
ABGB §367;
AVG §38;
AVG §56;
AVG §8;
FlVfGG §15;
FlVfGG §17;
FlVfGG §33;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §37;
FlVfLG Tir 1935 §36 Abs2 litd;
FlVfLG Tir 1935;
FlVfLG Tir 1952 §36 Abs2 litd;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 lita;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z1 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs5 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs5;
FlVfLG Tir 1996 §34 Abs1 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §34 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs7 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §36 Abs2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs6 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs8 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §73 litd;
FlVfLG Tir 1996 §73 lite;
FlVfLG Tir 1996 §73;
FlVfLG Tir 1996 §74 Abs4;
FlVfLGNov Tir 2010;
GdO Tir 1928 §127;
GdO Tir 1928 §142;
GdO Tir 1949 §73 Abs3;
GdO Tir 1949;
GdO Tir 1966 §76 Abs3;
GdO Tir 1966;
VwRallg impl;
VwRallg;
ABGB §1451;
ABGB §1452;
ABGB §367;
AVG §38;
AVG §56;
AVG §8;
FlVfGG §15;
FlVfGG §17;
FlVfGG §33;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfGG §37;
FlVfLG Tir 1935 §36 Abs2 litd;
FlVfLG Tir 1935;
FlVfLG Tir 1952 §36 Abs2 litd;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 lita;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z1 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs5 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs5;
FlVfLG Tir 1996 §34 Abs1 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §34 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §35 Abs7 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §36 Abs2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs6 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs8 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §73 litd;
FlVfLG Tir 1996 §73 lite;
FlVfLG Tir 1996 §73;
FlVfLG Tir 1996 §74 Abs4;
FlVfLGNov Tir 2010;
GdO Tir 1928 §127;
GdO Tir 1928 §142;
GdO Tir 1949 §73 Abs3;
GdO Tir 1949;
GdO Tir 1966 §76 Abs3;
GdO Tir 1966;
VwRallg impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 15. Juni 2009 beantragte die beschwerdeführende Agrargemeinschaft (in weiterer Folge: Agrargemeinschaft), die Agrarbehörde möge feststellen, dass

"1. das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft nicht aus Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. d TFLG 1996 reguliert worden sei,

2. die Regulierung des Liegenschaftsvermögens der Antragstellerin aus Liegenschaften erfolgt sei, welche der holzbezugsberechtigten Gemeinde als Summe der holzbezugsberechtigten Stammsitzliegenschaftsbesitzer im Zuge der Umsetzung der Waldservitutenregulierung 1847 gegen Ablöse der gegen das k.k. Aerar gerichteten Holzbezugsrechte der einzelnen berechtigten Haus- und Hofbesitzer in das volle Eigentum übertragen worden seien,

3. das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft sohin aus agrarischen Grundstücken gemäß § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 reguliert worden sei,

4. unter einem wollten die Regulierungsbescheide der Agrargemeinschaft von Amts wegen berichtigt werden."

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 2. Dezember 2009 wurde das Antragsbegehren der Agrargemeinschaft zur Gänze abgewiesen. Die Erstbehörde begründete dies damit, dass entsprechend dem vorliegenden Grundbuchsanlegungsprotokoll zu Post-Nr. 515 das Eigentumsrecht eindeutig für die Gemeinde auf Grund des Waldzuweisungsprotokolles vom 20. Oktober 1848 angeschrieben worden sei. Überdies sei im rechtskräftigen Regulierungsplan vom 21. Februar 1966 unter Punkt I der Haupturkunde die Feststellung erfolgt, dass das Regulierungsgebiet ein agrargemeinschaftliches Grundstück in der Qualifikation des § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 darstelle. Schließlich sei auch in der Sitzung des Landesagrarsenates am 27. April 1934 auf Grund des Antrages der Gemeinde auf Einleitung des Regulierungsverfahrens der Sachverhalt dergestalt vorgetragen worden, dass das in Frage kommende Gebiet auf Grund der Gemeindeordnung gemeinschaftlich genutzt worden sei, also ein gemeinschaftliches Grundstück im Sinne des § 5 Abs. 3 T.R.L.G. darstelle. Zum Antrag auf amtswegige Berichtigung des Regulierungsplanes sei festzuhalten, dass die Rechtsordnung einen solchen Antrag nicht kenne, dieser jedoch als Anregung an die Behörde gewertet werden könne. Zur amtswegigen Abänderung bestehe kein Anlass.

Gegen diese Entscheidung erhob die Agrargemeinschaft Berufung, in der sie rügte, dass die Behörde in rechtswidriger Weise fingiere, dass wahres Eigentum der historischen Agrargemeinde im Wege einer Quasi-Erbschaft auf die politische Ortsgemeinde übergegangen sei. Auch eine Verwaltung des Regulierungsgebietes durch eine politische Ortsfraktion hätte nicht zum Erwerb von Eigentum geführt. Auf Grund der Waldservitutenablösungsmaßnahmen gemäß Patent vom 6. Februar 1847 hätten die politischen Ortsgemeinden aber kein Eigentum erwerben können, weil sie damals noch nicht existierten.

Mit Eingabe vom 20. April 2010 erstattete die Agrargemeinschaft neues Vorbringen, brachte verschiedene Urkunden in Vorlage und stellte mehrere Beweisanträge. Neben Ausführungen zu den wahren Eigentumsverhältnissen am Regulierungsgebiet legte die Agrargemeinschaft weiters dar, sie habe seit Rechtskraft des Regulierungsbescheides angesichts des Ablaufes der 40-jährigen Ersitzungszeit sämtliche Eigentumsrechte gegenüber der politischen Ortsgemeinde ersessen. Sie wies auch darauf hin, dass die Gemeinde am 7. Juni 1964 im Zuge eines Vergleiches mit den Nutzungsberechtigten im Gegenzug für die Beteiligung der Gemeinde an der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft mit einem Gemeindeanteil vom 22 % auf eine Anteilsberechtigung an der Agrargemeinschaft L verzichtet habe. Mehr als diese 22 % vom Ganzen (auch am Substanzwert) stehe der Gemeinde nicht zu. Dieses Parteienübereinkommen binde zum einen die Agrarbehörde und begründe zum anderen für die Agrargemeinschaftsmitglieder eine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition.

Die belangte Behörde führte am 29. April 2010 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen die Agrargemeinschaft ein Konvolut an Unterlagen vorlegte und Beweisanträge stellte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. April 2010 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und änderte aus Anlass der Berufung den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass der Antrag zu Punkt 4 als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Unter anderem legte die belangte Behörde begründend dar, aus einer Gesamtschau aller vier Fälle von Agrargemeinschaften im Ortsgebiet der mitbeteiligten Gemeinde ergebe sich, dass aus der Vertragsurkunde vom 20. Oktober 1848 nicht abgeleitet werden könne, es wäre das Eigentum an den vertragsgegenständlichen Waldungen an vier historische Agrargemeinschaften übertragen worden. Vielmehr zeige der vorliegende Vertragsinhalt der Urkunde vom 20. Oktober 1848, dass die Eigentumsübertragung an eine Rechtsperson, nämlich an die politische Gemeinde, vorgenommen worden sei.

Zusammenfassend sei zum Antragspunkt 1 der Eingabe der Agrargemeinschaft vom 15. Juni 2009 festzustellen, dass die unzutreffende Anführung der Gesetzesstelle des § 33 Abs. 2 lit. d TFLG 1996 nicht schade, da aus dem Antragsbegehren im Zusammenhalt mit der Antragsbegründung klar erkennbar sei, worauf das Feststellungsbegehren abstelle. Der Berufung könne jedoch keine Berechtigung zuerkannt werden, weil mit den Bescheiden vom 19. November 1964 (Liste der Parteien und Verzeichnis der Anteilsrechte) und 21. Februar 1966 (Regulierungsplan) eine rechtskräftige bescheidmäßige Feststellung von Gemeindegut vorliege. Eine genaue Überprüfung des gegenständlichen Sachverhaltes habe auch gezeigt, dass die damalige Qualifizierung zu Recht erfolgt sei, da das Regulierungsgebiet auch öffentlichrechtlichen Zweckbestimmungen gedient habe. Bezüglich des Gemeinschaftsgebietes sei jedenfalls im Regulierungszeitpunkt Gemeindegut vorgelegen und sei dies auch rechtskräftig so festgestellt worden. Es erübrige sich somit grundsätzlich eine weitergehende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen in der Berufung, soweit es rechtsgeschichtliche Entwicklungen und rechtshistorische Vorgänge vor der Regulierung beträfe. Es sei daher auch die Aufnahme der beantragten Beweise für die Vorgänge vor der Regulierung entbehrlich, insbesondere eines historischen, rechtshistorischen und sprachwissenschaftlichen Sachbefundes. Die Argumentationswidersprüche der Agrargemeinschaft bezüglich des Vergleichsprotokolles vom 20. Oktober 1848 seien ohnehin aufgezeigt worden, was vor allem den Fall der vermeintlich historischen Agrargemeinde "S" betreffe, welche in der Urkunde vom 20. Oktober 1848 keinerlei Erwähnung finde. Nachdem diese Vertragsurkunde die Regulierungsgebiete von vier Agrargemeinschaften in der Gemeinde zum Gegenstand gehabt habe, ergebe eine Gesamtschau dieser Urkunde selbstredend Rückschlüsse für alle vier Agrargemeinschaften, sohin auch für die hier beschwerdeführende Agrargemeinschaft. Es sei auch festzuhalten, dass für die Entscheidung jedenfalls des gegenständlichen Berufungsfalles die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Regulierungszeitpunkt als entscheidungswesentlich angesehen würden. Zeitlich weit davor liegenden Vorgängen könne keine maßgebliche Bedeutung zugemessen werden.

Das Gemeinschaftsgebiet sei vor der erfolgten Regulierung unzweifelhaft im Eigentum der politischen Gemeinde gestanden, diese habe auch die Verwaltung der gemeinschaftlichen Grundstücke aus dem Titel des Eigentums wahrgenommen. Die Erträgnisse des Gemeinschaftsgebietes seien feststellungsgemäß auch für öffentlichrechtliche Zwecke eingesetzt worden, womit die bescheidmäßig rechtskräftige Qualifizierung der gemeinschaftlichen Grundstücke im Regulierungsverfahren als Gemeindegut rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Auch die Würdigung der mit Schriftsatz vom 20. April 2010 vorgelegten Urkunden wie auch der bei der mündlichen Berufungsverhandlung beigebrachten Unterlagen führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Das rechtshistorische Gutachten des Univ. Prof. Mag. Dr. K vom 7. April 2009 vermöge (aus näher dargestellten Gründen) nicht zu überzeugen. Schließlich vermöge auch die geltend gemachte Ersitzung sämtlicher Eigentumsrechte gegenüber der Gemeinde seit der durchgeführten Regulierung die Berufung nicht zum Erfolg zu führen, da Rechtsinstitute des Privatrechtes wie Verjährung und Ersitzung im Zusammenhang mit den Anteilsrechten an einer Agrargemeinschaft nicht gelten würden. Über solche Rechte könne nur mit Genehmigung der Agrarbehörde verfügt werden; Anteilsrechte könnten weder durch Nichtausübung erlöschen noch durch Ausübung erworben werden. Im vorliegenden Fall gehe es ja gerade um die Frage einer Anteilsberechtigung der politischen Ortsgemeinde an der Agrargemeinschaft wegen Vorliegens von Gemeindegut.

Soweit die Agrargemeinschaft mit Schriftsatz vom 20. April 2010 ein Parteienübereinkommen vom 7. Juni 1964 über den Verzicht der Ortsgemeinde auf ein Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft L im Gegenzug für einen Gemeindeanteil an der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft von 22 % ins Treffen führe und daraus ableiten möchte, dass der Gemeinde in Ansehung der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft nicht mehr als diese 22 % vom Ganzen (auch am Substanzwert) zustehe, sei darauf hinzuweisen, dass mit diesen Vereinbarungen im Rahmen des Regulierungsverfahrens im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008 nicht abschließend auf den Substanzwert an den gemeinschaftlichen Grundstücken verzichtet worden sei. Bei den Vereinbarungen im Jahre 1964 sei es erkennbar um die Regelung der Holzbezüge der Gemeinde aus dem Gemeinschaftsgebiet gegangen, wobei sich die Gemeinde letztlich mit einem Gemeindeanteil von 22 % an der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft als zufriedengestellt erachtet habe. Über den Substanzwert sei bei diesen Vereinbarungen jedenfalls kein Wort verloren worden, was sich schon daraus ergebe, dass die Gemeinde zunächst einen Gemeindeanteil von 23 % am Hiebsatz gefordert habe. Den aktenkundigen Unterlagen und den agrarbehördlichen Bescheiden im Regulierungsverfahren könne folglich im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008 nicht der Inhalt unterstellt werden, dass damit die Zuordnung des Substanzwertes an die Gemeinde für alle Zeiten beseitigt worden wäre. Die Rechtsakte in einem Regulierungsverfahren hätten nämlich nicht die Wirkung, die Eigenschaft als Gemeindegut zu beseitigen. Nur bei einem agrarbehördlichen Teilungsverfahren hätte die Eigenschaft des Gemeindegutes tatsächlich beendet werden können, ein solches Teilungsverfahren habe im gegenständlichen Fall allerdings nicht stattgefunden. Folgerichtig hätte durch die Vereinbarungen im Jahre 1964 im Zuge des behängenden Regulierungsverfahrens weder die Eigenschaft des Regulierungsgebietes als Gemeindegut beseitigt werden noch die politische Ortsgemeinde ihre Substanzwertberechtigung an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken für alle Zeiten verlieren können.

Bezüglich der Antragspunkte 2 und 3 des Feststellungsbegehrens vom 15. Juni 2009 sei zu bemerken, dass entsprechend den vorhergehenden Ausführungen in Ansehung der Grundstücke im Eigentum der Agrargemeinschaft Gemeindegut vorliege und somit die Qualifikation als agrarische Grundstücke der Kategorie des § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 nicht zutreffe. Was schließlich den Antrag auf amtswegige Berichtigung des Regulierungsplanes vom 21. Februar 1966 betreffe, sei festzuhalten, dass ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch auf ein amtswegiges Vorgehen einer Behörde der österreichischen Rechtsordnung fremd sei. Ein amtswegiges Einschreiten könne nicht beantragt werden, ein derartiger Antrag könne jedoch als Anregung an die Behörde gewertet werden. Der Antragspunkt 4 gemäß Eingabe der Agrargemeinschaft vom 15. Juni 2009 hätte daher von der Agrarbehörde erster Instanz zurückgewiesen werden müssen, die unrichtige Abweisung dieses Antragspunktes vermöge allerdings keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin zu bewirken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die Agrargemeinschaft erstattete zur Gegenschrift eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Insoweit in der vorliegenden Beschwerde gerügt wird, * dass die belangte Behörde zu Unrecht über die auf

"Negativfeststellung eines Restitutionsanspruchs der politischen Gemeinde" gerichteten Anträge der Agrargemeinschaft nicht entschieden habe,

* dass Verfassungswidrigkeit eines Teils der TFLG-Novelle 2010 vorliege, und

* dass die Agrargemeinschaft nach Übertragung des Eigentums mit Bescheid vom 9. September 1965 über einen Zeitraum von mehr als 45 Jahren sämtliche Eigentumsrechte an diesen Grundstücken ausgeübt und daher Alleineigentum ersessen habe,

ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/07/0091, und die dort unter den Punkten 1, 2 und 4 genannten Erwägungen zu verweisen. Aus den dort näher dargestellten Gründen wird durch die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen auch im vorliegenden Fall keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

2. Auch im vorliegenden Fall bringt die Agrargemeinschaft vor, dass § 73 lit. d TFLG 1996 zu Unrecht als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides herangezogen wurde. Zur grundsätzlichen Eignung des § 73 lit. d TFLG 1996 als verfahrensrechtliche Grundlage von (positiven oder negativen) Feststellungen von Gemeindegut ist ebenfalls auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2010/07/0091 (Punkt 3), zu verweisen.

Im Unterschied zu dem dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegenden Fall wurde mit dem hier angefochtenen Bescheid aber gar keine positive bzw. negative Feststellung von Gemeindegut getroffen, sondern (im Instanzenzug) der Feststellungsantrag der Agrargemeinschaft in den Punkten 1 bis 3 ab-, in Punkt 4 zurückgewiesen. Insoweit in der Beschwerde mit näherer Begründung vorgebracht wird, § 73 lit. d TFLG 1996 trage in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Feststellung von Gemeindegut nicht, geht dieses Vorbringen am Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides vorbei.

Die Zitierung des § 73 lit. d TFLG 1996 in dem die Feststellungsanträge ab- bzw. zurückweisenden angefochtenen Bescheid verletzte daher keine Rechte der Agrargemeinschaft.

3.1. Die verfahrensauslösenden Anträge Nr. 1 und 3 der Agrargemeinschaft waren bei verständiger Würdigung auf die Feststellung gerichtet, dass das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft aus agrarischen Grundstücken nach § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 und nicht aus solchen nach § 33 Abs. 2 lit. d (gemeint wohl: lit. c) TFLG 1996 reguliert worden sei.

Diese Anträge wurden im Instanzenzug abgewiesen. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass für eine Feststellung, dass das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft aus agrarischen Grundstücken und nicht aus Gemeindegut reguliert worden sei, keine Rechtsgrundlage bestanden habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde aber keine Feststellung dahingehend getroffen, dass das Liegenschaftsvermögen der Agrargemeinschaft aus Gemeindegut reguliert wurde, und ein solches nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 sei (vgl. zu den Rechtswirkungen der Abweisung eines Feststellungsantrages das hg. Erkenntnis vom 19. November 2002, 2001/12/0113, mit weiteren Nachweisen).

Die Agrargemeinschaft wäre durch den angefochtenen Bescheid dann in ihren Rechten verletzt, wenn die agrargemeinschaftlichen Grundstücke tatsächlich nicht aus Gemeindegut, sondern aus agrarischen Grundstücken reguliert worden wären. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich bei den Grundstücken um solche nach § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 und nicht um solche nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 handelte.

Diese beiden Bestimmungen stehen in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander. Erfüllen Grundstücke die Qualifikation nach § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996, so können sie nicht gleichzeitig solche nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 leg. cit. sein. Daraus folgt aber, dass die bescheidmäßig verfügte Abweisung der ersten drei Anträge der Agrargemeinschaft dann keine Rechte der Agrargemeinschaft verletzt, wenn die genannten Grundstücke solche nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 sind.

3.2. § 33 TFLG 1996 lautet in der Fassung der TFLG-Novelle 2010:

"§ 33. (1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.

(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:

a) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;

b) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;

c) Grundstücke, die

1. im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus

und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienen oder

2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren

(Gemeindegut);

d) Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs. 3) bestehen (Teilwälder).

(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu. Die Substanz eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes wird insbesondere auch dann genutzt, wenn dieses veräußert, wenn dieses als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet, wenn es verpachtet oder wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet wird. Die Agrarbehörde hat auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder Agrargemeinschaft nach Abs. 2 lit c Z. 2 festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit die Nutzung der Substanz oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes betrifft oder in welchem Verhältnis die beiden Nutzungsarten von dieser Tätigkeit betroffen sind. "

§ 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1996 nennt in seinen beiden Ziffern zwei Arten von Gemeindegut. Unstrittig ist, dass die Z 1 solche Grundstücke betrifft, die im Eigentum einer politischen Gemeinde stehen, und dass diese Voraussetzung im hier vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Weiters ist davon auszugehen, dass mit der Formulierung in Z 2 "vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind" gemeint ist, dass die fraglichen Grundflächen vormals, also vor dem Zeitpunkt der Übertragung an die Agrargemeinschaft, im Eigentum einer politischen Gemeinde gestanden sind.

Eine der Voraussetzungen, die § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 nennt, ist das Fehlen einer Hauptteilung zwischen Gemeinde und Agrargemeinschaft. In diesem Zusammenhang ist im hier vorliegenden Fall das Parteienübereinkommen vom 7. Juni 1964 zu erwähnen, mit dem die Ortsgemeinde auf ein Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft L im Gegenzug für einen Gemeindeanteil an der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft von 22 % verzichtet hat. In diesem Übereinkommen wurde (lediglich) eine Vereinbarung über die künftige Holznutzung der Gemeinde, also deren land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte getroffen. Darin liegt weder - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte - ein Verzicht auf den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke noch eine Hauptteilung.

Weiters ist im vorliegenden Fall unstrittig, dass die agrargemeinschaftlichen Grundstücke der Deckung des Haus- und Gutsbedarfs von Stammsitzliegenschaften gedient haben.

3.3. Bereits der Bescheid der AB vom 19. November 1964 ("Liste der Parteien und das Verzeichnis der Anteilsrechte") enthielt die Feststellung, dass es sich bei den agrargemeinschaftlichen Grundstücken um solche nach § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 handelte. Diese Feststellung wurde im Regulierungsplan vom 21. Februar 1966 wiederholt und unter einem festgestellt, dass diese Grundstücke im Eigentum der Agrargemeinschaft stünden.

In diesem Zusammenhang vertritt die belangte Behörde die Ansicht, es erübrige sich in Hinblick auf die Rechtskraft dieser Bescheide eine weitere Überprüfung der Frage des Vorliegens von Gemeindegut, sei dies doch bereits ausdrücklich bescheidmäßig festgestellt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom heutigen Tag, 2010/07/0091 (Agrargemeinschaft O), mit dem dortigen Regulierungsplan und dessen Verständnis näher auseinandergesetzt. Der dortige Regulierungsplan enthielt u.a. ebenfalls die Aussage, dass die agrargemeinschaftlichen Grundstücke solche nach § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 seien. Der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt, dass und aus welchen Gründen eine derartige bescheidmäßige Feststellung nur so verstanden werden konnte, dass die AB damit die in Rede stehenden Grundstücke rechtskräftig als Gemeindegut im Sinne der TGO 1949 qualifizierte.

Angesichts der im zitierten Erkenntnis näher dargestellten Systematik der TFLGs und der ihnen vorangegangenen Gesetze war davon auszugehen, dass auch im zeitlichen Geltungsbereich des TFLG 1952 unter dem Begriff "Gemeindegut" im Zusammenhang mit § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 allein das Gemeindegut der politischen Gemeinde im Sinne des § 73 Abs. 3 TGO 1949 bzw. des § 76 Abs. 3 TGO 1966 zu verstehen war.

Im hier vorliegenden Fall bringen die rechtskräftigen Feststellungen in den Bescheiden vom 19. November 1964 und - wenn auch nur wiederholend - im Regulierungsplan vom 21. Februar 1966, denen zufolge die agrargemeinschaftlichen Grundstücke solche nach § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 seien, die Verwaltungsbehörden und auch den Verwaltungsgerichtshof bindend zum Ausdruck, dass diese Grundstücke Gemeindegut im Sinne des § 73 Abs. 3 TGO 1949 bzw. § 76 Abs. 3 TGO 1996, also Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde, waren.

4. Auch im vorliegenden Fall fehlen Hinweise darauf, dass die im Jahr 1964 bzw. 1966 einschreitende Behörde mit der Qualifikation der agrargemeinschaftlichen Grundstücke als solche nach § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 einen anderen Begriffsinhalt als den eben dargestellten gemeint hätte.

So geht auch hier bereits aus der Begründung des Einleitungsbescheides aus dem Jahr 1934 hervor, dass die Grundstücke solche nach § 5 Abs. 3 (2. Fall) T.R.L.G. seien. Auch dort ist bereits von Gemeindegut der Gemeinde nach der Tiroler Gemeindeordnung 1866 (und nicht vom gemeinsamen Gut der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten in § 4 lit. b T.R.L.G.) die Rede. Mit der Begründung dieses in der Einleitungsphase des Regulierungsverfahrens erlassenen Bescheides steht die Feststellung des Bescheides vom 19. November 1964 im Einklang, wonach es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke nach § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 handle.

5. Daher ist auch im hier vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die im Regulierungsverfahren getroffene rechtskräftige Feststellung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke als Gemeindegut im Sinne der TGO 1949 Rechtswirkungen für die Zukunft entfaltet. Eine der Folgen dieser Feststellung ist angesichts der Zuweisung des Eigentums an die Agrargemeinschaft im Regulierungsplan aber - hier sei wiederum auf das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 18446/2008 verwiesen - , dass der Substanzwert an solchen Grundstücken der Gemeinde zukommt. Solche Agrargemeinschaften sind daher Gemeindegutsagrargemeinschaften nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996.

Demzufolge hat die Abweisung der ersten drei Anträge der Agrargemeinschaft vom 15. Juni 2009 ihre Rechte nicht verletzt, war doch nicht davon auszugehen, dass die Agrargemeinschaft nicht aus Gemeindegut reguliert worden sei; infolgedessen konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Agrargemeinschaft aus agrarischen Grundstücken nach § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1996 reguliert worden wäre.

Angesichts dessen erübrigte sich auch ein Eingehen auf sämtliche im vorliegenden Fall aufgeworfenen rechtshistorischen Fragestellungen. Die Rechtskraft der im Regulierungsverfahren ergangenen Bescheide, insbesondere des Bescheides vom 19. November 1964, und der dort getroffenen Feststellung, es liege Gemeindegut (nach der Gemeindeordnung) vor, wirkt für die Zukunft und bindet auch den Verwaltungsgerichtshof. Darauf, ob diese Feststellung zu Recht getroffen wurde, wie sich die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Forsteigentumsregulierung oder im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung gestalteten, und wie gegebenenfalls die Rechtsnachfolge zu beurteilen wäre, kam es daher nicht an.

6. Was die Zurückweisung des Antrages 4 durch den angefochten Bescheides betrifft, so finden sich in der Beschwerde dazu keine Ausführungen. Zumal der Zurückweisung dieses Antrages auch keine von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeit anhaftet, war die Beschwerde daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 488/2008.

Wien, am 30. Juni 2011

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