VwGH 2009/07/0012

VwGH2009/07/001217.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der Mag. CL in A, vertreten durch Mag. Andreas Nösterer, Rechtsanwalt in 4230 Pregarten, Bahnhofstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. Februar 2008, ZI. Uvs-2007/19/3133-3, betreffend Übertretung des Immissionschutzgesetzes-Luft (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §41 Abs3;
VStG §51f Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §1;
ZustG §21;
ZustG §22;
VStG §41 Abs3;
VStG §51f Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZustG §1;
ZustG §21;
ZustG §22;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft K (BH) vom 18. Oktober 2007 für schuldig befunden, am 3. Dezember 2006 um 11:06 Uhr auf der A-12 Inntalautobahn, im Bereich der Gemeinde A, Richtungsfahrbahn Innsbruck bei km X als Lenkerin eines näher bezeichneten PKW die gemäß § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol (LH), LGBl. Nr. 86/2006, im Sanierungsgebiet auf der A-12 Inntalautobahn erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 50 km/h überschritten zu haben. Die Fahrt bzw. das Fahrzeug falle nicht unter die im § 3 der genannten Verordnung angeführten Ausnahmen. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu Gunsten der Beschwerdeführerin abgezogen worden.

Sie habe dadurch § 30 Abs. 1 Z. 4 Immissionsschutz-Gesetz Luft (IG-L) in Verbindung mit der zitierten Verordnung des LH verletzt, weshalb über sie eine Geldstrafe von EUR 320,-

(Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt wurde.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin im eigenen Namen Berufung und führte als Zustelladresse eine näher bezeichnete Rechtsanwaltskanzlei in Linz an.

Die belangte Behörde beraumte für den 13. Dezember 2007 eine Berufungsverhandlung an.

Die diesbezügliche als "Ladungsbescheid zur mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren" titulierte Ladung vom 27. November 2007, in welcher als Folge des unentschuldigten Fernbleibens die Durchführung der Verhandlung ohne Anhörung der Beschwerdeführerin und die Fällung der Entscheidung angedroht war, wurde per Telefax an die Beschwerdeführerin "z. Hd." der in der Berufung genannten Rechtsanwaltskanzlei am 28. November 2007 übermittelt.

In dem Protokoll über die mündliche Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin als "nicht erschienen" geführt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Dezember 2008, Zl. B 707/08, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In ihrer über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Sie bringt vor, dass der Ladungsbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei, weshalb die Verhandlung in ihrer Abwesenheit nicht hätte erfolgen dürfen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 3 VStG kann die Ladung auch die Androhung enthalten, dass das Strafverfahren, wenn der Beschuldigte der Ladung keine Folge leistet, ohne seine Anhörung durchgeführt werden kann. Diese Rechtsfolge kann nur eintreten, wenn sie in der Ladung angedroht und wenn die Ladung dem Beschuldigten zu eigenen Handen zugestellt worden ist.

§ 51f Abs. 2 VStG sieht vor, dass auch in Abwesenheit einer Partei eine Verhandlung durchgeführt und ein Erkenntnis erlassen werden darf, wenn die Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Diese Regelung gilt für alle Parteien, also insbesondere auch für den Beschuldigten. Die Verhandlung in Abwesenheit der Partei ist nur dann zulässig, wenn die Ladung ordnungsgemäß, d.h. fehlerfrei erfolgt ist. Fehlt auch nur eine Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Ladung, darf die Verhandlung in Abwesenheit der Partei nicht erfolgen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2005, Zl. 2005/17/0004 und vom 20. September 2006, Zl. 2006/08/0198, beide mwN).

Die Ladung der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde erfolgte im vorliegenden Fall in der Form eines Ladungsbescheides, der am 28. November 2007 per Telefax übermittelt wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. 2004/06/0170, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, war die Zustellung eines Bescheides durch Telefax zwar bis 31. Dezember 2007 grundsätzlich zulässig.

Aufgrund § 41 Abs. 3 VStG hätte aber eine Zustellung an die - zu diesem Zeitpunkt noch nicht (anwaltlich) vertretene - Beschwerdeführerin als Beschuldigte zu eigenen Handen vorgenommen werden müssen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2009, Zl. B 1858/08, VfSlg. 18.746; in diesem Sinne auch Köhler in Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, 2010, § 51e Rz 6 und § 51f Rz 4; gleichlautend bereits Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2, 1992, 294 sowie Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 932/9, und Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 520). Damit erfolgte keine ordnungsgemäße Ladung der Beschwerdeführerin. Ist nämlich eine Zustellung von Gesetzes wegen mit Zustellnachweis angeordnet, erweist sich eine Zustellung per Telefax als unzulässig (vgl. dazu Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, 2007, zu § 1 ZustG Rz 7, S 11, mwN).

Die Verhandlung hätte somit von der belangten Behörde nicht in Abwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführt werden dürfen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtwidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. Februar 2011

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