Normen
EStG 1988 §16 Abs1 Z10 idF 1999/I/106;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16 Abs1 Z10 idF 1999/I/106;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte war als Dienstnehmer Leiter des Controllings einer Bank.
In der Einkommensteuererklärung 2001 machte er Kosten eines Mediationskurses (22.000 S) als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt anerkannte im Einkommensteuerbescheid diese Kurskosten nicht als Werbungskosten. Es liege keine berufsspezifische Fortbildung vor, zumal unter den Kursteilnehmern beispielsweise auch Wirtschaftsanwälte, Rechtsanwälte und Lehrer gewesen seien.
In der Berufung wurde vorgebacht, der Mitbeteiligte übe einen "konfliktträchtigen" Job aus. Es seien deshalb immer wieder gesundheitliche Probleme bei ihm aufgetreten. Ziel der in Rede stehenden "Investition" sei es gewesen, den Job als Leiter des Controllings im Bankenbereich zu sichern. Der Umstand der Zusammensetzung des Kursteilnehmerkreises sei nicht entscheidend, weil die Methode der Konfliktregelung, die habe erlernt werden sollen, unabhängig vom Anwendungsgebiet jeweils gleich sei.
In einer Vorhaltsbeantwortung teilte der Mitbeteiligte der belangten Behörde mit, Veranstalter des Kurses sei ein Verein für prophylaktische Gesundheitsarbeit - Akademie für Gesundheit und soziale Kompetenz gewesen. Der Kurs habe theoretische Einheiten in folgenden Bereichen umfasst: Phasen der Mediation, Kommunikationsgrundlagen, Interventionstechniken, Beziehungs- und Konfliktdynamik, Verhandlungstechnik und Gesprächsführung.
Zusätzlich habe es einen 150 Einheiten umfassenden praktischen Teil mit Rollenspielen, Reflexionen, Fallbeispielen und Übungen gegeben, sowie 40 Einheiten Intervision und 40 Einheiten Supervision, außerdem " Nachzuweisende Selbsterfahrung 50 Gruppen- bzw. 20 Einzelstunden".
Der Besuch des Lehrganges habe der Absicherung der weiteren Erwerbsfähigkeit des Mitbeteiligten gedient, weil zu diesem Zeitpunkt seine gesundheitlichen Probleme bereits offensichtlich geworden seien. Im Jahr 2002 habe er sich dann einer Herzoperation unterzogen. Im Jahr 2007 sei ein Burnout aufgetreten. Der Arbeitgeber des Mitbeteiligten habe für den Kurs keinerlei Kosten getragen. Von Seiten des Arbeitgebers habe es auch keine Aufforderung zum Besuch dieses Kurses gegeben. Der Arbeitgeber habe daher auch keine Dienstfreistellung gewährt. Ziel des Kursbesuches sei es gewesen, seine Erwerbsfähigkeit zu sichern; im Nachhinein sei dies eine sinnvolle Investition gewesen, weil der Mitbeteiligte auf diese Weise vom Jahr 2001 bis zum Jahr 2007 in seinem Job als Leiter des Controllings durchgehalten habe. Durch sein Burnout im Jahr 2007 habe er dann seinen Job als Leiter des Controllings verloren. Es könne daher auch keine Bestätigung des Arbeitgebers vorgelegt werden. Der Teilnehmerkreis der Module habe sich hauptsächlich aus Wirtschaftspraktikern, Rechtsanwälten und Lehrern zusammengesetzt. Die Methoden der Konfliktregelung, Konfliktsteuerung und Konfliktbeherrschung seien unabhängig vom Anwendungsgebiet. Der Lehrgang sei zur Gänze vom Mitbeteiligten zu bezahlen gewesen. Voraussetzung für die Teilnahme am Kurs sei ein Mindestalter von 30 Jahren sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung gewesen.
Die Funktion "Leiter des Controllings" stelle in jedem Privatunternehmen einen der konfliktträchtigsten Jobs dar. Mediation bedeute Konfliktregelung, Konfliktsteuerung sowie Konfliktbeherrschung, aber auch Konfliktvermeidung. Da sein konfliktträchtiger Job (die Mehrzahl der Leiter des Controllings schaffe in der Regel kaum bis zu 10 Jahre, er immerhin 27 Jahre) allmählich gesundheitliche Auswirkungen gezeigt habe, sei der Kurs eine sinnvolle Investition in seine weitere künftige Erwerbsfähigkeit gewesen. Der Mitbeteiligte habe den Mediationskurs in drei Semestern erfolgreich abgeschlossen und dafür ein offizielles Zertifikat erhalten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge.
Nach Ansicht der belangen Behörde sei entscheidungswesentlich, dass der Mitbeteiligte Leiter des Controllings gewesen sei und für ihn daher Kenntnisse wie Konfliktbeherrschung, Konfliktsteuerung, Konfliktbewältigung, aber auch Konfliktvermeidung im Umgang mit Mitarbeitern des Unternehmens nicht nur nützlich, sondern in seinem Job als Leiter des Controllings geradezu beruflich notwendig gewesen seien.
Den in Rede stehenden Mediationskurs habe nicht jedermann besuchen können, weil bestimmte Voraussetzungen hierzu erforderlich gewesen seien (Mindestalter etc.). Die Tatsache, dass den Lehrgang nicht nur "Banken-Controlling-Leiter" absolvierten, sondern auch Personen, die sich ebenfalls beruflich der Lösung von konfliktträchtigen Problemen widmeten, wie Wirtschaftspraktiker, Rechtsanwälte und Lehrer, bilde keinen Grund für die Aberkennung gegenständlicher Kosten.
Die Bildungsmaßnahmen des Mitbeteiligten seien solche, die seinen Job als Leiter des Controllings zumindest noch einige Jahre gesichert hätten.
Nach Ansicht der belangten Behörde sei das Erlernen der in den Mediationskursen angebotenen Bildungsinhalte zur Ausübung des Berufes des Mitbeteiligten unbedingt erforderlich gewesen.
Dass durch die Teilnahme an den Mediationskursen für den Mitbeteiligten auch ein "privater Positiveffekt " möglich sei, habe nach Ansicht der belangten Behörde nicht zur Folge, dass die Kosten nicht zu Werbungskosten führen.
Der Umstand des "inhomogenen Teilnehmerkreises" sei nicht entscheidend. Entscheidungswesentlich sei vielmehr, dass die erlernten Bildungsinhalte jedenfalls beruflich notwendig gewesen seien.
Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl I Nr. 106/1999 zählen zu den Werbungskosten:
"Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit."
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Lässt sich eine Veranlassung durch die Erwerbssphäre nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht feststellen, ist die Abziehbarkeit der Aufwendungen insgesamt nicht gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2010/15/0197).
Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Auch für Ausbildungsmaßnahmen ist ein Veranlassungszusammenhang zur konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit für die Anerkennung als Werbungskosten erforderlich (vgl. Hofstätter/Reichel, § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Tz. 2). Ein Zusammenhang der Ausbildungsmaßnahme mit der konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit ist dann gegeben, wenn die erworbenen Kenntnisse in einem wesentlichen Umfang im Rahmen dieser Tätigkeiten verwertet werden können (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz. 203/4/1).
Im hg. Erkenntnis vom 31. März 2011, 2009/15/0198, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit Aufwendungen eines Finanzbeamten für den Besuch eines Mediationslehrganges befasst. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, sollten Bildungsmaßnahmen einen Zusammenhang mit der privaten Lebensführung in der Form nahe legen, dass sie soziale Fähigkeiten vermitteln oder der Persönlichkeitsentwicklung dienen, dürfe die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erwiesen. Die Notwendigkeit biete in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung. Für die berufliche Notwendigkeit einer Bildungsmaßnahme spreche etwa, wenn sich der Teilnehmerkreis im Wesentlichen aus Angehörigen der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen zusammensetze. Trage der Arbeitgeber einen Teil der Kurskosten oder stelle er den Arbeitnehmer für die Zeit der Schulungsmaßnahme gegen Weiterbezug des Gehalts dienstfrei, sei dies gleichfalls ein Indiz für die berufliche Notwendigkeit.
Die Indizien des homogenen Teilnehmerkreises, der Dienstfreistellung durch den Arbeitgeber oder der teilweisen Kostentragung durch den Arbeitgeber liegen gegenständlich unstrittig nicht vor. Daran ändert nichts, dass die Teilnahme an ein bestimmtes Mindestalter und allgemein an den Abschluss einer Berufsausbildung gebunden war.
Eine im Jahr 2002 durchgeführte Herzoperation und ein im Jahr 2007 eingetretenes Burnout sind für sich keine Indizien für eine berufliche Veranlassung einer Bildungsmaßnahme.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid bloß auf der Grundlage der Berufsbezeichnung "Leiter des Controllings" angenommen, dass die in Rede stehende Ausbildung im Bereich des Konfliktmanagements für den Mitbeteiligten notwendig sei. Die belangte Behörde hat es aber, wie das beschwerdeführende Finanzamt zu Recht aufzeigt, unterlassen, sich eingehend mit den beruflichen Aufgaben des Mitbeteiligten auseinander zu setzen und auf der Basis solcher Feststellungen Schlüsse über die (nahezu ausschließliche) berufliche Veranlassung für den Besuch des strittigen Mediationslehrganges zu treffen.
Der Mediationskurs ist nicht auf Bedürfnisse eines bestimmten Berufes abgestellt und kann von den Teilnehmern auch aus im Bereich der privaten Lebensführung gelegenen Motiven besucht werden. Kurse zur Vermittlung von "social skills", welche in gleicher Weise für den Bereich der Lebensführung wie für eine breite Palette von Erwerbstätigkeiten dienlich sein können, sind nur dann geeignet, zu Werbungskosten zu führen, wenn die Behörde einen konkreten Bedarf im Einzelfall festzustellen vermag.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am 31. Mai 2011
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