VwGH 2010/08/0145

VwGH2010/08/014524.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des H S in F, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapult 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 21. Mai 2010, Zl. BMSK-420137/0001-II/A/3/2008, betreffend Pflichtversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §4 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §12 Abs3 litb;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
GSVG 1978 §4 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Februar 2008 wurde - soweit für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 11. Oktober 2006 festgestellt, dass der Beschwerdeführer vom 5. Juli bis zum 30. September 2003 gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG (auf Grund des Betriebs einer Schutzhütte) in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert sei, dass er hingegen in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 30. November 2003 nicht der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (auf Grund des Betriebs seines Hotels) unterliege.

Begründend führte der Landeshauptmann von Tirol aus, die Feststellung, dass der Beschwerdeführer vom 5. Juli bis zum 30. September 2003 in der Pensions- und in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG pflichtversichert sei, sei nicht bekämpft worden (diese Versicherungspflicht beruht auf einer dem Beschwerdeführer am 19. Juni 2001 gemäß § 143 Z 6 Gewerbeordnung 1994 für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Schutzhütte" erteilten Gewerbeberechtigung, für die der Beschwerdeführer der Wirtschaftskammer T nach einem Ruhen den neuerlichen Wiederbetrieb ab 5. Juli 2003 und das neuerliche Ruhen mit 8. September 2003 bekannt gegeben hatte). Zu der von ihm bekämpften (erstinstanzlichen) Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für den Zeitraum vom 1. Jänner 2003 bis zum 30. November 2003 habe der Beschwerdeführer vorgebracht, sein Hotel "P" sei im Dezember 2002 abgebrannt. Er habe daher - mit Ausnahme von Aufräumungsarbeiten - keine betriebliche Tätigkeit ausüben können. Der das Hotel betreffende Gewinn stamme ausschließlich aus einer Vergütung durch eine Betriebsunterbrechungsversicherung für den Zeitraum von Jänner 2003 bis November 2003. Die sich aus dem Hotelbetrieb ergebende Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG sei für die Zeit des Ruhens sistiert. Nach Ansicht des Beschwerdeführers liege daher weder eine Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG noch eine solche nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vor.

Dem Beschwerdeführer - so der Landeshauptmann von Tirol weiter - sei durch die auf Grund einer Betriebsunterbrechungsversicherung gewährte Vergütung jener Schaden ersetzt worden, der durch die vorübergehende Unterbrechung seines Betriebes als Folge des abgebrannten Hotels eingetreten sei (wie dies auch bei längerer Krankheit, Sturmschäden, etc. der Fall wäre). Mit dieser Versicherungsleistung habe der Beschwerdeführer einen Ersatz für den entgangenen Betriebsgewinn einschließlich der fortlaufenden Betriebskosten erhalten. Die in der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 geltend gemachten Sachversicherungen in bestimmter Höhe für eine Betriebsunterbrechung würden laufende Betriebsausgaben darstellen. Es handle sich bei der Versicherungsvergütung um eine betrieblich veranlasste, mit dem Hotelbetrieb mittelbar im Zusammenhang stehende Betriebseinnahme und nicht um (der Privatsphäre des Beschwerdeführers zuzurechnende) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Versicherungsleistung aus der Betriebsunterbrechungsversicherung trete an die Stelle der aus der gewöhnlichen betrieblichen Tätigkeit erzielten Einkünfte und sei als Ersatz für die "hypothetisch erfolgte Beherbergung von Gästen" zu werten. Es mache für die Pflichtversicherung im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG keinen Unterschied, ob die Einkünfte auf die tatsächliche Beherbergung von Gästen bzw. den tatsächlichen (aktiven) Betrieb des Hotels zurückzuführen seien oder ob sie als gegen einen Betriebsausfall versicherte Ansprüche aus einer (Total‑)Betriebsunterbrechungsversicherung zustünden. Die Abgeltung aus der Betriebsunterbrechungsversicherung seien nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, sondern als Einkünfte aus einer die Kammermitgliedschaft nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG begründenden "betrieblich veranlassten Tätigkeit" des Beschwerdeführers zu qualifizieren, zumal die Pflichtmitgliedschaft zur Wirtschaftskammer und damit die Pflichtversicherung von der bloßen Berechtigung zum selbständigen Betrieb des Hotels, nicht aber von der (tatsächlichen) Ausübung dieser Berechtigung oder der Erzielung von Einkünften abhänge.

Unabhängig davon, ob die Bezahlung der Entschädigungsleistung für die Betriebsunterbrechung als solche - ohne dass das Hotel realiter betrieben worden sei - der tatsächlichen Wiederaufnahme der ruhend gemeldeten Gewerbeberechtigung gleichzuhalten sei, wovon der Landeshauptmann von Tirol im konkreten Fall jedoch ausgehe, liege ein Weiterbetrieb bzw. eine Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit vor. Der Beschwerdeführer habe die Absicht gehabt, sein Hotel wieder zu führen, was in der Wiedererrichtung des abgebrannten Hotels zum Ausdruck komme. Auch die in der Zeit vom 9. Jänner bis zum 31. August 2003 mit seiner Ehegattin (als Zimmermädchen) und seinem Sohn (als Koch) begründeten Dienstverhältnisse würden verdeutlichen, dass vom Beschwerdeführer noch weitere, nur vorübergehend unterbrochene betriebliche Tätigkeiten nicht nur beabsichtigt, sondern sogar tatsächlich durchgeführt worden seien. Der in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Personalaufwand und die angeführten (geringfügigen) Aufwendungen für Küche, Gästeunterhaltung, Werbung, Inserate etc. würden das Bild, dass die betriebliche Tätigkeit weiter ausgeübt bzw. wieder aufgenommen worden sei und der Beschwerdeführer daher am Wirtschaftsleben teilgenommen habe, abrunden.

Ob der Nichtbetrieb des Hotels aus eigenem Willen (z.B. wegen eines größeren Umbaus oder einer längeren urlaubsbedingten Abwesenheit etc.) erfolge oder - wie im konkreten Fall - das vorübergehende Nichttätigsein außerhalb des Einflussbereiches des Unternehmers liege bzw. dies auf "höhere Gewalt" zurückzuführen sei, habe keine Auswirkungen auf das (Fort‑)Bestehen einer Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG.

Aus der dargelegten Teilnahme am Wirtschaftsleben sei zu folgern, dass der Beschwerdeführer sein Gewerbe im angeführten Zeitraum aktiv ausgeübt habe und er durch die Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer unverändert der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG unterliege. Er habe den Hotelbetrieb trotz Ruhendmeldung der Gewerbeberechtigung weiter geführt bzw. wieder aufgenommen.

Eine Ausnahme von der Pflichtversicherung im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG für die Zeit vom 1. Jänner bis zum 30. November 2003 liege nicht vor. Der Beschwerdeführer habe seine Gewerbeberechtigung nicht zurückgelegt. Sie sei ihm von der Behörde auch nicht entzogen worden. Es sei von einer aufrechten Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer auszugehen. Die aus der Betriebsunterbrechungsversicherung gewährte Vergütung sei als betrieblich veranlasste Betriebseinnahme zu werten. Der Beschwerdeführer habe sein Gewerbe tatsächlich betrieben. Daher sei der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht (mehr) erfüllt. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe zu Unrecht festgestellt, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 30. November 2003 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege. - Dieser Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol ist in Rechtskraft erwachsen.

In der Folge hat die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt mit Bescheid vom 5. März 2008 gemäß § 194 GSVG iVm § 410 ASVG festgestellt, dass der Beschwerdeführer vom 1. Jänner bis zum 30. November 2003 gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung pflichtversichert sei. Die Pflichtversicherung sei trotz Ruhendmeldung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers festzustellen gewesen, weil es sich bei der Versicherungsvergütung um eine betrieblich veranlasste, mit dem Hotelbetrieb mittelbar im Zusammenhang stehende Betriebseinnahme gehandelt habe. Es sei unerheblich, ob die Einkünfte auf die tatsächliche Beherbergung von Gästen bzw. den (aktiven) Betrieb zurückzuführen seien oder ob sie aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung stammen würden. Die Gewinn- und Verlustrechnung enthalte jedenfalls Aufwendungen für Personal, Küche, Gästeunterhaltung, Werbung, Inserate, etc., weshalb von einer Ausübung der gewerblichen Tätigkeit auszugehen sei.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, nach dem Hotelbrand im Dezember 2002 habe das gesamte Hotel sofort geschlossen werden müssen. In den folgenden Monaten sei das Hotel wieder aufgebaut und im Dezember 2003 erneut in Betrieb genommen worden. Zwischen dem Brand und der Wiederinbetriebnahme des Hotels sei dieses nicht betrieben worden. Das Gewerbe sei mit Dezember 2002 ruhend gemeldet und bisher nicht wieder aktiv gemeldet worden. Die Wiederinbetriebnahme des Hotels sei durch den Sohn des Beschwerdeführers erfolgt, der über eine eigene Gewerbeberechtigung verfüge. Der Beschwerdeführer sei seit dem Brand im Dezember 2002 in keiner Weise für den Hotelbetrieb tätig gewesen. Der Ausdruck "für die Dauer des Ruhens" in § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG sei dahin zu verstehen, dass nur Tätigkeiten zu einer Versicherungspflicht führten, welche die Ausübung des ruhenden Gewerbes (hier etwa den Betrieb des Hotels) betreffen würden, nicht aber jegliche anderen Tätigkeiten, die steuerlich zwar dem (ruhenden) Gewerbebetrieb zuzurechnen seien, nicht aber das ruhende Gewerbe im gewerberechtlichen Sinn betreffen würden. Sohin seien Tätigkeiten des Wiederaufbaus, Abrechnungstätigkeiten mit der Brandversicherung und etwa auch Behördenerledigungen sowie jegliche Tätigkeiten, die mit der unmittelbaren und eigentlichen Gewerbeausübung (vgl. § 93 GewO 1994) nichts zu tun hätten, bloße Vorbereitungshandlungen zum (Wieder‑)Betrieb des Hotels und nicht die Ausnahme von der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG störende Tätigkeiten. Die von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt zitierten Aufwendungen für Personal, Küche, Gästeunterhaltung, Werbung, Inserate etc. würden entweder Aufwendungen für Zeiträume vor oder nach dem Ruhen des Gewerbebetriebes betreffen oder bloß mit dem Wiederaufbau, nicht aber mit einer Gewerbeausübung in einem Zusammenhang stehen. Dies könne durch Bucheinsicht bestätigt werden. Beim Personalaufwand werde auf die zum Teil sehr langen Kündigungsfristen, die weit in den Sanierungszeitraum hineinreichen, hingewiesen.

Mit Bescheid vom 4. September 2008 gab der Landeshauptmann von Tirol diesem Einspruch insoweit Folge, als er die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung in der Zeit vom 5. Juli bis zum 30. September 2003 gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 68 Abs. 1 AVG behob, weil er über diese Frage bereits rechtskräftig abgesprochen habe. Im Übrigen wurde der Einspruch abgewiesen. Begründend verwies der Landeshauptmann von Tirol auf seinen rechtskräftigen Bescheid vom 20. Februar 2008 und fügte ergänzend hinzu, dass der Beschwerdeführer nicht bestreite, dass er seit der Verleihung der Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Hotel G" mit Wirksamkeit vom 5. Februar 1976 keine weiteren Ruhendmeldungen erstattet habe. Auch sein Sohn, der seine mit 11. November 2002 verliehene Gewerbeberechtigung mit Wirkung vom 30. November 2002 bis zum 30. November 2003 ruhend gemeldet habe, habe nach der Wiederaufnahme des Hotelbetriebes mit 1. Dezember 2003 bis zum gegebenen Zeitpunkt ein neuerliches Ruhen der Wirtschaftskammer nicht angezeigt. Das Hotel "P" sei somit nicht - wie der Beschwerdeführer behaupte - immer nur während der Wintermonate bzw. der Wintersaison betrieben worden. Damit sei der Beschwerdeführer laufend gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG pflichtversichert gewesen. Mit der aus der Betriebsunterbrechungsversicherung resultierenden Vergütung sei der Beschwerdeführer so gestellt worden, als ob er ab Dezember 2002 (bzw. - da entscheidungsrelevant - ab Jänner 2003) tatsächlich Gäste beherbergt hätte. Diese fingierte Beherbergung von Gästen führe dazu, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Pflichtversicherung im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht mehr vorlägen. Der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG unterscheide zwischen dem "Ruhen des Gewerbebetriebes" und dem Ruhen der "Befugnis" bzw. der Gewerbeberechtigung zur Ausübung der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit. Da der Beschwerdeführer zwar das Ruhen der Befugnis gemeldet habe, hingegen das Ruhen seines Gewerbebetriebes der Wirtschaftskammer für T (Bezirksstelle L) nicht gemeldet bzw. der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt nicht angezeigt habe, sei der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 erster Fall GSVG nicht erfüllt. Daher komme eine Ausnahme von der Pflichtversicherung aus diesem Grund nicht in Betracht.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 4. September 2008 erhobenen Berufung keine Folge gegeben (Spruchpunkt I). Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde gemäß § 64 Abs. 1 AVG iVm § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II).

Der Beschwerdeführer sei seit 1976 Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe, die im Jahr 1979 auf Hotelbetrieb erweitert worden sei. Die Gewerbeberechtigung Gastgewerbe in der Betriebsart "Hotel" sei mit 30. April 2002 ruhend gemeldet worden. Das bis dahin vom Beschwerdeführer betriebene Hotel "P" sei am 2. Dezember 2002 durch einen Brand beschädigt worden. Aus einem Versicherungsvertrag habe der Beschwerdeführer neben dem Ersatz für die dabei entstandenen Schäden eine Summe von EUR 204.000,-- aus einer Betriebsausfallsversicherung erhalten. In der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2003 seien u.a. Aufwendungen für Löhne und Gehälter (für den Sohn und die Ehefrau des Beschwerdeführers, beschäftigt vom 9. Jänner 2003 bis zum 31. August 2003) sowie für Gästeunterhaltung aufgeschienen. Im Jahr 2003 sei das abgebrannte Hotel wieder aufgebaut und mit 1. Dezember 2003 an den Sohn des Beschwerdeführers verpachtet worden. Im Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers über das Jahr 2003 seien neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von EUR 110.517,25 ausgewiesen. Die gewerblichen Einkünfte ergäben sich aus der dem Einkommensteuerbescheid angefügten Gewinn- und Verlustrechnung.

Der Sachverhalt sei im Wesentlichen nicht strittig. Es habe tatsächlich kein Hotelbetrieb stattgefunden, sondern nur der Wiederaufbau des Hotels. Gegenstand des Verfahrens sei auf Grund des Berufungsantrages die Pflichtversicherung im Zeitraum vom 1. Jänner 2003 bis zum 4. Juli 2003 und vom 1. Oktober 2003 bis zum 30. November 2003. Die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes (des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG) setze kumulativ das Ruhen des Betriebes und die Anzeige des Ruhens voraus. Eine wahrheitswidrige Ruhensanzeige scheide als unbeachtlich ebenso aus wie ein der Kammer nicht angezeigtes Ruhen. Für den Wegfall der einmal eingetretenen Ausnahme von der Pflichtversicherung sei die tatsächliche Wiederaufnahme des Betriebes notwendig, aber auch hinreichend. Die von der Versicherung gewährte Entschädigung einer Einkommensersatzleistung sei "als Unterbrechung des Ruhens anzusehen", zumal die sonstigen Voraussetzungen - wie die Mitgliedschaft zur Kammer auf Grund eines angemeldeten und noch aufrechten Gewerbes - vorlägen. Dies umso mehr, als diese Entschädigung im Einkommensteuerbescheid als gewerbliches Einkommen deklariert worden sei. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien auch Gehälter vom Jänner 2003 bis August 2003 sowie Aufwendungen "für die Unterhaltung der Gäste" einkommensteuerrechtlich geltend gemacht worden.

Zum Berufungsvorbringen, dass eine betriebliche Tätigkeit stattgefunden habe, jedoch kein Hotelbetrieb sondern die betriebliche Tätigkeit einer Wiedererrichtung des Hotels und keine Ausübung der gewerblichen Tätigkeit (wofür zum Beweis die Zeugen I Sch., der Sohn des Beschwerdeführers, und Frau C Sch., die Ehefrau des Beschwerdeführers, als Zeugen angeboten worden seien) führte die belangte Behörde aus, es stehe außer Streit, dass es in der fraglichen Zeit keinen Hotelbetrieb gegeben habe. Jedoch sei die als Einkommensersatz gewährte Versicherungsleistung, die überdies im Einkommensteuerbescheid des betreffenden Jahres als gewerbliches Einkommen deklariert worden sei, als aktives Betreiben des Gewerbes zu werten und unterbreche das angezeigte Ruhen. Die Ansicht, dass in der Leistung einer Entschädigung aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung fiktiv der Betrieb des Gewerbes zu erblicken sei, stütze sich auf § 2 Abs. 1 Z 1 und § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG im Zusammenhang mit der bisherigen Rechtsprechung.

Gegen diesen Bescheid (dem Beschwerdepunkt zu Folge nur gegen dessen Spruchpunkt I) richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ansicht, dass die Entschädigungsleistung einer Betriebsunterbrechungsversicherung einem "fiktiven Nichtruhen des Betriebs" gleichzuhalten sei. Es sei unbestritten, dass tatsächlich kein Hotelbetrieb stattgefunden habe, sondern nur der Wiederaufbau des Hotels erfolgt sei. Der Hinweis der belangten Behörde auf die einkommenssteuerliche Geltendmachung von Gehältern und Aufwendungen für die Unterhaltung der Gäste sei unvollständig und nicht näher begründet. Die belangte Behörde glaube offenbar - zusätzlich zur bereits dargestellten Argumentationslinie - über Indizien zu verfügen, welche auf einen tatsächlich aktiven Betrieb hinweisen würden. Dem sei entgegen zu halten, dass die Gehaltsaufwendungen die Ehegattin und den Sohn des Beschwerdeführers beträfen, die im angegebenen Zeitraum mit Aufräumungs- und Wiederherstellungsarbeiten betraut gewesen seien. Die Aufwendungen stünden in einem direkten Zusammenhang mit dem Wiederaufbau des Hotelgebäudes und nicht im Zusammenhang mit einem aufrechten Gewerbebetrieb. Die Aufwendungen für Gästeunterhaltungen hätten EUR 186,86 betragen und seien außerhalb des strittigen Zeitraums im Dezember 2003 angefallen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht nur die Anzeige des Ruhens, sondern auch das tatsächliche Ruhen des Betriebes voraus. Soweit Einkünfte aus einer Tätigkeit des Unternehmens stammen, die im Rahmen der - wenn auch ruhend gestellten - Gewerbeberechtigung ausgeübt werden, wäre ungeachtet der Ruhendmeldung Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG gegeben. Im Falle unbefugter Gewerbeausübung oder bei Ausübung einer Tätigkeit, die keine Wirtschaftskammerzugehörigkeit begründet, besteht die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2008, Zl. 2008/08/0134).

Was das Ruhen eines Betriebes iSd § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG betrifft, so ist auch hier an den Betriebsbegriff iS einkommensteuerrechtlicher Regelungen anzuknüpfen. Als Betrieb ist die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel zu einer organisatorischen Einheit zu verstehen. Der Betrieb wird mit der Herstellung der entsprechenden Strukturen begründet und besteht beim Versicherten so lange, bis die wesentlichen Grundlagen dieser Struktur entweder entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden oder diese Strukturen zerschlagen werden. Das bloße zeitweise Nichttätigsein, eine Betriebsunterbrechung, ja sogar die Stilllegung eines Betriebes ist noch keine Beendigung, wenn noch weitere betriebliche Tätigkeiten beabsichtigt werden bzw. die betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter weder in das Privatvermögen übernommen noch veräußert worden sind (vgl. die zu § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2003, Zl. 2000/08/0068, mwN, und vom 29. März 2006, Zl. 2004/08/0094).

In seinem Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, Zl. 2003/08/0126, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Unterbrechung einer betrieblichen Tätigkeit (d.h. einer zeitlich befristeten Beendigung der betrieblichen Tätigkeit aus besonderen Gründen und damit einer Unterbrechung auch der Versicherungspflicht) iZm § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG Folgendes ausgeführt:

"a) Es ist bei einer Tätigkeit, für welche keine Berufsbefugnis benötigt wird und die ihrer Natur nach - auch wenn sie fortlaufend ausgeübt wird - nur fallweise (zB in Form von Vorträgen oder Veröffentlichungen) nach außen erkennbar zutage tritt, zu beachten, dass allein deshalb während der (auch der Vorbereitung dienenden) Zeiträume zwischen den Vorträgen oder Veröffentlichungen noch keine Unterbrechung der Tätigkeit anzunehmen ist. Ist eine auch nach außen sichtbar zutage tretende Unterbrechung der Tätigkeit auf Grund von deren Eigenart nicht hinreichend objektivierbar, lässt sich also die Periode der Ausübung einer solchen Tätigkeit von jener ihrer Unterbrechung nicht mit der erforderlichen Trennschärfe unterscheiden, dann ist die Überschreitung der Versicherungsgrenze durch die Höhe der im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte für die Versicherungspflicht maßgebend, die im Zweifel im gesamten Kalenderjahr besteht.

b) Was die Frage der Betriebsmittel betrifft, vor deren Veräußerung (bzw. der "Zerschlagung des Betriebes") nach Ansicht der mitbeteiligten Partei und der Einspruchsbehörde die Versicherungspflicht nicht endet, ist durchaus einzuräumen, dass das fortdauernde Vorhandensein einer betrieblichen Infrastruktur nach der Lage eines Einzelfalles gegen eine Beendigung des Betriebes sprechen kann. Dabei handelt es sich aber um ein Indiz, das nicht losgelöst von allen anderen Umständen der jeweiligen Tätigkeit verabsolutiert werden darf, das vor allem aber voraussetzt, dass tatsächlich eine nennenswerte betriebliche Infrastruktur vorliegt, die eine derartige Aussagekraft hinsichtlich der "wahren Absichten" des Betriebsinhabers hat. Aber auch in einem solchen Fall setzt die Annahme einer Betriebsunterbrechung (d.h. einer zeitlich befristeten Beendigung der betrieblichen Tätigkeit aus besonderen Gründen und damit einer Unterbrechung auch der Versicherungspflicht) nicht voraus, dass der Betriebsinhaber und Versicherte eine Berufsbefugnis besitzt, die ruhend gestellt werden kann. Ein für das unveränderte Fortbestehen der betrieblichen Tätigkeit sprechender Umstand wären jedoch das Weiterbestehen offener, nicht zurückgelegter oder weitergegebener Aufträge.

Wenn aber eine (beabsichtigte) Unterbrechung (und keine endgültige Beendigung) der Tätigkeit aus einem besonderen Grund glaubwürdig - d.h. ungeachtet des Überschreitens der Versicherungsgrenze nach dem Ergebnis der steuerlichen Veranlagung für das fragliche Kalenderjahr - nachgewiesen wird, dann ist es auch ohne Vorliegen einer Berufsbefugnis nach der insoweit eindeutigen, sich aus den §§ 6 Abs. 4 und 7 Abs. 4 GSVG ergebenden Rechtslage nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Pflichtversicherung vorerst beendet wird und erst nach einiger Zeit wieder beginnt."

Von einer ähnlichen Abgrenzung von Beginn und Ende einer selbständigen Erwerbstätigkeit geht die Rechtsprechung auch bei der Beurteilung des Nichtvorliegens von Arbeitslosigkeit im Sinn des § 12 Abs. 3 lit. b AlVG aus. Es wird dabei auf jenen Zeitpunkt abgestellt, in dem eine selbständige Erwerbstätigkeit erstmals entfaltet worden ist, d.h. ab welchem Zeitpunkt die im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit beabsichtigten Leistungen erstmals nach außen zu Tage tretend zumindest angeboten wurden. Behauptet der Arbeitslose, ausschließlich Vorbereitungsarbeiten für die Aufnahme seiner selbständigen Erwerbstätigkeit durchgeführt zu haben, keine Umsatzgeschäfte getätigt zu haben und auch nicht durch das Anbieten seiner gewerblichen Leistungen nach außen in Erscheinung getreten zu sein, hat er der belangten Behörde alle jene Umstände darzulegen, aus denen sich ein tatsächlich späterer Beginn der Aufnahme seiner selbständigen Erwerbstätigkeit ergibt. Dafür können die Anmietung des Geschäftslokales, die Lieferung der Büroeinrichtung oder die erstmalig nach außen zu Tage getretene Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit in Verbindung mit der erstmaligen Erzielung von Umsätzen von Bedeutung sein. Bei der Beurteilung des Beginns einer selbständigen Tätigkeit kommt es auch darauf an, ob der Arbeitslose lediglich Vorbereitungshandlungen wie Ausmalen, Erledigung von Amtswegen etc. getätigt hat bzw. sein Lokal in gar keinem betriebsbereiten Zustand gewesen bzw. nicht geöffnet war. Daraus, dass die Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für den betreffenden Zeitraum ein Einkommen bzw. Umsätze ausweisen, kann allein nicht darauf geschlossen werden, dass der Arbeitslose im gegenständlichen Zeitraum schon selbständig erwerbstätig gewesen sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0260, vom 14. September 2001, Zl. 2000/19/0139, und vom 29. Oktober 2008, Zl. 2007/08/0088).

In einem das angezeigte Ruhen der Gewerbeberechtigung "Gastgewerbe in der Betriebsart Fremdenheim" betreffenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, in welchem Ausmaß eine betriebliche Tätigkeit vermindert werden muss, um deren Unterbrechung annehmen zu können, ausgesprochen, dass der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG nicht erfüllt ist, wenn während des gemeldeten Ruhens der Gewerbeberechtigung tatsächlich Zimmer vermietet worden sind, und zwar auch dann, wenn während der Ruhenszeiträume höchstens 10 Betten vermietet worden sind, sodass aus gewerberechtlicher Sicht lediglich eine Privatzimmervermietung im Sinn des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG vorgelegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0091).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde unbestritten festgestellt, dass "tatsächlich kein Hotelbetrieb stattgefunden" hat, d.h., dass der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum keine Umsatzgeschäfte im Sinne seiner Gewerbeberechtigung vorgenommen hat. Daraus ergibt sich, dass - anders als in dem mit Erkenntnis Zl. 2005/08/0091 entschiedenen Fall - die in Rede stehenden Einkünfte aus der Betriebsunterbrechungsversicherung zwar steuerlich solche aus Gewerbebetrieb sind, jedoch nicht mit einer gleichzeitig ausgeübten - mehr oder weniger stark eingeschränkten -

selbständigen Erwerbstätigkeit einhergingen, die im Rahmen der wenn auch ruhend gestellten Gewerbeberechtigung ausgeübt worden wäre (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2008/08/0134). Es kann daher dahinstehen, inwieweit Vorbereitungshandlungen oder ein nach außen in Erscheinung tretendes Anbieten von gewerblichen Leistungen allenfalls hätten dem Hotelbetrieb zugeordnet werden können, zumal ebenfalls unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer auch nach Wiedereröffnung des Hotels dieses nicht mehr selbst betrieben, sondern an seinen Sohn, der eine eigene Gewerbeberechtigung besitzt, verpachtet hat. In Anbetracht der unbestrittenen und bisher nicht widerrufenen Ruhendmeldung des Gewerbebetriebes des Beschwerdeführers im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 GSVG ist sohin das Vorliegen einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG dann auszuschließen, wenn der Beschwerdeführer keine Tätigkeit entfaltet, die sich als Ausübungshandlung des ruhenden Gewerbes darstellt.

Es kann im vorliegenden Fall auch dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum eine betriebliche Tätigkeit entfaltet hat, die eine andere Gewerbeberechtigung erfordert hätte (unbefugte Gewerbeausübung) oder die keine Wirtschaftskammerzugehörigkeit begründet (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2008/08/0134), weil der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 20. Februar 2008 rechtskräftig festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer auch während der beschwerdegegenständlichen Zeiträume vom 1. Jänner bis 4. Juli und vom 1. Oktober bis 30. November 2003 nicht der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliegt.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass eine "Einkommensersatzleistung als Unterbrechung des Ruhens anzusehen" sei bzw. dass "die als Einkommensersatz gewährte Versicherungsleistung, die überdies im Einkommensteuerbescheid des betreffenden Jahres als gewerbliches Einkommen deklariert wurde, als aktives Betreiben des Gewerbes gewertet wird und das angezeigte Ruhen unterbricht", steht mit der angeführten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Einklang.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. November 2010

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