Normen
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
GSVG 1978 §4 Abs1 Z1;
WKG 1998 §2;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
GSVG 1978 §4 Abs1 Z1;
WKG 1998 §2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat dem vorgelegten Verwaltungsakt zufolge im Dezember 1975 die zuständige Bezirkshauptmannschaft von der Neuaufnahme des konzessionierten "Gastgewerbe(s) (§ 189 (1) Z. 1 GewO. 1973) Betriebsart: Fremdenheim" verständigt.
Mit Bescheid vom 26. November 2001 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, dass die Beschwerdeführerin in näher genannten Zeiträumen zwischen dem 10. Dezember 1975 und dem 31. August 2000 mit Ausnahme der Monate November 1997, 1998 und 1999 in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG pflichtversichert gewesen sei. Nach der Begründung bestehe für die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer Tirol die Pflichtversicherung ab 10. Dezember 1975. Die Mitgliedschaft beruhe auf der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin, lautend auf "Fremdenheim". Ab 31. März 1997 habe die Beschwerdeführerin jährlich Nichtbetriebsmeldungen erstattet. Diese führten jedoch nur für jene Monate zur Feststellung des Ausnahmegrundes nach § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG, in denen tatsächlich keine Tätigkeit ausgeübt worden sei, was jeweils für den November zutreffe. In den übrigen Monaten bestehe Pflichtversicherung, weil von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen sei. Es sei aktenkundig, dass ganzjährig 15 Betten angeboten worden seien; die Auslastung sei nicht als Kriterium für die Unterscheidung Privatzimmervermietung oder Gewerbebetrieb heranzuziehen.
In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch bekämpfte die Beschwerdeführerin die Feststellung der Versicherungspflicht hinsichtlich einzelner Monate ab April 1997. Sie brachte vor, sie habe nicht ganzjährig 15 Betten angeboten. Der Rahmen einer Privatzimmervermietung als häusliche Nebenbeschäftigung sei nicht überschritten worden. Das Gewerbe sei daher während dieser Monate nicht "verkleinert", sondern überhaupt nicht ausgeübt worden, weshalb die Nichtbetriebsmeldungen zu Recht erfolgt seien.
In einer Stellungnahme an den Landeshauptmann von Tirol vom 25. März 2002 ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahin, dass zwar beim Tourismusverband G die von ihr angebotenen Betten durchgehend mit 15 ausgewiesen würden, weil dies in der EDV-Anlage seinerzeit so eingegeben und fortgeschrieben worden sei; es sei jedoch auf die zeitweilige Erhöhung oder Senkung dieser Statistikzahl nicht weiter geachtet worden. Faktisch seien in den Zeiten der Ruhendmeldungen höchstens zehn Betten zur Beherbergung von Gästen bereitgestellt worden. Die tatsächliche Auslastung sei zwischen 6 und 7,5 Betten gelegen.
Mit Bescheid vom 9. April 2002 wies der Landeshauptmann von Tirol den Einspruch der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Begründend führte der Landeshauptmann aus, die Privatzimmervermietung sei im vorliegenden Fall ganz offensichtlich keine häusliche Nebenbeschäftigung, sondern eine Nebenbeschäftigung zum sonst ausgeübten Gastgewerbe der Frühstückspension. Es handle sich nicht um eine Privatzimmervermietung, sondern eindeutig um die Ausübung des Gastgewerbes. Ein Wechsel zwischen Ausübung des Gastgewerbes und häuslicher Nebenbeschäftigung je nach absehbarer Auslastung des Betriebes durch Ruhend- und Wiederaufnahmemeldung des Gewerbes sei daher nicht als zulässig anzusehen. Somit sei auch während der Zeiten der Ruhendmeldung die Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten eine der Gewerbeordnung unterliegende Erwerbstätigkeit, weil der Gewerbebetrieb tatsächlich nicht geruht habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin unter anderem vor, die vermieteten Räumlichkeiten lägen im privaten Wohnbereich. Das Betreiben einer Frühstückspension stelle nicht die Ausübung des Gastgewerbes dar. Das Haus sei vor 30 Jahren erbaut worden und habe einen mit den Gästen gemeinsam benützten Eingang und Aufgang, weise keine geschlossene Wohnung für die Mitglieder des eigenen Hausstandes auf, habe keine Rezeption und kein eigenes Büro. Die Aufenthaltsräume für die Hausstandsmitglieder und für die Gäste seien nicht getrennt, sondern lägen nebeneinander. Es gebe keinen Internetanschluss, sondern nur einen Anschluss für ein Festnetztelefon mit Faxgerät. Die einzige Küche im Haus diene privaten Zwecken und auch der Frühstückszubereitung für die Gäste. Es handle sich hauptsächlich um Stammgäste, das Angebot bestehe aus Übernachtung mit konventionellem Frühstück. Speisen und Getränke würden nicht verkauft, weitere Leistungsangebote bestünden nicht. Es gebe keine Geschäftsverbindung mit Reisebüros und eine freiwillige Mitgliedschaft beim Privatzimmervermieterverband Tirols. Die Beschwerdeführerin habe keine Arbeitnehmer beschäftigt, alle Besorgungen erfolgten durch die Mitglieder des eigenen Hausstandes. Die Zahl der beherbergten Personen (bis höchstens zehn) sei nachgewiesen, wodurch die Beweisfrage gelöst sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben.
In der Begründung stellte sie den Gang des Verwaltungsverfahrens dar, gab die von ihr als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften wieder und ging von folgendem Sachverhalt aus:
"Seit dem 10.12.1975 besitzt (die Beschwerdeführerin) den Gewerbeschein für das Gastgewerbe, Betriebsart: Fremdenheim, da sie in ihrem Wohnhaus eine Frühstückspension betreibt. Laut Tourismusverband ihrer Heimatgemeinde stellt sie 15 Fremdenbetten zur Verfügung. In saisonschwachen Zeiten meldete sie den Gewerbebetrieb ruhend, betrieb jedoch die Zimmervermietung als nach ihrer Ansicht von der Gewerbeordnung ausgenommene 'Privatzimmervermietung' in geringerem Ausmaß weiter.
Die Auslastung war laut Statistik des Tourismusverbandes bis auf eine Ausnahme (August 1997) stets unter der Anzahl von 10 Betten."
Dieser Sachverhalt sei unstrittig. Unbedenklich sei die Tatsache, dass die Vermietung nur durch Mitglieder des eigenen Hausstandes durchgeführt worden sei. Lediglich das Erfordernis der Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten sowie die nicht zulässige Reduzierung der Vermietung im Rahmen einer häuslichen Nebenbeschäftigung lasse die Qualifizierung als Privatzimmervermietung im vorliegenden Fall scheitern. Es komme auch bei geringerer Auslastung nur auf die Zahl der angebotenen Betten an, und nicht auf die Zahl der tatsächlich in Anspruch genommenen. Auch wenn in Zeiten der Ruhendmeldung höchstens zehn Betten bereitgestellt worden seien, hätte man die Anzahl der angebotenen Betten beim Tourismusverband reduzieren müssen. Es habe außer im August 1997 immer eine unter dieser Grenze liegende Auslastung gegeben. Die Beschwerdeführerin habe nicht nachweisen können, nicht mehr als zehn Betten zur Vermietung angeboten zu haben. Dies sei der Grund, weshalb eine Privatzimmervermietung ausscheide. Die Ruhendmeldung in saisonschwachen Zeiten stelle keine zulässige rechtliche Möglichkeit dar, eine "gewerbefreie" Privatzimmervermietung weiterzuführen. Die Beschwerdeführerin hätte das Gewerbe abmelden, die Anzahl der zur Verfügung stehenden Betten auf höchstens zehn reduzieren müssen, was zu einer "gewerbefreien" Privatzimmervermietung geführt hätte. Eine bloße Einschränkung der Tätigkeit führe nicht zum Wegfall der Gewerbeausübung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert.
§ 2 Wirtschaftskammergesetz 1998 lautet auszugsweise:
"§ 2. (1) Mitglieder der Wirtschaftskammern und Fachorganisationen sind alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Bergbaues, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs, der Nachrichtenübermittlung, des Tourismus und der Freizeitwirtschaft berechtigt sind.
(2) Zu den Mitgliedern gemäß Abs. 1 zählen jedenfalls Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen sowie insbesondere solche, die in der Anlage zu diesem Gesetz angeführt sind.
..."
Bei der Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer handelt es sich um eine Pflichtmitgliedschaft, die bei Vorliegen der in § 2 WKG genannten Voraussetzung ipso iure ohne eine unmittelbar darauf abzielende Willenserklärung eintritt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2003, Zl. 2001/08/0204) und die etwa mit einer Zurücklegung oder einer Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde endet (vgl. § 85 Z. 7 und 8 Gewerbeordnung 1994 (GewO) und zur diesbezüglich vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 3 Abs. 2 Handelskammergesetz das hg. Erkenntnis vom 29. März 2006, Zl. 2006/08/0028), ohne dass es dazu eines konstitutiven Akts der Wirtschaftskammer bedürfte.
Nach § 93 GewO muss der Gewerbetreibende das Ruhen und die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzeigen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind Personen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens von der Pflichtversicherung ausgenommen.
Wurde das Ruhen der Sozialversicherungsanstalt angezeigt, ist der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG dann erfüllt, wenn das Gewerbe tatsächlich nicht ausgeübt wird. Der angeführte Tatbestand setzt nämlich einerseits die Anzeige des Ruhens, andererseits das tatsächliche Ruhen des Betriebes voraus (vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 95/08/0346).
Es ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass die Beschwerdeführerin während des in Rede stehenden Zeitraumes auf Grund ihrer Gewerbeberechtigung Mitglied der Tiroler Wirtschaftskammer gewesen ist und jeweils für mehrere Monate im Jahr das Ruhen ihres Gewerbes sowohl der Gewerbebehörde als auch der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt gemeldet hat. Es ist weiter unbestritten, dass die Beschwerdeführerin in allen von der belangten Behörde festgestellten Zeiträumen der Versicherungspflicht, somit auch während des gemeldeten Ruhens der Gewerbeberechtigung, tatsächlich Zimmer vermietet hat und die Gewerbeberechtigung aufrecht gewesen und nicht etwa von der Beschwerdeführerin zurückgelegt worden ist.
Nach der dargestellten Rechtsprechung führt das Weiterbetreiben der gewerblichen Tätigkeit trotz Ruhendmeldung für den Bereich des Sozialversicherungsrechtes dazu, dass der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG nicht erfüllt ist und der Betreffende von der Pflichtversicherung nicht ausgenommen wird, also weiter der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegt.
Ungeachtet dieser Rechtslage vertritt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde zusammengefasst die Ansicht, durch die Reduktion der angebotenen Betten während der Ruhenszeiträume auf höchstens zehn habe sie überhaupt kein Gewerbe ausgeübt, weil Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, die Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - von den Angelegenheiten des Gewerbes ausnehme. Sie unterliege daher schon deshalb keiner Versicherungspflicht nach dem GSVG.
Gemäß Art. III der B-VG-Novelle 1974, BGBl. Nr. 444, gehört zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z. 8 B-VG unter anderem nicht die Privatzimmervermietung, das ist die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten.
Es ist im Beschwerdefall nicht zu beurteilen, ob die Ansicht der Beschwerdeführerin aus gewerberechtlicher Sicht zutrifft; mit Blick auf das hier allein maßgebliche Sozialversicherungsrecht gilt Folgendes: Besteht die Kammermitgliedschaft auf Grund eines angemeldeten und noch aufrechten Gewerbes, das trotz gegenteiliger Anzeige wegen Weiterbetriebes nicht ruht, begründet dies nach der dargestellten Rechtsprechung auch die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG.
Es kommt nach dem Gesagten im Beschwerdefall demnach nicht darauf an, wie viele Betten die Beschwerdeführerin angeboten oder vermietet hat, weil sie die Zimmervermietung auf Grund einer Gewerbeberechtigung, die die Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer begründete, betrieben hat. Durch diese Mitgliedschaft ist wiederum der Tatbestand der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG erfüllt, von der die Beschwerdeführerin - wie gezeigt wurde - auch durch die Ruhensanzeigen nicht ausgenommen wurde. Dass die Gewerbeberechtigung - und damit die Kammermitgliedschaft - nicht mehr aufrecht gewesen wäre, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Mai 2007
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