VwGH 2009/07/0044

VwGH2009/07/004416.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde

1. des JP und 2. der EP, beide in S, beide vertreten durch Bründl, Reischl & Partner, Rechtsanwälte in 5204 Strasswalchen, Braunauerstraße 4, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 14. November 2008, Zl. LAS- 2/35/13-2008, betreffend Anerkennung eines Kaufvertrages als Flurbereinigungsmaßnahme, zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §1 Abs2;
FlVfGG §1;
FlVfGG §10 Abs3;
FlVfGG §4;
FlVfGG §49;
FlVfGG §50 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §1 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §1;
FlVfLG Krnt 1979 §44;
FlVfLG Krnt 1979 §45;
FlVfLG Krnt 1979 §46 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §17;
FlVfLG Slbg 1973 §1 Abs2;
FlVfLG Slbg 1973 §1;
FlVfLG Slbg 1973 §12 Abs3;
FlVfLG Slbg 1973 §21;
FlVfLG Slbg 1973 §32;
FlVfLG Slbg 1973 §33;
FlVfLG Slbg 1973 §34 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §12 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §12 Abs3;
VwRallg;
FlVfGG §1 Abs2;
FlVfGG §1;
FlVfGG §10 Abs3;
FlVfGG §4;
FlVfGG §49;
FlVfGG §50 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §1 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §1;
FlVfLG Krnt 1979 §44;
FlVfLG Krnt 1979 §45;
FlVfLG Krnt 1979 §46 Abs1;
FlVfLG NÖ 1975 §17;
FlVfLG Slbg 1973 §1 Abs2;
FlVfLG Slbg 1973 §1;
FlVfLG Slbg 1973 §12 Abs3;
FlVfLG Slbg 1973 §21;
FlVfLG Slbg 1973 §32;
FlVfLG Slbg 1973 §33;
FlVfLG Slbg 1973 §34 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §12 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §12 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 19. März 2007 erwarben die Beschwerdeführer von Johann F. je zur Hälfte die Grst. Nrn. 5093 und 5099 je KG K.

Mit Eingabe vom 18. April 2007 stellten die Beschwerdeführer an das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (AB) den Antrag auf Anerkennung dieses Rechtsgeschäftes als Flurbereinigungsmaßnahme. Begründend führten die Beschwerdeführer aus, dass sie seit dem Jahr 2000 in der Gemeinde W. Grund im Ausmaß von 7,5 ha und in der Gemeinde U. Grund im Ausmaß von 4,18 ha gepachtet hätten. Diese Pachtverträge seien "2006 bzw. 2007" nicht mehr verlängert worden. Ihnen seien in der Gemeinde K. Ersatzgrundstücke zum Kauf angeboten worden. Die Grundstücke würden dringend für die Bewirtschaftung benötigt, da das Stallgebäude, die Maschinen und das Milchkontingent für einen größeren Betrieb ausgelegt seien.

Die AB holte das Gutachten des Amtssachverständigen Dipl. Ing. K. vom 4. Oktober 2007 ein. Demnach ändere sich "bei der Aufgabe von Pachtverhältnissen zugunsten bzw. anstelle eines Neueigentums" in keiner Weise etwas an der Besitzstruktur der aufgegebenen Pachtflächen und den Flächen des Verpächters. Üblicherweise werde der Verkauf von weit vom Hof entfernt liegenden Grundstücken und der damit verbundene Kauf von nahe zum Hof liegenden Grundstücken als Flurbereinigungsmaßnahme anerkannt. Der Eigentümer entscheide, ein Grundstück zu verkaufen und als Ersatz ein näher liegendes zu kaufen. Er bringe für sein neues Grundstück das alte Grundstück, welches in seinem Eigentum gestanden sei, als Ersatz ein. Dabei werde "am Eigentum eine Änderung" vorgenommen, was bei der Aufgabe von Pacht nicht der Fall sei. Im vorliegenden Fall trete nicht anstelle alten Eigentums, welches weit entfernt sei, neues zur Hofstelle näher liegendes Eigentum. Es würde lediglich als Ersatz für Grundstücke, welche nur "vorübergehend" durch einen Vertrag genutzt werden dürften und 20 bzw. 10 km von der Hofstelle entfernt seien, ein neues Grundstück, welches in eine Entfernung von 4,4 km von der Hofstelle liege, gekauft. Dieser Grundstückskauf sei "als typische Streulage" anzusehen und könne nicht als Flurbereinigungsmaßnahme anerkannt werden.

Zu diesem Gutachten nahmen die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Oktober 2007 Stellung. Durch den vorliegenden Ankauf landwirtschaftlicher Flächen sei es möglich, einen wesentlichen Teil der abgegebenen Pachtflächen zu kompensieren. Mit dem Kauf von Grundstücken im Ausmaß von 5,8 ha erhöhe sich die Eigentumsfläche ihres Betriebes um mehr als ein Viertel. Auch würden die neu erworbenen Flächen "verkehrsmäßig" wesentlich näher als die abgegebenen Pachtflächen liegen. Der Ankauf von Grundstücken im Umfang von 5,8 ha stelle daher eine wesentliche Verbesserung der Agrarstruktur und dadurch auch eine Absicherung ihres landwirtschaftlichen Betriebes für die Zukunft dar.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 2008 wies die AB den Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung, dass der Kaufvertrag vom 18. März 2007 zur Durchführung einer Flurbereinigung erforderlich sei, gemäß § 1 und § 34 des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes 1973, LGBl. Nr. 1/1973 idF LBGl. Nr. 125/2006 (im Folgenden: FLG) ab.

Begründend führte die AB aus, dass die vormals gepachteten Grundstücke bereits "im Jahr 2006 bzw. 2007 gekündigt" worden seien. Die kaufgegenständlichen Flächen seien mit Vertrag vom 19. März 2007 erworben worden. Zumindest teilweise fehle der direkte zeitliche Zusammenhang mit dem Wegfall der Pachtfläche. Zudem könnten Pachtverhältnisse sowohl kurz- als auch langfristig abgeschlossen und jederzeit abgeändert, beendet oder auch wieder begonnen werden. Im vorliegenden Fall würden weiter entfernte Pachtflächen - somit kein Grundbesitz im Sinne des FLG - von den Beschwerdeführern aufgegeben. In der Praxis komme es zu einer Anerkennung einer Flurbereinigungsmaßnahme, wenn vom Hof entfernt liegende Flächen verkauft und näher liegende Flächen gekauft bzw. mit diesen getauscht würden. Durch die Aufgabe von Pachtflächen komme es zu keiner Neuordnung im Sinne einer Flurbereinigung, da sich am Grundbesitz im Sinne der Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nichts ändere oder verbessere.

Demnach - so führte die AB in ihrer Begründung weiter aus - müsse sich die Beurteilung einer Flurbereinigung nach dem FLG ausschließlich auf die kaufgegenständlichen Grundstücke beziehen. Diese würden zum übrigen Grundbesitz der Beschwerdeführer Streubesitz darstellen. Zudem seien diese Grundstücke für eine Bewirtschaftung ungünstig ausgeformt. Der Ankauf der gegenständlichen Grundstücke stelle an sich keine Flurbereinigung dar, da es zu keiner Verbesserung der Agrarstruktur komme.

Der Agrarstrukturmangel der unwirtschaftlichen Betriebsgröße und - wie im vorliegenden Fall - dessen Ausgleich durch eine Grundaufstockung sei Inhalt des Salzburger landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes. Auch wenn der Ankauf der gegenständlichen Grundstücke eine wesentliche Verbesserung im Zusammenhang mit Anfahrts- und Zufahrtswegen darstelle und der Sicherung des Landwirtschaftsbetriebes diene, sei dies jedenfalls kein wesentliches Merkmal des FLG.

Gegen diesen Bescheid der AB vom 16. Jänner 2008 erhoben die Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Darin wurde vorgebracht, dass die §§ 1 und 32 FLG nie von Eigentum, sondern von "Besitz, Benützung oder Bewirtschaftung" handelten. Würden somit zugepachtete Flächen (Rechtsbesitz) durch Eigentumsflächen gleichsam ersetzt, entspreche dies den Zielen und Aufgaben der Zusammenlegung bzw. Flurbereinigung. Aktive landwirtschaftliche Betriebe würden gestärkt, wenn es zu einer Bewirtschaftung von Eigentumsflächen komme. Auch müsse sich eine Maßnahme der Flurbereinigung nicht auf den gesamten Betrieb beziehen. Vielmehr könnten die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse auch durch einzelne Maßnahmen verbessert werden.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen Dipl. Ing. J. vom 10. Juni 2008. Darin wurde festgehalten, dass durch den verfahrensgegenständlichen Grundstückskauf der Mangel (jeweils bezogen auf die Eigentumsfläche) einer unwirtschaftlichen Betriebsgröße geringfügig behoben, der Mangel ungünstiger Grundstücksausformungen und Verkehrserschließung nicht verändert und der Mangel eines zersplitterten Grundbesitzes durch Schaffung eines zweiten rund 4,4 km entfernten Besitzkomplexes verstärkt werde. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes könne durch Auslastung des vorhandenen Gebäude- und Maschinenbestandes sowie durch eine Erhöhung des Eigenflächenanteils allerdings verbessert werden. Berücksichtige man auch die Pachtflächen des Betriebes, so sei eine wirtschaftliche Verbesserung durch eine durch den Kauf und die Auflösung von Pachtverträgen verursachte Verringerung der mittleren Feld/Hofentfernung gegeben.

Mit Eingabe vom 27. Juli 2008 legten die Beschwerdeführer der belangten Behörde eine "Stellungnahme zur wirtschaftlichen Verbesserung" der Landwirtschaftskammer Salzburg vom 15. Juli 2008 vor. Diese kommt zum Schluss, dass der "gegenständliche Grundankauf" zu einer nachhaltigen und dauerhaften Verbesserung der Agrarstruktur und der Bewirtschaftungsverhältnisse des Vollerwerbsbetriebes der Beschwerdeführer und zu einer entsprechenden Umweltentlastung führe. Durch gleichzeitige Aufgabe der Bewirtschaftung einer 20 km von der Hofstelle entfernten Pachtfläche im Ausmaß von 7,5 ha werde sowohl die Ertragsfähigkeit des Betriebes durch Kosteneinsparung gesteigert als auch eine Umweltverbesserung durch die Verkürzung der Fahrstrecken erreicht.

Die am 1. August 2008 von der belangten Behörde durchgeführte mündliche Verhandlung wurde zur Einholung einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen Dipl. Ing. J. vertagt.

In seiner landwirtschaftlichen Stellungnahme vom 29. Oktober 2008 hielt der landwirtschaftliche Amtssachverständige Dipl. Ing. J. fest, dass sich in der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Salzburg vom 15. Juli 2008 keine Ausführungen fänden, die nicht bereits in der fachlichen Stellungnahme vom 10. Juni 2008 behandelt worden seien. Zur Ausformung der von den Beschwerdeführern erworbenen Grundstücke Nrn. 5093 und 5099 KG K. führte der landwirtschaftliche Amtssachverständige ergänzend aus, dass diese beiden Grundstücke lediglich durch einen in Fremdeigentum befindlichen Wirtschaftsweg, der auch der Erschließung der angrenzenden Grundstücksteile diene, getrennt sei. Die Ausformung könne zwar nicht als ideal bezeichnet werden. Im Zusammenhang mit der Schlaggröße und den örtlichen Geländeverhältnissen sei aber eine ausreichend gute Bewirtschaftbarkeit für eine Grünlandnutzung gegeben.

Nach einer weiteren mündlichen Verhandlung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.

Hinsichtlich des Kaufvertrages vom 19. März 2007 führte die belangte Behörde begründend aus, dass der Erwerb der Grundstücke Nrn. 5093 und 5099 je KG K. im Ausmaß von etwa 5,8 ha aus der EZ 1236 KG K. erfolgt sei. Es handle sich dabei aus Sicht des Verkäufers um einen ausgelaufenen landwirtschaftlichen Betrieb. Die ehemalige Hofstelle sei in einen Gasthof und eine Metzgerei umgewandelt worden. Die dazugehörigen Stallgebäude seien schon abgetragen worden. Nach dem Verkauf verfüge der Verkäufer nur mehr über eine geringfügige landwirtschaftliche Nutzfläche (ca. 1 ha in unmittelbarer Nähe zu Bauland) als sogenanntes "Bauerwartungsland".

Vor dem verfahrensgegenständlichen Kauf hätten die Beschwerdeführer "gemeinsam bzw. einzeln" neun von einander getrennte Grundstückskomplexe, die in einer Entfernung von in etwa 1 km Luftlinie von der Hofstelle aus erreichbar seien, besessen.

Der nun neu erworbene zehnte Grundstückskomplex stelle einen eigenen Bewirtschaftungskomplex dar, welcher weder an andere eigene Grundstückskomplexe angrenze, noch auch zwischen den schon vorhandenen Grundstückskomplexen liege, sondern sich völlig getrennt davon in einer Entfernung von in etwa 4,4 km von der Hofstelle der Beschwerdeführer entfernt im Gemeindegebiet K. befinde. Es werde damit ein neuer Grundstückskomplex erworben, der von der Hofstelle am weitesten entfernt liege und ein Ausmaß von in etwa 5,8 ha aufweise.

Im Zusammenhang mit der Beseitigung bzw. Milderung eines Agrarstrukturmangels sei festzuhalten, dass in Bezug auf die landwirtschaftlichen Eigentumsflächen der Mangel eines zersplitterten Grundbesitzes nicht behoben werde, da ein solcher durch eine bereits durchgeführte Grundzusammenlegung Anfang 1970 nicht bestanden habe. Durch den Kauf würden zudem die bestehenden Grundstücksformen nicht verändert. Auch seien dadurch keine Änderungen im Hinblick auf die Erschließungsverhältnisse der Altbzw. Neugrundstücke eingetreten. Unter der Annahme, dass nur Eigentumsflächen zu bewerten seien, werde durch den Zukauf der Mangel der unwirtschaftlichen Betriebsgröße, bezogen auf die Eigentumsfläche durch den Erwerb geringfügig gemildert. Bewerte man aber zusätzlich noch die Pachtflächen, so bestünde weder vor noch nach dem Kauf der Agrarstrukturmangel einer unwirtschaftlichen Betriebsgröße.

Durch den Kauf und die Abgabe von Pachtflächen komme es zu einer wirtschaftlich relevanten Reduktion von Arbeit- und Maschineneinsatzzeiten. Betrachte man nun den Grundstückserwerb unter dem Aspekt der Beseitigung eines Agrarstrukturmangels, so werde durch diesen Erwerb kein relevanter Agrarstrukturmangel abgewendet, gemildert oder behoben. Als positiv sei nur der Flächenzuwachs bei den Eigentumsflächen anzusehen, da die bisherige Flächenausstattung von in etwa 17,3 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche bei einer durchschnittlichen Bodenklimazahl von 44 bis 66 noch einen Abschlag von 6 % bei der Einheitsbewertung verursache. Mit dem Erwerb der gekauften landwirtschaftlichen Flächen werde demnach der noch geringfügig vorhandene Agrarstrukturmangel hinsichtlich unwirtschaftlicher Betriebsgröße zur Gänze beseitigt. Unabhängig davon müsse man jedoch bei einem derartigen Erwerb von einer flurbereinigenden Wirkung ausgehen, die zu einer besseren flächenmäßigen Gestaltung des Gesamtbetriebes führe.

Die Lage der Kauffläche als nun weitest entfernter Bewirtschaftungskomplex zeige auch, dass durch den Kauf überhaupt kein Arrondierungseffekt im Sinne einer flurbereinigenden Maßnahme eintrete. Im Hinblick auf die landwirtschaftlichen Flächen werde vielmehr ein neuer Agrarstrukturmangel hinsichtlich eines zersplitterten Grundbesitzes geschaffen.

Die Beschwerdeführer wendeten ein, dass im Sinne des Flurbereinigungsverfahrens Besitz und Eigentum gleich zu behandeln seien. Somit müssten auch die Pachtflächen bei der Beurteilung einer flurbereinigenden Wirkung mit einfließen. Folge man in dieser Hinsicht den Beschwerdeführern, so ergebe sich, dass der einzig vorliegende Agrarstrukturmangel der unwirtschaftlichen Betriebsgröße gar nicht vorhanden wäre. Bei Berücksichtigung der Pachtflächen sei nämlich die Besitzgröße damit schon ausreichend groß.

Es werde zwar die am weitesten entfernte Pachtfläche aufgegeben und

damit die mittlere Hofentfernung reduziert. Dadurch entstehe indessen keine

bessere Gestaltung der Eigentumsflächen, da die Lage des neuen Bewirtschaftungskomplexes völlig getrennt von übrigen Bewirtschaftungskomplexen in einer Entfernung von rund 4,4 km von der Hofstelle liege.

Berücksichtige man die Pachtflächen bei der Beurteilung nicht, dann würde zwar ein geringfügiger Agrarstrukturmangel hinsichtlich Flächenausstattung behoben. Unabhängig davon entstehe indessen ein neuer Agrarstrukturmangel hinsichtlich eines zersplitterten Grundbesitzes.

Unabhängig davon spreche zwar das FLG - wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführten - von einer Verbesserung der Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse, meine aber inhaltlich letztlich immer nur Eigentumsflächen. Dies gehe auch aus den materiellen Bestimmungen des FLG hervor, wo die Grundbewertung von Eigentumsflächen vorgenommen und nur dem jeweiligen Eigentümer zugerechnet werde. Danach würden die neuen Flächen unabhängig von bestehenden Pachtverträgen zugeteilt. Es könnten daher die Pachtflächen bei der Beurteilung, ob eine flurbereinigende Maßnahme entstehe, nicht berücksichtigt werden.

Vom vorliegenden Kaufvertrag würde daher bei einer gesamthaften Betrachtung keine flurbereinigende Wirkung ausgehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 32 Abs. 1 FLG kann anstelle eines Zusammenlegungsverfahren ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt werden, wenn dadurch

1. die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse in einem kleineren Gebiet oder bei einer kleineren Anzahl land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe oder lediglich durch einzelne Maßnahmen verbessert oder neu gestaltet werden oder

2. eine zweckmäßige Zwischenlösung bis zur späteren Durchführung eines Zusammenlegungsverfahrens erreicht wird.

Gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. kann ein Flurbereinigungsverfahren weiters durchgeführt werden, um Maßnahmen, die auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften der Bodenreform oder im allgemeinen öffentlichen Interessen getroffen werden, vorzubereiten, zu unterstützen oder deren nachteilige Folgen zu beseitigen.

Nach § 33 FLG sind im Flurbereinigungsverfahren die Bestimmungen für die Zusammenlegung mit einigen im vorliegenden Zusammenhang nicht bedeutsamen Abänderungen sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 34 Abs. 1 FLG sind dem Flurbereinigungsverfahren Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Agrarbehörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen), zugrunde zu legen, wenn die Agrarbehörde bescheidmäßig feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind. In einem solchen Fall kann von der Erlassung der im Flurbereinigungsverfahren sonst zu erlassenden Bescheide Abstand genommen werden.

Voraussetzung für eine Feststellung nach § 34 Abs. 1 FLG ist, dass der vorgelegte Flurbereinigungsvertrag zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich ist. Erforderlich zur Durchführung der Flurbereinigung ist ein Vertrag nur dann, wenn er den Bestimmungen über die Flurbereinigung, insbesondere deren Zielsetzungen entspricht. Mit einem solchen Vertrag müssen demnach die in § 32 FLG angesprochenen Ziele erreicht werden, wobei die Anordnung des § 33 leg. cit. zu berücksichtigen ist, dass im Flurbereinigungsverfahren die Bestimmungen für das Zusammenlegungsverfahren sinngemäß anzuwenden sind. Dies bedeutet, dass bei den im § 32 FLG genannten Voraussetzungen für ein Flurbereinigungsverfahren stets auch die im § 1 leg. cit. verankerten Ziele mitzuberücksichtigen sind. Das Flurbereinigungsverfahren stellt ein "vereinfachtes Zusammenlegungsverfahren" dar (vgl. dazu u.a. das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Zusammenlegungsgesetz 1982 ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2009, Zl. 2006/07/0072, mwN).

Nach § 1 Abs. 1 FLG können im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes im Lande Salzburg sowie Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks- und betriebswirtschaftlichen sowie ökologischen Gesichtspunkten im Wege eines Zusammenlegungsverfahrens verbessert oder neu gestaltet werden.

Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. sind zur Erreichung dieser Ziele in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch:

1. Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeformen, ungünstige Wasserverhältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung), oder

2. Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie zum Beispiel Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten).

Die Beschwerde führt aus, dass nicht nur der Kauf der verfahrensgegenständlichen Grundstücke im Ausmaß von 5,8 ha und in einer Entfernung von 4,4 km von der Hofstelle zu berücksichtigen sei. Sie sieht den agrarstrukturellen Zusammenhang in der gleichzeitigen Aufgabe von Pachtflächen im Gesamtausmaß von 11,68 ha, die sich in einer Entfernung von 20 bzw. 10 km von der Hofstelle befanden.

Die belangte Behörde vertritt offenbar die Ansicht, dass im Zusammenhang mit der Verbesserung der "Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse" nach § 1 Abs. 1 FLG "inhaltlich letztlich immer nur Eigentumsflächen" gemeint seien. Dies ist indessen differenziert zu sehen.

Der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang zuzugestehen, dass der Abfindungsanspruch nach dem FLG allein an das Eigentumsrecht an den der Zusammenlegung unterzogenen Grundstücken und nicht an den Umstand deren faktischer Bewirtschaftung auf anderer Rechtsgrundlage als der des Eigentumsrechtes anknüpft (vgl. dazu die zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Niederösterreichischen Flurverfassungslandesgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2003, Zlen. 99/07/0178 bis 0182, und vom 21. Februar 2008, Zl. 2006/07/0005). Wenn im Gesetz vom Besitzstandsausweis und nicht vom Eigentumsausweis die Rede ist, ist der belangten Behörde insoweit zu folgen, als der zivilrechtlich korrekte Name des in § 12 Abs. 3 FLG zu erlassenden Bescheides dem Inhalt dieser Gesetzesvorschrift nach tatsächlich "Eigentumsausweis" und nicht "Besitz"standsausweis lauten müsste (vgl. das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 22. April 2010, Zl. 2009/07/0048).

Aus § 1 Abs. 2 FLG ergibt sich, dass von einer Flurbereinigung nur dann gesprochen werden kann, wenn Nachteile abgewendet, gemildert oder behoben werden, wobei der dort demonstrativ angeführte Katalog einen Rahmen von solchen zu beseitigenden Nachteilen und Mängeln vorgibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. November 2008, Zl. 2006/07/0063, mwN).

In diesem Zusammenhang ist eine Maßnahme nur dann als "zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich" im Sinne des § 34 Abs. 1 FLG anzusehen, wenn der durch sie eintretende Erfolg (nach dem Zuerwerb) auch im Rahmen eines amtswegigen Zusammenlegungs- bzw. Flurbereinigungsverfahrens eintreten könnte, somit dann, wenn die Veränderung der Agrarstruktur mit dem Erfolg eines behördlich geleiteten Zusammenlegungsverfahrens annähernd vergleichbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, Zl. 2002/07/0015).

In diesem Zusammenhang stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht jeder Zukauf eines Grundstückes und nicht jede Vergrößerung eines Besitzes schon eine Flurbereinigung dar. Das Vorliegen einer solchen ist nur dann anzunehmen, wenn sie als eine Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 2 FLG zur Erreichung der im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle genannten Ziele gewertet werden kann (vgl. etwa die zum Kärntner Flurverfassungslandesgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 20. September 2001, 2001/07/0033, und vom 22. Februar 2001, 2000/07/0278, sowie das zum Tiroler Flurverfassungslandesgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 23. November 2000, 97/07/0138).

Dabei ist grundsätzlich sowohl die veränderte Situation der Agrarsturktur im Bereich der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe (also sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite) zu beachten und weiters zu berücksichtigen, dass die Behebung eines Mangels der Agrarstruktur nur dann als ein dem Erfolg eines Zusammenlegungs/Flurbereinigungsverfahrens vergleichbarer Erfolg bewertet werden kann, wenn diese Maßnahme nicht gleichzeitig zum Entstehen eines neuen gravierenden Agrarstrukturmangels führt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 2004, Zl. 2003/07/0145).

Dabei ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch die Beendigung von Pachtverhältnissen einen Mangel der Agrarstruktur beseitigen kann. So können vertragsgegenständliche Grundstücke eigentumsrechtlich zum Hof des Verkäufers gehören, jedoch von diesem Hof für eine Bewirtschaftung zu weit entfernt sein und in isolierter Lage von diesem Betrieb liegen. Werden diese Grundstücke deshalb an einen nahegelegenen Betrieb verpachtet, so wird mit dem Ankauf dieser Pachtflächen durch diesen Betrieb damit ein Mangel der Agrarstruktur beseitigt, indem zersplitterter Grundbesitz bereinigt wird (vgl. dazu etwa Lang, Tiroler Agrarrecht I, 1989, S. 125).

Eine solche Fallkonstellation bedingt jedoch im Sinne der zitierten hg. Judikatur eine Beachtung des veränderten flurstrukturellen Zusammenhanges sowohl auf Verkäufer- als auch auf Käuferseite.

Im Beschwerdefall handelt es sich aus Sicht des Verkäufers - von den Beschwerdeführern unwidersprochen - um einen, in den Worten der belangten Behörde "ausgelaufenen landwirtschaftlichen Betrieb". Demnach ist die ehemalige Hofstelle in einen Gasthof und eine Metzgerei umgewandelt worden. Die dazu gehörigen Stallgebäude wurden abgetragen. Ein Flurbereinigungsaspekt auf Verkäuferseite liegt daher nicht vor.

Es kam zwar auf Seiten der Beschwerdeführer zu einer Aufgabe von Pachtflächen in einer Entfernung von 10 bzw. 20 km von der Hofstelle. In diesem Zusammenhang sind jedoch auf Grund der obigen Ausführungen zur Relevanz der Beendigung von Pachtverhältnissen als Instrument der Beseitigung von Mängeln der Agrarstruktur folgende Umstände entscheidungswesentlich:

Der verfahrensgegenständliche Kaufvertrag vom 19. Juni 2007 bewirkte keine Änderung in der Eigentumsstruktur der von den Beschwerdeführern aufgegebenen Pachtflächen. Diese sind nämlich nicht Gegenstand des Kaufvertrages. Demzufolge konnte auch kein Agrarstrukturmangel im Sinne der vorstehenden Ausführungen beseitigt werden.

Die Lage des neuen Bewirtschaftungskomplexes in einer Entfernung von rund 4,4 km von der Hofstelle der Beschwerdeführer bringt zudem unter

einem einen neuen Agrarstrukturmangel des zersplitterten Grundbesitzes

auf Seiten der Beschwerdeführer mit sich. Im Rahmen eines Zusammenlegungs/Flurbereinigungsverfahrens stünde eine solche Flureinteilung im Besonderen wegen des Effektes eines zersplitterten Grundbesitzes im Widerspruch mit dem Gesetz. Schon aus diesem Grund erweist sich der vorliegende Kaufvertrag nicht als "zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich".

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die von den Beschwerdeführern beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war entbehrlich, weil der angefochtene Bescheid von einem Landesagrarsenat und damit einem Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK stammt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2010, Zl. 2008/07/0207, mwN); der Landesagrarsenat hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. Dezember 2010

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