VwGH 2006/10/0017

VwGH2006/10/001721.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Mag. pharm. GD in Wilhelmsburg, vertreten durch Dr. Thomas Eustacchio, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währingerstraße 26, gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Apothekengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 Abs2 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 Abs2 Z2 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 Abs5 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 Abs7 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §10 idF 2006/I/090;
ApG 1907 §48 Abs2 idF 2006/I/090;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG werden die von Mag. pharm. AB in O, vertreten durch Dr. Walter Ratt, Rechtsanwalt in 5270 Mauerkirchen, Obermarkt 26, und die von Mag. pharm. Dr. MEH in St. Pölten, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 26. April 2005, Zl. PLG3-S-04, betreffend Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke an den Beschwerdeführer, erhobenen Berufungen abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 26. April 2005 wurde dem Beschwerdeführer die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort "Gebiet der Stadtgemeinde Wilhelmsburg, beginnend an der Kreuzung Hötzendorferstraße/Bahnhofstraße, eine gedachte Linie bis zur nördlichen Kreuzung der Friedhofstraße mit der Burgerfeldstraße, die Burgerfeldstraße bis zur Kreuzung mit der Industriezone Burgerfeld, die Industriezone Burgerfeld nördlich bis zur ersten Straßenverbindung zur St. Pöltner Straße, die St. Pöltner Straße südlich und die Bahnhofstraße bis zum Ausgangspunkt zurück, alle Straßenzüge beidseitig", und der voraussichtlichen Betriebsstätte in 3150 Wilhelmsburg, Bahnhofstraße, Grundstück Nr. 591/2, KG Wilhelmsburg, erteilt. Die Einsprüche von

Einschränkung des Standortes der beantragten Apotheke werde schließlich sichergestellt, dass auch bei einer Verlegung der Betriebsstätte innerhalb des Standortes keine entscheidenden Veränderungen des Versorgungspotenzials der benachbarten öffentlichen Apotheken zu erwarten seien.

Gegen diesen Bescheid wurde vom Inhaber der "Marien-Apotheke" in O, Mag. pharm. AB, von der Inhaberin der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in St. G, Mag. Pharm. Dr. MEH, sowie von der Inhaberin der "Apotheke zur Mariahilf" in Wilhelmsburg, der "Apotheke zur Mariahilf" Drogerie und Fotohandel Mag. pharm. EF KG, Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (UVS) erhoben.

Mag. pharm. B rügte in seiner Berufung den erstinstanzlichen Bescheid als mangelhaft, u.a. weil seines Erachtens bei Abgrenzung der Versorgungspotenziale der bestehenden "Apotheke zur Mariahilf" in Wilhelmsburg und der beantragten Apotheke die so genannte "Divisionsmethode" angewendet werden müsse, das Grundstück, auf dem die voraussichtliche Betriebsstätte situiert sei, eine Länge von 60 m aufweise und daher als Ausgangspunkt für die Ermittlung der Versorgungspolygone ungeeignet sei, der Standort der beantragten Apotheke nicht nachvollziehbar umschrieben und das Versorgungspotenzial der öffentlichen Apotheke in H-G ebenso wie jenes der "Marien-Apotheke" in O nicht zahlenmäßig ermittelt worden sei. Die Annahme, das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" werde durch die Errichtung der beantragten Apotheke nicht verringert, sei eine "zahlenmäßig nicht befundete Hypothese". Das Versorgungspotenzial dieser Apotheke werde bereits durch die neue öffentliche Apotheke in St. G verringert, weiters durch die neue öffentliche Apotheke in H-G, für die gleichfalls eine Konzession erteilt worden sei. Es liege schon unter

5.500 Personen. Wenn davon gesprochen werde, dass die beantragte Apotheke nicht kausal für etwaige Änderungen des Versorgungspotenzials der "Marien-Apotheke" sei, müsse zuvor das Versorgungspotenzial dieser Apotheke zahlenmäßig festgestellt werden. Auch das Versorgungspotenzial der öffentlichen Apotheke in St. G müsse zahlenmäßig festgestellt werden.

Mag. pharm. Dr. H brachte in ihrer Berufung vor, das aus der Wohnbevölkerung sich ergebende Versorgungspotenzial der ihr in St. G bewilligten Apotheke liege weit unter dem Mindestversorgungspotenzial von 5.500 Personen und müsse daher weitgehend durch Verkehrspublikum aufgefüllt werden, das von Wilhelmsburg auspendle. Dies könne durch eine Rezeptzählung in der in St. G bestehenden Filialapotheke, die in die zu errichtende Apotheke eingebracht werden solle, dargestellt werden.

Die "Apotheke zur Mariahilf" Drogerie und Fotohandel Mag. Pharm. EF KG zog ihre Berufung mit Schriftsatz vom 22. Jänner 2007 zurück.

Im Berufungsverfahren erstattete die Österreichische Apothekerkammer zur Frage des Bedarfs an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke auf der Grundlage des Bevölkerungsregisters vom 1. Jänner 2006 ein weiteres Gutachten. Demnach würde für den Fall der Neuerrichtung der beantragten Apotheke der bestehenden öffentlichen "Apotheke zur Mariahilf" in Wilhelmsburg ein Versorgungspotenzial von 5.684 Personen verbleiben. Dabei sei bereits eine "Vollapotheke" in St. G berücksichtigt. Diese Apotheke würde durch die Errichtung der beantragten Apotheke keinen Kundenverlust erleiden, weil jene Personen, die die neue Apotheke aufsuchen würden, auf Grund der örtlichen Verhältnisse bisher durch die "Apotheke zur Mariahilf" versorgt würden. Eine etwaige Änderung der Anzahl der von der Apotheke in St. G zu versorgenden Personen liege innerhalb der natürlichen Variabilität des Kundenpotenzials. Das Erfordernis der Verringerung des Versorgungspotenzials iSd § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG sei dadurch nicht erfüllt. Geringfügige Abweichungen ergäben sich für das Versorgungspotenzial der "Apotheke zur Mariahilf" im Falle der Errichtung der beantragten neuen Apotheke in H-G, M-Straße 13. Diesfalls würden der "Apotheke zur Mariahilf" insgesamt

5.571 Personen zur Versorgung verbleiben.

Der UVS beraumte eine öffentliche mündliche Verhandlung an und brachte dem Beschwerdeführer, den Berufungswerbern und dem Konzessionswerber für eine neue öffentliche Apotheke in H-G, das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zur Erstattung einer allfälligen Stellungnahme zur Kenntnis.

Mag. pharm. B, der Inhaber der "Marien-Apotheke", brachte in seiner Stellungnahme im Wesentlichen vor, das Gutachten vernachlässige den Umstand, dass eine hohe Zahl der Einwohner des Versorgungsgebietes der "Apotheke zur Mariahilf" Auspendler seien und sich am Arbeitsplatz mit Arzneimitteln versorgten. Bei Errichtung der neuen Apotheke sinke das Versorgungspotenzial der "Apotheke zur Mariahilf" daher unter 5.500 Personen. Unrichtig sei auch, dass der "Apotheke zur Mariahilf" im Falle der Errichtung einer öffentlichen Apotheke in H-G 5.571 Personen zur Versorgung verblieben. Der beantragte Standort sei zu weit gefasst. Bei Verlegung der Betriebsstätte der beantragten Apotheke an den nordwestlichen Punkt des Standortes würde sich die "Verlustzone" der "Marien-Apotheke" in O so drastisch erhöhen, dass das Mindestversorgungspotenzial dieser Apotheke unterschritten werde. Im Übrigen gebe es Überschneidungen zwischen dem Versorgungspolygon der "Marien-Apotheke" und dem Versorgungspolygon der beantragten Apotheke, wie das im Konzessionsverfahren betreffend die Apotheke in H-G eingeholte Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zeige. Es müsse daher das der "Marien-Apotheke" verbleibende Versorgungspotenzial ziffernmäßig erhoben werden. Dann würde sich zeigen, dass auch die Apotheke in Spratzern und die Filialapotheke, die in St. G derzeit betrieben und durch die der Mag. pharm. Dr. H bewilligte Apotheke abgelöst werde, in das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" eingreifen, der dadurch weniger als 5.500 Personen zur Versorgung verblieben.

Mag. pharm. Dr. H brachte vor, es sei ihr die Konzession für eine neue öffentliche Apotheke in St. G, S-Straße 5 5, erteilt worden, sie habe allerdings eine Verlegung der Betriebsstätte nach St. G, Hauptstraße 117, in Aussicht genommen, wo sich derzeit eine Filialapotheke befinde. Diese Verlegung erfolge innerhalb des Standortes. Nochmals werde darauf hingewiesen, dass das Mindestversorgungspotenzial ihrer Apotheke vom Verkehrspublikum abhängig sei. Zahlreiche Rezepte würden von Personen mit Wohnsitz in Wilhelmsburg eingelöst, die ihr im Falle der Errichtung der beantragten Apotheke verloren gingen. Im Übrigen stehe der Beschwerdeführer kurz vor einer Einigung betreffend den Erwerb der "Apotheke zur Mariahilf". Im Fall eines Erwerbs stehe der beantragten Konzession das Kumulierungsverbot des § 2 ApG entgegen.

Der Beschwerdeführer brachte vor, Mag. pharm. B und Mag. pharm. Dr. H seien seines Erachtens nicht Parteien des vorliegenden Verfahrens, weil sie keinen fristgerechten Einspruch iSd § 48 Abs. 2 ApG erhoben hätten. Sein Konzessionsantrag sei nämlich am 10. Juli 2003 im Amtsblatt kundgemacht worden, wenn auch mit einer von seinem Antrag abweichenden, weil darüber hinausgehenden Umschreibung des Standorts. Innerhalb der durch diese Kundmachung ausgelösten sechswöchigen Frist hätten die beiden Berufungswerber keinen Einspruch erhoben. Der Konzessionsantrag sei dann am 30. Dezember 2003 neuerlich im Amtsblatt verlautbart worden, nunmehr mit einer seinem Antrag entsprechenden Umschreibung des Standortes. Erst jetzt hätten Mag. pharm. B und Mag. pharm. Dr. H Einsprüche erhoben. Die Frist zur Erhebung von Einsprüchen habe allerdings durch die neuerliche Verlautbarung des Konzessionsantrages nicht neuerlich zu laufen begonnen. Betreffend den Konzessionsantrag für eine neue öffentliche Apotheke in H-G sei der Beschwerdeführer der Auffassung, dass sein Konzessionsantrag Priorität besitze. Schließlich entspreche es nicht den Tatsachen, dass er die "Apotheke zur Mariahilf" zu erwerben beabsichtige. Vielmehr sei er seit der Gründung der "Apotheke zur Mariahilf" Drogerie und Fotohandel Mag. pharm. EF KG Kommanditist dieser Gesellschaft.

In der mündlichen Verhandlung vor dem UVS wurde der verkehrstechnische Amtssachverständige mit der Frage befasst, ob der vom Beschwerdeführer in seinem Konzessionsantrag vom 14. Juni 2003 umschriebene Standort von der Standortumschreibung in der ersten Verlautbarung ("Gebiet der Stadtgemeinde Wilhelmsburg, südlich des Bahnhofes") erfasst sei. Er führte aus, der beantragte Standort gehe in Ansehung des Gebietes von Wilhelmsburg, das nördlich der durch den Bahnhof Ost-West verlaufenden Linie gelegen sei, über den in der erwähnten Verlautbarung genannten Standort hinaus.

Der Sachverständige der Österreichischen Apothekerkammer ergänzte das erstattete Gutachten dahin, dass eine Verlegung der öffentlichen Apotheke in St. G von S-Straße 5 5 nach Hauptstraße 117 auf Grund der Entfernungsverhältnisse für das vorliegenden Verfahren ohne Bedeutung sei. Das Versorgungspotenzial dieser Apotheke würde durch die Errichtung der vom Beschwerdeführer beantragten Apotheke an beiden Adressen nicht berührt. Bei einer Verlegung an die Adresse Hauptstraße 117 würde sich die Entfernung zur beantragten Apotheke sogar vergrößern. Betreffend das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" in O würde auch eine Verlegung der beantragten Apotheke in den nordwestlichen Bereich des Standortes, wenn überhaupt, relativ geringe Auswirkungen haben, weil die aus dieser Verlegung resultierenden neuen Halbierungspunkte (aus denen die Grenzen der Versorgungspolygone gebildet werden) ebenso wie bei der antragsgemäß in Aussicht genommenen Betriebsstätte in nahezu unbewohntem Gebiet zu liegen kämen. Durch die Errichtung der beantragten Apotheke ergäbe sich auch für eine in H-G errichtete Apotheke kein Verlust. Die zum Versorgungspotenzial der Apotheke in H-G zählenden Personen müssten zur Annäherung an die beantragte Apotheke nämlich jeweils das Versorgungsgebiet einer anderen bereits bestehenden öffentlichen Apotheke queren, die dann die jeweils näher gelegene Apotheke wäre. Bei Errichtung sowohl der beantragten Apotheke in Wilhelmsburg als auch der beantragten Apotheke in H-G würde den bereits bestehenden Apotheken jeweils ein Mindestversorgungspotenzial von 5.500 Personen verbleiben bzw. seien diese Apotheken durch die Errichtung der beantragten Apotheke kausal nicht betroffen.

In seiner abschließenden Stellungnahme brachte Mag. pharm. B vor, die beschwerdeführende Partei müsse den beantragten Standort einschränken. Für den Fall einer Verlegung der beantragten Apotheke in den nördlichen Bereich des Standortes habe der Sachverständige zwar "relativ geringe" Auswirkungen auf das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" prognostiziert, ohne jedoch genaue Aussagen zu treffen. Tatsächlich würde das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" in diesem Fall unter

5.500 zu versorgende Personen sinken. Auch die Verlegung der Apotheke in St. G an die Adresse Hauptstraße 117 habe Auswirkungen auf das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke". Es müsse ein weiteres Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer eingeholt und das verbleibende Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" konkret erhoben werden. Bisher seien keine genauen Entfernungsangaben zwischen der "Marien-Apotheke" und der Apotheke in St. G getroffen worden. Auch die Halbierungspunkte im Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer seien nicht nachvollziehbar.

Mag. pharm. Dr. H brachte vor, ihre Apotheke liege der beantragten Apotheke näher als die "Marien-Apotheke" in O. Es sei daher unverständlich, dass ihre Apotheke überhaupt nicht, die wesentlich weiter entfernte "Marien-Apotheke" jedoch durch die Errichtung der beantragten Apotheke betroffen sein solle.

Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2006 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (UVS) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht bezüglich der erhobenen Berufungen.

Mit Verfügung vom 8. Februar 2006 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 17. Februar 2006 zugestellt.

Über Antrag der belangten Behörde wurde die gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzte dreimonatige Frist mit hg. Beschluss vom 12. April 2006 bis zum 31. Dezember 2006 verlängert.

Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2007 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, eine Entscheidung habe auch innerhalb der verlängerten Frist nicht getroffen werden können.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Im vorliegenden Fall war die Frist gemäß § 27 Abs. 1 VwGG im Hinblick auf die obgenannten Daten des Verwaltungsverfahrens im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde abgelaufen. Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten und sodann verlängerten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Im Beschwerdefall ist nicht darüber abzusprechen, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war. Somit ist nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen die im Entscheidungszeitpunkt bestehende Rechtslage zu Grunde zu legen. Im Beschwerdefall ist daher das Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 90/2006, (ApG) - mit den sich aus § 62a Abs. 4 ApG ergebenden Sonderregelungen - anzuwenden.

Gemäß § 9 Abs. 1 ApG ist der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrecht beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken) nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.

Ein Antrag auf Erteilung der Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist gemäß § 46 Abs. 1 ApG bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Verwaltungsbezirk der Standort der Apotheke in Aussicht genommen ist, einzubringen.

Längstens innerhalb von 14 Tagen nach Einlangen eines Gesuches um die Bewilligung zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke hat die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 48 Abs. 1 ApG - falls das Gesuch nicht ohne weiteres Verfahren abzuweisen ist - die Bewerbung unter Anführung des Namens, der Berufsstellung und des Wohnortes des Gesuchstellers und des für die Apotheke in Aussicht genommenen Standortes in der für amtliche Bekanntmachungen bestimmten Zeitung zu verlautbaren.

In diese Verlautbarung ist gemäß § 48 Abs. 2 ApG eine Bestimmung aufzunehmen, dass die Inhaber öffentlicher Apotheken (sowie gemäß § 29 Abs. 3 und 4 ApG betroffene Ärzte), welche den Bedarf einer neuen Apotheke als nicht gegeben erachten, etwaige Einsprüche gegen die Neuerrichtung innerhalb längstens sechs Wochen, vom Tag der Verlautbarung an gerechnet, bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Standort der neuen öffentlichen Apotheke in Aussicht genommen ist, geltend machen können, dass später einlangende Einsprüche aber nicht in Betracht gezogen werden.

Gegen die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde, mit der die beantragte Konzession erteilt wird, steht gemäß § 51 Abs. 3 ApG denjenigen Inhabern öffentlicher Apotheken (und gemäß § 29 Abs. 3 und 4 ApG betroffenen Ärzten), die gemäß § 48 Abs. 2 ApG rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes zu.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Berufungslegitimation von Mag. pharm. B sowie von Mag. pharm. Dr. H. Diese hätten innerhalb der sechswöchigen Frist ab der erstmaligen Verlautbarung des Konzessionsantrages keinen Einspruch erhoben.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten beantragte der Beschwerdeführer die Konzession für eine neue öffentliche Apotheke mit folgendem Standort: Gebiet der Stadtgemeinde Wilhelmsburg, beginnend mit der Kreuzung St. Pöltner Straße/Bahnhofstraße, Richtung Süden in weiterer Folge die M-Straße bis zur Schießstattstraße, die Schießstattstraße bis zur Kreuzung mit der Friedhofstraße, die Friedhofstraße und ihrer Verlängerung die Burgerfeldstraße bis zum Kreuzungsbereich Industriezone Burgerfeld, die Industriezone Burgerfeld Richtung Norden bis zur ersten Straßenverbindung Richtung St. Pöltner Straße und die St. Pöltner Straße zurück zum Ausgangspunkt; alle genannten Straßenzüge beidseitig.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich weiters, dass die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) am 3. Juli 2003 die Verlautbarung dieses Antrages mit der davon abweichenden Standortumschreibung "Gebiet der Stadtgemeinde Wilhelmsburg, südlich des Bahnhofs", verfügt hat, und dass eine entsprechende Verlautbarung in den Amtlichen Nachrichten der NÖ Landesregierung vorgenommen wurde. In den Amtlichen Nachrichten der NÖ Landesregierung vom 30. Dezember 2003, Nr. 24/2003, wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Wilhelmsburg schließlich neuerlich verlautbart, nunmehr jedoch mit dem beantragten Standort.

Der von Mag. pharm. AB erhobene Einspruch langte am 22. Jänner 2004, der von Mag. pharm. Dr. MEH erhobene Einspruch am 2. Februar 2004 bei der BH ein. Wäre für die Rechtzeitigkeit der Einsprüche die durch die erste Verlautbarung iSd. § 48 Abs. 2 ApG ausgelöste Frist maßgeblich, wären diese Einsprüche daher verspätet. Dies ist jedoch nicht der Fall:

Der Gegenstand des Apothekenkonzessionsverfahrens wird u. a. durch den antragsgemäß umschriebenen Standort bestimmt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0459), der gemäß § 48 Abs. 1 ApG zu verlautbaren ist; der Standort ist ein wesentlicher Bestandteil der Verlautbarung gemäß § 48 Abs. 1 ApG.

Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen des verkehrstechnischen Sachverständigen in der Verhandlung vor dem UVS bezogen sich die Verlautbarungen betreffend den Konzessionsantrag des Beschwerdeführers auf unterschiedliche Standorte. Während die erste Verlautbarung den Standort auf das Gebiet von Wilhelmsburg südlich des Bahnhofes beschränkte, erfasste die zweite auch nördlich des Bahnhofes gelegene Gebiete von Wilhelmsburg. Die erste Verlautbarung gab daher den Antrag des Beschwerdeführers in einem wesentlichen Punkt nicht wieder. Es trifft auch nicht zu, dass sich die Standortumschreibung der ersten Verlautbarung (bloß) auf ein größeres als das im Antrag bezeichnete Gebiet bezogen hätte.

Die Verlautbarung vom 30. Dezember 2003 gab den Konzessionsantrag des Beschwerdeführers erstmals vollständig wieder. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist daher allein diese Verlautbarung maßgeblich. Die beiden berufungswerbenden Parteien haben folglich innerhalb der durch diese Verlautbarung ausgelösten Frist gemäß § 48 Abs. 2 ApG rechtzeitig Einspruch erhoben und geltend gemacht, es bestehe kein Bedarf an der beantragten Apotheke. Die von ihnen erhobenen Berufungen sind daher zulässig, ihr gegen den bekämpften Bescheid gerichtetes Vorbringen ist aber nicht berechtigt:

Gemäß § 10 Abs. 1 ApG ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

Ein Bedarf besteht gemäß § 10 Abs. 2 - im vorliegenden Fall in Verbindung mit § 62a Abs. 4 - ApG nicht, wenn

1. sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine ärztliche Hausapotheke befindet und in der Gemeinde oder im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, bestehen, oder

2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als

5.500 betragen wird.

Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 sind gemäß § 10 Abs. 4 ApG die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner iSd Abs. 4 weniger als 5.500, so sind gemäß § 10 Abs. 5 ApG die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

Zur Frage des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist gemäß § 10 Abs. 7 ApG ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß § 29 Abs. 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.

Als bestehende Apotheken iSd Abs. 2 Z. 2 und 3 gelten gemäß § 10 Abs. 8 ApG auch alle nach der Kundmachung BGBl. I Nr. 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2008, Zl. 2006/10/0160, und die dort zitierte Vorjudikatur), können die Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession den mangelnden Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke nur insofern geltend machen, als sie eine Existenzgefährdung ihrer Apotheke als Folge der Errichtung der neuen Apotheke vorzubringen berechtigt sind. Sie können daher geltend machen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m, oder die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen. In den anderen Fragen des Verfahrens über die Verleihung einer Apothekenkonzession kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken jedoch kein Mitspracherecht zu.

"Sache" der Berufungsbehörde iSd § 66 Abs. 4 AVG ist im Falle der Berufung einer Partei, der nur ein eingeschränktes Mitspracherecht zusteht, nach ständiger hg. Judikatur ausschließlich jener Bereich, in welchem der Berufungswerber als Partei mitzuwirken berechtigt ist. Die Berufungsbehörde darf aus Anlass der Berufung einer solchen Partei nicht über den Themenkreis hinausgehen, in dem der Partei ein Mitspracherecht zusteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2006, Zl. 2006/07/0027, und die dort zitierte Vorjudikatur; zum ApG z. B. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1983, Zlen. 83/08/0015, 0016, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im vorliegenden Fall ist der Gegenstand des Verfahrens daher auf die Frage der Erfüllung der negativen Bedarfsvoraussetzungen des § 10 Abs. 2 Z. 2 und Z. 3 ApG in Ansehung der "Marien-Apotheke" in O sowie in Ansehung der Apotheke in St. G beschränkt; auf das Vorbringen der Inhaberin der "Apotheke zur Mariahilf" ist nach Zurückziehung der von dieser erhobenen Berufung nicht einzugehen. Da jedoch die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der beantragten Apotheke und den Betriebsstätten der erwähnten öffentlichen Apotheken der berufungswerbenden Parteien unbestrittenermaßen mehr als 500 m beträgt, geht es ausschließlich um die Frage, ob zu erwarten ist, dass sich durch die Errichtung der beantragten Apotheke die Zahl der von der "Marien-Apotheke" in O bzw. von der Apotheke in St. G aus weiterhin zu versorgenden Personen verringern und weniger als

5.500 Personen betragen wird.

Die gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG vorzunehmende Bedarfsprüfung hat sich nach ständiger hg. Judikatur auf eine - auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte - prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie an Hand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen. Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4 km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird.

Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4 km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotenzials zur einen oder anderen Apotheke nach dem Kriterium der örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs. 4 ApG in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4 km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 2007, Zlen. 2005/10/0226,2006/10/0012).

Zu beachten ist jedoch, dass nur eine solche Verringerung der Anzahl der durch eine bestehende Apotheke zu versorgenden Personen zu berücksichtigen ist, die auf die Neuerrichtung der beantragten Apotheke ursächlich zurückzuführen ist. Ist daher auf Grund der örtlichen Verhältnisse ein Einfluss der Neuerrichtung der beantragten Apotheke auf das Versorgungspotenzial einer bestehenden umliegenden Apotheke auszuschließen und somit eine Verringerung der Zahl der von dieser Apotheke aus zu versorgenden Personen als Folge der Neuerrichtung nicht zu besorgen, so ist auf das Versorgungspotenzial dieser Apotheke nicht weiter einzugehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1996, Zl. 92/10/0036).

Betreffend die Apotheke in St. G ist die Österreichische Apothekerkammer in ihrem Gutachten wie dargelegt zum Ergebnis gelangt, dass jene Personen, die in Zukunft die beantragte Apotheke aufsuchen würden, bisher durch die bestehende öffentliche "Apotheke zur Mariahilf" versorgt werden. Die Entfernungshalbierungspunkte zwischen der "Apotheke zur Mariahilf" und der Apotheke in St. G würden sich infolge der Errichtung der beantragten Apotheke zwischen diesen Apotheken zwar geringfügig in Richtung St. G verschieben. Das sich dadurch ergebende "Verlustpolygon" der Apotheke in St. G sei jedoch ein so kleines und praktisch unverbautes Gebiet, dass es für die Beurteilung des dieser Apotheke verbleibenden Versorgungspotenzials ohne jede Bedeutung und daher zu vernachlässigen sei. Die Errichtung der beantragten Apotheke könne als Verursacher einer etwaigen Verringerung des Versorgungspotenzials der Apotheke in St. G ausgeschlossen werden; das Erfordernis der Kausalität sei nicht erfüllt. Bei einer Verlegung der Betriebsstätte der Apotheke in St. G an die Adresse Hauptstraße 117 würde sich die Entfernung zur beantragten Apotheke noch weiter vergrößern.

Ähnlich sei die Situation im Falle der "Marien-Apotheke" des Mag. pharm. AB in O (deren Betriebsstätte von jener der beantragten Apotheke 8,194 Straßenkilometer entfernt ist). Selbst eine Verlegung der Betriebsstätte der beantragten Apotheke in den nordwestlichen Bereich des Standortes hätte auf das Versorgungspotenzial dieser Apotheke keine nennenswerten Auswirkungen, weil - so der Sachverständige der Österreichischen Apothekerkammer - die aus dieser Verlegung resultierenden neuen Halbierungspunkte zur Apotheke in O ebenso wie die auf Grund der derzeit angegebenen Betriebsstätte in nahezu unbewohntem Gebiet zu liegen kämen.

Den die Apotheke in St. G betreffenden sachverständigen Darlegungen ist Mag. pharm. Dr. H konkret nicht entgegengetreten. Ihrem Vorbringen, eine Rezeptzählung würde ergeben, dass die Apotheke in St. G von Verkehrspublikum aus Wilhelmsburg abhängig sei, ist zu entgegnen, dass es bei der Bedarfsbeurteilung ausschließlich auf das nach objektiven Umständen zu erwartende Kundenverhalten ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2008, Zl. 2006/10/0160, und die dort zitierte Vorjudikatur). Selbst wenn daher eine Rezeptzählung ergäbe, dass ständige Einwohner aus Wilhelmsburg, die nach den Zurechnungskriterien des § 10 ApG zum Versorgungspotenzial der "Apotheke zur Mariahilf" zählen, tatsächlich ihren Arzneimittelbedarf in der Apotheke in St. G decken, so änderte dies nichts daran, dass diese Personen zum Versorgungspotenzial der "Apotheke zur Mariahilf" zu rechnen sind. Mit einer Rezeptzählung könnte daher eine Unrichtigkeit der Annahme, die Kunden der beantragten Apotheke zählten derzeit (ausschließlich) zum Versorgungspotenzial der "Apotheke zur Mariahilf" nicht aufgezeigt werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2002, Zl. 99/10/0143, vom 27. März 2000, Zl. 99/10/0254, und vom 29. Juni 1998, Zl. 98/10/0088, sowie die dort zit. Vorjudikatur).

Mag. pharm. AB hat gegen die sachverständigen Darlegungen, die Errichtung der beantragten Apotheke hätte auf das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" keinen Einfluss, vorgebracht, aus dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 24. Juli 2006 betreffend das Konzessionsverfahren der Apotheke in H-G ergebe sich, dass es sehr wohl Überschneidungen zwischen dem Versorgungspolygon der beantragten und dem Versorgungspolygon der "Marien-Apotheke" gebe. Davon ausgehend müsse aber konkret das Versorgungspotenzial erhoben werden, das der "Marien-Apotheke" im Falle der Errichtung der beantragten Apotheke verbleibe.

Der Berufungswerber übersieht, dass in den Anlagen des erwähnten Gutachtens zwar ein "Verlustpolygon" der "Marien-Apotheke" für den Falle der Errichtung der vom Beschwerdeführer beantragten Apotheke planlich dargestellt wird, dass im Gutachten dazu aber festgehalten ist, der aus diesem Polygon allenfalls ableitbare Verlust an zu versorgenden Personen für die "Marien-Apotheke" sei so gering, dass es bei der Beurteilung des Versorgungspotenzials dieser vernachlässigt werden könne; die Zahl der ständigen Einwohner dieses Polygons sei derart gering, dass die Statistik Austria darüber keine Daten zur Verfügung stellen könne.

Dieses Gutachten besagt also im Ergebnis nichts anderes als die im vorliegenden Verfahren erstatteten Gutachten, dass nämlich ein Einfluss der vom Beschwerdeführer beantragten Apotheke auf das Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" ausgeschlossen werden könne, weil jener räumliche Bereich, von dem aus die beantragte Apotheke auf Grund der kürzeren Entfernung leichter erreicht werden könnte als die "Marien-Apotheke", im Wesentlichen unbewohnt ist und der "Verlust" dieses Gebietes nicht als Verlust an zu versorgenden Personen ins Gewicht fällt.

Dass das "Verlustpolygon" im Gegensatz zu den sachverständigen Darlegungen bebaut bzw. bewohnt sei, ist weder ersichtlich noch hat der Berufungswerber das konkret behauptet. Es ist daher dem nicht unschlüssigen Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer folgend davon auszugehen, dass die Errichtung der beantragten Apotheke auf Grund der örtlichen Verhältnisse keinen Einfluss auf des Versorgungspotenzial der "Marien-Apotheke" in O auszuüben vermag. Wie das Versorgungspotenzial dieser Apotheke im Einzelnen beschaffen ist bzw. welche Auswirkungen sonstige Arzneimittelabgabestellen darauf haben, kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

Was die Frage der Standortumschreibung angeht, ist der Berufungswerber auf die hg. Judikatur hinzuweisen, wonach den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken hier kein Mitspracherecht zukommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2004, Zl. 2001/10/0256, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Erfüllung der negativen Bedarfsvoraussetzung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG kann somit in Ansehung der Apotheke in St. G ebenso wie in Ansehung der "Marien-Apotheke" in O ausgeschlossen werden. Die von den Inhabern dieser Apotheken gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufungen waren daher abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Mai 2008

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