VwGH 2005/05/0303

VwGH2005/05/030330.1.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der A GmbH & Co KG in D, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 5. September 2005, Zl. 13.650/1896-III/3/05, betreffend Feststellung der Bewilligungspflicht gemäß § 1 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
KriegsmaterialG 1977 §1;
KriegsmaterialG 1977 §3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §56;
KriegsmaterialG 1977 §1;
KriegsmaterialG 1977 §3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am 12. Oktober 2004 beim Bundesminister für Inneres eingelangten Eingabe stellte die beschwerdeführende Partei folgenden Antrag:

"Die A GmbH & Co KG ersucht um Erlassung eines Bescheides, mit dem festgestellt werden möge, ob für das Einzellader-Gewehr mit gezogenem Lauf in den Kalibern .50 B bzw. .460 H für dessen Ein-, Aus- und Durchfuhr bzw. dessen Vermittlung im Sinne des § 1 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977 i.d.g.F. eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz benötigt wird oder nicht".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, "dass die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie die Vermittlung von Einzellader-Gewehren H mit gezogenem Lauf im Kal. .50 B und im Kal. .460 der Bewilligungspflicht gemäß § 1 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial unterliegt". Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die im Spruch näher bezeichneten Waffen als Panzerbüchsen zu beurteilen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Ein-, Aus- und Durchfuhr von Einzellader-Gewehren mit gezogenem Lauf H in den Kalibern .50 B und .460, ohne der Bewilligungspflicht nach dem § 1 des KriegsmaterialG zu unterliegen, als verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Folgende Rechtsvorschriften sind im Beschwerdefall von

Bedeutung:

Bundesgesetz vom 18. Oktober 1977 über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial (Kriegsmaterialiengesetz-KMG), BGBl. Nr. 540/1977, in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte am 6. September 2005) maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 114/2002:

"§ 1. (1) Die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie die Vermittlung (Abs. 4) von Kriegsmaterial bedarf, unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen Bewilligungen, einer Bewilligung nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes.

(2) Als Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial ist das Verbringen von Kriegsmaterial über die Staatsgrenze anzusehen.

...

§ 2. Die Bundesregierung bestimmt im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates durch Verordnung, welche Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände nach dem jeweiligen Stand der militärtechnischen Entwicklung als Kriegsmaterial im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen sind.

§ 3. (1) Die Bewilligung nach § 1 wird vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten nach Anhörung des Bundesministers für Landesverteidigung, soweit keine anderen gesetzlichen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen, unter Anwendung von Artikel 130 Abs. 2 B-VG erteilt.

Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass

1. die Ein-, Aus- oder Durchfuhr völkerrechtlichen Verpflichtungen oder außerpolitischen Interessen der Republik Österreich nicht zuwiderläuft;

2. die Aus- oder Durchfuhr nicht in ein Gebiet erfolgen soll, in dem ein bewaffneter Konflikt herrscht, ein solcher auszubrechen droht oder sonstige gefährliche Spannungen bestehen;

3. die Aus- oder Durchfuhr nicht in ein Bestimmungsland erfolgen soll, in dem auf Grund schwerer und wiederholter Menschenrechtsverletzungen die Gefahr besteht, dass das gelieferte Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet wird;

4. Embargobeschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen entsprechend berücksichtigt werden;

5. der Ein-, Aus- oder Durchfuhr sicherheitspolizeiliche oder militärische Bedenken nicht entgegenstehen;

6. keine sonstigen vergleichbaren gewichtigen Bedenken bestehen.

(1a) Abs. 1 steht einer Bewilligung nicht entgegen, wenn die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Kriegsmaterial eine Maßnahme darstellt, um

1. einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder

2. einen Beschluss auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union oder

3. einen Beschluss im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder

4. sonstige Friedensoperationen entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen, im Rahmen einer internationalen Organisation, durchzuführen, soweit dem keine völkerrechtlichen Verpflichtungen oder überwiegende außenpolitische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen.

(1b) Der Bundesminister für Inneres kann über das Vorliegen einer Voraussetzung nach Abs. 1a eine Feststellung der Bundesregierung einholen.

(2) Die Erteilung der Bewilligung kann von der Vorlage einer sogenannten 'Endverbrauchsbescheinigung' abhängig gemacht werden.

(3) Die Bewilligung kann angemessen befristet werden; sie ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung weggefallen sind. Abs. 1a ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Die Bewilligung kann aus den im Abs. 1 angeführten Gründen an Auflagen insbesondere hinsichtlich des Transportmittels, des Transportweges, der Grenzübertrittsstelle(n) und der Transportsicherheit geknüpft werden.

(5) Jede Bewilligung der Ausfuhr von Kriegsmaterial ist mit der Auflage zu versehen, dass dem Bundesministerium für Inneres unverzüglich die erfolgte Ausfuhr zu melden ist. Entsprechendes kann auch in anderen Bewilligungen gemäß § 1 vorgeschrieben werden.

(6) Die Bewilligung darf für Kriegsmaterial, dessen Entwicklung oder Herstellung oder Einsatz nach österreichischer Rechtsordnung unzulässig ist, nicht erteilt werden.

(7) Soweit dies sicherheitspolizeiliche Interessen erfordern, kann der Bundesminister für Inneres im Bescheid eine besondere Überwachung des Transportes im Bundesgebiet durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes anordnen; § 27a des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, in der jeweils geltenden Fassung bleibt unberührt."

Mit ihrem Antrag vom 12. Oktober 2004 begehrte die beschwerdeführende Partei die Feststellung, ob für die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie die Vermittlung bestimmter Einzellader-Gewehre eine Bewilligung gemäß § 1 KMG erforderlich ist. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über diesen Antrag entschieden und die Bewilligungspflicht gemäß § 1 KMG festgestellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden nur dann befugt, Feststellungsbescheide im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Zl. 86/17/0162, VwSlg. 13732/A). Unzulässig ist es hingegen, über die den Gegenstand des Feststellungsantrages bildende Rechtsfrage einen gesonderten Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn diese Frage im Rahmen eines anderen Verfahrens zu entscheiden ist. Die Rechtsprechung zum Feststellungsbescheid lässt den Grundsatz erkennen, dass diese Bescheidform lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf ist, der nur zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden sind oder - worauf in dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 4. November 1992 abgestellt wird - nicht zumutbar sind. Die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides darüber, ob ein konkretes Vorhaben nach einem bestimmten Gesetz bewilligungspflichtig ist oder nicht, hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit nicht das betreffende Gesetz eine ausdrückliche Ermächtigung hiefür vorsieht, in ständiger Rechtsprechung verneint (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 1964, Slg. NF 6223/A; vom 13. März 1990, Zl. 89/07/0157, vom 29. März 1993, Zl. 92/10/0039, vom 18. März 1994, Zl. 93/07/0166, vom 28. Februar 2005, Zl. 2004/10/0010, m.w.N.).

Das Kriegsmaterialgesetz (KMG) sieht die Erlassung eines Feststellungsbescheides, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, nicht vor. Eine Feststellung in diesem Sinn ist nicht notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung, weil über die im angefochtenen Feststellungsbescheid behandelte Rechtsfrage in einem eigenen Bewilligungsverfahren (siehe § 3 KMG) abzusprechen ist.

Da die belangte Behörde sohin bei ihrer Sachentscheidung die Zulässigkeit des Begehrens bejaht und damit die Rechtslage verkannt hat, musste der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Jänner 2007

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