VwGH 2004/05/0298

VwGH2004/05/029825.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dr. Walter Klein in Wien, vertreten durch Newole Rechtsanwalt GmbH in 1013 Wien, Zelinkagasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. Juni 2004, Zl. RU1-BR-36/001--2003, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Baden, 2. S-Finanzservice-Gesellschaft m. b.H. in 2500 Baden, Pergerstraße 12), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
DMSG 1923;
GdO NÖ 1973 §61 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
DMSG 1923;
GdO NÖ 1973 §61 Abs1;
VwGG §34 Abs1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Eingabe vom 25. April 2003 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei bei der erstmitbeteiligten Stadtgemeinde die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung von 10 Reihenhäusern samt Tiefgarage auf Grundstücken der KG Rauhenstein in 2500 Baden, Helenenstraße. Der benachbarte Beschwerdeführer erhob gegen das Bauvorhaben Einwendungen, weil seine Liegenschaft mit der darauf errichteten "Villa Gutmann" unter Denkmalschutz stehe; deren Erhaltung liege somit im öffentlichen Interesse. Es befänden sich mehrere Naturdenkmäler in der Parkanlage dieser Liegenschaft. Die Realisierung des Bauvorhabens zöge eine massive Gefährdung des vorhandenen Baumbestandes nach sich. Die geplante Reihenhausanlage, welche bis zu 3 m an die Grundstücksgrenze der Liegenschaft des Beschwerdeführers heranreichen und auf einer Fläche von 3.800 m2 bis zu dreigeschossige Wohnhäuser samt Tiefgarage umfassen soll, stünde im Widerspruch zum Ortsbild.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde erteilte mit Bescheid vom 30. September 2003 die beantragte Baubewilligung. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Baden vom 12. November 2003 keine Folge gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass Interessen des Denkmalschutzes im Baubewilligungsverfahren nicht zu beachten seien. Der Beschwerdeführer könne daher im gegenständlichen Bauverfahren infolge seiner beschränkten Parteistellung als Nachbar nicht mit Erfolg relevieren, dass sein Objekt sowie der Baumbestand auf seiner Liegenschaft unter Denkmalschutz stehen. Im Übrigen befinde sich das unter Denkmalschutz gestellte Objekt nicht auf der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft. Ungeachtet dieses Umstandes habe die Baubehörde von Amts wegen Belange des Denkmalschutzes geprüft und trage den Bedenken des Beschwerdeführers durch Vorschreibung entsprechender Auflagen zur Sicherung des Baumbestandes Rechnung. Die Bebauungsweise und die Abstände zwischen Bauwerken berührten nur insofern Interessen der Nachbarn, als diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn dienten. Über die Gewährleistung der gesetzmäßigen Belichtung von Hauptfenstern hinaus begründe § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 kein Nachbarrecht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 6. Oktober 2004, B 1021/04-6, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht vor dem Verwaltungsgerichtshof Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er führt aus, das Bundesdenkmalamt habe mit Bescheid vom 11. Juni 1996 festgestellt, dass die "Villa Gutmann" mit dem umgebenden Park eine künstlerische und architektonische Einheit bilde und deren Erhaltung daher gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse gelegen sei. Das bereits festgestellte öffentliche Interesse hätte von der belangten Behörde bei der Beurteilung der Baubewilligungsfähigkeit beachtet werden müssen. Insbesondere hätte die belangte Behörde prüfen müssen, inwieweit der Bescheid des Bundesdenkmalamtes Grundlage für ihre Entscheidung sei; diesbezügliche Feststellungen fehlten im angefochtenen Bescheid. Mit dem Baubewilligungsbescheid sei die Zufahrt zu den Reihenhäusern samt Tiefgarage direkt an der Grundstücksgrenze bewilligt worden; dies habe zur Folge, dass dadurch nicht nur das denkmalgeschützte Parkensemble zerstört werde, sondern vor allem auch in Folge der notwendigen Bauarbeiten direkt angrenzende Bäume abgegraben und zerstört würden. Die belangte Behörde habe entgegen § 5 Abs. 8 Denkmalschutzgesetz das Bundesdenkmalamt nicht zur Bauverhandlung zugezogen. Die belangte Behörde habe kein Ortsbildgutachten eingeholt und es damit unterlassen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen. Insbesondere habe die belangte Behörde keine Ermittlungen darüber durchgeführt, ob das geplante Bauvorhaben dem Ortsbild und der Wienerwalddeklaration entspricht. Das von der Baubehörde eingeholte Gutachten betreffend die Standorte, den Kronenumfang und die Wurzelbildung der auf dem Grundstück des Beschwerdeführers befindlichen Bäume entspräche nicht den Tatsachen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Grundstückes, das an das Baugrundstück der zweitmitbeteiligten Bauwerberin angrenzt. Er ist demnach Nachbar im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) und hatte im beschwerdegegenständlichen Baubewilligungsverfahren Parteistellung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v. a.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i. S. des § 42 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 2004, Zl. 2003/05/0196).

Im Beschwerdefall ist die Niederösterreichische Bauordnung 1996 (BO) anzuwenden. Das Mitspracherecht des Nachbarn ist im § 6 BO umschrieben. Nach § 6 Abs. 1 BO sind Nachbarn nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0205).

§ 6 Abs. 2 BO 1996 lautet:

"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

Der Beschwerdeführer erachtet den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde bei Überprüfung der von ihm bekämpften Baubewilligung die Belange des Denkmalschutzes und allfällige Verletzungen des Ortsbildes nicht berücksichtigt und erörtert hat.

Gemäß § 61 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973 kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen von der Zustellung des Bescheides an gerechnet derjenige, der durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben. Nach Abs. 4 dieses Paragraphen hat die Aufsichtsbehörde den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Aus dieser Rechtslage ergibt sich, dass das aufsichtsbehördliche Vorstellungsverfahren nach der NÖ Gemeindeordnung 1973 ebenso wie die Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Artikel 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ausschließlich der Prüfung der Frage dient, ob subjektive Rechte des Vorstellungswerbers bzw. Beschwerdeführers verletzt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1975, Zl. 0413/75). Nicht jede objektive Rechtswidrigkeit eines vor der Aufsichtsbehörde bzw. dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheides führt daher zu dessen Aufhebung, vielmehr tritt diese Rechtsfolge nur im Falle der Verletzung von subjektiven Rechten des Vorstellungswerbers bzw. des Beschwerdeführers ein (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1985, Zl. 81/05/0048, und vom 19. Jänner 1993, Zl. 93/05/0002).

Schon im Hinblick auf die taxative Aufzählung der subjektivöffentlichen Nachbarrechte im § 6 Abs. 2 BO ist dem Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Nachbarbeschwerde die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines im Instanzenzug ergangenen Baubewilligungsbescheides zu Fragen des Ortsbildes gemäß § 46 BO entzogen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 2004, Zl. 2002/05/0769, und vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0205). Belange des Denkmalschutzes betreffen ausschließlich öffentliche Interessen, weshalb der Nachbar im Baubewilligungsverfahren durch allfällige Verletzungen von Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes in subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1993, Zl. 92/05/0098, und vom 21. Mai 1996, Zl. 96/05/0086).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2005

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