Normen
AsylG 1997 §1 Z4;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §1 Z4;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1997 §57;
FrG 1997 §75 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch nach § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen (Ausweisung) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer - die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers - sind Staatsangehörige der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien und stammen aus dem Kosovo. Sie reisten am 4. Oktober 1996 in das Bundesgebiet ein und stellten in der Folge einen Asylantrag. Dieser wurde letztlich mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Mai 2000 rechtskräftig gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen.
Im November 2001 leitete die Bezirkshauptmannschaft Baden ein Ausweisungsverfahren ein. Im Zuge dieses Verfahrens beantragten die Beschwerdeführer die Feststellung der Unzulässigkeit ihrer Abschiebung in den Kosovo, da stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass sie dort gemäß § 57 Fremdengesetz 1997 bedroht seien. Diesen Antrag begründeten die Beschwerdeführer zusammenfassend damit, dass sie als Familie mit allein stehendem weiblichen Haushaltsvorstand und zwei minderjährigen Kindern lt. UNHCR zur "besonders schutzbedürftigen Gruppe" der Kosovo-Albaner zählten, wozu komme, dass die beiden Kinder (der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer) gemischt-ethnischer Herkunft - der Vater sei Serbe - seien.
Mit Bescheid vom 16. Jänner 2002 wies die Bezirkshauptmannschaft Baden die Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus. Weiters stellte sie gemäß § 75 Abs. 1 FrG fest, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass die Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht seien. Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.
Die Entscheidung betreffend die Ausweisung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass sich die Beschwerdeführer im Hinblick auf den negativen Ausgang ihrer Asylverfahren nunmehr unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Es bestehe für sie (§ 14 Abs. 2 FrG) auch nicht die Möglichkeit, ihren Aufenthalt "vom Inland her zu legalisieren"; das Bundesministerium für Inneres habe mitgeteilt, dass der Erteilung einer "humanitären Aufenthaltserlaubnis" nach § 10 Abs. 4 FrG nicht zugestimmt werde. Vor dem Hintergrund des § 37 Abs. 1 FrG sei auszuführen, dass sich die Ausweisung angesichts des schon seit längerer Zeit andauernden unrechtmäßigen Aufenthalts, der Unmöglichkeit der Legalisierung des Aufenthalts vom Inland her und des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens zur Aufrechterhaltung und zum Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen, als dringend geboten erweise. Andernfalls könnten sich Fremde ohne Weiteres illegal nach Österreich begeben, hier, sei es auch "unzulässig", Asylanträge stellen, in weiterer Folge die Verfahren einige Jahre verschleppen und sich dann nach negativem Abschluss des Asylverfahrens auf das Schutzregime des § 37 FrG stützen. Dies entspreche nicht der Intention des Gesetzes, weshalb - so die belangte Behörde im Ergebnis - auch unter dem Gesichtspunkt des ihr offen stehenden Ermessens eine Abstandnahme von der Ausweisung nicht in Betracht komme.
Zur Begründung ihres Ausspruchs nach § 75 Abs. 1 FrG verwies die belangte Behörde auf im angefochtenen Bescheid wiedergegebene "Feststellungen des unabhängigen Bundesasylsenates betreffend die Situation im Kosovo, Stand: 20. Februar 2002". Daraus ergebe sich, dass eine wesentliche Besserung der Situation im Kosovo eingetreten und dass auch für allein erziehende Frauen keine Gefährdung im Sinne des § 57 FrG zu erwarten sei. Die Beschwerdeführer hätten lediglich "unsubstantiierte Behauptungen" vorgebracht, woran auch die angeschlossenen Berichte "diverser Institutionen" nichts änderten, weil auch darin lediglich auf allgemein gehaltene Formen von Schikanierung und Gewalt, ohne auf besondere Einzelfälle einzugehen, hingewiesen werde.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
1. Zur Ausweisung:
Die Beschwerde tritt der Ansicht der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufhielten, nicht entgegen. Angesichts der rechtskräftigen Beendigung der Asylverfahren hegt auch der Verwaltungsgerichtshof - ein rechtmäßiger Aufenthalt der Beschwerdeführer außerhalb des Tatbestandes des § 31 Abs. 1 Z 4 FrG steht fallbezogen nicht im Raum - gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
Die Beschwerdeführer wenden ein, dass der mit ihrer Ausweisung verbundene Eingriff in ihr Familienleben "unter Berücksichtigung aller Umstände" nicht gerechtfertigt sei. Damit vermögen sie freilich weder unter dem Gesichtspunkt des § 37 Abs. 1 FrG noch unter jenem des der Behörde bei ihrer Entscheidung offen stehenden Ermessens eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid gemeinsam ausgewiesen werden, weshalb eine mit ihrer Ausweisung verbundene Beeinträchtigung wesentlicher familiärer Interessen nicht erkannt werden kann. Im Übrigen greift die Ausweisung im Hinblick auf den mehrjährigen inländischen Aufenthalt der Beschwerdeführer zwar zweifelsohne nicht unbeträchtlich in ihr Privatleben ein, dem steht jedoch entgegen, dass ihr Aufenthalt in Österreich auf letztlich rechtskräftig abgewiesenen Asylanträgen beruht und seit Abschluss der Asylverfahren - und damit bezogen auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung seit rund zwei Jahren - unrechtmäßig ist. Hinzu kommt, dass die Fremdenpolizeibehörden lediglich deshalb mit der Einleitung des Ausweisungsverfahrens zuwarteten, weil die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 10 Abs. 4 FrG geprüft wurde. In der Beschwerde selbst werden besondere integrationsbegründende Umstände nicht aufgezeigt, diese begnügt sich vielmehr - in unzulässiger Weise (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 96/21/0662) - mit einem nicht näher spezifizierten Hinweis auf von den Beschwerdeführern (offenbar gemeint: im Verwaltungsverfahren) vorgebrachte "Argumente". Insgesamt ergibt sich damit, dass die Beschwerde, soweit sie sich gegen die verfügte Ausweisung richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
2. Zum Ausspruch nach § 75 Abs. 1 FrG:
In seiner asylrechtlichen Judikatur legt der Verwaltungsgerichtshof zugrunde, dass es sich beim Kosovo seit Institutionalisierung der UN-Verwaltung um einen eigenen Herkunftsstaat im Sinne des § 1 Z 4 AsylG handelt, der neben den Staat Serbien und Montenegro (früher: Bundesrepublik Jugoslawien) tritt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2002, Zl. 2001/01/0550). Davon wird insbesondere auch im Zusammenhang mit der Non-Refoulement-Prüfung nach § 8 AsylG ausgegangen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/01/0162). Das zieht als Konsequenz ua. nach sich, dass Aussprüche nach § 8 AsylG, die die "Bundesrepublik Jugoslawien" erfassen, sich jedoch inhaltlich auf die Beurteilung der Situation im Kosovo beschränken, mit Rechtswidrigkeit behaftet sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2000, Zl. 2000/01/0116).
Auch im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 75 Abs. 1 FrG über die "Bundesrepublik Jugoslawien" abgesprochen, in der Begründung jedoch lediglich auf die Verhältnisse im Kosovo Bezug genommen wird. Angesichts dessen, dass sich die Entscheidung nach § 75 Abs. 1 FrG als das fremdenpolizeiliche Gegenstück zur Entscheidung der Asylbehörden nach § 8 AsylG darstellt, erweist sich das nach dem Gesagten als verfehlt. Dazu kommt, dass die Beschwerdeführer ihren Antrag lediglich auf den Kosovo bezogen haben, weshalb auch nur hinsichtlich dieses "Staates" eine Entscheidung nach § 75 Abs. 1 FrG hätte getroffen werden dürfen. Bei dieser Entscheidung hätte sich die belangte Behörde im Übrigen, was der Vollständigkeit halber noch angemerkt sei, eingehender mit dem antragsbegründenden Vorbringen der Beschwerdeführer - zur Situation allein erziehender Frauen im Kosovo finden sich keine näheren Feststellungen, das Vorbringen betreffend die Gefährdung wegen gemischt-ethnischer Herkunft des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers wurde überhaupt nicht behandelt - auseinander setzen müssen. Aus all dem folgt, dass der Ausspruch der belangten Behörde nach § 75 Abs. 1 FrG keinen Bestand haben kann und wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 19. November 2003
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