VwGH 2001/16/0178

VwGH2001/16/017828.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der A KG in K, vertreten durch Dr. Norbert Kollerics, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Jänner 2001, Zl. 7 - 483 - 155/01-1, betreffend Getränkeabgabe für die Jahre 1995 bis 1999 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

31992L0012 Verbrauchsteuer-RL Art3 Abs2;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
BAO §278;
BAO §85 Abs2;
EURallg;
LAO Stmk 1963 §208;
LAO Stmk 1963 §62 Abs2;
VwRallg;
31992L0012 Verbrauchsteuer-RL Art3 Abs2;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
BAO §278;
BAO §85 Abs2;
EURallg;
LAO Stmk 1963 §208;
LAO Stmk 1963 §62 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin brachte bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde nachstehende Eingaben vom 5. November 1999 ein:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Sollte die Getränkesteuer vom Europäischen Gerichtshof als EUwidrig erklärt werden, beantrage ich die Rückzahlung der seit 1995 zu Unrecht eingehobenen Getränkesteuer."

Mit drei an die Beschwerdeführerin ergangenen Bescheiden vom 2. März 2000 setzte der Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Getränkeabgabe für die Jahre 1995 bis 1999 hinsichtlich der Objekte Depot, Restaurant und Weinhalle fest und wies die Rückzahlungsanträge als unbegründet ab.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufungen vom 28. und 30. März 2000 und brachte vor, die Getränkeabgabe sei "EU-widrig".

Mit Bescheid vom 28. November 2000 änderte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Spruchpunkte der Bescheide erster Instanz und wies die Rückzahlungsanträge vom 5. November 1999 als unzulässig zurück. Dies mit der Begründung, es habe sich bei den Eingaben der Beschwerdeführerin um bedingt eingebrachte Prozesshandlungen gehandelt, die unzulässig seien und weder eine Klage noch ein Rechtsbehelf im Sinne des Urteils des EuGH vom 9. März 2000 darstellten. die Beschwerdeführerin könne sich nicht mit Recht auf das genannte Urteil berufen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde auf den Umstand, dass es sich bei den Rückzahlungsanträgen der Beschwerdeführerin vom 5. November 1999 um bedingte Prozesshandlungen gehandelt habe, die unzulässig seien.

In der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Getränkeabgabe für alkoholische Getränke und auf Stattgebung ihrer Rückzahlungsanträge verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung und legte den Verwaltungsakt vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Punkt 3. des Spruchtenors des Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C- 437/97 lautet:

"Niemand kann sich auf Artikel 3 Absatz 2 der Verbrauchsteuerrichtlinie berufen, um Ansprüche betreffend Abgaben, wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C 437/97 entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt."

Das in Rede stehende Urteil des EuGH wurde am 9. März 2000 erlassen und die wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe für alkoholische Getränke eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 2. März 2000 datieren vom 28. und 30. März 2000. Mit diesen erst nach dem 9. März 2000 erhobenen Berufungen konnte die Beschwerdeführerin auf Grund des Urteils des EuGH vom 9. März 2000 die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Getränkeabgabe für alkoholische Getränke nicht mehr mit Recht geltend machen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der in diesem Urteil des EuGH verwendete Begriff "Rechtsbehelf" möglichst weit zu verstehen. So ist insbesondere eine Berichtigung bzw. ein Rückzahlungsantrag ein solcher Rechtsbehelf (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. September 2000, Zl. 2000/16/0338, und vom 17. Mai 2001, Zl. 2000/16/0704).

Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde im

Hinblick auf die Formulierung "Sollte die Getränkesteuer ... als

EU-widrig erklärt werden" davon ausgegangen, dass das Begehren der Beschwerdeführerin unter einer Bedingung erklärt worden ist. Mit dieser Folgerung ist die Behörde im Recht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2001, Zl. 2001/16/0016).

Derartige bedingte Prozesshandlungen sind aber im Allgemeinen unzulässig (vgl. insbesondere Stoll, BAO-Kommentar, 2574, und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. weiter das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1996, Zl. 94/04/0183). Insbesondere ist dabei ein Begehren, das wie im Beschwerdefall nur dann als erhoben gelten soll, wenn ein anderes Gericht in einem anderen Verfahren zu einer der Bedingung entsprechenden Rechtsmeinung gelangen sollte, nicht zulässig (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1997, B 2152/97). Die einer Prozesserklärung zugrundeliegenden Absichten und Beweggründe sind unerheblich (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1996, Zl. 94/04/0183).

Die Unzulässigkeit der vorliegenden bedingten Rückzahlungsanträge stand damit einer Beurteilung der Anträge als Rechtsbehelf iSd Punktes 3. des Urteilstenors des oben angeführten EuGH-Urteils vom 9. März 2000 entgegen. Somit war im Beschwerdefall kein vor dem 9. März 2000 gestellter Rechtsbehelf eingebracht, der zu einer Rechtswidrigkeit der Vorschreibung der Getränkeabgabe für alkoholische Getränke geführt hätte. Die belangte Behörde konnte daher mit Recht die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abweisen.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die Abgabenbehörden wären nicht zur Zurückweisung berechtigt gewesen, weil sie die Behebung des Mangels unter Setzung einer angemessenen Frist zur Verbesserung gewähren hätte müssen. Auch damit ist sie nicht im Recht.

Gem. § 208 Stmk. LAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz zu prüfen, ob ein von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen.

Nach § 62 Abs. 2 Stmk. LAO berechtigen Formgebrechen von Eingaben wie auch das Fehlen einer Unterschrift an sich die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Die Beschwerdeführerin übersieht, dass Formgebrechen solche Gestaltungen sind, die gesetzlich normierten Vorschriften widersprechen, wenn diese Vorschriften die formelle Behandlung eines Anbringens sicherstellen oder die Erledigung für die Behörde erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen sollen (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 11 zum insoweit vergleichbaren § 85 Abs. 2 BAO). Das Gesetz nennt beispielhaft das Fehlen einer Unterschrift als Formgebrechen. Hier wurde jedoch eine Prozesserklärung bedingt abgeben. Bei einer derartigen Erklärung handelt es sich nicht um einen im Sinn des § 62 Abs. 2 Stmk. LAO (§ 85 Abs. 2 BAO) verbesserungsfähigen Mangel, nämlich um die Einhaltung von Vorschriften, welche die formelle Behandlung eines Anbringens sicherstellen, erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen sollen.

Bedingte Parteienerklärungen sind im Allgemeinen unzulässig und verfallen daher der Zurückweisung und sind nicht einer Verbesserung, einem Verfahren nach § 85 Abs. 2 BAO - § 62 Abs. 2 Stmk. LAO - oder gar einer meritorischen Entscheidung zugänglich (Stoll a.a.O., 853).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

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