Normen
LStG OÖ 1991 §31 Abs1 idF 1997/082;
LStG OÖ 1991 §32;
LStG OÖ 1991 §35 Abs1;
LStG OÖ 1991 §36 Abs2 idF 1997/082;
LStG OÖ 1991 §31 Abs1 idF 1997/082;
LStG OÖ 1991 §32;
LStG OÖ 1991 §35 Abs1;
LStG OÖ 1991 §36 Abs2 idF 1997/082;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 10. Juni 1998 beantragte die mitbeteiligte Partei die dauernde Enteignung der für die Herstellung von Straßenbanketten und eines Seitengrabens an der Landesstraße Nr. 579, Nordkamm Straße, im Baulos "Stadtberg" erforderlichen Grundflächen in dem Umfang, wie er in den angeschlossenen Grundeinlösungsplänen dargestellt ist. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23. Juli 1998, in der sich der Beschwerdeführer gegen die Enteignung aussprach, er hat insbesondere als "Gegenleistung" eine Umwidmung der Grundflächen im Bauland beantragt, hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. September 1998 unter I aus dem Eigentum des Beschwerdeführers aus dem Grundstück Nr. 2064/1 ca. 130 m2, aus dem Grundstück Nr. 2066 ca. 730 m2 und aus dem Grundstück Nr. 2067 ca. 130 m2 dauernd enteignet. Unter Punkt II wurden für den Grund 80 S/m2 als Entschädigung festgesetzt. Unter Spruchpunkt III wurde bestimmt, dass die Inbesitznahme der enteigneten Grundflächen durch das Land Oberösterreich vom Beschwerdeführer nach Rechtskraft des Bescheides und Auszahlung bzw. gerichtlicher Hinterlegung der Entschädigung jederzeit zu dulden sei. Unter IV wurden die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers mit S 5.000,-- bestimmt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zum Einwand des Beschwerdeführers, dass durch den Anfall der Oberflächenwässer und ihre direkte Zuleitung auf das Grundstück Nr. 2062/1 (allenfalls Nr. 2064/1) auf dem südlich der Straße gelegenen Grundstück wesentliche Beeinträchtigungen entstünden, werde festgestellt, dass nach den Feststellungen des Amtsachverständigen die Entwässerungsanlagen in der Form herzustellen seien, dass entlang der nördlichen Straße unter der Entwässerungsmulde ein Längskanal verlegt werde, in dem die Straßenoberflächenwässer abgeleitet werden können. Die in Rede stehende "Ausleitung" solle daher auch nur mehr als Überlauf aufrecht erhalten werden, der bei Starkregenereignissen anspringe, sodass dadurch gegenüber dem früheren Zustand letztlich nur eine Verbesserung erreicht werde. Dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass die beanspruchte Grundstücksfläche südlich der Straße auf dem Grundstück Nr. 2064/1 nicht ausgesteckt und die Grundstücksgrenze in diesem Bereich daher in der Natur nicht ersichtlich gewesen sei, wurde entgegengehalten, dass noch während der mündlichen Verhandlung vom Zivilingenieurbüro Dr. W. entsprechende Vermessungen und Auspflockungen vorgenommen worden seien, die im Anschluss daran im Rahmen eines weiteren Augenscheines neuerlich hätten besichtigt werden können. Den Einwendungen des Beschwerdeführers, dass eine Verlegung der Fahrbahn in Richtung Süden und somit eine Verbreiterung in diese Richtung sinnvoller erscheine, wurde entgegengehalten, dass laut Feststellungen des Sachverständigen eine derartige Straßenumlegung gegenüber einer Verbreiterung des Bankettes bzw. der geplanten Geländemulde einen nicht unbedeutenden finanziellen Mehraufwand mit sich brächte. Überdies würden dabei Gartenflächen beansprucht, die wesentlich höher als landwirtschaftliche Gründe zu bewerten seien. Eine unwirtschaftliche Baumaßnahme wäre darüber hinaus nach den Feststellungen des Sachverständigen auch bei Errichtung der vom Enteignungsgegner geforderten Stützmauer anstatt von Böschungen gegeben. Da im Sinne des § 31 Abs. 1 des Oö. Straßengesetzes 1991 eine Bewilligung nur für Umbaumaßnahmen normiert sei, durch die die Anlageverhältnisse nur unwesentlich verändert und die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 leg. cit. sowie fremde Rechte nur in einem geringfügigen Ausmaß berührt werden, sei im Zusammenhalt mit den gutachtlichen Feststellungen des technischen Amtsachverständigen davon auszugehen, dass für die gegenständliche Baumaßnahme keine straßenrechtliche Bewilligungspflicht gegeben sei. Zu berücksichtigen sei dabei insbesondere, dass durch die gegenständliche Baumaßnahme die Fahrbahn selbst nur minimal berührt werde und die geplante Baumaßnahme insgesamt den im Gesetz beispielhaft aufgezählten Baumaßnahmen (wie die Errichtung von Gehsteigen oder Radfahrwegen, Abbiegespuren etc.), für die eine Bewilligung nicht erforderlich sei, höchstens gleichgehalten werden könne. Auch würden auf Grund des Umfanges der Baumaßnahmen insgesamt die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 leg. cit. nur in einem geringfügigen Ausmaß berührt und es sei darüber hinaus auf Grund der beabsichtigten Kurvenbegradigung zu erwarten, dass Immissionsbeeinträchtigungen eher herabgesetzt würden, sodass die den Parteien im Rahmen eines straßenrechtlichen Bewilligungsverfahrens zuerkannten Rechte hinsichtlich der Hintanhaltung von Immissionen durch den zu erwartenden Verkehr - durch das gegenständliche Straßenbauprojekt sei mit einer Veränderung der Verkehrsverhältnisse schlechthin nicht zu rechnen - letztlich nicht berührt würden.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. Februar 2000, B 1950/98-6, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Z. 2 lit. a des hier anzuwendenden Oö. Straßengesetzes 1991 (Oö. StrG 1991), LGBl. Nr. 84/1991 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1997, sind Bestandteile einer Straße die unmittelbar dem Verkehr dienenden Anlagen, wie Fahrbahnen, Gehsteige, Gehwege, Radwege, Radfahrstreifen, Geh- und Radwege, Parkplätze, Abstellflächen, Haltestellenbuchten, Bankette und der Grenzabfertigung dienende Flächen.
Gemäß Z. 7 dieser Gesetzesstelle ist der Bau einer öffentlichen Straße der Neubau, die Umlegung oder der Umbau.
Nach Z. 9 dieser Gesetzesstelle ist die Umlegung einer öffentlichen Straße die Änderung der Linienführung (§ 11 Abs. 1).
Gemäß Z. 10 dieser Gesetzesstelle ist der Umbau einer öffentlichen Straße die Änderung der Anlageverhältnisse; dazu gehören insbesondere Verbreiterungen, Verschmälerungen und Änderungen der Höhenlage, nicht jedoch reine Erhaltungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung durch die die Höhenlage und Breite der Straße geringfügig verändert werden.
Nach § 31 Abs. 1 leg. cit. ist für den Bau einer öffentlichen Straße die Bewilligung der Behörde erforderlich. Eine Bewilligung ist nicht erforderlich für den Bau von (hier nicht in Betracht kommenden) Verkehrsflächen gemäß § 8 Abs. 2 Z. 3 sowie für Umbaumaßnahmen, durch die die Anlageverhältnisse nur unwesentlich verändert und die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 sowie fremde Rechte nur in einem geringfügigen Ausmaß berührt werden. Das Bestehen oder Nichtbestehen der Bewilligungspflicht ist im Einzelfall auf Antrag der Straßenverwaltung oder der Oö. Umweltanwaltschaft von der Behörde bescheidmäßig festzustellen.
Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde über einen Antrag gemäß § 31 Abs. 2 einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.
Gemäß § 35 Abs. 1 leg. cit. kann für den Bau einer öffentlichen Straße das Eigentum an Grundstücken oder die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Für den Bau einer Straße, die einer Bewilligung nach § 32 bedarf, darf die Enteignung nur nach Maßgabe dieser Bewilligung erfolgen.
Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung sowie die Kosten des Enteignungsverfahrens die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht zu nehmen ist.
Aus § 35 Abs. 1 Oö. StrG 1991 ergibt sich somit, dass die straßenbaurechtliche Bewilligung gemäß § 32 leg. cit. vor dem Enteignungsverfahren gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. vorliegen muss, da die Enteignung gemäß dieser Bestimmung nur nach Maßgabe der straßenbaurechtlichen Vorschriften nach § 32 leg. cit. erfolgen darf (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1995, Zl. 95/05/0147, und vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/05/0083). Eine Enteignung nach § 35 Oö. StrG 1991 ohne straßenbaurechtliche Bewilligung nach § 32 leg. cit. darf nur dann erfolgen, wenn für den Bau dieser Straße keine straßenbaurechtliche Bewilligung erforderlich ist. Liegt daher ein Antrag auf Enteignung gemäß § 35 Abs. 1 Oö. StrG 1991 vor, so hat die Behörde zu prüfen, ob eine straßenbaurechtliche Bewilligung gemäß § 32 leg. cit. oder ein Feststellungsbescheid gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. betreffend das Bestehen oder Nichtbestehen der straßenbaurechtlichen Bewilligungspflicht für den Bau der Straße vorliegt. Fehlt die straßenbaurechtliche Bewilligung oder der Feststellungsbescheid gemäß § 31 Abs. 1 letzter Satz Oö. StrG 1991, so hat die Behörde Feststellungen darüber zu treffen, dass eine straßenbaurechtliche Bewilligung auf Grund des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 zweiter Satz Oö. StrG 1991 nicht erforderlich ist.
Im angefochtenen Bescheid sind solche Feststellungen enthalten, es wurde ausgeführt, dass nur Umbaumaßnahmen vorliegen, durch die die Anlageverhältnisse nur unwesentlich verändert werden. Außerdem wurde ausgeführt, dass die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 leg. cit. sowie fremde Rechte nur in einem geringfügigen Ausmaß berührt werden.
Diese Rechtsauffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen, weil eine Enteignung eines Betroffenen im Ausmaß von ca. 990 m2 keinen geringfügigen Eingriff in fremde Rechte darstellt.
Im Beschwerdefall hätte daher wegen des Erfordernisses, ca. 990 m2 aus dem Eigentum des Beschwerdeführers dauernd zu enteignen, eine Baubewilligung erteilt werden müssen.
Da die belangte Behörde nicht erkannte, dass wegen des Ausmaßes der Enteignung die Erlassung eines Baubewilligungsbescheides erforderlich war, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 29. August 2000
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