Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §48;
AVG §52;
VwRallg;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §48;
AVG §52;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 15. Juni 1998 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck mit der im Bezug von Arbeitslosengeld stehenden Beschwerdeführerin eine Niederschrift über ihre Verweigerung der Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ("Stellensuchtraining") ab 22. Juni 1998 auf.
Die Beschwerdeführerin gab an, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 10 AlVG sei sie nicht bereit, an der Maßnahme teilzunehmen, weil sie im Ausland sei. Sie sei zunächst für den Kurs vom 2. bis 12. Juni 1998 angemeldet gewesen und eine Woche vorher verständigt worden, dass sie sich für den 2. Juni 1998 bereithalten solle "wenn jemand ausfällt". Am 10. Juni 1998 habe sie ein Schreiben bekommen, in dem ihr der 22. Juni 1998 als neuer Termin mitgeteilt worden sei. Sie habe sofort beim Arbeitsmarktservice angerufen und bekannt gegeben, dass sie im Ausland sein werde. Der Urlaub sei schon im Februar gebucht worden und ihr Ehegatte habe "es in der Firma melden" müssen.
Mit Schreiben vom 19. Juni 1998 machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe dem Arbeitsmarktservice schon am 18. Mai 1998 angezeigt, dass sie sich vom 22. Juni bis 6. Juli 1998 auf einem seit langer Zeit gebuchten Urlaub befinden werde.
In einer internen Stellungnahme vom 24. Juni 1998 hielt die Beraterin des Arbeitsmarktservice fest, die Beschwerdeführerin habe von April 1997 bis März 1998 erfolgreich die ÜFA (Übungsfirma) besucht und sich ab Mitte April 1998 wieder arbeitslos gemeldet. Auf Grund vorgelegter Unterlagen habe die Beraterin beim Vorsprachetermin am 8. Mai 1998 den Besuch eines Stellensuchtrainings ab 22. Juni 1998 empfohlen, um den "Stil" der Beschwerdeführerin "noch zu verfeinern". Weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt habe die Beschwerdeführerin ihre Urlaubspläne für den Juni 1998 erwähnt. Erst am 25. Mai 1998 sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass unter Umständen die Möglichkeit des Besuchs eines früheren Stellensuchtrainings bestehe. Der verbindliche Kurstermin sei zu diesem Zeitpunkt immer noch der 22. Juni 1998 gewesen. Auch bei diversen Interventionsgesprächen bei der Abteilungsleiterin habe die Beschwerdeführerin nie auf ihre Urlaubspläne hingewiesen.
Mit Bescheid vom 9. Juli 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck aus, die Beschwerdeführerin habe den Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 22. Juni 1998 bis zum 2. August 1998 verloren, weil sie nicht bereit sei, ab 22. Juni 1998 an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt (Stellensuchtraining) teilzunehmen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
In ihrer Berufung gegen diese Entscheidung führte die Beschwerdeführerin unter anderem aus, sie habe sich für die Zeit ihres Auslandsurlaubes am 18. Mai 1998 "ordnungsgemäß vom Bezug abgemeldet". Als Termin für das Training sei "immer nur der 2. Juni 1998 genannt worden". Diesen Termin hätte die Beschwerdeführerin ohne Zweifel wahrgenommen. Während des Ruhens des Arbeitslosengeldes bestehe keine Verpflichtung zur Einhaltung von Kontrollmeldungen. Es widerspreche jeder Logik, die Beschwerdeführerin während dieser Zeit zu einem Stellensuchtraining schicken zu wollen. Es sei möglich, dass die Sachbearbeiterin, die schon einmal durch einen Fehler einen Anspruchsverlust der Beschwerdeführerin verursacht habe, trotz besseren Wissens den ihr bekannten Auslandsaufenthalt der Beschwerdeführerin nicht im Akt fest gehalten habe. Die Beschwerdeführerin habe die Sachbearbeiterin "frühzeitig (18.05.1998 Zeuge Gatte Rudolf S. selbe Adresse)" vom Auslandsaufenthalt in Kenntnis gesetzt, sodass die Sachbearbeiterin die Beschwerdeführerin für die Dauer des Auslandsaufenthaltes vom Bezug hätte abmelden können. Die Beschwerdeführerin vermute, dass sich die Sachbearbeiterin ihr gegenüber nicht unparteiisch verhalte.
In einer schriftlichen Stellungnahme vom 27. Juli 1998 führte die Beraterin der Beschwerdeführerin aus, die Beschwerdeführerin sei dem Stellensuchtraining ab dem 22. Juni 1998 am 8. Mai 1998 "zugebucht" worden. Das Stellensuchtraining ab dem 22. Juni 1998 sei der Beschwerdeführerin an diesem Tag deshalb "vorgeschlagen" worden, weil für den früheren Termin (25. Mai 1998, in der Folge auf 2. Juni 1998 verschoben) schon zu viele Zubuchungen vorgelegen seien. Am 18. Mai 1998 habe die Beschwerdeführerin zusammen mit ihrem Ehegatten vorgesprochen, aber ohne ihre Urlaubspläne bekannt zu geben. Bei ihrer Vorsprache am 29. Mai 1998 sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass sie möglicherweise schon ein Stellensuchtraining ab dem 2. Juni 1998 besuchen könne. Sie sei aufgefordert worden, am 2. Juni 1998 telefonisch erreichbar zu sein. Am 12. Juni 1998 habe die Beschwerdeführerin - nach Erhalt der schriftlichen Einladung zum Kurs ab dem 22. Juni 1998 - in einem Telefonat mit der Betreuerin des Stellensuchtrainings erstmals auf ihre Urlaubspläne hingewiesen. Bei früherer Bekanntgabe des Termins für die Urlaubsreise wäre die Beschwerdeführerin von vornherein dem Stellensuchtraining zum nächstmöglichen Termin, nämlich ab 7. September 1998, zugewiesen worden.
Die dieser Stellungnahme im Akt der belangten Behörde beiliegenden Ausdrucke automationsunterstützt geführter Aufzeichnungen des Arbeitsmarktservice weisen Eintragungen über Vorsprachen der Beschwerdeführerin am 24. April und 8. Mai 1998 auf, bei denen jeweils der Stil der Bewerbungsschreiben der Beschwerdeführerin diskutiert wurde. Laut Eintragung vom 8. Mai 1998 habe die Beraterin "den Besuch eines Stellensuchtrainings" "befürwortet". Die zeitlich nächste Eintragung stammt vom 12. Juni 1998 und bezieht sich auf die telefonische Absage der Beschwerdeführerin bei der Betreuerin des Stellensuchtrainings. Eintragungen über die Vorsprachen am 18. und 29. Mai 1998 liegen nicht vor.
Mit Schreiben vom 30. Juli 1998 hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das "Ergebnis der Beweisaufnahme" vor, wobei unter anderem die Formulierung gewählt wurde, der Beschwerdeführerin sei am 8. Mai 1998 von der zuständigen Beraterin "der Auftrag erteilt" worden, an dem Stellensuchtraining "beginnend mit 22.6.1998 teilzunehmen". Davon abgesehen entsprach der Vorhalt im Wesentlichen dem Inhalt der Stellungnahme der Beraterin vom 27. Juli 1998, wobei auf diese Stellungnahme freilich nicht Bezug genommen wurde. Auf welche Beweismittel sich das "Ergebnis der Beweisaufnahme" stütze, war dem Vorhalt nur insofern entnehmbar, als ausgeführt wurde, "aus den der Berufungsbehörde zur Verfügung stehenden EDV-Unterlagen" gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin dem Arbeitsmarktservice "weder am 18.5.1998 noch bei ihrer Vorsprache am 29.5.1998 jemals mitgeteilt" habe, dass sie sich ab 22. Juni 1998 im Ausland aufhalten werde.
Auf diesen Vorhalt reagierte die Beschwerdeführerin am 5. August 1998 mit einem Schreiben, worin sie nochmals vorbrachte, dass sie der Beraterin den Urlaubstermin schon am 18. Mai 1998 mitgeteilt habe, was der Ehegatte der Beschwerdeführerin bezeugen könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung dieser Entscheidung wiederholte die belangte Behörde - mit dem Hinweis, dass sie "im weiteren Verfahren von jenem Sachverhalt" ausgehe - wörtlich, was sie der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30. Juli 1998 als "Ergebnis der Beweisaufnahme" vorgehalten habe. Einer daran anschließenden Erwähnung der Antwort der Beschwerdeführerin auf den Vorhalt und des Beweisanbotes der Beschwerdeführerin sowie einer Darstellung des Inhaltes anzuwendender Rechtsvorschriften ließ die belangte Behörde im Wesentlichen folgende Ausführungen zur Beweiswürdigung folgen:
" Der Behauptung der Berufungswerberin, dass immer nur die Rede davon gewesen sei, dass dieses Stellensuchtraining am 2.6.1998 beginnen würde, ist entgegenzuhalten, dass selbst das Arbeitsmarktservice erst am 25.5.1998 Kenntnis davon erhalten hat, dass ein eventuell früherer Beginn dieses Stellensuchtrainings mit 2.6.1998 für die Berufungswerberin in Frage kommen könnte, sofern noch Plätze freiwerden würden. Da eine Teilnahmemöglichkeit mit 2.6.1998 auf Grund der beschränkten Teilnehmerzahl äußerst fraglich war, wurde auch seitens des Arbeitsmarktservice Innsbruck mit der Berufungswerberin am 29.5.1998 telefonisch vereinbart, dass diese sich am 2.6.1998 telefonisch bereithalten solle um gegebenenfalls kurzfristig in den früheren Kurs einsteigen zu können. Da doch kein Platz mehr für das Stellensuchtraining am 2.6.1998 frei geworden ist, war die Berufungswerberin verpflichtet das ursprünglich vereinbarte Stellensuchtraining beginnend mit 22.6.1998 zu beginnen.
Der weiteren Behauptung der Berufungswerberin, dass sie bei ihrer persönlichen Vorsprache bei der Regionalen Geschäftsstelle Innsbruck am 18.5.1998 die Beraterin davon in Kenntnis gesetzt habe, dass sie den Kurs am 22.6.1998 urlaubsbedingt nicht besuchen könne, was angeblich auch ihr Gatte bezeugen kann, ist entgegenzuhalten, dass die Berufungswerberin seit ihrer Antragstellung im April 1998 5 Kontakte mit ihrer Beraterin und auch einige beschwerdebedingte Vorsprachen bei der Abteilungsleiterin der zuständigen Beraterin gehabt hat, und dabei ihre Urlaubspläne bis zum 12.6.1998 nicht bekannt gegeben hat, obwohl sie ihren Urlaub bereits im Februar 1998, also noch vor ihrer Antragstellung auf Zuerkennung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gebucht hatte. Aus diesem Grund wird in Hinblick auf die strittige Frage, ob die Berufungswerberin nun tatsächlich am 18.5.1998 beim Arbeitsmarktservice ihre Urlaubspläne bekannt gegeben hat, den Aussagen der Regionalen Geschäftsstelle Innsbruck mehr Glauben geschenkt, da die Berufungswerberin zahlreiche Möglichkeiten gehabt hätte ihre Urlaubspläne früher anzusprechen."
Durch die späte Bekanntgabe ihrer Urlaubspläne habe die Beschwerdeführerin die Teilnahme an dem Stellensuchtraining beginnend mit 22. Juni 1998 vereitelt und damit den Tatbestand des § 10 Abs. 1 AlVG verwirklicht.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
1. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 AIVG verliert ein Arbeitsloser, der ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom 21. Dezember 1993, Zlen. 93/08/0215-0218, und vom 20. Dezember 1994, Zl. 93/08/0134, zur Nach(Um)schulung Arbeitsloser die Auffassung vertreten, es könne aus den §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AIVG nicht abgeleitet werden, dass es im freien Belieben des Arbeitsamtes stünde, einem Arbeitslosen (auch einem Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder ihn zu einer Nach- oder Umschulung zuzuweisen. Eine solche Zuweisung vermöge sich insbesondere auch nicht auf die vom Arbeitslosen (auch wiederholt) an den Tag gelegte Arbeitsunwilligkeit, eine ihm durch das Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, zu stützen. Für eine solche Maßnahme sei vielmehr Voraussetzung, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend seien. Das Arbeitsamt habe diese Voraussetzungen zu ermitteln und das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens dem Arbeitslosen - unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung - zur Kenntnis zu bringen. Von einer den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld nach sich ziehenden ungerechtfertigten Weigerung des Arbeitslosen, an einer ihm zugewiesenen Nach- oder Umschulungsmaßnahme teilzunehmen, könne nur dann gesprochen werden, wenn sie in objektiver Kenntnis des Inhaltes der erforderlichen Nach(Um)schulung und der Zumutbarkeit und Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme erfolge.
Diese Subsidiarität gilt nach dem hg. Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0246, und der daran anschließenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - angesichts des nach wie vor bestehenden Primates der Erlangung bzw. Vermittlung einer dem Arbeitslosen zumutbaren Beschäftigung durch seine eigenen, von ihm zu entfaltenden Bemühungen oder durch das Arbeitsamt (nunmehr: das Arbeitsmarktservice) - in entsprechender Weise auch für Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Demgemäß liegt eine ungerechtfertigte Weigerung eines Arbeitslosen, an einer solchen Maßnahme teilzunehmen, nur dann vor, wenn es sich überhaupt um eine solche Maßnahme handelt, wenn weiters feststeht, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen für die Erlangung bzw. Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind und es deshalb solcher Maßnahmen der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf, und wenn schließlich das Arbeitsamt (nunmehr: das Arbeitsmarktservice) das Ergebnis des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens dem Arbeitslosen - unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung - zur Kenntnis gebracht hat und der Arbeitslose dennoch ohne wichtigen Grund die Teilnahme an der Maßnahme ablehnt (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131, vom 6. Mai 1997, Zl. 95/08/0339, vom 16. September 1997, Zl. 96/08/0308, vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0132 und Zl. 98/08/0306, und vom 23. Februar 2000, Zl. 98/08/0220 und Zl. 98/08/0322).
2. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zunächst darauf einzugehen, wie die belangte Behörde zu ihren Sachverhaltsfeststellungen gelangt ist und diese im angefochtenen Bescheid begründet hat:
2.1. Gemäß Art. II Abs. 2 Z. 41 EGVG ist - mit einer hier nicht wesentlichen Einschränkung - auf das behördliche Verfahren sowohl der regionalen Geschäftsstellen als auch der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das AVG anzuwenden. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Dem Parteiengehör unterliegt der gesamte Inhalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme, wobei dem § 45 Abs. 3 AVG nicht entsprochen ist, wenn der Partei zwar der Beweisinhalt, aber nicht die Beweisquelle mitgeteilt wird. Die Partei hat daher im Besonderen auch ein Recht auf Mitteilung nicht nur der Inhalte vorliegender Zeugenaussagen und Gutachten, sondern auch der Namen der Zeugen und Sachverständigen. Die Partei muss in die Lage versetzt werden, sich mit den Beweisquellen konkret auseinander zu setzen (vgl. dazu im Einzelnen die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Entscheidung 322ff zu § 45 AVG, zitierten Entscheidungen). Hätte die belangte Behörde dies beachtet, so hätte sie der Beschwerdeführerin im Vorhalt vom 30. Juli 1998 daher mitgeteilt, dass sich das "Ergebnis der Beweisaufnahme" - wie es dem Inhalt der vorgelegten Akten nach den Anschein hat - auf eine schriftliche Stellungnahme der Beraterin gründete, und der Beschwerdeführerin diese Stellungnahme zugänglich gemacht. Die Beschwerdeführerin wäre dadurch in die Lage versetzt worden, sich mit dieser Beweisquelle - unter anderem auch unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung mit dem von der belangten Behörde daraus abgeleiteten Sachverhalt - auseinander zu setzen und dazu Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde hätte weiters die ihr angeblich "zur Verfügung stehenden EDV-Unterlagen" über das Verhalten der Beschwerdeführerin bei den beiden Vorsprachen im Mai 1998 so bezeichnen müssen, dass diese Unterlagen für die Beschwerdeführerin - etwa im Rahmen einer Akteneinsicht - identifizierbar gewesen wären.
2.2. Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die freie Beweiswürdigung bezieht sich aber nur auf die bereits vorliegenden Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens und lässt es keineswegs zu, ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorwegzunehmen (vgl. dazu Walter/Thienel, aaO, Entscheidung 229 zu § 45 AVG). Beweisanträge dürfen nur abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (vgl. dazu Walter/Thienel, aaO, Entscheidung 106 zu § 39 AVG). Im vorliegenden Fall hielt es die belangte Behörde für wesentlich, dass die Beschwerdeführerin ihren Urlaubstermin - entgegen ihren Behauptungen - nicht schon am 18. Mai 1998 bekannt gegeben habe. Zu diesem Beweisthema hätte die belangte Behörde daher den von der Beschwerdeführerin wiederholt angebotenen Zeugenbeweis, dessen mangelnde Eignung die belangte Behörde auch in der Gegenschrift nicht aufzuzeigen vermag, aufnehmen müssen. Meinte die belangte Behörde, davon Abstand nehmen zu können, wofür die in der Gegenschrift herangezogene "Verfahrensökonomie" freilich keinen ausreichenden Anlass geboten hätte, so hätte sie ihr Vorgehen begründen müssen (vgl. dazu etwa Walter/Thienel, aaO, Entscheidung 105 zu § 39 AVG). Die belangte Behörde hat sich über den Beweisantrag aber stillschweigend hinweggesetzt und sich in Bezug auf diesen Antrag daher in doppelter Hinsicht rechtswidrig verhalten.
2.3. Gemäß § 60 AVG - eine gemäß § 67 AVG auch für Bescheide von Berufungsbehörden geltende Vorschrift - sind in der Begründung eines Bescheides unter anderem die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen. Im vorliegenden Fall ist auch dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmbar, auf welche Beweismittel sich die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde stützen. Durch die Bezugnahme auf nicht näher bezeichnete "Aussagen der Regionalen Geschäftsstelle Innsbruck" und den nach wie vor unkonkretisierten Hinweis auf die "der Berufungsbehörde zur Verfügung stehenden EDV-Unterlagen" bleibt es sowohl der von einem solchen Bescheid betroffenen Partei als auch dem Verwaltungsgerichtshof bei der nachprüfenden Kontrolle überlassen, sich durch Aktenstudium ein nur auf Mutmaßungen gestütztes Bild davon zu machen, welche Akteninhalte die belangte Behörde gemeint haben könnte. Die belangte Behörde hat daher ihre Begründungpflicht verletzt.
2.4. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, dass die Beweiswürdigung jeder Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof entzogen wäre. Die Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof erstreckt sich unter anderem darauf, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, was nur zutrifft, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Walter/Thienel, aaO, Entscheidung 267 zu § 45 AVG). Auf die Erwägungen der belangten Behörde trifft dies nicht zu. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren behauptet, es sei - bevor sie die schriftliche Einladung für den 22. Juni 1998 erhalten habe - "immer nur der 2.6.98 genannt worden". Sie hat aber nicht behauptet, dass dies schon vor dem 25. Mai 1998 der Fall gewesen wäre. Das Argument, das Arbeitsmarktservice habe erst an diesem Tag von der allfälligen Möglichkeit einer Teilnahme der Beschwerdeführerin an einem Training ab dem 2. Juni 1998 erfahren, ist daher - bei Beachtung der Denkgesetze - nicht geeignet, den Standpunkt der Beschwerdeführerin zu widerlegen. Das weitere Argument, die Beschwerdeführerin könne ihren Urlaub nicht schon am 18. Mai 1998 bekannt gegeben haben, weil sie trotz mehrfacher Kontakte mit dem Arbeitsmarktservice ihre Urlaubspläne bis zum 12. Juni 1998 nicht
bekannt gegeben habe, ist zirkelschlüssig und
verstößt daher ebenfalls gegen die Denkgesetze.
2.5. Ginge man davon aus, dass die belangte Behörde ihre Sachverhaltsannahmen auf die schriftliche Stellungnahme vom 27. Juli 1998 (Blatt 3 des Berufungsaktes) und die den Zeitraum vom 22. Jänner 1997 bis zum 15. Juni 1998 umspannenden Ausdrucke aus dem "PST-Text" (Blatt 4 des Berufungsaktes) stützte, so wäre unter anderem auf Folgendes hinzuweisen:
2.5.1. Im "PST-Text" wird in der Eintragung vom 8. Mai 1998 erwähnt, die Beraterin habe "den Besuch eines Stellensuchtrainings befürwortet". Von einem "Auftrag", an einer bestimmten derartigen Maßnahme zu einem bestimmten Termin teilzunehmen, ist hier nicht die Rede. In der schriftlichen Stellungnahme vom 27. Juli 1998 heißt es, der Beschwerdeführerin sei am 8. Mai 1998 das Stellensuchtraining ab dem 22. Juni 1998 "vorgeschlagen" worden. Worauf sich die Feststellung gründet, der Beschwerdeführerin sei an diesem Tag von der Beraterin "der Auftrag" erteilt worden, an dem Stellensuchtraining "beginnend mit 22.6.1998 teilzunehmen", bleibt auch bei Berücksichtigung dieser Akteninhalte unerfindlich, zumal die im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Stellungnahme der Beraterin - die der Beschwerdeführerin ebenfalls nie vorgehalten wurde - dahin geht, die Beraterin habe den Besuch des Stellensuchtrainings ab 22. Juni 1998 am 8. Mai 1998 "empfohlen".
2.5.2. Die Behauptung im Vorhalt vom 30. Juli 1998 und im angefochtenen Bescheid, aus den der belangten Behörde zur Verfügung stehenden "EDV-Unterlagen" gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin dem Arbeitsmarktservice "weder am 18.5.1998 noch bei ihrer persönlichen Vorsprache am 29.5.1998 jemals mitgeteilt hat, dass sie sich ab 22.6.1998 im Ausland aufhalten werde", unterstellt, es gebe "EDV-Unterlagen" über diese beiden Vorsprachen (von denen die zweite an anderer Stelle im angefochtenen Bescheid auch als Telefonat bezeichnet wird). Im "PST-Text" gibt es darüber aber keine Eintragungen, weil solche - den Ausdrucken im Berufungsakt zufolge - zwischen dem 8. Mai 1998 und dem 12. Juni 1998 in der Angelegenheit der Beschwerdeführerin nicht vorgenommen wurden. Auch auf die Existenz sonstiger "EDV-Unterlagen" darüber, was die Beschwerdeführerin bei den beiden Vorsprachen gesagt oder nicht gesagt habe, deutet in den Akten nichts hin. Für den Verwaltungsgerichtshof ist es daher auch nicht nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift meint, die "EDV-Unterlagen" seien wegen der darin enthaltenen Abkürzungen "für einen Laien keineswegs verständlich", weshalb man sie der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten habe. Wenn in diesem Zusammenhang in der Gegenschrift von "Auflistungen und Tabellen" die Rede ist, so sind damit nicht die Unterlagen - nämlich Gesprächsaufzeichnungen - gemeint, auf die sich die Bezugnahme im Vorhalt vom 30. Juli 1998 und im angefochtenen Bescheid lediglich beziehen konnte.
2.6. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass sich die belangte Behörde bei der dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Annahme, die Beschwerdeführerin sei schon am 8. Mai 1998 verbindlich der Maßnahme zum Termin 22. Juni 1998 zugewiesen worden und habe erst am 12. Juni 1998 bekannt gegeben, dass sie zu diesem Zeitpunkt im Ausland sein werde, in mehrfacher Hinsicht über Vorschriften des Verfahrensrechtes hinweggesetzt hat.
3. Die nicht fehlerfrei festgestellten Gesprächsinhalte sind - ungeachtet des nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch in Bezug auf Vermittlungen und Kontrolltermine gegebenen Erfordernisses einer den Umständen des Einzelfalles Rechnung tragenden Abstimmung mit nicht zu ausgedehnten Erholungsurlauben des Arbeitslosen - im Zusammenhang mit der verweigerten Teilnahme an einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu einem bestimmten Termin schon deshalb, weil der Eintritt der Sanktion hier das Fehlen eines "wichtigen Grundes" für die Weigerung voraussetzt, nicht ohne rechtliche Bedeutung.
Das Fehlen eines "wichtigen Grundes" wurde vom Verwaltungsgerichtshof etwa beim Abbruch einer Umschulung wegen einer bloßen Beschäftigungsaussicht (so der Sache nach - wenngleich mit anderer dogmatischer Zuordnung - das Erkenntnis vom 30. September 1985, Zl. 85/08/0083), beim Besuch eines bereits bezahlten und teilkonsumierten, aber objektiv weniger sinnvollen Berufsfortbildungskurses (Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 94/08/0150) oder beim behaupteten Erfordernis, den Weg zum Veranstaltungsort der Maßnahme mangels ausreichender Mittel für Straßenbahnfahrscheine zu Fuß zurückzulegen (Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 95/08/0193), angenommen. Dem gegenüber wurde die Gefahr gesundheitlicher Beeinträchtigungen als wichtiger Grund angesehen (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 13. April 1999, Zl. 97/08/0025, und vom 21. September 1999, Zl. 96/08/0256).
Die in diesen Entscheidungen oft ausdrücklich angestellten Zumutbarkeitserwägungen (vgl. die zitierten Erkenntnisse vom 16. Mai 1995, 5. September 1995 und 21. September 1999) lassen sich dahingehend verallgemeinern, dass für die Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "wichtiger Grund" in § 10 Abs. 1 AlVG vor allem Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend sind, wobei auch - aber nicht ausschließlich - die für Beschäftigungsverhältnisse im § 9 Abs. 2 bis 5 AlVG genannten Kriterien, so weit sie der Sache nach in Betracht kommen, zu berücksichtigen sind (vgl. ähnlich zur Auslegung des Begriffes "triftige Gründe" im § 11 AlVG die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl. 90/08/0106, vom 19. Mai 1992, Zl. 91/08/0189, vom 8. Juni 1993, Zl. 93/08/0111, vom 30. September 1994, Zl. 93/08/0097, und zuletzt - in etwas anderem Zusammenhang - vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/08/0137). In Betracht zu ziehen sind hinsichtlich der im § 9 Abs. 2 bis 5 AlVG geregelten Kriterien vor allem diejenigen einer möglichen Gesundheitsgefährdung (vgl. dazu schon die zitierten Erkenntnisse vom 13. April 1999, Zl. 97/08/0025, und vom 21. September 1999, Zl. 96/08/0256) und der Entfernung vom Wohnort (so - im Zusammenhang mit § 11 AlVG - das Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/08/0137).
Es ist aber, wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen zu § 11 AlVG - gegenüber dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG - jeweils hervorgehoben hat, der konkrete Sachzusammenhang zu beachten. Das bedeutet, dass im vorliegenden Zusammenhang nicht nur das Fehlen der Beschränkung auf bestimmte im Gesetz angeführte Zumutbarkeitsgesichtspunkte wie in § 9 AlVG und die sich daraus ergebende Möglichkeit etwa einer verstärkten Bedachtnahme auf familiäre Gesichtspunkte, sondern darüber hinaus auch der Umstand zu berücksichtigen ist, dass es sich bei Nach(Um)schulungen oder Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt um Maßnahmen handelt, die nicht die Chance einer sofortigen Beendigung der Arbeitslosigkeit in sich tragen, und die Teilnahme an solchen Maßnahmen - in der Regel - nach Belieben nachholbar ist, wodurch sie sich von der Annahme der vom Arbeitsmarktservice vermittelten Beschäftigungen - wiederum in der Regel - sehr wesentlich unterscheidet. Geht es nur um die Frage, zu welchem Termin an der Maßnahme teilgenommen werden soll, so wird an das Kriterium des "wichtigen Grundes" - je nach Lage des Falles und Dringlichkeit der Maßnahme - daher kein allzu strenger Maßstab anzulegen sein.
Im vorliegenden Fall ist es daher u.a. von Bedeutung, ob die Beschwerdeführerin auf Grund vorangegangener Gespräche mit der Beraterin des Arbeitsmarktservice zunächst damit rechnen durfte, dass der geplanten Reise vom Arbeitsmarktservice kein derartiges Hindernis - nämlich Zuweisung zu der in Aussicht genommenen Wiedereingliederungsmaßnahme gerade zu diesem Termin - in den Weg gelegt werden würde. Musste die Beschwerdeführerin - was bei Zutreffen ihrer Behauptungen nicht ausgeschlossen wäre - die angeblich kurzfristige Zuweisung zu diesem Termin als vorangegangenen Vereinbarungen grundlos widersprechendes Vorgehen empfinden, so könnte sich daraus ergeben, dass der Vermeidung der Nichtteilnahme an einem - behauptetermaßen - nicht verschiebbaren Familienurlaub und der damit allenfalls verbundenen (frustrierten oder zusätzlichen) Kosten die Bedeutung eines "wichtigen Grundes" beizumessen wäre.
Keinesfalls entspräche es aber auch der Rechtslage, über die Beschwerdeführerin die in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehene Sanktion zu verhängen, wenn sie - hier vorausgesetzt, ihr Vorbringen wäre unwahr - bei früherer Bekanntgabe ihrer Reisepläne von vornherein für den Kurs im September vorgesehen worden wäre, wie dies in der Stellungnahme der Beraterin vom 27. Juli 1998 zum Ausdruck kommt.
§ 10 Abs. 1 AlVG sanktioniert im hier gegebenen Zusammenhang die Nichtteilnahme an der Maßnahme, aber nicht als unzureichend empfundene Modalitäten bei der Bekanntgabe eines der Sache nach anerkannten Verhinderungsgrundes (vgl. dazu das Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 95/08/0023).
Da somit nicht ausgeschlossen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Oktober 2000
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