VwGH 92/01/0046

VwGH92/01/004623.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, in der Beschwerdesache des Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 11. Oktober 1990, betreffend Vollstreckung einer Strafe, den Beschluß gefaßt:

Normen

AHG 1949 §11;
DSt Rechtsanwälte 1872;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AHG 1949 §11;
DSt Rechtsanwälte 1872;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandlos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Anträge auf Aufwandersatz werden abgewiesen.

Begründung

Mit dem Erkenntnis des Disziplinarrates der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 18. Oktober 1989 wurde der beschwerdeführende Rechtsanwalt gemäß § 12 Abs. 1 lit. c DSt mit der Disziplinarstrafe der Einstellung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer von sieben Monaten bestraft. Über Berufung des Kammeranwaltes änderte die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK) mit ihrem Erkenntnis vom 25. Juni 1990 das Erkenntnis des Disziplinarrates in seinem Strafausspruch dahin ab, daß über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die Dauer von zehn Monaten verhängt wurde.

Mit dem Vollstreckungsbescheid vom 11. Oktober 1990 ordnete der Ausschuß der Tiroler Rechtsanwaltskammer an, daß der Beschwerdeführer die mit dem Erkenntnis der OBDK vom 25. Juni 1990 verhängte Strafe der Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für weitere drei Monate in der Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Jänner 1991 zu verbüßen hat.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser gab mit seinem Beschluß vom 15. Dezember 1990 dem Antrag des Beschwerdeführers Folge, der Beschwerde gemäß § 85 Abs. 2 VfGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit Beschluß vom 4. März 1991 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Antrag des Beschwerdeführers, der beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde mit dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1992 im Hinblick darauf abgewiesen, daß die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebene Zeit der Einstellung der Berufsausübung (1. November 1990 bis 31. Jänner 1991) bereits abgelaufen sei.

Mit einem weiteren Vollstreckungsbescheid vom 23. Dezember 1991 hatte die belangte Behörde angeordnet, daß der Beschwerdeführer "die von der OBDK mit Erkenntnis vom 25. Juni 1990 verhängte Strafe der Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft für die restliche Zeit der weiteren drei Monate laut Vollstreckungsbescheid vom 11. Oktober 1990 ab 1. Februar 1992 bis 9. März 1992 anzutreten hat, nachdem der Aufschiebungsgrund weggefallen ist". In der Begründung dieses Bescheides hatte die belangte Behörde unter anderem die Auffassung vertreten, mit der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei die Aufschiebung der Verbüßung der verhängten Strafe für die noch verbleibende Restzeit von einem Monat und neun Tagen weggefallen.

Auf Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes, ob die Beschwerde gegen den angefochtenen Vollstreckungsbescheid vom 11. Oktober 1990 zufolge Zeitablaufes gegenstandslos geworden oder der Beschwerdeführer durch den Vollstreckungsbescheid der belangten Behörde vom 23. Dezember 1990 klaglos gestellt worden sei, vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, beides sei nicht der Fall. Die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides darstellende vorübergehende Einstellung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft sei zwar mittlerweile vollzogen worden; aus der beantragten Aufhebung des angefochtenen Bescheides werde sich aber zu seinen Gunsten ableiten lassen, daß er in den in der Beschwerde dargelegten Rechten verletzt worden sei. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides werde weiters präjudiziell für seine Schadenersatzansprüche und seine "Rehabilitierung betreffend den bescheidgegenständlichen Vollzugszeitraum" sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vollzug der (restlichen) über den Beschwerdeführer verhängten Strafe der Einstellung der Berufsausübung in der Zeit vom 1. November 1990 bis 31. Jänner 1991 angeordnet. Der normative Inhalt des angefochtenen Bescheides erschöpft sich somit in der Anordnung des Vollzuges der verhängten Strafe in einem kalendermäßig bestimmten, nunmehr (und auch zur Zeit der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof) bereits vergangenen Zeitraum. Zudem besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Übereinstimmung dahin, daß die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe, die schon ihrer Art (Einstellung der Berufsausübung) nach einer "Rückabwicklung" nicht zugänglich ist, mittlerweile zur Gänze vollzogen wurde.

Bei dieser Sachlage ist im vorliegenden Fall sowohl wegen des Ablaufes der durch den angefochtenen Bescheid für die Vollstreckung bestimmten Zeit als auch im Hinblick auf den nicht rückgängig zu machenden Vollzug der gesamten verhängten Strafe das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers weggefallen. Die Rechtsstellung des Beschwerdeführers würde sich durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht verändern, weil dies nichts daran ändern würde, daß die verhängte Strafe mittlerweile (zum Teil in dem mit dem angefochtenen Bescheid angeordneten Zeitraum) vollzogen wurde; auch ein Ausspruch, daß die Strafe im restlichen Teil dieses Zeitraumes - in dem die Vollziehung infolge der Aufschiebungsanordnung des Verfassungsgerichtshofes unterblieb - nicht hätte vollzogen werden dürfen, wäre lediglich von theoretischer Bedeutung. Der Beschwerdeführer könnte somit durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht mehr günstiger gestellt werden, als dies ohne meritorische Erledigung seiner Beschwerde der Fall wäre. Die Beschwerde ist daher als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 9. April 1984, Zl. 84/10/0048, vom 26. September 1984, Zl. 82/01/0001, und vom 10. Juni 1987, Zl. 86/01/0223).

Mit seinen oben wiedergegebenen Darlegungen zeigt auch der Beschwerdeführer nicht auf, daß eine fortwirkende Möglichkeit der Rechtsverletzung bestünde. Soweit er sich darauf beruft, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wäre präjudiziell für seine Schadenersatzansprüche, ist er darauf zu verweisen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein im Wege der Amtshaftung geltend zu machender Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens alleine nichts am Fehlen der Möglichkeit ändert, durch den angefochtenen Bescheid fortdauernd in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 17. Oktober 1989, Zl. 89/11/0076, vom 21. März 1990, Zl. 89/02/0175, und vom 19. Februar 1991, Zl. 90/11/0187).

Mit seinen Darlegungen, ein aufhebendes Erkenntnis wäre von Bedeutung für seine "Rehabilitierung", verkennt der Beschwerdeführer, daß Gegenstand des angefochtenen Bescheides nicht das (im übrigen nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegende) Disziplinarerkenntnis, mit dem eine Strafe über den Beschwerdeführer verhängt wurde, sondern lediglich die Bestimmung des Zeitraumes war, in dem die verhängte Strafe vollzogen werden sollte. Unabhängig von der Frage, ob ein vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbares Recht auf Rehabilitierung eines Rechtsanwaltes, der mittels Disziplinarerkenntnisses bestraft wurde, in Betracht kommen kann, ergibt sich somit, daß selbst ein (nur theoretische Bedeutung besitzender) Ausspruch, daß die Strafe nicht in dem angeordneten Zeitraum hätte vollzogen werden dürfen, nicht zur "Rehabilitierung" des Beschwerdeführers hätte führen können.

Ist eine Beschwerde gegenstandslos geworden und wurde das Verfahren nicht wegen Klaglosstellung eingestellt, so ist weder dem Beschwerdeführer noch der belangten Behörde Kostenersatz zuzusprechen, weil weder § 56 VwGG anzuwenden ist noch davon ausgegangen werden kann, daß die belangte Behörde obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 und 2 lit. b VwGG ist (vgl. z. B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 1987, Zl. 86/01/0223).

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