VwGH 88/16/0189

VwGH88/16/018912.10.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Karlik sowie die Hofräte Dr Närr und Dr Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag Boigner, über die Beschwerden der W BeteiligungsGmbH in E, vertreten durch Dr Franz Helbich, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 10, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. August 1988, Zlen GA 11 - 886/88 und GA 11 - 886/1/88, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §1 Abs3 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988160189.X00

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 5.060 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom 26. September 1979 gründeten die Beschwerdeführerin und Dkfm WH die W-HolzindustrieGmbH. Am Stammkapital der GmbH war die Beschwerdeführerin mit einer Stammeinlage von 200.000 S und Dkfm WH mit einer solchen von 3.000 S beteiligt. Die Beschwerdeführerin brachte in Anrechnung auf ihre Stammeinlage einen von der W-Holzkonstruktionsund BauGmbH übernommenen Teilbetrieb als Sacheinlage gemäß Art I StruktVG im Betrag von 100.000 S ein und leistete außerdem eine Bareinlage von 100.000 S. In dem übernommenen und als Sacheinlage eingebrachten Teilbetrieb befanden sich auch mehrere Liegenschaften. Dkfm WH leistete eine Bareinlage von 3.000 S.

Mit Notariatsakt vom 30. Oktober 1979 trat Dkfm WH seine bis dahin treuhändig für die Beschwerdeführerin gehaltenen Geschäftsanteile an der W-HolzindustrieGmbH vereinbarungsgemäß ab, sodaß die Beschwerdeführerin nunmehr auch formal 100 % der Anteile an der W-HolzindustrieGmbH inne hatte.

Diesen zuletzt beschriebenen Vorgang nahm das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien zum Anlaß, der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG 1955 Grunderwerbsteuer vorzuschreiben.

In der gegen die diesbezüglichen Bescheide erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung, insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1964, Zl 2085/63, Slg Nr 3047/F, die Ansicht, der Tatbestand der Vereinigung aller Anteile sei nicht erfüllt, weil schon anläßlich der Gründung der W-HolzindustrieGmbH die Absicht bestanden habe, die Beschwerdeführerin sollte sämtliche Anteile an der neu gegründeten Gesellschaft erhalten. Dkfm WH sei nur als Gründungshelfer aufgetreten, um den Vorschriften des Gesetzes über die Gründung einer GmbH Genüge zu leisten. Wirtschaftlich betrachtet seien jedoch immer sämtliche Anteile an der W-HolzindustrieGmbH in der Hand der Beschwerdeführerin vereinigt gewesen, sodaß die am 30. Oktober 1979 erfolgte Abtretung der Gründungshelferanteile keine neuerliche Vereinigung der Anteile in einer Hand darstelle, weswegen die Vorschreibung von Grunderwerbsteuer rechtswidrig sei.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 23. August 1988 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, wobei sie unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung, insbesondere auf die hg Erkenntnisse vom 5. September 1985, Zl 85/16/0075, und vom 1. Dezember 1987, Zl 86/16/0122, ausführte, erst durch die (rechtliche) Anteilsübertragung finde die Anteilsvereinigung im Sinn des § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG statt. Der von Anfang an bestehenden wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Treugebers bezüglich des zu überlassenden Gesellschaftsanteiles sei kein rechtliches Gewicht beizumessen.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide geltend.

Die belangte Behörde beantragt in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung der beiden Beschwerden wegen ihres engen sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und über diese erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof seit seinem Erkenntnis vom 14. Juni 1984, Zl 82/16/0069, Slg Nr 5909/F, unter Hinweis, daß die im - von der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Rechtsansicht herangezogenen - bereits erwähnten hg Erkenntnis vom 16. März 1964, Zl 2085/63, Slg Nr 3047/F, vertretene Ansicht nicht mehr aufrecht erhalten wird, ausgeführt hat, findet auch dann, wenn bereits bei Gründung der Gesellschaft ein Anteil von einem Treuhänder des anderen Gesellschafters gehalten wurde und nunmehr durch Übertragung dieses Treuhandanteils an den Treugeber eine Anteilsvereinigung herbeigeführt wird, erst durch die rechtliche (und nicht bereits durch eine "wirtschaftliche") Anteilsübertragung die Anteilsvereinigung im Sinn des § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG statt (vgl hiezu in jüngerer Zeit das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 1988, Zl 87/16/0142, und die darin zitierte Vorjudikatur sowie die erwähnte Lehre). Da somit die Rechtsfrage durch die in den oa Erkenntnissen, deren Entscheidungsgründe im wesentlichen dargestellt sind, klargestellt ist, wird zur weiteren Begründung im Sinn der Bestimmungen des § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG auf die dortigen Ausführungen verwiesen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin betreffend die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben genügt es darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde das im Art 18 Abs 1 B-VG normierte Legalitätsgebot in diesem Fall zu beachten hatte (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 15. September 1983, Zlen 83/16/0040, 0043, Slg Nr 5802/F).

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen des § 307 Abs 2 BAO geht ins Leere, weil im vorliegenden Fall das Verfahren zur Festsetzung von Grunderwerbsteuer nicht wiederaufgenommen wurde. Es erübrigte sich daher, auf diese Ausführungen einzugehen.

Die Beschwerde war daher durch einen nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206, insbesondere deren Art III.

Hinsichtlich des (noch) nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisses wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl Nr 45/1965, erinnert

Wien, am 12. Oktober 1989

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