Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Mietvertrag vom 23. September 1986 wurden vom Beschwerdeführer von der Gasthof Z GesmbH die im ersten Stock des Zubaues zum Haus S Nr. 23 gelegenen Räumlichkeiten im Ausmaß von ca. 100 m2, beginnend mit 1. September 1986, auf unbestimmte Zeit gemietet.
Punkt IX des Vertrages hat folgenden Wortlaut:
"Beide Vertragsteile kommen überein, während der ersten zehn Jahre des Pachtverhältnisses dieses nur aus wichtigen Gründen zu kündigen. Als wichtige Kündigungsgründe gelten analog der Bestimmungen der §§ 1117 und 1118 ABGB, wenn der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblichen nachteiligen Gebrauch macht, mit der Entrichtung des Mietzinses trotz Setzung einer 14-tägigen Nachfrist mit mehr als 30 Tagen in Verzug gerät, über das Vermögen des Mieters ein gerichtliches Konkurs- oder Ausgleichsverfahren eröffnet wird oder wenn dem Mieter aus unvorhersehbaren Gründen eine Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses auf Dauer nicht mehr zugemutet werden kann. Ein unverschuldeter Untergang des Mietgegenstandes infolge eines Elementarereignisses gilt als Auflösungsgrund."
Ausgehend davon, daß ein Bestandverhältnis vorliege, das zunächst für die Dauer von zehn Jahren und anschließend für unbestimmte Zeit gelten sollte, setzte das Finanzamt die Bestandvertragsgebühr auf der Grundlage des 13-fachen Jahresentgeltes S 8.814,-- fest.
In der dagegen erhobenen Berufung, mit der die Zugrundelegung einer Vertragsdauer von mehr als drei Jahren (unbestimmte Zeit) für Zwecke der Gebührenbemessung bekämpft wurde, wandte der Beschwerdeführer im wesentlichen ein, laut Vertragsurkunde sei das Bestandverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und eine dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart worden. Bei der für die ersten zehn Jahre des Pachtverhältnisses vereinbarten Beschränkung des Kündigungsrechtes auf bestimmte und taxativ aufgezählte Ereignisse handle es sich nicht um einen befristeten Kündigungsverzicht, sondern um befristete Kündigungsbeschränkungen.
Nachdem das Finanzamt diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen hatte, stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung führte sie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag sei gebührenrechtlich dann als Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen, wenn sich aus seinem Inhalt ergebe, daß das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden könne oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe das Unterscheidungsmerkmal zwischen einem auf bestimmte Zeit und einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag darin erblickt, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege stehe.
Die von den Vertragsparteien im Punkt IX des Vertrages vereinbarten fünf "Auflösungsmöglichkeiten" würden den Vertragsparteien nur die Möglichkeit einräumen, den Vertrag unter bestimmten taxativ aufgezählten Voraussetzungen während der ersten zehn Jahre des Bestandverhältnisses zu kündigen. Ein Vergleich dieser vertraglich eingeräumten Kündigungsmöglichkeiten mit den 15 bzw. 16 in § 19 Abs. 2 des Mietengesetzes und in § 30 des Mietrechtsgesetzes enthaltenen Kündigungsgründen ergebe, daß nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich eng umgrenzten vereinbarten Kündigungsgründe der Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet gewesen sei, das Mietverhältnis mindestens zehn Jahre hindurch aufrechtzuerhalten. Dafür sprächen auch durchgeführte bzw. beabsichtigte Investitionen des Mieters am Mietobjekt. Die enge Beschränkung des Kündigungsrechtes auf einige taxativ aufgezählte Gründe komme einem Kündigungsverzicht gleich, weil in keinem der Fälle das uneingeschränkte Recht auf sofortige Auflösung des Vertrages bestehe.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Den Beschwerdeausführungen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß bei dem auf unbestimmte Vertragsdauer geschlossenen Mietvertrag die wiederkehrenden Leistungen nur mit dem Dreifachen des Jahreswertes bewertet werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG unterliegen Bestandverträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr von 1 v. H. des Wertes. Nach Abs. 3 derselben Tarifpost ist bei unbestimmter Dauer des Bestandvertrages als Wert das dreifache Jahresentgelt anzunehmen. Ist die Dauer des Bestandvertrages bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
Im vorliegenden Fall steht in Streit, ob für den gegenständlichen Bestandvertrag neben der Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG noch eine Gebühr gemäß Abs. 1 derselben Tarifpost festgesetzt werden durfte. Während sich die belangte Behörde dazu auf Grund des Gesetzes für verpflichtet erachtete, weil der seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit geschlossene Mietvertrag in seinem Punkt IX Vereinbarungen enthielt, die einem Kündigungsverzicht beider Vertragsteile für die ersten zehn Jahre des Bestandverhältnisses gleichkämen, vertritt der Beschwerdeführer wie bereits im Verwaltungsverfahren den Standpunkt, die in Punkt IX getroffene Regelung könne schon deshalb nicht als Kündigungsverzicht angesehen werden, weil die dort vorgesehenen Auflösungsgründe weit über die in den §§ 1117 und 1118 ABGB bzw. in § 19 MG und § 30 MRG aufgezählten Auflösungsgründe hinausgingen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in umfangreicher Rechtsprechung zu § 33 TP 5 GebG dargelegt, daß ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag gebührenrechtlich als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen ist, wenn sich aus seinem Inhalt ergibt, daß das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (vgl. vor allem das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1976, Zl. 2163/74, Slg. Nr. 5066/F, und die dort angeführten Erkenntnisse, sowie die Erkenntnisse vom 16. Juni 1983, Zl. 82/15/0019, vom 17. Februar 1986, Zl. 85/15/0112, und vom 5. Oktober 1987, Zl. 86/15/0102). Der Verwaltungsgerichtshof hat also das Unterscheidungsmerkmal zwischen einem auf bestimmte Zeit und einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag darin erblickt, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist nach dem eben erstzitierten Erkenntnis eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muß. Während die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 19 Abs. 2 MG (jetzt § 30 MRG) keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit darstellt, vermögen ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis aus gebührenrechtlicher Sicht nicht aufzuheben.
Die im vorliegenden Fall von den Vertragsparteien im Punkt IX des Vertrages getroffene Vereinbarung, das "Pachtverhältnis" während der ersten zehn Jahre nur aus den in der Folge angeführten fünf "wichtigen Kündigungsgründen" aufzukündigen, räumt den Vertragsparteien die Möglichkeit ein, den Vertrag nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen trotz seiner auf zehn Jahre begrenzten Unkündbarkeit aufzulösen. Die Gründe, aus welchen eine vorzeitige Vertragsauflösung herbeigeführt werden kann, sind so eng auf wesentliche Vertragsverletzungen beschränkt, daß sie dem Gewicht nach mit jenen Kündigungsgründen vergleichbar sind, die den angeführten Erkenntnissen zu Grunde lagen. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß einer der vereinbarten Kündigungsgründe - auf den die Beschwerde besonders hinweist - dann gegeben sein soll, wenn dem Mieter aus unvorhersehbaren Gründen eine Aufrechterhaltung des Bestandverhältnisses auf Dauer nicht mehr zugemutet werden kann. Es ist dies übrigens der einzige Kündigungsgrund, der es dem Mieter ermöglicht hätte, den Bestandvertrag während der ersten zehn Jahre seines Bestandes zur Auflösung zu bringen. Dieser Kündigungsgrund ist aber, weil er nur auf unvorhersehbare Gründe beschränkt ist, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers so stark eingeschränkt, daß er - gemessen an der bisherigen Rechtsprechung - keinem der in den §§ 1117 und 1118 ABGB und § 30 MRG aufgezählten Auflösungs- oder Kündigungsgründe entspricht. Es ist daher im Beschwerdefall keine Rede davon, daß die den Vertragsparteien auf Grund des Punktes IX des Bestandvertrages verbleibenden Auflösungsmöglichkeiten ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach die Gewähr für die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages bieten.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin zu erblicken, daß die belangte Behörde den streitgegenständlichen Bestandvertrag nach seinem Inhalt sowohl als einen Bestandvertrag von bestimmter Dauer (zehn Jahre) als auch einen Bestandvertrag von unbestimmter Dauer verstanden und dementsprechend der Bemessung der Rechtsgebühr eine Vertragsdauer von 13 Jahren zu Grunde gelegt hat.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich sohin die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 6. März 1989
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