VwGH 88/07/0008

VwGH88/07/00086.12.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Univ. Ass. Dr. Unterpertinger, über die Beschwerde des J und der CH in J, vertreten durch Dr. Walter Brandt, Rechtsanwalt in Schärding, Oberer Stadtplatz 9, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. November 1987, Zl. Bod - 1940/5 - 1987, betreffend den Zusammenlegungsplan Z (mitbeteiligte Parteien: J und VG in J), zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §4 Abs2;
FlVfLG OÖ 1979 §19 Abs1;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfLG OÖ 1979 §19 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. Februar 1983 hat die belangte Behörde im Zusammenlegungsverfahren Z über Berufung der Verfahrensparteien J und MB den von der Agrarbezirksbehörde Linz erlassenen Zusammenlegungsplan hinsichtlich der Grundstücke Nr. 99, 100, 133, 134 und 135, alle KG. X, behoben und die Angelegenheit (Neueinteilung dieses Gebietsteiles) zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde verwiesen.

Die Beschwerdeführer nahmen im fortgesetzten Verfahren gegen die geplante Änderung Stellung, weil sie dadurch wesentlich schlechter gestellt würden.

Mit Kundmachung vom 1. September 1986 erließ die Agrarbehörde erster Instanz den abgeänderten Zusammenlegungsplan durch Auflage zur allgemeinen Einsicht in der Zeit vom 22. September bis zum 6. Oktober 1986. In diesem Bescheid wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen, dies im wesentlichen mit der Begründung, daß nunmehr eine die Ehegatten B benachteiligende Abfindung verbessert worden sei, die Beschwerdeführer jedoch dennoch gesetzmäßig abgefunden worden seien.

Die Beschwerdeführer hielten in ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung ihre Einwendungen gegen die Neueinteilung aufrecht, wobei sie insbesondere gegen die Zuweisung des sogenannten "Steinhügels", eines spitzwinkelig ausgeformten und hügeligen, und daher schlecht zu bewirtschaftenden Grundstücksteiles, an sie Stellung nahmen. In ihrer Berufung machten die Beschwerdeführer einen konkreten Abänderungsvorschlag, bei dessen Annahme sie die nunmehrige Grundgrenze gegenüber dem Grundstück der Ehegatten B akzeptieren würden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. November 1987 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer nach Einholung einer agrartechnischen Stellungnahme und nach Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß §§ 1 AgrVG 1950, und 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 15, 19 und 21 des Oberösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1979, LGBl. Nr. 73 (in der Folge kurz: FLG) als unbegründet ab.

In bezug auf die Zuweisung der 1,32 ha großen Fläche am Steinhügel an die Beschwerdeführer sei festzustellen, daß der 0,49 ha große Altkomplex Neigungsverhältnisse bis zu 20 % aufweise und somit die am stärksten geneigte Bewirtschaftungsfläche am sogenannten Steinhügel darstelle, während die übrigen Flächenteile zu den Wegen hin etwas flacher verliefen. Die starken Hangneigungen könnten durch eine Geländekorrektur vermindert werden, wodurch eine homogene, zwischen 9 und 15 % geneigte Bewirtschaftungsfläche entstehe; dafür könnte von den Beschwerdeführern bei der belangten Behörde eine Beihilfe beantragt werden. Außerdem gäben die Beschwerdeführer eine 1,15 ha große vernäßte Wiesenfläche und eine bis zu 20 % geneigte ca. 2000 m2 große Wiesenfläche entlang des Weges Nr. 96 auf Grund des Zusammenlegungsplanes ab. In Ansehung dieser Veränderungen sei die Zuteilung der ca 1,32 ha großen Abfindungsfläche am Steinhügel für die Beschwerdeführer zumutbar, zumal damit keine Vermehrung der Abfindungskomplexe verbunden sei und diese Zuteilung auch nicht gegen die Bestimmungen des FLG verstoße; insgesamt sei die Zusammenlegung für die Beschwerdeführer vorteilhaft.

Tatsache und Höhe der von den Beschwerdeführern wie von anderen Parteien auch geleisteten Kosten für Wegebau und Geländekorrekturen seien für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung rechtlich ohne Bedeutung; auch seien dafür Beihilfen in Anspruch genommen worden.

Auch der im Zusammenlegungsplan vorgesehene Weg Nr. 135/1 entspreche den Intentionen der belangten Behörde im Bescheid vom 10. Februar 1983 und der Abwägung der Parteieninteressen. Richtig sei, daß die von den Beschwerdeführern vorgeschlagene Einteilung für diese eine kürzere Zufahrt ergäbe, doch sei auch in dieser Frage nicht nur der betreffende Gebietsteil, sondern die Verkürzung der Fahrstrecken durch die gesamte Zusammenlegung zu betrachten (im Falle der Beschwerdeführer eine geringfügige Verkürzung von 590 auf 582 m).

Im übrigen sei zur Gesetzmäßigkeit der Grundabfindung der Beschwerdeführer noch folgendes festzustellen:

Die Beschwerdeführer seien mit 10 Besitzkomplexen mit einem Gesamtflächenausmaß von 6,4206 ha und einem Vergleichswert von 323.677.00 einbezogen worden, was einem Flächen-Wert-Verhältnis von 0,19966 m2/Vergleichswert entspreche, nach Abzug von 320 m2 für gemeinsame Maßnahmen und Anlagen ergebe sich daraus ein Abfindungsanspruch von 6,3886 ha mit einem Vergleichswert von 319.969.00. Der Zusammenlegungsplan teile den Beschwerdeführern vier Abfindungskomplexe mit einem Flächenausmaß von insgesamt 6,4913 ha und einem Vergleichswert von 319.969.00 zu, was einem Flächen-Wert-Verhältnis von 0,20287 m2/Vergleichswert entspreche. Bei einem Flächengewinn von 1027 m2 entspreche daher die Grundzuweisung wertmäßig völlig dem Abfindungsanspruch; die Abweichung im Flächen-Wert-Verhältnis mache nur einen Bruchteil des gesetzlich Zulässigen aus. Die Gegenüberstellung der Wertklassenverteilung ergebe eine Abnahme von 6.983 m2 im besseren Wertklassenbereich 1-3, eine Zunahme von 7493 m2 im mittleren Wertklassenbereich 4-6 und eine Abnahme um 330 m2 im schlechteren Wertklassenbereich 7-9 sowie in der Wertklasse Außerkultur eine Zunahme von 527 m2; hievon würden rund 370 m2 des zugeteilten alten Steinhügelweges kostenlos rekultiviert werden. Die Neuordnung habe somit insgesamt für die Beschwerdeführer eine tolerierbare Verlegung (Bonitätsverschiebung) in niedrigere Wertklassen mit sich gebracht. Durch die Abnahme der Besitzzersplitterung (10 Altkomplexe stünden 4 Abfindungskomplexe gegenüber) habe sich das durchschnittliche Flächenausmaß auf das ca. 2,5-fache erhöht, hinsichtlich der rein landwirtschaftlich genutzten Grundkomplexe sogar auf das ca. 3-fache. Statt der alten Streulage bestünden nun zwei Abfindungsschwerlagen, wobei die Abfindungsgrundstücke im Vergleich zum Altbesitz eine wirtschaftlich vorteilhafte Größe und eine günstige, den Geländeverhältnissen angepaßte Form aufwiesen und ausreichend erschlossen seien. In bezug auf die Hanglagen bestehe ein ausgeglichenes Verhältnis, dazu komme, daß die Neigung in der Steinhügelabfindung durch eine Geländekorrektur vermindert werden könne. Durch die Verkürzung der Rain- bzw Grenzlängen ergebe sich ein Nutzflächengewinn von ca. 930 m2.

Die Grundabfindung der Beschwerdeführer entspreche daher den gesetzlichen Bestimmungen. Es ergebe sich aus den erzielten Verbesserungen eine wesentliche Arbeitserleichterung und Senkung der Erzeugungskosten, sodaß eine Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes der Beschwerdeführer nicht erforderlich sei und die zugewiesenen Abfindungsflächen bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung einen höheren Betriebserfolg erbringen würden als der Altbestand.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf eine gesetzmäßige Abfindung verletzt und beantragen, daß der angefochtene Bescheid "dahin gehend abgeändert (allenfalls aufgehoben) werden möge, daß zwischen den Grundkomplexen G und H eine durchgehende gerade Trennungslinie zwischen den Grundstücken Nr. 99 und Nr. 100 bis zur Wegparzelle Nr. 135 gezogen werden möge".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die Mitbeteiligten haben ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und darin gegen den Änderungsvorschlag der Beschwerdeführer Stellung genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einleitend ist darauf hinzuweisen, daß dem Verwaltungsgerichtshof im Falle sogenannter Bescheidbeschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG nur das Recht zukommt, in seinen Erkenntnissen entweder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Eine Abänderung des angefochtenen Bescheides, wie sie offenbar den Beschwerdeführern in erster Linie vorschwebt, steht dem Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner ausschließlich kassatorischen Funktion nicht zu. Trotz der insoweit verfehlten Anfechtungserklärung der Beschwerdeführer war der Verwaltungsgerichtshof indes im Beschwerdefall an einer der Beschwerde stattgebenden Entscheidung schon deshalb nicht gehindert, weil in der Beschwerde auch ein Aufhebungsantrag gestellt worden ist.

Ein Erfolg der Beschwerde konnte somit nicht zur Anordnung einer bestimmten Variante der Abfindung der Beschwerdeführer durch den Verwaltungsgerichtshof führen, weshalb sich ein Eingehen auf den konkreten Änderungswunsch der Beschwerdeführer im vorliegenden Erkenntnis erübrigte. Die künftige Gestaltung der Abfindung der Beschwerdeführer wird vielmehr - unter Beachtung der bindenden Wirkung der im vorliegenden Erkenntnis vertretenen Auffassung gemäß § 63 Abs. 1 VwGG - Sache der belangten Behörde im Rahmen einer neuerlichen Sachentscheidung über die von den Beschwerdeführern erhobene Berufung sein.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer entspricht die ihnen auf Grund der Berufung der Ehegatten B in geänderter Form zugeteilte Abfindung nicht dem Gesetz, und zwar deshalb, weil gemäß § 19 FLG den Parteien Grundstücke von tunlichst gleicher Beschaffenheit zuzuteilen seien. Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer trotz der ausführlichen Begründung des angefochtenen Bescheides im Recht.

Nach § 19 Abs. 1 FLG hat jede Partei, deren Grundstücke der Zusammenlegung unterzogen werden, Anspruch, unter Anrechnung der Grundaufbringung gemäß § 16 Abs. 2 entsprechend dem Wert ihrer in das Verfahren einbezogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden. Hiebei ist insbesondere auf die lagebedingten Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten (§ 12 Abs. 2) der Grundstücke Bedacht zu nehmen. Miteigentümern steht ein gemeinsamer Abfindungsanspruch zu.

Wenngleich die Beschwerdeführer das Hauptgewicht ihrer Beschwerde der detaillierten Schilderung des von ihnen konkret gewünschten Änderungsvorschlages und seiner Vorteile widmen, haben sie doch in der Beschwerde auch wiederholt zum Ausdruck gebracht, durch die jetzige Lösung infolge der damit verbundenen Verschlechterung der Wertklassenverteilung im Neu- gegenüber dem Altbestand in ihrem Recht auf gesetzmäßige Abfindung verletzt zu sein. Tatsächlich ist dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, daß hinsichtlich der Beschwerdeführer eine - im angefochtenen Bescheid ohne nähere Begründung als "tolerierbar" bezeichnete - Verschiebung in schlechtere Qualitätsklassen vorgesehen ist, die nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht durch die mögliche Erlangung einer Beihilfe zu den Kosten vorzunehmender Geländekorrekturen ausgeglichen werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar mehrfach ausgesprochen, daß die Zuteilung von Abfindungsflächen teils besserer, teils schlechterer Bonität als jener des Altbestandes für sich allein betrachtet keinen Eingriff in das subjektive Recht einer Partei auf gesetzmäßige Abfindung darstelle (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 29. Mai 1984, Zl. 83/07/0330, und vom 19. Mai 1987, Zl. 86/07/0249), doch trifft dies nicht für eine Abfindung ausschließlich mit schlechteren Bonitäten zu. Wie sich der Begründung des angefochtenen Bescheides in Übereinstimmung mit den vorgelegten Verwaltungsakten entnehmen läßt, wurden die Beschwerdeführer durchgehend mit schlechteren Bonitäten als im Altbestand abgefunden. Einer Abnahme von 6.983 m2 im Wertklassenbereich 1-3 steht einer Zunahme von 7493 m2 in den Klassen 4-6 gegenüber; einer Abnahme von 330 m2 im Wertklassenbereich 7-9 eine Zunahme in der Wertklasse Außerkultur.

Im einzelnen betrugen die Verschiebungen:

 

1

2

3

4

5

6

7

HW

AK

alt

2740

31680

8574

18070

770

1080

330

962

0

neu

0

32591

3420

18353

9060

0

0

962

527

Aus dieser Übersicht ist erkennbar, daß die Verluste der Beschwerdeführer in den Wertklassen 1 und 3 zu einem überwiegenden Teil durch eine Flächenzunahme in der Wertklasse 5 ausgeglichen wurden. Im Gegensatz zu der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht kann in Anbetracht einer derart augenfälligen Bonitätsverschlechterung nicht davon gesprochen werden, daß die Abfindungsgrundstücke der Beschwerdeführer von tunlichst gleicher Beschaffenheit wie ihr Altbestand seien (siehe dazu auch das zur vergleichbaren Rechtslage in Niederösterreich ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1988, Zlen. 87/07/0186, 0189, 0190). Der Beschwerde kann daher in dieser Frage die meritorische Berechtigung nicht aberkannt werden.

Da demnach die belangte Behörde in Ansehung des Abfindungsgrundsatzes der Zuteilung von Grundstücken "tunlichst gleicher Beschaffenheit" die Rechtslage verkannt hat und auf diese Weise die Beschwerdeführer in ihrem subjektiven Recht auf gesetzmäßige Abfindung verletzt worden sind, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 53 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, daß zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung ein Aufwand der Beschwerdeführer an Stempelmarken von S 1.320,--, (S 480,-- Eingaben- und S 600,-- Beilagengebühr sowie S 240,-- für die Vollmachten) statt der verzeichneten S 2.760,-- zuzuerkennen war. Wien, am 6. Dezember 1988

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