Normen
AVG §37
AVG §45 Abs2
PStG 1983 §2 Abs2
PStG 1983 §21 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1987010116.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen und nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen den Bescheid des Magistrates Salzburg, Abteilung I/5‑Standesamt, Standesamtsverband Salzburg vom 2. Jänner 1986, ab und bestätigte die von der ersten Instanz ausgesprochene Ablehnung der Bezeichnung „Keren“ als Vorname für die am 12. Oktober 1985 in Salzburg geborene Tochter des nunmehrigen Beschwerdeführers in das Geburtenbuch des Standesamtsverbandes Salzburg.
Zur Begründung führte die belangte Behörde abgesehen von der Darstellung der maßgeblichen Gesetzesstelle (§ 21 Personenstandsgesetz, BGBl. Nr. 60/1983, im folgenden: PStG) im wesentlichen aus, daß es gemäß Abs. 2 der zitierten Vorschrift u.a. darauf ankomme, daß die in Frage kommende Bezeichnung als Vorname gebräuchlich sein müsse. Die gepflogenen Erhebungen hätten insbesondere ergeben, daß im Jahr 1984 in Österreich in keinem einzigen Fall einem Kind der Vorname „Keren“ gegeben worden sei (Vornamensstatistik des österreichischen Statistischen Zentralamtes 1984). Zwar sei der Name „Keren‑Happuch“ in der Bibel als Name einer der Töchter Ijobs erwähnt (Buch Ijob 42, 15) und werde diese Bezeichnung auch als Mehrzahl für die Benennung griechischer Schicksalsgöttinnen verwendet (vgl. dazu die den Verwaltungsakten beiliegenden Kopien aus einer Einheitsübersetzung der Bibel bzw. dem Duden), jedoch reiche dies nicht hin darzutun, daß es sich dabei um einen gebräuchlichen (weiblichen) Vornamen handle. Aus einer eingeholten Stellungnahme der Gesellschaft für deutsche Sprache e.V., Wiesbaden, vom 18. Jänner 1986 ergebe sich, daß der volle in der Bibel vorkommende Name „Keren‑Happuk“ (nach Luther: „Keren‑Happuch“ und im Hebräischen „geren‑happuk“) laute, was übersetzt „kleines Horn für schwarze Augenschminke“ bedeute. „Keren“ allein bedeute „kleines Horn“. Was die Bezeichnung „Keren“ als Pluralform des altgriechischen Begriffes „ker“ für Schicksalsgöttin anlange, so bedeute dieses Wort „Schnitt des Lebensfadens“ und werde bei Homer in übertragener Bedeutung für „böses Verhängnis, Mißgeschick, Qual der Leiden bzw. Fluch“ verwendet (zitiert nach dem Griechisch‑deutschen Schulwörterbuch von Benseler, Leipzig11 1900, 454).
Dem nach Vorhalt dieser Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vom nunmehrigen Beschwerdeführer (in Abkehr von seinem Berufungsvorbringen, daß die Eltern keinen englischen Namen für das Kind wollten, sondern den Namen „Keren“ so, wie er in der Bibel vorkomme) vorgebrachten Argument, „Keren“ sei nicht vom Althebräischen abzuleiten, sondern vielmehr eine phonetische, deutsche Wiedergabe des englischen Namens „Karen“ und sei dieser Name im Fernsehfilm „Poldark“ für eine weibliche Rolle verwendet worden, begegnete die belangte Behörde damit, daß die einmalige Nennung einer Bezeichnung in einem Fernsehfilm, in dem auch Phantasienamen zulässig seien, keinen Nachweis für die erforderliche Gebräuchlichkeit darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer erachtet sich aus dem gesamten Inhalt der Beschwerde erkennbar in seinem Recht verletzt, daß für seine Tochter der Vorname „Keren“ eingetragen werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Vornamensgebung ist in § 21 PStG im Jahr 1983 (BGBl. Nr. 60) neu geregelt worden. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift haben vor der Eintragung der Vornamen des Kindes in das Geburtenbuch die dazu berechtigten Personen schriftlich zu erklären, welche Vornamen sie dem Kind gegeben haben. Sind die Vornamen von den Eltern einvernehmlich zu geben, genügt die Erklärung eines Elternteiles, wenn er darin versichert, daß der andere Elternteil damit einverstanden ist.
Gemäß Abs. 2 der genannten Vorschrift, auf den die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gegründet hat, muß bei Kindern des im § 2 Abs. 2 PStG genannten Personenkreises zumindest der erste Vorname dem Geschlecht des Kindes entsprechen; Bezeichnungen die nicht als Vornamen gebräuchlich oder dem Wohl des Kindes abträglich sind, dürfen nicht eingetragen werden.
Der in § 2 Abs. 2 PStG genannte Personenkreis umfaßt: 1.) einen österreichischen Staatsbürger; 2.) einen Staatenlosen oder eine Person in ungeklärter Staatsangehörigkeit, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und 3.) einen Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 und des Protokolls BGBl. Nr. 78/1974, wenn er seinen Wohnsitz, mangels eines solchen, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerde den geltend gemachten Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (§ 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG) zunächst selbst mit keinem Wort weiter ausführt. Dazu kommt, daß gemäß § 59 Abs. 1 PStG die in diesem Bundesgesetz geregelten Personenstandsangelegenheiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, von den Gemeinden im vom Bund übertragenen Wirkungskreis zu besorgen sind, daß hiefür Personenstandsbehörden erster Instanz eingerichtet sind, für die der Standesbeamte handelt (vgl. Walter‑Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechtes2, 78), und daß im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung der Rechtszug außerhalb Wiens zum Landeshauptmann geht (vgl. Walter‑Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Rz 503). Die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.
In der Sache selbst führt der Beschwerdeführer (insbesondere auch in seiner Gegenäußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde) zum einen offenbar in Darstellung des Beschwerdegrundes der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aus, die von der belangten Behörde herangezogene Vornamenstatistik 1984 sei keine taugliche Entscheidungsgrundlage und vermeint zum anderen, daß § 21 Abs. 2 PStG so zu verstehen sei, daß Vornamen nur dann unzulässig seien, wenn sie schon ihrem Wesen nach nicht als solche angesehen werden könnten. Keineswegs bedeute die Gesetzesstelle, daß ungewöhnliche bzw. lediglich selten vorkommende Vornamen unzulässig wären. Im übrigen wird gerügt, daß die genannte Gesetzesstelle „nicht zu administrieren“ wäre.
Zunächst ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde ihrer gemäß §§ 37 ff AVG bestehenden Ermittlungspflicht in ausreichender Weise entsprochen hat und daß sie selbst bei Einholung weiterer statistischer Unterlagen ‑ etwa über die allfällige Gebräuchlichkeit des Begriffes „Karen“ im englischen Sprachraum ‑ zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können, weil auch dort (wie sich aus der Stellungnahme des Bundesministers für Inneres vom 1. Juli 1987, Seite 6 letzter Absatz ergibt) das Wort „Keren“ als Vorname nicht aufscheint. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu finden, daß die belangte Behörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b oder lit. c VwGG belastet hätte.
Was schließlich die Hauptfrage anlangt, nämlich die Auslegung des § 21 Abs. 2 PStG und seine Anwendung auf die Tochter des Beschwerdeführers, ist zunächst auf die zu der genannten Gesetzesstelle bereits vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (hg. Erkenntnis vom 8. April 1987, Zl. 86/01/0284) zu verweisen. Danach ist zwar keineswegs allein auf inländische Vornamen abzustellen, sondern auch auf Namen ausländischer Herkunft, jedoch kommt es auch diesbezüglich nach dem klaren Gesetzeswortlaut darauf an, daß es sich um einen gebräuchlichen Vornamen handeln muß. Bei dieser Judikatur ist einer Auslegung des Textes des § 21 Abs. 2 PStG in der Richtung, wie es die Beschwerde anstrebt, angesichts der durch das Personenstandsgesetz 1983 eingeführten Voraussetzung der Gebräuchlichkeit von vornherein jeder Boden entzogen. Auch der Vorwurf, die zitierte Bestimmung „sei nicht administrierbar“ ist unberechtigt und kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht begründen, weil die Frage der Gebräuchlichkeit im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens durchaus klärbar ist. Da die von der belangten Behörde gepflogenen Ermittlungen eindeutig ergeben haben, daß von einer Gebräuchlichkeit des Begriffes „Keren“ als Vorname weder im Inland noch im Ausland eine Rede sein kann, erweist sich der angefochtene Bescheid somit frei von der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit und braucht demnach auf die weitere Frage, ob diesem Begriff das Attribut der Weiblichkeit zugebilligt werden könnte, gar nicht mehr eingegangen zu werden.
Zuletzt kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennen, wieso die Tochter des Beschwerdeführers nicht ein Kind des in § 2 Abs. 2 PStG genannten Personenkreises sein sollte, handelt es sich beim Beschwerdeführer und seiner Ehegattin, wie sich aus der in den Akten des Standesamtes Salzburg befindlichen Geburtsanzeige zweifelsfrei ergibt, doch um österreichische Staatsbürger. Das Zitat des § 2 Abs. 2 PStG im § 21 Abs. 2 leg. cit. bedeutet lediglich eine Umschreibung des dort in den Z. 1 bis 3 genannten Personenkreises und nicht etwa ‑ wie es die Beschwerde ganz offenbar versteht ‑, daß § 21 Abs. 2 PStG damit nur auf im Ausland eingetretene Personenstandsfälle anzuwenden wäre.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 22. Juni 1988
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