Normen
ABGB §365
AVG §58 Abs2
AVG §60
AVG §63 Abs1
LStVwG OÖ 1975 §58 Abs1
LStVwG OÖ 1975 §60 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 litc Z3
VwGG §42 Abs2 Z3 litc implizit
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1984050069.X00
Spruch:
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von je S 1.380,-- (zusammen S 2.760,--) und dem Land Oberösterreich (Landesstraßenverwaltung) Aufwendungen in der Höhe von je S 4.635,-- (zusammen S 9.270,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Februar 1981 betreffend die Verlegung der Schörflinger Bezirksstraße Nr. 1265 im Gebiet der Marktgemeinde Schörfling am Attersee, LGBl. Nr. 19/1981, wurde die neue Trasse dieser Straße, beginnend bei Kilometer 12,0 bis zur Einmündung in die B 152 Seeleitenstraße, festgelegt. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. November 1981, Zl. BauR‑120/14‑1981‑Po/Mo, wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zum Bau der Schörflinger Straße vom Kilometer 11,930 bis Kilometer 14,372 (Baulos „Umfahrung Schörfling“) erteilt. Der zunächst dagegen angerufene Verfassungsgerichtshof erkannte mit Erkenntnis vom 22. September 1983, B 74/82, daß die damaligen Beschwerdeführer, darunter auch die nunmehrigen, durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden seien. Er wies daher die Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 9. Oktober 1984, Zl. 83/05/0206‑15, als unbegründet ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde gemäß §§ 58 bis 60 des Oö. Landes‑Straßenverwaltungsgesetzes 1975, LGBl. Nr. 22 (LStVG), in Verbindung mit dem Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 aus, daß für den Ausbau der Schörflinger Bezirksstraße Nr. 1265 im Baulos „Umfahrung Schörfling“ das dauernde und lastenfreie Eigentum an den im einzelnen angeführten Grundstücksteilen im Wege der Enteignung nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Planunterlagen, erstellt von Dipl. Ing. W. B, Zivilingenieur für Bauwesen in S aus 1971, Änderung 1979, Planzeichen 1662/78, und der Änderung 1981, Planzeichen 1662/81, in Anspruch genommen würde. Gleichzeitig wurden die an die Beschwerdeführer auszuzahlenden Entschädigungen festgesetzt. Begründend verwies die belangte Behörde zum Enteignungsausspruch auf die rechtskräftig erteilte Straßenbaubewilligung, aus der sich die Notwendigkeit der Enteignungen ergebe; dies gelte für die Einwendungen sowohl hinsichtlich der Notwendigkeit der Straße als auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Bauausführung; die Behörde könne nämlich Überlegungen und Anregungen der Liegenschaftseigentümer im Enteignungsverfahren nur im Rahmen der erteilten Baubewilligung prüfen. Zu den Einwendungen der Anrainer, daß weder eine Bewilligung der Naturschutzbehörde vorliege noch eine wasserrechtliche Bewilligung für die Verlegung des Mühlbaches gegeben sei, verwies die Behörde darauf, die Oberösterreichische Landesregierung als Naturschutzbehörde habe mit Bescheid vom 22. November 1977, Zl. Agrar‑450.003‑7268‑K, festgestellt, daß durch die Ausführung des angetragenen Straßenbauvorhabens öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt würden. Die Behörde habe auch über Anfrage der Landesstraßenverwaltung im Hinblick auf die nach der naturschutzbehördlichen Bewilligung vorgenommenen geringfügigen Änderungen des Projekts (1979) mit Schreiben vom 25. September 1980 mitgeteilt, daß sich die beigezogenen Amtssachverständigen für Naturschutz mit der Angelegenheit befaßt hätten und gutächtlich im wesentlichen habe festgestellt werden können, daß durch den vorgesehenen Straßenbau weder innerhalb noch außerhalb der besonders geschützten 500 m Uferzone ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild zu erwarten sei. Die ebenfalls monierte wasserrechtliche Bewilligung sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25. Mai 1982, bzw. auf Grund eingebrachter Berufungen rechtskräftig mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Februar 1983 erteilt worden. Ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sei deshalb nicht notwendig gewesen, da bereits in der seinerzeitigen von der Straßenbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung jenes Projekt berücksichtigt worden sei, das geeignet sei, unter Bedachtnahme auf das Regulierungsvorhaben das Straßenvorhaben zu verwirklichen. Hiezu werde insbesondere auf die mündliche Verhandlung vom 1. und 2. März 1982 verwiesen. Es lägen daher die von Gesetz und Judikatur geforderten Voraussetzungen für eine Enteignung vor, da der konkrete Bedarf, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liege, sowohl durch die Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung als auch durch die straßenrechtliche Baubewilligung gegeben sei, das Objekt der Enteignung geeignet sei, diesen Bedarf unmittelbar zu decken, schließlich es aber auch unmöglich sei, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken, da die betroffenen Liegenschaftseigentümer mit der Landesstraßenverwaltung kein Übereinkommen über die Abtretung der für die Verwirklichung der Straßenbaumaßnahme notwendigen Grundflächen abgeschlossen hätten. Im übrigen begründete die Straßenbehörde die Festsetzung der Höhe der Entschädigung.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser lehnte mit Beschluß vom 10. März 1984, Zl. B 700/83, die Behandlung der Beschwerde unter Hinweis auf das schon zitierte Erkenntnis über die Straßenbaubewilligung ab und trat die Beschwerde zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Die Beschwerdeführer erklärten, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu bekämpfen. Sie beantragten die Aufhebung des Bescheides ohne irgendeine Einschränkung, erstatteten allerdings hinsichtlich der Höhe der Enteignungsentschädigung kein Vorbringen.
Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ‑ zu Punkt I. gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a und Abs. 3 VwGG ‑ erwogen:
Gemäß § 60 Abs. 1 LStVG entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und dem Umfang der Enteignung bei Landesstraßen die Landesregierung unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Das Enteignungserkenntnis hat nach § 60 Abs. 2 und 3 leg. cit. zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu erhalten, wobei jeder der beiden Teile, wenn er sich durch den Bescheid der Behörde über die Höhe der Entschädigung benachteiligt erachtet, innerhalb von acht Wochen nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Feststellung des Betrages der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht begehren kann, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Wird die gerichtliche Entscheidung angerufen, so tritt der Bescheid der Behörde über die Höhe der zu leistenden Entschädigung mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtes außer Kraft.
I.
Zur Festsetzung der Entschädigung:
Der eben wiedergegebene Wortlaut des § 60 Abs. 2 und 3 LStVG normiert die sukzessive Zuständigkeit der Gerichte durch deren Anrufung nach Ergehen des Bescheides der Verwaltungsbehörde, wodurch dieser außer Kraft tritt. Derartige Bescheide können weder im ordentlichen Verwaltungsweg noch vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bekämpft werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1966, Zl. 991/66, und vom 25. September 1978, Zl. 1294/76). Soweit sich also die Beschwerde mangels ausdrücklicher Beschränkung ihres Inhalts gegen die Festsetzung der Enteignungsentschädigung im angefochtenen Bescheid richtet, war sie wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 VwGG zurückzuweisen.
II.
Zum Enteignungsausspruch:
Soweit sich die Beschwerde lediglich gegen die Notwendigkeit der Umfahrungsstraße und die bei der Festlegung angeblich unterlaufenen Verfahrensmängel wendet, kann auf das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1984, Zl. 83/05/0206, verwiesen werden, mit dem die Beschwerde gegen die Baubewilligung abgewiesen worden ist. An keiner Stelle der Beschwerde wird behauptet, daß, ausgehend von der unanfechtbar gewordenen Straßenbaubewilligung, die Enteignung der konkreten Grundstücke der Beschwerdeführer zur Realisierung der Bewilligung nicht erforderlich sei. Damit bleibt lediglich die Rüge der Beschwerdeführer, die neben der Straßenbaubewilligung erforderliche Naturschutzbewilligung stehe noch aus, sodaß deshalb die Enteignung noch nicht vorgenommen werden könne.
Tatsächlich vertritt der Gerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 27. Juli 1978, Slg. N. F. Nr. 9604/A, sowie das im Parallelverfahren ergangene Erkenntnis vom 18. Dezember 1984, Zl. 83/05/0212) den Standpunkt, es sei dem Begriff der Enteignung immanent, daß diese notwendig und geeignet sein müsse, einen konkreten Bedarf im öffentlichen Interesse zu decken, die Notwendigkeit also nur dann vorliege, wenn durch die Enteignung der Enteignungszweck unmittelbar verwirklicht werden könne; dies treffe dann nicht zu, wenn sich Hindernisse für den geplanten Straßenbau aus anderen Gesetzen (Denkmalschutzgesetz oder Naturschutzgesetz) ergäben (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1982, Zl. 81/06/0095). Aus dem im angefochtenen Bescheid zitierten Bescheid der Naturschutzbehörde vom 22. November 1977 ergibt sich die Feststellung, daß durch den beabsichtigten Neubau der Schörflinger Bezirksstraße, Baulos „Umfahrung Schörfling“ von Kilometer 11,930996 bis Kilometer 14,565295 (Detailprojekt 1972, Änderung 1977, Planzeichen 641/77), öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt würden. Mit Schreiben vom 25. September 1980 gab die Naturschutzbehörde bekannt, daß unter Bezugnahme auf diesen Bescheid und das mit Schreiben vom 8. August 1980 der Landesstraßenverwaltung vorgelegte Änderungsprojekt die damit befaßten Sachverständigen für Naturschutz gutächtlich im wesentlichen festgestellt hätten, es sei durch den vorgesehenen Straßenbau weder innerhalb noch außerhalb der besonders geschützten 500 m Seeuferschutzzone ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild zu erwarten. Diese Begutachtung beziehe sich jedoch nicht auf die Maßnahmen am Mühlbach, für die kein Projekt vorliege und für die somit auch keine Aussage getroffen werden könne. Die belangte Behörde hat bei Erlassung dieses Bescheides diese Ausnahme weiter nicht berücksichtigt; im Parallelverfahren Zl. 83/05/0212 wurde jedoch der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. März 1982 vorgelegt, womit gemäß § 1 Abs. 2 lit. a und § 1 Abs. 3 der OÖ Naturschutzverordnung 1965, LGBl. Nr. 19, in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 1964, BGBl. Nr. 58, festgestellt wurde, daß durch die Verlegung und Regulierung des Schörflinger Mühlbaches im Zuge der geplanten Umfahrung Schörfling im Gemeindegebiet Schörfling nach Maßgabe der vorgelegten Planunterlagen öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt werden, wenn folgende Bedingungen und Auflagen erfüllt würden:
„1.) Die Ausführung der gegenständlichen Gewässerverlegung und Regulierung ist nur im Zusammenhang mit der tatsächlichen Ausführung des Straßenbaues zulässig.
2.) Zur Ausführung hat das in der Gesamtheit im Detailprojekt 1981/82 durch Dipl.-Ing. B Zivilingenieur für Bauwesen in S dargestellte Eingriffsvorhaben zu kommen
........“
(es folgen weitere Auflagen für die Durchführung der Arbeiten).
Da dieser Bescheid der antragstellenden Straßenverwaltung am 8. April 1982 zugestellt worden ist, ist er lange vor dem hier angefochtenen Enteignungsbescheid ergangen. Es stand also im Zeitpunkt der Erlassung des Enteignungsbescheides bereits objektiv fest, daß vom Standpunkt des Naturschutzes kein Hindernis gegen die Durchführung des Straßenbauvorhabens, für welches die Enteignung ausgesprochen wurde, bestand.
Anders als im Verfahren Zl. 83/05/0212, dem ein vor Ergehen des Naturschutzbescheides erlassener Enteignungsbescheid zugrunde lag, handelt es sich bei der Frage, wie weit die Grundstücke der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Regulierung des Mühlbaches stehen und die belangte Behörde daher auch den Bescheid der Naturschutzbehörde vom 23. März 1982 zitieren hätte müssen, lediglich eine Frage der Begründung des Bescheides. Allfällige Fehler in der Begründung bewirken jedoch nur insoweit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit sie für das Ergebnis relevant sein konnten, was unter den gegebenen Umständen auszuschließen ist.
Da aus den aufgezeigten Gründen der angefochtene Bescheid weder an inhaltlicher Rechtswidrigkeit noch an solcher der (relevanten) Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Soweit nichtveröffentlichte Erkenntnisse des Gerichtshofes zitiert wurden, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 19. Mai 1987
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